Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 1450 24. 01. 2017 1Eingegangen: 24. 01. 2017 / Ausgegeben: 08. 03. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. In welcher Höhe beziffert sie die durch Wild, insbesondere Schwarzwild, verursachten Schäden in den oben genannten Landkreisen in den Jahren 2011 bis 2016 (Auflistung nach Jahren)? 2. Wie beziffert sie die Abschusszahlen von Schwarzwild in den oben genannten Landkreisen in den Jahren 2011 bis 2016 (Auflistung nach Jahren)? 3. Wie viele Drück- und Bewegungsjagden wurden in den Jahren 2011 bis 2016 in den oben genannten Landkreisen durchgeführt (Auflistung nach Jahren)? 4. Welche Gemarkungen innerhalb der oben genannten Landkreise sind aktuell besonders von Wildschäden betroffen? 5. Welche Ursachen sind ihr für diese lokalen Schwerpunkte unter Berücksichtigung der Anwendung des neuen Jagdgesetzes bekannt? 6. Trifft es zu, dass von den Kreisjagdämtern die Handhabung der Vorschriften des neuen Jagdgesetzes in den Staatsforsten unterschiedlich angewendet wird (Kirrung Jagdausübung, Verbot von technischen Hilfsmitteln wie Beobachtungsgeräte und Melder) und wenn ja, warum und mit welchen Begründungen? 7. Was tut sie, um eine ausreichende Bejagung von Schwarzwild in den oben genannten Landkreisen sicherzustellen? Kleine Anfrage des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Wildschäden in den Landkreisen Schwäbisch Hall, Hohenlohekreis und Main-Tauber: Handhabung des neuen Jagdgesetzes in den Staatsforsten Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1450 2 8. Befürchtet sie, dass aufgrund der hohen Schäden die Bereitschaft zur Jagdaus - übung abnimmt – möglicherweise bis hin zur Unverpachtbarkeit der Jagden? 24. 01. 2017 Dr. Bullinger FDP/DVP A n t w o r t Mit Schreiben vom 17. Februar 2017 Nr. Z(55)-0141.5/103F beantwortet das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. In welcher Höhe beziffert sie die durch Wild, insbesondere Schwarzwild, verursachten Schäden in den oben genannten Landkreisen in den Jahren 2011 bis 2016 (Auflistung nach Jahren)? Zu 1.: Eine amtliche Erhebung zu Wildschäden findet aus Gründen der Vermeidung von Bürokratiebelastung nicht statt. Der weitaus größte Teil der Wildschäden wird ohnehin auf dem Wege der gütlichen Einigung zwischen den geschädigten und ersatzpflichtigen Personen ohne jegliche Beteiligung von Behörden oder Wildschadensschätzern geregelt. Der Landesregierung liegen somit keine Angaben zur Höhe der Wildschäden in den angegebenen Zeiträumen und Gebieten vor. Auf die Antwort zu Frage 2 der Kleinen Anfrage des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP, Geltendmachung von Wildschäden nach dem neuen Landesjagdrecht, Drucksache 15/7577 sowie die Antwort zu Frage 4 der Kleinen Anfrage des Abg. Stefan Herre AfD, Wildschäden im Zollernalbkreis und Unfallschwerpunkte, Drucksache 16/979 wird verwiesen. 2. Wie beziffert sie die Abschusszahlen von Schwarzwild in den oben genannten Landkreisen in den Jahren 2011 bis 2016 (Auflistung nach Jahren)? Zu 2.: Für das Jagdjahr 2016/2017 liegen noch keine Daten vor. Für die Jagdjahre 2011/ 2012 bis 2015/2016 beziffern sich die Abschusszahlen von Schwarzwild wie folgt: -DJGMDKU +RKHQORKHNUHLV 6FKZlELVFK +DOO 0DLQ 7DXEHU 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1450 3. Wie viele Drück- und Bewegungsjagden wurden in den Jahren 2011 bis 2016 in den oben genannten Landkreisen durchgeführt (Auflistung nach Jahren)? Zu 3.: Es besteht für die jagdausübungsberechtigten Personen keine rechtliche Verpflichtung zur Anzeige durchgeführter Drück- und Bewegungsjagden. Die Anzahl kann von den Jagdbehörden nicht beziffert werden. Zu Einschätzung der durchgeführten Drück- und Bewegungsjagden wird auf die Stellungnahme zum Antrag der Abg. Reinhold Gall u. a. SPD, Schwarzwildbejagung im Land, Drucksache 16/325 verwiesen. 4. Welche Gemarkungen innerhalb der oben genannten Landkreise sind aktuell besonders von Wildschäden betroffen? Zu 4.: Wie zu 1. dargestellt, findet keine amtliche Erhebung der Wildschäden statt. Basierend auf den bei den Behörden bekannt gewordenen Schadensfällen scheinen im Main-Tauber-Kreis die Gemeinden Bad Mergentheim und Wertheim und im Kreis Schwäbisch Hall die waldreichen Gemeinden wie beispielsweise Mainhardt und Frankenhardt besonders von Schwarzwildschäden betroffen zu sein. 5. Welche Ursachen sind ihr für diese lokalen Schwerpunkte unter Berücksichtigung der Anwendung des neuen Jagdgesetzes bekannt? Zu 5.: Die lokalen Schadensschwerpunkte lassen einen Zusammenhang zu Einstandsund Äsungsmöglichkeiten des Schwarzwilds erkennen. Bei Mais- bzw. Getreideanbau , insbesondere in der Nähe zu Wäldern oder Deckung bietenden Hecken, treten gehäuft Schwarzwildschäden auf. Im Main-Tauber-Kreis scheint die schwere Bejagbarkeit von Siedlungsrandbereichen eine Ursache für lokale Schadensschwerpunkte zu sein. Insbesondere wenn sich dort in sonnenseitigen Hanglagen nicht mehr bewirtschaftete Obstwiesen und Hecken befinden, die ideale Einstände für die Sauen darstellen, und auf diesen Flächen infolge der Nähe zu bewohnten Gebäuden nur erschwert gejagt werden kann, werden im Umfeld auf landwirtschaftlich genutzten Flächen gehäuft Wildschäden festgestellt. Ein Zusammenhang zwischen lokalen Schadensschwerpunkten und der Anwendung des Jagd- und Wildtiermanagementgesetzes ist nach Aussagen der Jagdbehörden im Main-Tauber-Kreis und im Hohenlohekreis nicht erkennbar. 6. Trifft es zu, dass von den Kreisjagdämtern die Handhabung der Vorschriften des neuen Jagdgesetzes in den Staatsforsten unterschiedlich angewendet wird (Kirrung Jagdausübung, Verbot von technischen Hilfsmitteln wie Beobachtungsgeräte und Melder) und wenn ja, warum und mit welchen Begründungen? Zu 6.: Hoheitlich zuständig für die staatlichen Eigenjagdbezirke sind nicht die unteren Jagdbehörden bei den Landratsämtern („Kreisjagdämter“), sondern die zuständigen Forstbehörden. Wesentliche Regelungen für die Jagdausübung in den selbstbewirtschafteten staatlichen Eigenjagden werden zentral durch die Betriebsleitung von ForstBW vorgegeben. Je nach dem wie sich die örtlichen Verhältnisse gestalten , muss die Leitung der unteren Forstbehörde im Rahmen dieser zentralen Vorgaben weitere Regelungen treffen. Sofern die Regulierung der Wildtierbestände in den staatlichen Eigenjagdbezirken mit unterschiedlichen Strategien verfolgt wird, handelt es sich dabei um jagdfachliche Entscheidungen, die auf Grundlage der örtlichen Verhältnisse getroffen wurden, und nicht um eine unterschiedliche Anwendung jagdrechtlicher Bestimmungen. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1450 4 Ein grundsätzliches Verbot von technischen Hilfsmitteln besteht in den staatlichen Eigenjagdbezirken nicht, gleichwohl wird der Einsatz von Wildkameras sehr restriktiv gehandhabt. Dies resultiert aus dem Tätigkeitsbericht 2014 des Landesbeauftragten für Datenschutz Baden-Württemberg. Danach ist der Einsatz von Wildkameras an Kirrungen mit dem Ziel, die jagdliche Effektivität zu steigern, in der Regel unzulässig, da das Datenschutzinteresse des Betroffenen gegenüber den jagd - lichen Interessen regelmäßig überwiegt. Ein Einsatz von Wildkameras kann im Einzelfall zur Wahrnehmung berechtigter Interessen (z. B. Mitwirkung an bestim - mten Forschungsprojekten oder Aufgaben des Wildtiermonitorings) zulässig sein, wenn alle weiteren Voraussetzungen nach § 6 b BDSG eingehalten werden. Dazu zählen insbesondere die Erforderlichkeit des konkreten Einsatzes der Kameras, das Aufstellen von geeigneten Hinweisschildern sowie die Feststellung, dass die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen nicht überwiegen. Die Entscheidung über den Einsatz von Wildkameras ist daher vor Ort durch die Jagdleitung zu treffen. 7. Was tut sie, um eine ausreichende Bejagung von Schwarzwild in den oben genannten Landkreisen sicherzustellen? Zu 7.: Die Rahmenbedingungen für die Schwarzwildbejagung außerhalb der jagdgesetzlichen Regelungen stellen sich für die lokalen Akteure oftmals ungünstig dar. Auf Initiative der Landesregierung hat daher der Landesbeirat Jagd und Wildtiermanagement auf seiner Sitzung am 18. Dezember 2015 die Einrichtung eines landesweiten „Runden Tischs Schwarzwild“ beschlossen. Dieser soll eine zwischen den betroffenen Akteurgruppen abgestimmte Strategie und Handlungsempfehlungen für eine effektivere Schwarzwildregulation erarbeiten und dazu beitragen, dass auf den jeweils zuständigen Ebenen der Verwaltung Regelungen getroffen werden, die dazu beitragen, lokale Erschwernisse abzu bauen. Beispielsweise ist der Aufwand für Vorkehrungen im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht bei der Durchführung von Bewegungsjagden im Bereich von öffentlichen Straßen für die Jagdausübungsberechtigten so weit wie möglich zu reduzieren . Der „Runde Tisch Schwarzwild“ hat seine Arbeit bereits aufgenommen. Ergänzend dazu wird das Schwarzwild in den selbstbewirtschafteten Eigenjagdbezirken des Landes verstärkt bejagt. Die hier erzielten Streckendichten der letzten Jahre liegen insbesondere im Hohenlohekreis und im Main-Tauberkreis deutlich über dem Landesdurchschnitt. 8. Befürchtet sie, dass aufgrund der hohen Schäden die Bereitschaft zur Jagdaus - übung abnimmt – möglicherweise bis hin zur Unverpachtbarkeit der Jagden? Zu 8.: Die Bereitschaft, ein bestimmtes Jagdausübungsrecht zu pachten, hängt im Wesentlichen vom materiellen und ggf. ideellen Wert, den dieses Recht für eine pachtberechtigte Person bedeutet, und dem für dieses Recht zu erbringenden Aufwand ab. Insofern wird die Bereitschaft, die Jagd in einem bestimmten Gebiet auszuüben, von den üblichen Marktmechanismen gesteuert. Es liegt in der Verantwortung der Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer als Eigenjagdbesitzende oder als Mitglieder der Jagdgenossenschaft darüber zu entscheiden, in welchem Umfang der Ausgleich von Wildschäden den Jagdausübungsberechtigten durch pachtvertragliche Bestimmungen übertragen wird. Das gestiegene Wildschadensrisiko durch Schwarzwild hat in den oben genannten Gebieten erkennbar Auswirkungen auf die Jagdpachtverträge. Das Pachtpreis - niveau sinkt bei gleichzeitiger Deckelung der von den Pächterinnen und Pächtern zu übernehmenden Wildschadensausgleichszahlungen. Hauk Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz