Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 1553 01. 02. 2017 1Eingegangen: 01. 02. 2017 / Ausgegeben: 31. 03. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Welche baden-württembergischen Städte und Gemeinden haben bisher eine Rechtsverordnung gemäß der Verordnung der Landesregierung über die Übertragung der Ermächtigung nach § 13 b des Tierschutzgesetzes (Katzenschutz- Zuständigkeitsverordnung) vom 19. November 2013 erlassen (tabellarische Auflistung unter Angabe von Kommune sowie Datum und Inhalt der jeweiligen Rechtsverordnung)? 2. Wie viele baden-württembergische Städte und Gemeinden haben bisher keinen Gebrauch von dieser Ermächtigung gemacht? 3. Wie viele Genehmigungen nach § 49 Absatz 2 des Jagd- und Wildtiermanagementgesetzes sind bisher in Baden-Württemberg erteilt worden? 4. Wie beurteilt sie aktuell die Entwicklung streunender Hauskatzen und deren Auswirkungen auf die heimische Artenvielfalt, insbesondere mit Blick auf die Populationen heimischer Singvogelarten? 5. Unter welchen Umständen wäre ihrer Auffassung nach eine landesweit einheitliche Regelung nach § 13 b des Tierschutzgesetzes geboten? 27. 01. 2017 Dr. Bullinger FDP/DVP Kleine Anfrage des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Natur- und Artenschutz durch Kastration streunender Hauskatzen Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1553 2 A n t w o r t Mit Schreiben vom 27. Februar 2017 Nr. Z(34)-0141.5/108 F beantwortet das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz im Einvernehmen mit dem Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Welche baden-württembergischen Städte und Gemeinden haben bisher eine Rechtsverordnung gemäß der Verordnung der Landesregierung über die Übertragung der Ermächtigung nach § 13 b des Tierschutzgesetzes (Katzenschutz- Zuständigkeitsverordnung) vom 19. November 2013 erlassen (tabellarische Auf listung unter Angabe von Kommune sowie Datum und Inhalt der jeweiligen Rechtsverordnung)? 2. Wie viele baden-württembergische Städte und Gemeinden haben bisher keinen Gebrauch von dieser Ermächtigung gemacht? Zu 1. und 2.: Zu Frage 1 und 2 liegen dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) keine konkreten Informationen vor (vgl. auch Stellungnahme zu Nr. 5). 3. Wie viele Genehmigungen nach § 49 Absatz 2 des Jagd- und Wildtiermanagementgesetzes sind bisher in Baden-Württemberg erteilt worden? Zu 3.: Bisher erfolgten noch keine Ausweisungen von Wildruhegebieten durch Rechtsverordnung . Dies ist aber Voraussetzung für eine Genehmigung nach § 49 Abs. 2 Jagd- und Wildtiermanagementgesetz (JWMG). Es sind daher noch keine Genehmigungen erteilt worden. 4. Wie beurteilt sie aktuell die Entwicklung streunender Hauskatzen und deren Auswirkungen auf die heimische Artenvielfalt, insbesondere mit Blick auf die Populationen heimischer Singvogelarten? Zu 4.: Der Landesregierung ist keine Studie bekannt, die die Entwicklung streunender Hauskatzen und deren Auswirkung auf die heimische Artenvielfalt, insbesondere der Singvogelpopulation für Baden-Württemberg beschreibt. Es gibt lediglich eine Abschätzung zur Anzahl der im Land lebenden Katzen aus dem Abschluss - bericht des Landesforschungsprogramms „Wildvögel und Vogelgrippe“ aus dem Jahr 2009. Danach wird der Bestand an Katzen im Land für den Zeitraum 2007/ 2008 auf rund 900.000 Tiere geschätzt. Dabei wurden unter dem Begriff „Hauskatzen“ sowohl reine Hauskatzen im engen Sinne als auch Freigänger im menschlichen Umfeld sowie verwilderte, streunende Hauskatzen subsumiert. Hauskatzen erbeuten hauptsächlich Mäuse, daneben auch Vögel sowie Reptilien. Regionale Unterschiede oder vogelartspezifische Präferenzen sind im Vogelbeute -Spektrum nicht erkennbar. Vielmehr erbeutet die Katze alles, was erreichbar ist. Nach bisherigen Erkenntnissen werden vor allem sehr häufig vorkommende und individuenstarke Vogelarten erbeutet. Eine große Anzahl der erbeuteten Vögel wird an Futterstellen oder Nistkästen erjagt , wo Vögel konzentriert und in speziellen Situationen (Hunger, Brut) auftreten . Grundsätzlich sind die heimischen Vogelarten an Beutegreifer wie Katzen und Marder evolutiv angepasst. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1553 Singvögel und ihre Gelege sind jedoch auch Teil des natürlichen Beutespektrums anderer Tiere wie Eichhörnchen, Marder und Rabenvögel. Darüber hinaus unterliegen die Singvogelbestände weiteren populationswirksamen Faktoren wie z. B. die Entwicklung der Intensität der Landnutzung, die Veränderung klimatischer Rahmenbedingungen oder auch die jeweilige Witterung in den einzelnen Brutjahren mit Auswirkungen auf die Jungensterblichkeit. Diese Faktoren dürften insgesamt einen höheren Einfluss auf Vogelpopulationen ausüben als die Erbeutung durch Katzen. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass verwilderte und streunende Hauskatzen in und um Siedlungen entsprechend den örtlichen Gegebenheiten einen Einfluss in unterschiedlicher Intensität auf die heimische Vogelwelt haben. Bei Zusammentreffen mehrerer die Singvogelpopulationen beeinflussender Faktoren kann der Einfluss der Prädation durch Katzen in Einzelfällen durchaus bedeutend sein. 5. Unter welchen Umständen wäre ihrer Auffassung nach eine landesweit einheitliche Regelung nach § 13 b des Tierschutzgesetzes geboten? Zu 5.: Der § 13 b des Tierschutzgesetzes ermächtigt die Länder, Gebiete mit besonderer Katzenproblematik festzulegen und verschiedene Maßnahmen, wie z. B. ein Verbot des freien Auslaufs unkastrierter Katzen oder die Kennzeichnung zur Identifizierung sogenannter „Freigänger“ anzuordnen. Eine Verordnung kann aber nur dort erlassen werden, wo nachweislich eine entsprechende Problematik besteht, und nur dann, wenn gleichzeitig andere Maßnahmen nicht ausreichen. Hier sind z. B. örtliche Aktionen zum Einfangen und Kastrieren von wildlebenden Katzen zu nennen, die an besonderen „Brennpunkten“ durchgeführt werden. Daneben kann auch die Aufklärung von Katzenhaltern und das Hinwirken auf eine freiwillige chirurgische oder medikamentelle Unfruchtbarmachung ein erster Schritt vor etwaigen Regelungen in einer Verordnung sein. Der § 13 b des Tierschutzgesetzes sieht also ein abgestuftes Vorgehen auf Grundlage der Situation vor Ort vor. Damit wird sichergestellt, dass eine sachgerechte Bewertung der Gegebenheiten in der vorhandenen Katzenpopulation in einem bestimmten Gebiet erfolgt und dann vor Ort gezielte und sachgerechte Maßnahmen eingeleitet werden. Eine landeseinheitliche Regelung ist deshalb nicht geboten, da die in § 13 b des Tierschutzgesetzes genannten Voraussetzungen nur direkt vor Ort geprüft und bewertet werden können. Es war demnach sachgerecht, die Ermächtigung auf die örtlichen Behörden zu übertragen. Dem MLR sind zahlreiche Initiativen auf örtlicher Ebene bekannt. So fördert z. B. das MLR den Landestierschutzverband Baden-Württemberg e. V. in den Jahren 2016 und 2017 mit je 30.000 Euro bei einem Projekt zur Kastration freilebender Katzen, mit dem die Zahl der Katzen gezielt dort vermindert werden soll, wo die Problematik besonders ausgeprägt ist. Hauk Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz