Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 1523 30. 01. 2017 1Eingegangen: 30. 01. 2017 / Ausgegeben: 17. 03. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie groß ist der Personenkreis, der in Baden-Württemberg jeweils Zugriff auf Steuerdaten von Bürgerinnen und Bürgern, die dem Steuergeheimnis unterliegen , hat? 2. Sind ihr in Baden-Württemberg Fälle von Verletzung des Steuergeheimnisses im Zusammenhang mit dem Zugriff auf Steuerdaten bekannt? 3. Wie stellt sie sicher, dass die Vorgaben der Steuerdaten-Abrufverordnung (StDAV), insbesondere § 2 StDAV, in Baden-württemberg vonseiten der Finanz - behörden eingehalten werden? 4. Inwieweit und in welchem Umfang erfolgt eine Protokollierung und Auswertung der Datenzugriffe im Sinne der §§ 6,7 StDAV? 5. Erfolgt eine unabhängige, ggf. stichprobenartige Überprüfung von Datenzugriffen und -abrufen durch den baden-württembergischen Datenschutzbeauftragten ? 6. Sieht sie die Notwendigkeit einer umfassenden Überprüfung der Finanzämter in Baden-Württemberg, wie dies das Land Brandenburg nach Bekanntwerden der flächendeckenden, unberechtigten Datenzugriffe vorgenommen hat? 7. Speichert sie Daten von Steuermillionären in Baden-Württemberg bzw. liegen ihr Erkenntnisse zum Umgang mit realen ehrlichen Steuererklärungen vor? 8. Wie viele Steuerbetrugsfälle und Selbstanzeigen gab es in den letzten zehn Jahren? Kleine Anfrage des Abg. Stefan Herre AfD und Antwort des Ministeriums für Finanzen Zugriff auf dem Steuergeheimnis unterliegende Steuerdaten in Baden-Württemberg, Steuerdaten von Vermögenden und Ehrlichkeit solcher Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1523 2 9. Wie viele Selbstanzeigen gab es aufgeschlüsselt nach Landkreisen in den vergangenen zehn Jahren in Baden-Württemberg? 10. Beteiligte sich das Finanzministerium nach ihrer Kenntnis jemals an Ankäufen von Steuerdaten aus dem Ausland? 30. 01. 2017 Herre AfD B e g r ü n d u n g Die Steuerdaten-Abrufverordnung regelt, auf welche Weise die Bediensteten bzw. Beamten der Steuerverwaltung auf die Steuerdaten der Bürgerinnen und Bürger, die dem Steuergeheimnis unterliegen, zugreifen dürfen. Um die Wahrung des Steuergeheimnisses zu gewährleisten, sieht § 2 StDAV Zutrittskontrollen zu den Datenverarbeitungsanlagen, Zugangskontrollen zu den Datenverarbeitungs - systemen, Zugriffskontrollen bezüglich der Benutzung des Systems sowie Weitergabekontrolle bezüglich des Datenabrufs vor. Nach § 4 StDAV ist die Abruf - befugnis auf die Daten oder die Arten von Daten zu beschränken, die zur Erledigung der jeweiligen Aufgabe erforderlich sind, sowie auch zeitlich zu befristen. Abrufe und Abrufversuche sind automatisiert aufzuzeichnen sowie auf Zulässigkeit zu prüfen. In einigen Bundesländern hat es Missbrauchsfälle bezüglich dem Steuergeheimnis unterliegenden Steuerdaten von Bürgerinnen und Bürgern gegeben : In Brandenburg beispielsweise haben Finanzbeamte, ohne eine entsprechende Zuständigkeit oder Anlass, auf Steuerdaten von Bürgerinnen und Bürgern teilweise von Nachbarn, Verwandten oder Bekannten zugegriffen, wie das dortige Finanzministerium im Frühjahr 2013 bestätigte. Mehr als jeder fünfte Finanz - beamte im Land Brandenburg hat unrechtmäßig auf Steuerdaten zugegriffen. In der Folge gab es Disziplinarverfahren und Abmahnungen gegen 30 Mitarbeiter. Der prominenteste Fall von unerlaubtem Zugriff auf Steuerdaten war in der Steuerstrafsache gegen Uli Hoeneß in Bayern zu verzeichnen, bei dem eine vierstellige Zahl von Beamten Zugriffsmöglichkeit auf dessen Daten hatte und dem Steuergeheimnis unterliegende Informationen an die Öffentlichkeit geraten sind. Das folgende staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren musste ohne Ergebnis eingestellt werden, weil sich auf Grundlage der vorhandenen Zugriffsprotokollierungen und der Zugangsmöglichkeiten kein bestimmter Tatverdächtiger mehr hat ermitteln lassen. A n t w o r t Mit Schreiben vom 27. Februar 2017 Nr. 3-O 220.4/3 beantwortet das Ministe - rium für Finanzen die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie groß ist der Personenkreis, der in Baden-Württemberg jeweils Zugriff auf Steuerdaten von Bürgerinnen und Bürgern, die dem Steuergeheimnis unterliegen , hat? Zu 1.: Die in den Finanzämtern Baden-Württembergs Beschäftigten haben im Rahmen der ihnen zugewiesenen Aufgaben Zugriff auf Steuerdaten. Sie sind dabei gemäß § 30 Abgabenordnung (AO) als Amtsträger der Steuerverwaltung zur Wahrung des Steuergeheimnisses verpflichtet. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1523 2. Sind ihr in Baden-Württemberg Fälle von Verletzung des Steuergeheimnisses im Zusammenhang mit dem Zugriff auf Steuerdaten bekannt? Zu 2.: Es sind zwei Fälle bekannt. Der erste Fall führte zu beamtenrechtlichen Maßnahmen , im zweiten Fall sind die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen. 3. Wie stellt sie sicher, dass die Vorgaben der Steuerdaten-Abrufverordnung (StDAV), insbesondere § 2 StDAV, in Baden-Württemberg vonseiten der Finanz - behörden eingehalten werden? Zu 3.: Im Rahmen der Berechtigungsvergabe wird das datenschutzrechtliche Grundprinzip der Notwendigkeit und Erforderlichkeit beachtet. Mit Hilfe eines in Baden-Württemberg eingesetzten Protokollierungsverfahrens ist es möglich, Datenabrufe und Abrufversuche im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit dem Steuergeheimnis zu überprüfen. 4. Inwieweit und in welchem Umfang erfolgt eine Protokollierung und Auswertung der Datenzugriffe im Sinne der §§ 6,7 StDAV? Zu 4.: Bei den Arbeitsbereichen, die einen festen Steuernummernbereich bearbeiten, ist eine Protokollierung nicht aktiviert, da die Datenabrufbefugnis durch technische Maßnahmen auf die Daten oder Arten von Daten beschränkt worden ist, die zur Erledigung der jeweiligen Aufgabe erforderlich sind (vgl. § 6 Abs. 2 S. 1 StDAV). In allen Bereichen, in denen für die Tätigkeit finanzamtsweite oder finanzamtsübergreifende Zugriffsberechtigungen benötigt werden, erfolgt eine Protokollierung hinsichtlich der Abfragen, bei denen schützenswerte Daten abgerufen werden können. Die Beschäftigten werden darüber hinaus stichprobenhaft zur Ein - gabe einer Begründung bei bestimmten Datenabrufen aufgefordert. Die Geschäftsstellenleitungen der Finanzämter sind zur stichprobenhaften Überprüfung der Zulässigkeit der Abrufe angewiesen. 5. Erfolgt eine unabhängige, ggf. stichprobenartige Überprüfung von Datenzugriffen und -abrufen durch den baden-württembergischen Datenschutzbeauftragten ? Zu 5.: Der Landesbeauftragte für den Datenschutz ist berechtigt, Einsicht in die Liste der ausgewählten Abfragen zu nehmen. Über ein tatsächliches Prüfungsverhalten liegen hier keine Erkenntnisse vor. Die Überprüfung liegt ausschließlich in der Verantwortung des Landesbeauftragten. 6. Sieht sie die Notwendigkeit einer umfassenden Überprüfung der Finanzämter in Baden-Württemberg, wie dies das Land Brandenburg nach Bekanntwerden der flächendeckenden, unberechtigten Datenzugriffe vorgenommen hat? Zu 6.: Eine umfassende Überprüfung der Finanzämter in Baden-Württemberg ist nicht vorgesehen. Auf Grundlage der bisherigen Erfahrungen werden die derzeitigen Prüfmaßnahmen als angemessen und ausreichend angesehen. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1523 4 7. Speichert sie Daten von Steuermillionären in Baden-Württemberg bzw. liegen ihr Erkenntnisse zum Umgang mit realen ehrlichen Steuererklärungen vor? Zu 7.: Die steuerlichen Daten von Steuermillionären in Baden-Württemberg werden, genau wie die Daten anderer Steuerbürgerinnen und Steuerbürger, gespeichert. Auch die Steuererklärungen in Papierform werden bei allen Steuerbürgerinnen und Steuerbürgern gleich behandelt. 8. Wie viele Steuerbetrugsfälle und Selbstanzeigen gab es in den letzten zehn Jahren? Zu 8.: 9. Wie viele Selbstanzeigen gab es aufgeschlüsselt nach Landkreisen in den vergangenen zehn Jahren in Baden-Württemberg? Zu 9.: Selbstanzeigen werden nicht auf Ebene der Veranlagungs-Finanzämter, sondern durch die Kanzleien der elf Straf- und Bußgeldsachenstellen in Baden-Württemberg erfasst. Eine Aufschlüsselung nach Landkreisen ist daher nicht möglich. 10. Beteiligte sich das Finanzministerium nach ihrer Kenntnis jemals an Ankäufen von Steuerdaten aus dem Ausland? Zu 10.: Das Land Baden-Württemberg hat sich bisher an den Ankäufen von insgesamt zehn Steuerdaten-CDs finanziell beteiligt. Dr. Splett Staatssekretärin .DOHQGHUMDKU $EJHVFKORVVHQH 6WUDIYHUIDKUHQ GDYRQ 6HOEVW DQ]HLJHQ $EJHVFKORVVHQH %X‰JHOGYHUIDKUHQ 6XPPH -DKUH