Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode 1 Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Drucksache 16 / 1445 26. 01. 2017 Große Anfrage der Fraktion der CDU und Antwort des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Digitalisierung von Kulturgut in Baden-Württemberg – Chancen ergreifen G r o ß e A n f r a g e Wir fragen die Landesregierung: 1. Welche Einrichtungen in Trägerschaft des Landes haben in welchem Umfang Teile ihrer Bestände digitalisiert (Archive, Museen, Kunsteinrichtungen, Hochschulen , Bibliotheken)? 2. Inwieweit werden neben Schriftgut und Gemälden auch archäologische Funde und Kunstwerke dreidimensional digitalisiert erfasst? 3. Welche finanziellen Mittel hat das Land in den vergangen 15 Jahren für die Digitalisierung von Kulturgut aufgewendet? 4. Inwieweit findet eine Zusammenarbeit der verschiedenen Einrichtungen des Landes im Bereich der Digitalisierung von Kulturgut statt? 5. Wie haben sich die digitalisierten Bestände und die Zugriffszahlen des landeskundlichen Informationssystems „www.leo-bw.de“ seit seiner Inbetriebnahme entwickelt? 6. Welche Prioritäten hat sie für die Digitalisierung von Kulturgut in Baden-Württemberg aufgestellt? 7. Inwieweit ist die Strategie zur Digitalisierung von Kulturgut in Baden-Württemberg in nationale, europäische und internationale Kooperationen und Netzwerke eingebunden? 8. Inwieweit leistet das Land den betroffenen Einrichtungen Unterstützung bei der Bereitstellung von Serverkapazitäten beziehungsweise hält eigene Infrastrukturen zu diesem Zweck bereit? Eingegangen: 26. 01. 2017 / Ausgegeben: 17. 03. 2017 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1445 2 9. Welche Kosten sind mit der Digitalisierung und der anschließenden Langzeitarchivierung der Digitalisate verbunden? 10. Welches IT-Sicherheitskonzept wird zum Schutz der entsprechenden Datenbanken verfolgt? 11. Welche Schutzmaßnahmen sind für die Originale während der Digitalisierung vorgesehen? 12. Unter welchen Konditionen soll der Zugang zu den Digitalisaten ermöglicht werden? 13. Wie bewertet sie die Empfehlung der Europäischen Kommission (2014/C 240/01) zur Verwendung von Creative-Commons-Lizenzen bei Informationen des öffentlichen Sektors in ihren Auswirkungen für digitalisiertes Kulturgut? 14. Wie gestalten sich die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern hinsichtlich einer dauerhaften Förderung der Deutschen Digitalen Bibliothek und welche Position nimmt Baden-Württemberg hier ein? 15. Welche Einrichtungen ohne eigene Bestände von Kulturgut begleiten die Digitalisierung ? 16. Inwieweit können Erfahrungen aus dem Zentrum für Kunst und Medien mit Medienkunst und dessen dauerhafte Sicherung für die Digitalisierung von Kulturgut nutzbar gemacht werden? 17. Inwieweit beeinflusst das geltende Urheberrecht die Digitalisierung von Kulturgut positiv oder negativ und welche Herausforderungen und Chancen ergeben sich durch die Schaffung eines Urheberrechts auf EU-Ebene? 18. Wie bewertet sie den urheberrechtlichen Schutz von Fotografien von gemeinfreien Kunstwerken vor dem Hindergurnd des aktuellen Rechtsstreits zwischen dem Reiss-Engelhorn-Museum und der Wikimedia-Foundation? 19. Teilt sie die Zielsetzung des Beschlusses der Deutschen Nationalbibliothek, den Zugang zu allen gedruckten Büchern zu sperren, die auch in elektronischer Form im Bestand sind? 20. Wie schätzt sie nach der Entscheidung des EuGH zur Ausleihe von eBooks (C-174/15) die Möglichkeiten von Pflichtexemplarbibliotheken ein, elektronische Pflichtexemplare im Wege der elektronischen Ausleihe zur Verfügung zu stellen? 21. Wie schätzt sie die Möglichkeiten von Pflichtexemplarbibliotheken ein, frei zugängliche Netzpublikationen in einer repräsentativen Auswahl zu sammeln, zu archivieren und zur Nutzung zur Verfügung zu stellen? 22. Welche Chancen sieht sie für die kulturelle Bildung von Kindern und Jugendlichen beziehungsweise die Kulturvermittlung für Erwachsene durch die Digitalisierung von Kulturgut? 23. Inwieweit haben Gedenkstätten des Landes in Baden-Württemberg eine Digitalisierung ihrer Bestände begonnen? 24. Inwieweit haben sich Museen und Sammlungen des Landes auf das veränderte Kommunikationsverhalten ihrer Besucher eingestellt und die Präsentation ihrer Ausstellungsobjekte durch digitale Anwendungen ergänzt? 26. 01. 2017 Dr. Reinhart, Kurtz und Fraktion Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1445 3 B e g r ü n d u n g Baden-Württemberg verfügt über einen reichen Schatz vielfältiger Kulturgüter. Diese finden sich in Museen, Sammlungen, Bibliotheken, Archiven und anderen Kultureinrichtungen. Die Erhaltung, Konservierung und die Verbesserung der Zugänglichkeit dieses kulturellen Gedächtnisses ist eine Daueraufgabe unserer Gesellschaft . Dem Land kommt hier eine besondere Verantwortung zu. Die Digitalisierung eröffnet neue Möglichkeiten und Chancen, um Kulturgüter jedweder Art dauerhaft einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, ohne Gefährdungen für ihre dauerhafte Erhaltung hinnehmen zu müssen. Dies ist ein wichtiger Beitrag zur kulturellen Bildung und zum öffentlichen Diskurs. Zugleich stellen sich jedoch neue Herausforderungen. Die Digitalisierung der immensen Bestände erfordert einen hohen Einsatz technischer Mittel, eine klare Strategie zur Setzung von Prioritäten , dauerhafte Lösungen zur Zugänglichmachung und nachhaltig tragfähige technische Standards. Nicht zuletzt sind auch finanzielle Fragen zu klären. Daneben treten rechtliche Fragen beispielsweise im Urheberrecht auf, das sich derzeit dynamisch verändert und teilweise europäisiert beziehungsweise internationalisiert . Museen und Sammlungen haben den Auftrag, Kulturgut zu sammeln, zu bewahren , zu präsentieren und zu erforschen. Mit der Digitalisierung verändern sich die Grundbedingungen zur Erfüllung dieses Auftrags. Hierbei brauchen Museen und Sammlungen Unterstützung. Die Regierungsparteien Bündnis’90/DIE GRÜNEN und CDU haben sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, die Kunsteinrichtungen – insbesondere Museen, Bibliotheken, Archive, Hochschulen und Akademien – dabei zu unterstützen , die Chancen zu nutzen und den Herausforderungen zu begegnen, die die Digitalisierung mit sich bringt. Das Land wird seine Bemühungen fortsetzen, die Archivbestände der Landesarchive, Hochschulen, Museen und Kunsteinrichtungen in digitaler Form der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Mit der vorliegenden Großen Anfrage soll eine Bestandsaufnahme der bisherigen Maßnahmen und ein Blick in die Aufgaben der Zukunft erreicht werden. A n t w o r t Schreiben des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst vom 9. März 2017 Nr. 7547.223/21/1: In der Anlage übersende ich unter Bezugnahme auf § 63 der Geschäftsordnung des Landtags von Baden-Württemberg die von der Landesregierung beschlossene Antwort auf die Große Anfrage. Murawski Staatsminister und Chef der Staatskanzlei Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1445 4 Anlage: Schreiben des Miniteriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Mit Schreiben vom 9. März 2017 Nr. 7547.223/21/1 beantwortet das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst im Namen der Landesregierung die Große Anfrage wie folgt: Wir fragen die Landesregierung: 1. Welche Einrichtungen in Trägerschaft des Landes haben in welchem Umfang Teile ihrer Bestände digitalisiert (Archive, Museen, Kunsteinrichtungen, Hochschulen , Bibliotheken)? Die Einrichtungen in Trägerschaft des Landes haben in folgendem Umfang Teile ihrer Bestände digitalisiert: Landesarchiv Baden-Württemberg 7,8 Mio. Images Museen 9,1 Mio. Objekte Hochschulen 11,9 Mio. Images, 56 Filme (Filmmusik) Landesbibliotheken 4,1 Mio. Images Das Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung (LGL) und das Landesarchiv Baden-Württemberg (LABW) präsentieren in LEO-BW (vgl. Antwort zu Frage 5) die historischen Flurkarten der Württembergischen und Hohenzollerischen Landesvermessung (1818 bis 1840). Über 17.000 Flurkarten im Maßstab 1 : 2500 wurden digitalisiert, georeferenziert und mit Erschließungsinformationen zur Verfügung gestellt. Zudem sind alle Flurkarten über das Kartenmodul von LEO-BW als Themenlayer verfügbar. Dieser Dienst wird vom LGL in LEO-BW bereitgestellt. 2. Inwieweit werden neben Schriftgut und Gemälden auch archäologische Funde und Kunstwerke dreidimensional digitalisiert erfasst? Neben Schriftgut und Gemälden werden nach Maßgabe des Forschungsbedarfs, des öffentlichen Interesses und der verfügbaren Mittel auch archäologische Funde und Kunstwerke dreidimensional digitalisiert erfasst. Bislang erfolgte die dreidimensionale Digitalisierung nur in Einzelfällen. Die Staatliche Akademie der Künste Stuttgart plant die dreidimensionale Erfassung der Designobjekte und deren digitale Präsentation. 3. Welche finanziellen Mittel hat das Land in den vergangen 15 Jahren für die Digitalisierung von Kulturgut aufgewendet? Das Land hat in den vergangenen 15 Jahren mehr als 30 Mio. Euro für die Digitalisierung von Kulturgut aufgewendet (die Summe beinhaltet Personalmittel, Investitionsmittel, IT-Kosten, Produktionskosten). 4. Inwieweit findet eine Zusammenarbeit der verschiedenen Einrichtungen des Landes im Bereich der Digitalisierung von Kulturgut statt? Exemplarisch für die Kooperation im Bereich der Digitalisierung ist das landeskundliche Online-Portal LEO-BW, das unter Federführung des Landesarchivs Baden-Württemberg vernetzte Informationen von aktuell 29 Partnerinstitutionen anbietet. Die am Projekt „Vom Tresor in die Welt – Digitalisierung wertvoller Bestände baden-württembergischer Bibliotheken“ beteiligten fünf Bibliotheken (Württembergische Landesbibliothek, Badische Landesbibliothek, Universitätsbibliothek Heidelberg, Universitätsbibliothek Freiburg, Universitätsbibliothek Tübingen) bieten im Sinne des E-Science-Fachkonzepts Beratungs- und Digitalisierungsdienstleistungen für andere Einrichtungen an. Das Landesarchiv Baden-Württemberg kooperiert darüber hinaus projektspezifisch auch mit dem Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ), dem Fraunhofer Institut für Physikalische Messtechnik, den Landesbibliotheken, dem Ministerium der Justiz und für Europa Baden-Württemberg, der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe und dem Steinbuch Centre for Computing des Karlsruher Instituts für Technologie. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1445 5 Die Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart kooperiert im Rahmen der MusIS Betreuung seit 2009 eng mit dem Bibliotheksservice-Zentrum. In Abstimmung mit dem im Aufbau befindlichen Arbeitskreis Kunstarchive baut sie seit 2015 die Kooperation mit der Universitätsbibliothek Heidelberg aus. In einem inzwischen bewilligten Gemeinschaftsantrag bei der DFG sollen weite Teile der Sammlung und des Archivs unter dem gemeinsamen Dach von arthistoricum. net, dem integrierten Fachinformationsdienst zur europäischen Kunst und Kunstgeschichte , auf den Servern der Universitätsbibliothek Heidelberg in den Portalen heidICON und ART-Dok zugänglich gemacht werden. Die staatlichen Museen stehen im kontinuierlichen Austausch untereinander. Sechs Museen werden vom Bibliotheksservice-Zentrum im Bereich der digitalen Inventarisierung bzw. des Museumsinformationssystems betreut. Des Weiteren besteht ein Austausch mit dem Landesarchiv Baden-Württemberg, den Landesbibliotheken und dem Landesamt für Denkmalpflege. Im Jahr 2010 haben LGL und LABW begonnen, amtliche, digitale Geobasisinformationen (Geobasisdaten) dauerhaft zu archivieren. Seitdem übergibt das LGL dem LABW die zentral vorgehaltenen Geobasisdaten zu vereinbarten Zeitschnitten (in der Regel in 10-jährigem Turnus). Im Jahr 2013 legten sie weitere Grundsätze für die Archivierung der Geobasisdaten der Vermessungsverwaltung fest. Darüber hinaus hat das LGL mit breiter Fachbeteiligung und dem LABW im Jahr 2015 ein Konzept zur Digitalisierung der bis heute analog vorliegenden und rechtlich sowie kulturhistorisch bedeutsamen Liegenschaftskatasterakten unter den Aspekten Bereitstellung, Sicherung und Archivierung vorgelegt. Daneben ist geplant, im Zuge der Digitalisierungsoffensive des Landes, die umfangreiche und seit 1968 flächendeckend für Baden-Württemberg vorliegende Luftbildsammlung des LGL zu digitalisieren und als Luftbildatlas zugänglich zu machen. Auch hier findet eine enge Abstimmung mit dem LABW statt. 5. Wie haben sich die digitalisierten Bestände und die Zugriffszahlen des landeskundlichen Informationssystems „www.leo-bw.de“ seit seiner Inbetriebnahme entwickelt? Im Jahr der Inbetriebnahme 2012 nutzten über 200.000 Besucher/innen das Portal LEO-BW, 2016 waren es bereits 980.000 mit 12 Mio. Seitenaufrufen. Der digitale Content hat sich seit 2012 beinahe verdoppelt und liegt aktuell bei 2,4 Mio. Datensätzen mit ca. 850.000 verknüpften Digitalisaten. Das landeskundliche Informationssystem www.leo-bw.de bietet den Zugriff auf die unter Nr. 4 genannten historischen Datenbestände, Gemarkungsübersichtskarten sowie historische Flurkartenerstdrucke des LGL über Geodatendienste. Die Anzahl der Zugriffe steigt stetig an und lag im Jahr 2016 bei ca. 8 Millionen (im Durchschnitt täglich ca. 22.000 Zugriffe). 6. Welche Prioritäten hat sie für die Digitalisierung von Kulturgut in Baden-Württemberg aufgestellt? Prioritär digitalisiert werden forschungsrelevante Objekte, unikale Objekte, Objekte von regionaler Bedeutung sowie Objekte, die für die kulturelle Bildung von Bedeutung sind. 7. Inwieweit ist die Strategie zur Digitalisierung von Kulturgut in Baden-Württemberg in nationale, europäische und internationale Kooperationen und Netzwerke eingebunden? Es gibt intensive Kooperationen mit nationalen und internationalen Portalen, die digitalisiertes Kulturgut anbieten (z. B. Zentrales Verzeichnis Digitalisierter Drucke , Verzeichnis der Drucke des 16. Jahrhunderts (VD 16), Verzeichnis der im deutschen Sprachraum erschienenen Drucke des 18. Jahrhunderts (VD 18), Deutsche Digitale Bibliothek (DDB), EUROPEANA, Wasserzeichnen-Informationssystem Deutschland (WZIS)). Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1445 6 Seit 2002 stellt das Landesarchiv Baden-Württemberg im Auftrag des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst den Bundesratsbeauftragten für „Digitalisierung und Online-Zugänglichkeit kulturellen Materials und dessen digitaler Bewahrung“. Er vertritt die Bundesländer in der Arbeitsgruppe „Member States‘ Expert Group on Digitisation and Digital Preservation“ der Europäischen Kommission . In dieser Funktion war er maßgeblich an der Initiierung der Europeana und auf nationaler Ebene der Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB) beteiligt. Das Landesarchiv ist spartenübergreifend und spartenspezifisch umfassend vernetzt und fördert diese Vernetzung seit vielen Jahren aktiv u. a. in den nachgenannten Initiativen: – EU-Projekte für den Aufbau der Europeana sowie für die Digitalisierung und Online-Präsentation von Kulturgut (MICHAEL Plus, Bernstein) – Aufbau und Betrieb des BAM-Portals als Vorläufer der Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB) – DDB: Mitgliedschaft im Vorstand des Kompetenznetzwerks, Mitarbeit in Arbeitsgruppen und Betrieb der Fachstelle Archiv der DDB – Archivportal-D: Aufbau und Weiterentwicklung (DFG-Projekt); dauerhafter Betrieb in Kooperation mit der DDB; Gesamtverantwortung und Community- Arbeit für alle Archive in Deutschland – DFG-Pilotprojekt „Digitalisierung von archivalischen Quellen“ – DFG-Projekt „Weiterentwicklung des DFG-Viewers nach archivfachlichen Gesichtspunkten zur Präsentation von digitalisierten Archivaliengattungen“ – Wasserzeichen-Informationssystem Deutschland: DFG-Projekt und Betrieb – Deutsch-französisches Portal „Archivum Rhenanum – Digitale Archive am Oberrhein“ – Mitwirkung in den Projekten Monasterium.net und co:op innerhalb des EU-geförderten ICARUS-Netzwerks – Mitarbeit im Stakeholder-Gremium von DARIAH-DE Im Bereich der Archivierung digitaler Unterlagen engagiert sich das Landesarchiv ebenfalls seit langem national und international u. a. in folgenden Organisationen und Gremien: – DIMAG-Verbund: Entwicklungspartnerschaft mit Hessen, Bayern und DAN (Digitale Archivierung Nord) – DIN – Deutsches Institut für Normung und ISO – International Organization for Standardization: Mitarbeit im DIN-Normenausschuss Information und Dokumentation (NID), Leitung im Arbeitskreis „Vertrauenswürdige digitale Archive“ – nestor – Kompetenzzentrum Langzeitarchivierung: nestor-Partner; Mitglied im Sprecherkreis; Leitung der AGs Zertifizierung, Kooperation der Archive und Digitale Bestandserhaltung; Mitwirkung u. a. in der AG Review von ISO 14721 (OAIS) – Arbeitsgruppen zum Thema Langzeitarchivierung in der Schweiz und Österreich 8. Inwieweit leistet das Land den betroffenen Einrichtungen Unterstützung bei der Bereitstellung von Serverkapazitäten beziehungsweise hält eigene Infrastrukturen zu diesem Zweck bereit? Die Organisation von Servern und Speichern obliegt bislang der jeweiligen Einrichtung . Eine übergeordnete Infrastruktur für diesen Zweck existiert noch nicht. Die unter Nr. 5 beschriebenen Geobasisdaten einschließlich der digitalisierten historischen Karten und Luftbilder werden serverbasiert in Rasterdatensystemen für die Bereitstellung beispielsweise über Dienste u. a. für das landeskundliche Informationssystem vorgehalten. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1445 7 Neben der geplanten Digitalisierung der Luftbildsammlung des LGL werden derzeit historische Topgraphische Karten der Maßstäbe 1 : 25.000, 1 : 50.000 und 1 : 100.000 gescannt und somit ebenfalls für die digitale Gesellschaft dauerhaft verfügbar gemacht. 9. Welche Kosten sind mit der Digitalisierung und der anschließenden Langzeitarchivierung der Digitalisate verbunden? Die materialspezifischen Durchschnittspreise liegen bei Bibliotheksgut bei 0,85 Euro pro Image, bei Archivgut bei 1 Euro pro Image, bei Museumsgut bei 2 Euro pro Objekt. Zusätzlich zu Kosten für die eigentliche Herstellung der digitalen Images sind Aufwände für die Vergabe von Strukturdaten, die Qualitätssicherung und die konservatorische und logistische Begleitung zu berücksichtigen. Die Speicherplatzkosten hängen vom jeweiligen Speicherplatzanbieter ab. In der LSDF (Large Scale Data Facility) betragen die Kosten für den Plattenspeicher der Produktivumgebung, den gespiegelten Plattenspeicher und das Backup 1.080 Euro pro 1 TB. Das Zentrum für Datenverarbeitung Tübingen verlangt aktuell 815 Euro pro 1 TB inkl. Wartung und Backup innerhalb der BelWue-Infrastruktur. 10. Welches IT-Sicherheitskonzept wird zum Schutz der entsprechenden Datenbanken verfolgt? Die Einrichtungen verfahren unterschiedlich. Teilweise existieren lokal erarbeitete IT-Sicherheitskonzepte unter Beachtung der Empfehlungen des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und der BITBW, teilweise gelten die Sicherheitskonzepte der Universitätsrechenzentren, wenn diese die Daten hosten und sichern, teilweise übernimmt auch das BSZ die Datensicherung. 11. Welche Schutzmaßnahmen sind für die Originale während der Digitalisierung vorgesehen? Es werden die konservatorischen Schutzmaßnahmen getroffen, die im Umgang mit wertvollem Kulturgut üblich sind. Für das Scannen von zweidimensionalen Objekten werden objektgerechte Scanner verwendet, z. B. Buchscanner, V-förmige Buchwippe oder Buchwiege. Für großformatige zweidimensionale Objekte (z. B. Karten) wird eine Saugwand verwendet. Für das Scannen von dreidimensionalen Objekten sind 3D-Scanner erforderlich, die die zerstörungs- und berührungsfreie sowie form- und farbechte Erfassung der Objekte ermöglichen. Das in den Digitalisierungswerkstätten tätige Personal ist hinsichtlich konservatorischer Belange geschult. 12. Unter welchen Konditionen soll der Zugang zu den Digitalisaten ermöglicht werden? Die durch die Landeseinrichtungen online gestellten Digitalisate stehen Wissenschaft und Forschung sowie allen Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung (Open Access). Über die Onlinebereitstellung von digitalisiertem Kulturgut tragen die Landeseinrichtungen zum schnellen Wachstum frei verfügbarer Wissens- und Informationsbestände bei. Um diese Funktion der Informationsinfrastruktur zielgerichtet erfüllen zu können, sollte der Zugang zu dem von den Landeseinrichtungen online gestellten digitalisierten Kulturgut gemäß den bisherigen Modalitäten kostenfrei erfolgen. Darüber hinaus ist auf unnötige Zugangs- und Nutzungshürden zu verzichten. Von besonderer Bedeutung sind transparente und rechtssichere Regelungen für die Nutzung und Weiterverwendung von digitalisiertem Kulturgut. 13. Wie bewertet sie die Empfehlung der Europäischen Kommission (2014/C 240/01) zur Verwendung von Creative-Commons-Lizenzen bei Informationen des öffentlichen Sektors in ihren Auswirkungen für digitalisiertes Kulturgut? Die Creative-Commons-Lizenzen stellen für urheberrechtlich geschützte Unterlagen rechtlich eindeutige Regelungen dar, wie Nutzer/-innen digitalisiertes und online gestelltes Kulturgut weiterverwenden können, und sie sind dabei – ein für die Arbeit im World Wide Web wichtiger Aspekt – weltweit verbreitet und anerkannt. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1445 8 Das Landesarchiv nutzt die im Kontext der CC-Lizenzen stehende CC0-Public Domain Dedication für die uneingeschränkte Verwendung. Die Bibliotheken verfahren nach dem vom Hochschulbibliothekszentrum Nordrhein-Westfalen 2011 veröffentlichten Leitfaden „Digitalisierung gemeinfreier Werke durch Bibliotheken “ (https://www.hbz-nrw.de/aktuelles/nachrichten/digitalisierungsleitfaden). Die unter Ziff. 4 genannten fünf Bibliotheken haben sich für die Creative Commons Lizenzen (Version 3.0) entschieden, und zwar für die Nutzungsbedingung CC-BY-SA (Namensnennung und Weitergabe unter gleichen Bedingungen). 14. Wie gestalten sich die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern hinsichtlich einer dauerhaften Förderung der Deutschen Digitalen Bibliothek und welche Position nimmt Baden-Württemberg hier ein? Die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern über die Höhe des finanziellen Aufwuchses für das Kompetenznetzwerk der DDB sind noch nicht abgeschlossen. Baden-Württemberg hat sich ebenso wie die anderen Länder für den gutachterlich empfohlenen maximalen Aufwuchs ausgesprochen. 15. Welche Einrichtungen ohne eigene Bestände von Kulturgut begleiten die Digitalisierung ? Das Bibliotheksservice-Zentrum Baden-Württemberg (BSZ) bietet für Einrichtungen in der Dienst- und Fachaufsicht des Wissenschaftsministerium, welche keine eigenen Digitalisierungsworkflows aufbauen wollen, Unterstützung und Support an. Das BSZ berät zu technischen Fragen, verarbeitet Digitalisate, ermöglicht die Präsentation im Internet und übernimmt Aufgaben der Archivierung. Dies gilt für nachträglich digitalisierte Materialien ebenso wie für primär digitale Inhalte (bspw. bei Repositorien für Hochschulen). Das ZDV der Universität Tübingen und weitere Universitätsrechenzentren stellen Speicherdienste wie Backup und Langzeitarchivierung zur Verfügung. 16. Inwieweit können Erfahrungen aus dem Zentrum für Kunst und Medien mit Medienkunst und dessen dauerhafte Sicherung für die Digitalisierung von Kulturgut nutzbar gemacht werden? Durch die Arbeit des Labors für antiquierte Videosysteme hat das ZKM in den vergangenen dreizehn Jahren zahlreiche kunsthistorisch wertvolle Bestände vor dem Verfall bewahrt und für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Weltweit nutzen Institutionen die Expertise des ZKM bei der Sicherung von Videokunst. Die Erfahrung des ZKM mit Verfahren zur Sicherung und Langzeitarchivierung historischer Videos werden durch individuelle Beratung an andere Institutionen weitergegeben. Durch die Sammlung computerbasierter Werke konnte das ZKM auch auf dem Gebiet der Restaurierung und des Erhalts komplexer digitaler Objekte eine in Europa einzigartige Expertise entwickeln. Auch hier erfolgt eine Unterstützung anderer Institutionen vor allem auf der Ebene individueller Anfragen. Das Landesarchiv Baden-Württemberg archiviert seit 2002 digital entstandene Dokumente aus der Landesverwaltung mit einer eigenen Lösung: Die vom Landesarchiv entwickelte und mit anderen Partnern weiter entwickelte Software DIMAG kann genuin digitale und ebenso digitalisierte Objekte aus Kunst und Verwaltung sicher archivieren. Mitarbeiter/innen des Landesarchivs waren bei der Erarbeitung der wesentlichen nationalen Standards (DIN 31644 und 31645) federführend beteiligt . Bundesweit wird daher das Landesarchiv als ein Schrittmacher in der „digitalen Langzeitarchivierung“ wahrgenommen. In dieser Eigenschaft hat es neben anderen Einrichtungen auch das ZKM beraten. 17. Inwieweit beeinflusst das geltende Urheberrecht die Digitalisierung von Kulturgut positiv oder negativ und welche Herausforderungen und Chancen ergeben sich durch die Schaffung eines Urheberrechts auf EU-Ebene? Das Wissenschaftsministerium hat im Bundesrat zu dem jüngsten „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt“ (COM[2016] 593 final; Ratsdok. 12254/16) eine Stellungnahme über den Kulturausschuss für eine Verbesserung der Möglichkeiten der digitalen Nutzung urheberrechtlich geschützten Materials, u. a. zur Archivierung Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1445 9 von Digitalisaten, erfolgreich eingebracht. Derzeit gibt es noch keine europarechtlichen Vorgaben, die sich explizit mit dem Sammeln und Verleihen von digitalen Inhalten sowie deren retrospektiven Digitalisierung befassen. Auf den auf die Stellungnahme zurückgehenden Beschluss des Bundesrates vom 16. Dezember 2016, Drucksache 565/16, insbesondere auf die unter den Nr. 13, 16, 17, 18, 27 und 28 formulierten Petita, wird verwiesen. Bisher werden aufgrund des geltenden Urheberrechts nur urheberrechtsfreie Werke digitalisiert. Ein Urheberrecht auf EU-Ebene könnte aufgrund einer rechtlichen Vereinheitlichung bei entsprechender Ausgestaltung zur Vereinfachung der Digitalisierung führen. 18. Wie bewertet sie den urheberrechtlichen Schutz von Fotografien von gemeinfreien Kunstwerken vor dem Hintergrund des aktuellen Rechtsstreits zwischen dem Reiss-Engelhorn-Museum und der Wikimedia-Foundation? Der genannte Rechtsstreit betrifft neben der Frage, inwiefern Einrichtungen durch ihr Haus- bzw. Eigentumsrecht den Zugang und die Vervielfältigung von gemeinfreien Werken kontrollieren dürfen, im Kern die Frage nach einer juristischen Abgrenzung der urheberrechtlichen Schutzfähigkeit von unterschiedlichen Reproduktionsverfahren bzw. -technologien. In der Rechtsprechung weitgehend unstreitig ist, dass eine reine technische Reproduktion (z. B. durch Scan) keinen eigenen urheberrechtlichen Anspruch begründet. Dagegen steht der in § 72 UrhG geregelte Schutz von Lichtbildern, auf den sich das Reiss-Engelhorn-Museum in dem Rechtsstreit bezieht. Der Auffassung, dass durch die digitale Fotografie ein neues Schutzrecht begründet wird, hat sich zuletzt das Landgericht Stuttgart (Urteil vom 27. September 2016) angeschlossen. Die Rechtsprechung hierzu ist jedoch uneinheitlich , letztlich bleibt eine letztinstanzliche Grundsatzentscheidung abzuwarten. 19. Teilt sie die Zielsetzung des Beschlusses der Deutschen Nationalbibliothek, den Zugang zu allen gedruckten Büchern zu sperren, die auch in elektronischer Form im Bestand sind? Die Deutsche Nationalbibliothek (DNB) hat ihre Entscheidung nach einer Nutzerbefragung inzwischen revidiert, sodass auch weiterhin eine gleichberechtigte Wahlmöglichkeit für die Nutzerinnen und Nutzer besteht. 20. Wie schätzt sie nach der Entscheidung des EuGH zur Ausleihe von eBooks (C-174/15) die Möglichkeiten von Pflichtexemplarbibliotheken ein, elektronische Pflichtexemplare im Wege der elektronischen Ausleihe zur Verfügung zu stellen? Die Entscheidung des EuGH vom 10. November 2016 in der Rs. C-174/15 – Vereiniging Openbare Bibliotheken, in der er den Verleih von E-books nach den Regeln der Vermiet- und Verleihrichtlinie bzw. auf Basis einer entsprechenden nationalen Regelung dazu nach näheren Maßgaben für zulässig erklärt hat, betrifft einen Sachverhalt zum niederländischen Urheberrecht. Da dieses – im Gegensatz zur Rechtslage in Deutschland – den Erschöpfungsgrundsatz nicht kennt, ist das Urteil nicht unmittelbar auf die Rechtslage in Deutschland übertragbar. Dennoch wurde das Urteil zum Anlass genommen, dieses Thema in Gespräche der Kommission Bibliothekstantieme der KMK mit der VG WORT einzubeziehen, um ein entsprechendes Pilotprojekt anzustoßen. Ob sich die VG WORT dazu verstehen wird, ist noch offen. Die Landesregierung wird darüber hinaus zur gegebenen Zeit im Zuge der Beteiligung der Länder im Bundesrat darauf hinwirken, dass bereits im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens für ein Urheberrechts-Wissensgesellschaftsgesetz eine entsprechende Rechtsgrundlage geschaffen wird. 21. Wie schätzt sie die Möglichkeiten von Pflichtexemplarbibliotheken ein, frei zugängliche Netzpublikationen in einer repräsentativen Auswahl zu sammeln, zu archivieren und zur Nutzung zur Verfügung zu stellen? Das Pflichtexemplar-Gesetz vom 3. März 1976 wurde durch die Einfügung des § 1 a durch Artikel 5 Haushaltsstrukturgesetz vom 12. Februar 2007 (GBl. S. 105, 107) an die Anforderungen neuer Medienformen angepasst. Danach gelten die Vorschriften des Gesetzes für digitale Publikationen entsprechend, soweit dies in Bezug auf die medienspezifischen und technischen Bedingungen möglich ist. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1445 10 Netzpublikationen aus Baden-Württemberg stellen die beiden Landesbibliotheken in Karlsruhe und Stuttgart bereits seit einem Jahrzehnt im Baden-Württembergischen Online-Archiv (BOA) ein. Eine Bitstream-Erhaltung der als Pflichtexemplar gesammelten Netzpublikationen erfolgt bereits jetzt; eine qualifizierte Langzeitarchivierung wird im Rahmen einer landeseinheitlichen Lösung für alle an Bibliotheken des Landes gesammelten erhaltungsbedürftigen Netzpublikationen angestrebt. 22. Welche Chancen sieht sie für die kulturelle Bildung von Kindern und Jugendlichen beziehungsweise die Kulturvermittlung für Erwachsene durch die Digitalisierung von Kulturgut? Die Digitalisierung schreitet in allen Bereichen voran und bietet die große Chance, im Bereich der kulturellen Kinder- und Jugendbildung wie auch in der altersunabhängigen Kulturvermittlung neue Wege zu denken und zu gestalten. Das Wissenschaftsministerium wird diese Thematik deshalb zu einem Schwerpunkt der Aktivitäten im Rahmen der Digitalisierungsstrategie machen. Viele Kultureinrichtungen in Baden-Württemberg haben bereits begonnen, sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten der Herausforderung zu stellen, um einen möglichst breiten und barrierefreien Zugang zu ihren Beständen zu geben. Die Digitalisierung eröffnet die Möglichkeit, über die bisherigen Angebote hinaus einen zeit- und ortsunabhängigen Zugang zu dem in unseren Einrichtungen vorhandenen Kulturgut zu schaffen. Die digitale Präsentation und Vermittlung der Bestände und das Wissen darüber, was die Museen, Bibliotheken und Archive bewahren, führt tendenziell dazu, dass mehr Menschen diese Einrichtungen besuchen . Die Digitalisierung bietet eine Ergänzung der klassischen Vermarktungspfade für Kulturgüter und eröffnet über Social Media neue Kommunikationswege (many-to-many statt one-to-many) und ergänzende (digitalisierte) Angebote die Möglichkeit, neue Besuchergruppen zu akquirieren und auch zu halten. Durch neue digitalisierte Angebote erweitert sich auch das Feld der klassischen Kulturvermittlung durch Expertinnen und Experten hin zu mehr individuellen Rezeptions - und Wissenstransfers, die insbesondere den Rezeptionsgewohnheiten neuer bzw. jugendlicher Zielgruppen (digital natives) gerechter werden. Die Einbindung von Besucher-Smartphones über entsprechende Apps in das Ausstellungserlebnis bzw. in die Kulturvermittlung stellt hierbei nur eine von vielen Optionen dar, um einerseits den Erkenntnisgewinn und das persönliche Erleben aufzuwerten und andererseits neu erworbenes Wissen auch nach dem Besuch weiterhin zur Verfügung haben zu können. Es gilt hier jedoch noch einige rechtliche Fragen zu klären, u. a. in Bezug auf Nutzungsrechte und Urheberrechte. 23. Inwieweit haben Gedenkstätten des Landes in Baden-Württemberg eine Digitalisierung ihrer Bestände begonnen? Hierzu hat die Landeszentrale für politische Bildung wie folgt Stellung genommen: Eine informelle Abfrage unter den Gedenkstätten und Gedenkstätteninitiativen in Baden-Württemberg ergibt, dass diese mehrheitlich mit einer Digitalisierung ihrer Bestände begonnen haben. Es wurden bisher insbesondere Fotografien und Schriftgut, aber auch vermehrt audiovisuelle Medien und Tonaufnahmen, etwa von Zeitzeugeninterviews, digitalisiert. Das Projekt der Digitalisierung wird ernst genommen: Ein Generationswechsel in den Gedenkstätten und das absehbare Ende der Möglichkeit, Wissen über Gespräche mit Zeitzeugen zu vermitteln, verlangen eine Professionalisierung der Archivarbeit, damit kein Wissen um die gesammelten Quellen verloren geht. Die Digitalisierung bietet nicht nur eine Möglichkeit, dem natürlichen Verfallsprozess von Artefakten entgegenzuwirken. Durch digitalisierte Medien kann darüber hinaus die Nutzung und Erschließung der Quellen vereinfacht werden; gemeinsame Datenbanken erleichtern einen Wissenstransfer. Diverse Projektanträge, die beim Fachbereich Gedenkstättenarbeit der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (LpB) in den vergangenen zwei Jahren eingingen, verweisen auf den Bedarf an Unterstützung und zugleich auch auf die Bereitschaft, mehr über die Möglichkeiten in der Archivarbeit zu lernen. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1445 11 Es wurden bereits einige Schritte unternommen: – Die Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten und Gedenkstätteninitiativen (LAGG) und die LpB waren als Kooperationspartner an der Ausrichtung des 60. Bundesgedenkstättenseminars in Bad Urach beteiligt, das die aktuellen Herausforderungen der Archivarbeit und Chancen der Digitalisierung in den Mittelpunkt rückte. Zentrale Zielsetzungen für die Gedenkstättenarbeit wurden in einem Thesenpapier zusammengefasst, abzurufen unter: http://www.gedenkstaettenforum.de/nc/gedenkstaetten-rundbrief/rundbrief/ news/archivarbeit_an_gedenkstaetten/ – 2015 legte das Dokumentationszentrum Oberer Kuhberg KZ-Gedenkstätte Ulm (DZOK) einen Leitfaden zur Archivarbeit vor, der die Ergebnisse des von Bund und Land geförderten Pilotprojekts zur Archivarbeit am DZOK zusammenfasst. Der Leitfaden „Das materielle Erbe der Zeitzeugen sichern. Informationen und Anleitungen zur Archivarbeit am Beispiel des Dokumentationszentrums Oberer Kuhberg Ulm“ wurde allen Gedenkstätten im Land zur Verfügung gestellt. Er ist zudem online auf der Homepage des DZOK und der LpB abrufbar: http://www.gedenkstaetten-bw.de/fileadmin/gedenkstaetten/pdf/materielle_ erbe_zeitzeugen.pdf – 2015 setzte die LAGG den Arbeitskreis Archivarbeit ein, der eine Bestandsabfrage bei den Gedenkstätten durchführte und eine Excel-Tabelle als Vorlage zum Verzeichnen und Archivieren erstellte, die auch als Grundlage künftiger Datenbanken dienen kann. Infos dazu: http://www.gedenkstaetten-bw.de/archivarbeit _gedenkstaette.html – 2016 boten LAGG und LpB die Fortbildung „Einführung in die Archivarbeit an Gedenkstätten“ an, die am Hauptstaatsarchiv Stuttgart stattfand. Die Digitalisierung der Bestände der baden-württembergischen Gedenkstätten befindet sich jedoch noch in ihren Anfängen. Die Gedenkstätten, die größtenteils auf ehrenamtlichem Engagement beruhen, weisen nicht durchgehend ausreichend finanzielle und personelle Kapazitäten auf. Sie sind zudem auf die Kooperation von staatlichen Archiven in Bund, Land und Kommunen angewiesen. Teilweise wurden hier Möglichkeiten erarbeitet, in kommunalen Archiven Sonderbestände der Gedenkstätten einzurichten. Im Zusammenhang mit der Forderung, die digitalisierten Bestände einer breiten Öffentlichkeit zugänglichzumachen, sind noch rechtliche Voraussetzungen bzgl. des Umgangs mit sensiblen Daten zu prüfen. 24. Inwieweit haben sich Museen und Sammlungen des Landes auf das veränderte Kommunikationsverhalten ihrer Besucher eingestellt und die Präsentation ihrer Ausstellungsobjekte durch digitale Anwendungen ergänzt? Die staatlichen Museen stellen in ihren Sammlungen nicht nur Audioguides und Mediaguides, sondern teilweise auch Tablets zur Verfügung. Die Homepages der Museen werden ständig überarbeitet und auf den neuesten Stand gebracht. Ferner werden regelmäßig Social Media Kanäle bedient, Blogger-Treffen sowie auch projektbezogene Online-Blogs organisiert. Auch interaktive Spiele können in einigen Museen bereits gespielt werden. Gegenwärtig arbeiten die Museen mit Unterstützung des Wissenschaftsministeriums an der Entwicklung von Digitalisierungsstrategien. Von der Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg mbH wurde als Hilfestellung für die Museen der Leitfaden „Open Up! Museum“ zur Entwicklung digitaler Strategien im Museumsbereich herausgegeben. Vier staatliche Museen und zwei nichtstaatliche Museen werden von der Medien- und Filmgesellschaft im Rahmen eines Pilotprojektes in einem Coaching-Programm bei der Erstellung digitaler Strategien Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1445 12 unterstützt. Für die übrigen Landesmuseen werden von der Medien- und Filmgesellschaft Workshops angeboten. Im Rahmen der Digitalisierungsoffensive des Landes ist vorgesehen, für die staatlichen Museen digitale Vermittlungsprogramme zu fördern. Theresia Bauer MdL Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst