Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 1519 30. 01. 2017 1Eingegangen: 30. 01. 2017 / Ausgegeben: 20. 04. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie groß ist die Fläche im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg, die zum Stichtag 31. Dezember 2016 insgesamt für Truppenübungsplätze und für Standortübungsplätze genutzt wurde? 2. Wie groß ist die Fläche im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg, die zum Stichtag 31. Dezember 2016 insgesamt als militärische Liegenschaft genutzt wurde? 3. Welche (wissenschaftlichen) Erkenntnisse hat sie über den Grad der Belastungen der bestehenden Truppen- und Standortübungsplätze im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg durch die militärische Nutzung (z. B. durch Muni - tionsbelastung und durch chemische Altlasten)? 4. Wie hoch ist der Anteil der Wald- und Offenlandflächen, der aufgrund zu hoher Belastungen für die Land- oder die Forstwirtschaft nicht oder nur schwer nutzbar ist? 5. Soweit keine Erkenntnisse vorliegen, beabsichtigt sie, derartige wissenschaft - liche Studien in Auftrag zu geben? 6. Auf wie hoch wird der finanzielle Aufwand pro Hektar geschätzt, um die betroffenen Flächen im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg wieder nutzbar zu machen? 7. Ist sie bereit, besonders hoch belastete Flächen im Zollernalbkreis und in Baden -Württemberg als Wildnisgebiete auszuweisen? Kleine Anfrage des Abg. Stefan Herre AfD und Antwort des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Umweltbelastungen durch den Truppenübungsplatz Heuberg im Zollernalbkreis sowie alle weiteren noch genutzten in Baden-Württemberg Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1519 2 8. In welche Schutzkategorien sollen nach Abzug des Militärs diese Areale im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg zukünftig und nachhaltig genutzt werden (Kategorisieren nach Wildnisgebiete, Land- und Fortwirtschaftliche Nachnutzung, Offenlandflächen, Naturschutzgebiete, Tourismus- und Nah - erholungsgebiete)? 9. Welche weiteren zivilen Nutzungsmöglichkeiten außer Flüchtlingsunterkünften wie im Zollernalbkreis oder anderen Landkreisen in Baden-Württemberg sieht sie für aus der militärischen Nutzung genommene Flächen von Truppenund Standortübungsplätzen? 10. Wie viele Festmeter Holz pro Hektar Wald werden derzeit im Durchschnitt auf den bestehenden Truppen- und Standortübungsplätzen im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg jährlich eingeschlagen? 30. 01. 2017 Herre AfD B e g r ü n d u n g Mit dieser Kleinen Anfrage soll diese Problematik im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg näher beleuchtet werden und die Landesregierung um Stellungnahme gebeten werden. A n t w o r t * ) Mit Schreiben vom 13. März 2017 Nr. 5-0141.5/562 beantwortet das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft im Einvernehmen mit dem Ministerium für Finanzen, dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz und dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie groß ist die Fläche im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg, die zum Stichtag 31. Dezember 2016 insgesamt für Truppenübungsplätze und für Standortübungsplätze genutzt wurde? In Baden-Württemberg wurden zum Stichtag 31. Dezember 2016 ca. 6.225 Hektar als Truppenübungsplatz bzw. Standortübungsplätze der Bundeswehr genutzt; davon im Zollernalbkreis ca. 2.700 Hektar. 2. Wie groß ist die Fläche im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg, die zum Stichtag 31. Dezember 2016 insgesamt als militärische Liegenschaft genutzt wurde? In Baden-Württemberg wurden zum Stichtag 31. Dezember 2016 insgesamt ca. 8.264 Hektar als militärische Liegenschaft der Bundeswehr genutzt; davon im Zollernalbkreis ca. 2.714 Hektar. *) Der Überschreitung der Drei-Wochen-Frist wurde zugestimmt. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1519 3. Welche (wissenschaftlichen) Erkenntnisse hat sie über den Grad der Belastungen der bestehenden Truppen- und Standortübungsplätze im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg durch die militärische Nutzung (z. B. durch Muni - tionsbelastung und durch chemische Altlasten)? Im Rahmen des Altlastenprogramms der Bundeswehr sind im Zollernalbkreis grundsätzlich auf allen Truppen- und Standortübungsplätzen Kontaminationsverdachtsflächen (KVF) erfasst. In Baden-Württemberg werden derzeit noch der Standortübungsplatz Pfullendorf (Bearbeitungsbeginn März 2017) und das Übungs - gelände in Eschbach (noch keine Beauftragung) untersucht. Zur Gewährleistung eines uneingeschränkten und umweltkonformen Übungs - betriebes auf Truppenübungsplätzen der Bundeswehr werden gezielt militärische Übungsanlagen wie z. B. Sprengplätze, Handgranatenwurfstände und Schießbahnen im Rahmen einer Kombination von vor- und nachsorgendem Boden- und Gewässerschutz bearbeitet. 4. Wie hoch ist der Anteil der Wald- und Offenlandflächen, der aufgrund zu hoher Belastungen für die Land- oder die Forstwirtschaft nicht oder nur schwer nutzbar ist? Der Anteil an der Offenlandfläche, die auf dem Truppenübungsplatz Heuberg aufgrund der Munitionsbelastung nicht nutzbar ist, beträgt ca. 2 %. Auf etwa 40 % der Gesamtfläche ist Begehen und Befahren erlaubt; Erdarbeiten jedoch nur nach Genehmigung durch die Kommandantur. Auf allen von der Bundeswehr genutzten Truppenübungsplätzen/Standortübungs - plätzen in Baden-Württemberg findet keine „land- und forstwirtschaftliche Nutzung “ statt, sondern eine landschaftspflegerische und forstliche Geländebetreuung . Hierzu zählt z. B. auch eine abgestimmte Schafbeweidung. Das Ziel dieser Art der Geländebetreuung ist es, den Wald und das Offenland entsprechend den Anforderungen der militärischen Nutzung funktional zu gestalten. Die im Rahmen dieser Geländebetreuung anfallenden forstlichen Produkte werden durch die zuständigen Bundesforstbetriebe vermarktet. Einschränkungen der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung dieser Flächen folgen daher dem militärischen Bedarf. 5. Soweit keine Erkenntnisse vorliegen, beabsichtigt sie, derartige wissenschaftliche Studien in Auftrag zu geben? 6. Auf wie hoch wird der finanzielle Aufwand pro Hektar geschätzt, um die betroffenen Flächen im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg wieder nutzbar zu machen? Zu diesen beiden Fragen wird auf die Antwort in der Drucksache 17/9367 des deutschen Bundestages verwiesen. 7. Ist sie bereit, besonders hoch belastete Flächen im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg als Wildnisgebiete auszuweisen? Wildnisgebiete im Sinne der Nationalen Biodiversitätsstrategie der Bundesregierung sind ausreichend große, weitgehend unzerschnittene, nutzungsfreie Gebiete. Hier soll sich die Natur ungestört, unbeeinflusst und unabhängig vom Menschen entwickeln können, Wildtiere sollen hier ungestört leben. Neben Waldstandorten und freiwerdenden Grenzertragsflächen der Landwirtschaft eignen sich vor allem Überflutungsflächen entlang der Flüsse sowie ehemalige Militär- und Rohstoff - abbaustätten dafür. Wildnisgebiete stellen keine Schutzgebietskategorie nach BNatschG dar. Im Rahmen der Naturschutzstrategie Baden-Württemberg wird ein „Gesamt - konzept Wildnis“ entwickelt. Hierbei werden das Bannwaldkonzept berücksichtig und fortgeschrieben, in Staatswaldflächen der Großschutzgebiete Wildruhezonen ausgewiesen und eine Entwicklung zu halboffenen Weidelandschaften durch eine Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1519 4 „ungesteuerte Beweidung“ erprobt. Insgesamt soll das Wildniskonzept in eine Großschutzgebietskonzeption und in den landesweiten Biotopverbund eingebettet werden. Eine hohe Munitionsbelastung steht dabei der Definition eines Wildnisgebietes grundsätzlich nicht entgegen. Derzeit sind jedoch keine Aussagen zu künftig möglicherweise aus militärischer Nutzung fallender Einzelflächen möglich , da sie in die Zuständigkeit des Bundes fallen. 8. In welche Schutzkategorien sollen nach Abzug des Militärs diese Areale im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg zukünftig und nachhaltig genutzt werden (Kategorisieren nach Wildnisgebiete, Land- und Fortwirtschaftliche Nachnutzung, Offenlandflächen, Naturschutzgebiete, Tourismus- und Nah - erholungsgebiete)? Derzeit werden zwei ehemals militärisch genutzte Liegenschaften im Zuge der dritten Tranche des Nationalen Naturerbes vom Land Baden-Württemberg in Hinblick auf eine mögliche Überführung in Landes- oder Verbandseigentum geprüft. Die BImA als flächenabgebende Bundeseinrichtung hat für das Land Baden- Württemberg darüber hinaus keine weiteren Liegenschaften im Nationalen Naturerbe vorgesehen. Die Umwandlung von einer militärischen Nutzung in eine zivile Folgenutzung erfordert einen umfassenden Konversionsprozess, der in großem Maße von den individuellen Gegebenheiten vor Ort abhängig ist. Welche Flächen infrage kommen , ist derzeit nicht abschließend beantwortbar. Aus naturschutzfachlicher Sicht ist der heute anerkannt hohe Wert der militä - rischen Übungsplätze für den Biotop- und Artenschutz als Folge des teilweise jahrzehntelangen Übungsbetriebes und des damit verbundenen Landschaftsmanagements entstanden. Mit der zwischen dem Bund (Bundesministerium der Verteidigung /Bundesanstalt für Immobilienaufgaben) und den Bundesländern auf der Grundlage von § 7 BNatSchG abgeschlossenen „Vereinbarung über den Schutz von Natur und Landschaft auf militärischen Übungsplätzen“ von 2004 werden alle bekannten Methoden der Landschaftspflege angewandt, die auch bei der Pflege von z. B. Naturschutzgebieten und geschützten Landschaftsbestandteilen durch den amtlichen und ehrenamtlichen Naturschutz genutzt werden. 9. Welche weiteren zivilen Nutzungsmöglichkeiten außer Flüchtlingsunterkünften wie im Zollernalbkreis oder anderen Landkreisen in Baden-Württemberg sieht sie für aus der militärischen Nutzung genommene Flächen von Truppen- und Standortübungsplätzen? Nach Aufhebung der militärischen Zweckbindung durch das Bundesverteidigungsministerium eröffnet die Städtebauförderung von Bund und Land den konversionsbetroffenen Städten und Gemeinden rechtliche und finanzielle Möglichkeiten , an die Neustrukturierung der Konversionsflächen heranzugehen. Ziel der Städtebauförderung (Landessanierungsprogramm und der fünf Bund-Länder-Programme ) ist die Beseitigung oder die nachhaltige Milderung gebietsbezogener städtebaulicher Missstände. Gefördert werden Ordnungsmaßnahmen, wie die Bodenordnung, Freilegung von Grundstücken, Herstellung und Änderung von Erschließungsanlagen , öffentliche Wege, Plätze und Parkierungsanlagen, Baumaßnahmen (Altbaumodernisierung, Schaffung von Gemeindebedarfs- und Folgeeinrichtung ) und die vorbereitenden Maßnahmen der Erneuerung. Es handelt sich dabei nicht um eine Projektförderung, sondern um die ganzheitliche Förderung des Erneuerungsprozesses in Sanierungsgebieten innerhalb eines Förderzeitraums von in der Regel acht bis 12 Jahren. Ein Fördervorrang wird für die Konversion bisher militärisch genutzter Flächen sowie die Schaffung von Wohnraum gewährt. Auch wenn die Städtebauförderungsprogramme der letzten Jahre ca. drei- bis vierfach überzeichnet waren, kommen die weiteren Förderschwerpunkte: 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1519 – Stärkung bestehender Zentren, Sicherung und Erhalt denkmalpflegerisch wertvoller Bausubstanz, – Maßnahmen zur Anpassung vorhandener Strukturen an den demografischen Wandel, – Stabilisierung und Aufwertung bestehender Gewerbegebiete, – Neustrukturierung und Umnutzung baulich vorgenutzter Brachflächen und – ganzheitliche ökologische Erneuerung in fast allen Fördergebieten zum Tragen. Dies wird auch zukünftig der Fall sein. 10. Wie viele Festmeter Holz pro Hektar Wald werden derzeit im Durchschnitt auf den bestehenden Truppen- und Standortübungsplätzen im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg jährlich eingeschlagen? Nach Auskunft der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben – Zentrale Bonn – Sparte Bundesforst werden auf allen bestehenden Truppen- und Standortübungsplätzen im Zollernalbkreis (rd. 1.500 ha Waldfunktionsfläche) jährlich rd. 3,8 Fest - meter/Hektar eingeschlagen und in Baden-Württemberg (rd. 3.360 ha Waldfunktionsfläche ) jährlich rd. 3,9 Festmeter/Hektar. Untersteller Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft