Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 1560 20. 02. 2017 1Eingegangen: 20. 02. 2017 / Ausgegeben: 13. 04. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Bedeutung misst sie dem Sportunterricht an Grundschulen in Baden- Württemberg bei? 2. Wie viele Unterrichtsstunden im Fach Sport werden an den Grundschulen in Baden-Württemberg erteilt und wie viele davon werden von fachlich studierten Lehrerinnen und Lehrern gehalten bzw. wie viele von Nichtstudierten? 3. Wie viele Lehrerinnen und Lehrer ohne Faculta Sport, die in der Primarstufe das Fach Bewegen, Spiel und Sport unterrichten, haben eine Weiterqualifizierung ? 4. Wie viele nicht studierte Sportlehrerinnen und Sportlehrer haben eine Qualifizierung mit Lehrbefähigung für die Fächer Bewegung, Spiel und Sport? 5. Inwieweit gibt es Unterschiede in der Betreuung der diversen Kompetenzbe - reiche für die Studiengänge im Primarbereich? 6. Wenn es Unterschiede gibt, welche Gründe liegen dafür vor bzw. welche Konsequenzen (insbesondere für den Kompetenzbereich Sport) ergeben sich daraus (auch in den Jahren des Vorbereitungsdienstes)? 7. Müssen sich nachqualifizierte − nicht studierte Sportlehrerinnen und Sportlehrer – und studierte Sportfachlehrerinnen und Sportfachlehrer regelmäßig fortbilden ? 8. Wie viele zusätzliche Deputate bräuchte es, um Sport an der Grundschule ausschließlich von studierten Fachlehrerinnen und Fachlehrern zu unterrichten? Kleine Anfrage der Abg. Petra Häffner GRÜNE und Antwort des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Situation von Fachlehrerinnen und Fachlehrern im Bereich Sport an Grundschulen Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1560 2 9. Wie viele Grundschulen in Baden-Württemberg haben ergänzende Bewegungsangebote mit außerschulischen Partnern aus dem Sport (z. B. mit Sportvereinen )? 20. 02. 2017 Häffner GRÜNE B e g r ü n d u n g Bewegung ist ein grundlegender Faktor für die gesunde Entwicklung eines Kindes . Seit Jahren nimmt Übergewicht bereits im Kleinkindalter stetig zu (jedes sechste Kind ist laut Studien zu dick). Die Forderung nach qualifizierter Bewegungserziehung ist wichtiger denn je. Der Qualitätsanspruch für die Grundschule gilt insbesondere auch für den Bereich Sport: Der Sportunterricht soll durch Fachlehrerinnen und Fachlehrer gehalten und durch Vereinsangebote ergänzt werden (Kooperationsmodelle im Ganztag). A n t w o r t Mit Schreiben vom 7. März 2017 Nr. 32-6860.12/402 beantwortet das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Bedeutung misst sie dem Sportunterricht an Grundschulen in Baden- Württemberg bei? Der Schulsport ist unverzichtbarer Bestandteil schulischer Bildung und Erziehung von Kindern. Ihm kommt eine hohe Bedeutung mit Blick auf die körperliche, soziale und geistige Entwicklung der Schülerinnen und Schüler zu. Gleichzeitig fördert und festigt der Schulsport wichtige Fähigkeiten wie Fairness, Toleranz, Teamgeist, Mitverantwortung und Leistungsbereitschaft. Darüber hinaus misst die Landesregierung dem Sport mit der Gesamtkonzeption „Sport- und bewegungsfreundliche Schule“ einen wichtigen Stellenwert bei. Insbesondere in der Grundschule werden gezielte Bewegungsaktivitäten in den Unterricht und in die Pausengestaltung integriert. Wissenschaftliche Fakten sprechen dafür, dass Bewegung das Lernen fördert und erleichtert (s. Anlage 1). 2. Wie viele Unterrichtsstunden im Fach Sport werden an den Grundschulen in Baden-Württemberg erteilt und wie viele davon werden von fachlich studierten Lehrerinnen und Lehrern gehalten bzw. wie viele von Nichtstudierten? 3. Wie viele Lehrerinnen und Lehrer ohne Faculta Sport, die in der Primarstufe das Fach Bewegen, Spiel und Sport unterrichten, haben eine Weiterqualifizierung ? Im Rahmen der amtlichen Schulstatistik liegen keine Daten zu den tatsächlich erteilten Unterrichtsstunden im Fach „Bewegung, Spiel und Sport“ an Grundschulen bzw. zu den Lehrkräften, die das Fach an Grundschulen unterrichten, vor. Im Schuljahr 2016/2017 reichten an den öffentlichen Grundschulen die zum Schuljahresbeginn zugewiesenen Lehrerwochenstunden aus, um das Fach Sport rechnerisch vollständig abzudecken. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1560 Das Kultusministerium hat in der Stichwoche vom 7. bis 11. November 2016 eine Sonderabfrage zu den erteilten Lehrerwochenstunden im Fach „Bewegung, Spiel und Sport“ im Pflichtbereich an den öffentlichen Grundschulen und Primarstufen der Gemeinschaftsschulen durchgeführt. Es gingen Rückmeldungen von rund 95 Prozent der Schulen ein. An diesen Schulen lag die Zahl der insgesamt erteilten Lehrerwochenstunden im Fach „Bewegung, Spiel und Sport“ im Pflichtbereich bei 52.011. Davon wurden rund 56 Prozent der Lehrerwochenstunden erteilt von Lehrkräften, die das Fach Sport o. ä. im Lehramtsstudium (wissenschaftliche Lehrkräfte) oder in der Lehramtsausbildung (Fachlehrkräfte) belegt und erfolgreich abgeschlossen haben. Rund fünf Prozent der Lehrerwochenstunden wurden von Lehrkräften erteilt, die nachträglich an den Staatlichen Akademien eine Zertifizierung im Bereich Sport erworben haben. Ca. 39 Prozent der Lehrerwochenstunden wurden durch andere Lehrkräfte erteilt. 4. Wie viele nicht studierte Sportlehrerinnen und Sportlehrer haben eine Qualifizierung mit Lehrbefähigung für die Fächer Bewegung, Spiel und Sport? Eine getrennte Darstellung für Grundschulen ist nicht möglich. An den öffent - lichen Grund-, Werkreal- und Hauptschulen haben im Schuljahr 2016/2017 insgesamt 1.196 Fachlehrkräfte eine Lehrbefähigung im Lehrbereich Sport. An den öffentlichen Gemeinschaftsschulen (Primarstufe und Sekundarstufe I) haben im Schuljahr 2016/2017 insgesamt 382 Fachlehrkräfte eine Lehrbefähigung im Lehrbereich Sport. Die Zuordnung der Lehrkräfte zum Schulzweig erfolgt nach dem überwiegenden Einsatz der Lehrkraft. 5. Inwieweit gibt es Unterschiede in der Betreuung der diversen Kompetenzbe - reiche für die Studiengänge im Primarbereich? Das in den Grundschulen vorherrschende Klassenlehrerprinzip erfordert eine breit angelegte Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer dieser Schulart. Aus diesem Grund wurde in der Verordnung des Kultusministeriums über die Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Grundschulen (GPO I) vom 20. Mai 2011 festgelegt, dass alle Studierenden dieses Lehramts vier Kompetenzbereiche (je 20 ECTS- Punkte) studieren. Innerhalb dieser Kompetenzbereiche werden zwei Fächer (je 30 ECTS-Punkte) vertieft studiert, die letztlich in der Ersten Staatsprüfung für das Lehramt Grundschule dann auch geprüft werden. Verpflichtend zu wählen sind der Kompetenzbereich Deutsch einschließlich Deutsch als Zweitsprache sowie der Kompetenzbereich Mathematik. Einer dieser Kompetenzbereiche muss vertieft mit dem Fach Deutsch oder Mathematik studiert werden. Der Kompetenzbereich „Sport und Gesundheit“ kann mit dem Vertiefungsfach Sport oder dem Fach Alltagskultur und Gesundheit intensiviert werden. Er kann aber auch ohne Vertiefungsfach als freier Kompetenzbereich gewählt werden. Dieses Prinzip der Wahl mit oder ohne Vertiefungsfach gilt für alle Kompetenzbereiche gleichermaßen. 6. Wenn es Unterschiede gibt, welche Gründe liegen dafür vor bzw. welche Konsequenzen (insbesondere für den Kompetenzbereich Sport) ergeben sich daraus (auch in den Jahren des Vorbereitungsdienstes)? Der auf das Studium folgende Vorbereitungsdienst für das Lehramt Grundschule ist in der GPO II vom 3. November 2014 geregelt. Ausbildungsfächer sind die beiden vertieft studierten Fächer des Studiums, die Prüfungsgegenstand der Ersten Staatsprüfung für das Lehramt Grundschule waren. Weiter wurde festgelegt, dass die angehenden Lehrkräfte im zweiten Ausbildungsabschnitt selbstständigen Unterricht in ihren Ausbildungsfächern übernehmen. Der Kompetenzbereich „Sport und Gesundheit“, wie auch die weiteren Kompetenzbereiche der GPO I, werden im Vorbereitungsdienst für das Lehramt Grundschule in Form von Ausbildungsveranstaltungen am Seminar im Umfang von 35 Ausbildungsstunden weitergeführt. Hier können z. B. Projekte oder Hospitatio- Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1560 4 nen im Unterricht von Fachlehrkräften durchgeführt werden. Nicht vorgesehen ist ein eigenverantwortlicher Lehrauftrag mit Unterrichtsbesuchen und einer Prüfung am Ende des Vorbereitungsdienstes, da der studierte Umfang der Kompetenzbereiche (mit Einblick in zwei Fächer) als Grundlage für eine Prüfung und eine Lehrbefähigung in den entsprechenden Fächern zu gering ist. Die Prüfungsordnung sieht im Fach Sport keinen eigenständigen Lehrauftrag im Rahmen des Kompetenzbereichs Sport und Gesundheit vor. So können Lehramtsanwärter , die den Kompetenzbereich „Sport und Gesundheit“ studiert haben, in der Regel keinen Nachweis über die Rettungsfähigkeit im Schwimmunterricht vorlegen und damit Schwimmen nicht unterrichten. Darüber hinaus unterscheiden sich Lehramtsanwärterinnen und -anwärter, die im Vorbereitungsdienst ihren ersten eigenverantwortlichen Unterricht halten, von routinierten Lehrkräften, die seit Jahren erfolgreich im Unterricht arbeiten und denen die Schulleitungen im Rahmen ihrer Verantwortung für die Lehraufträge den Unterricht in einem nicht studierten Fach zutrauen. Zudem fehlt den Lehramtsanwärterinnen und -anwärtern die Eingangsprüfung im Fach Sport und das für Studierende des Fachs Sport obligatorische Vereinspraktikum. 7. Müssen sich nachqualifizierte − nicht studierte Sportlehrerinnen und Sportlehrer – und studierte Sportfachlehrerinnen und Sportfachlehrer regelmäßig fortbilden ? Das Landesbeamtengesetz (LBG) definiert hierzu, dass Lehrkräfte als Beamte verpflichtet sind, „an der dienstlichen Fortbildung teilzunehmen und sich außerdem selbst fortzubilden, damit sie insbesondere die Fach-, Methoden- und sozialen Kompetenzen (…) erhalten.“ (LBG, § 50) Die allgemeine Fortbildungsverpflichtung wird für Lehrkräfte durch die Verwaltungsvorschrift des Kultusministeriums „Leitlinien zur Fortbildung und Personalentwicklung an Schulen“ vom 24. Mai 2006 konkretisiert. Diese legt fest: „Lehrerinnen und Lehrer sind verpflichtet, ihre berufsspezifische Kompetenz zu erhalten und stetig weiterzuentwickeln.“ (VwV, IV.[3]). Auf welchem Wege die Lehrkräfte der allgemeinen Fortbildungsverpflichtung nachkommen, ist nicht konkret festgelegt . 8. Wie viele zusätzliche Deputate bräuchte es, um Sport an der Grundschule ausschließlich von studierten Fachlehrerinnen und Fachlehrern zu unterrichten? Das Fach Sport war bei der Lehrereinstellung für die Grund-, Haupt- und Werk - realschulen 2016 immer noch als Engpassfach eingestuft. Generell ist zu beachten , dass an Grundschulen das Klassenlehrerprinzip gilt, d. h. der Unterricht in den einzelnen Fächern wird i. d. R. nicht von verschiedenen Fachlehrkräften, sondern von Klassenlehrern und Klassenlehrerinnen erteilt. Statistische Daten zu den Lehraufträgen der einzelnen Lehrkräfte liegen nicht vor. 9. Wie viele Grundschulen in Baden-Württemberg haben ergänzende Bewegungsangebote mit außerschulischen Partnern aus dem Sport (z. B. mit Sportvereinen )? Zur Realisierung ergänzender Bewegungsangebote mit außerschulischen Partnern stehen den Schulen in erster Linie das Kooperationsprogramm „Schule – Verein“, das Jugendbegleiter-Programm und das Programm „FSJ – Sport und Schule“ zur Verfügung. Ganztagsschulen, die nach § 4 a SchG an den Grundschulen und an den Grundstufen der Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren mit Förderschwerpunkt Lernen eingerichtet werden, können im Zuge der Kooperation mit außerschulischen Partnern Lehrerwochenstunden monetarisieren. – Im Rahmen des Kooperationsprogramms „Schule – Verein“ fanden im Schuljahr 2015/2016 rund 3.100 bezuschusste Kooperationen von Grundschulen mit Sportvereinen statt. Im Schuljahr 2016/2017 werden rund 3.800 Kooperationen unter Beteiligung von Grundschulen bezuschusst. 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1560 – Im Rahmen des Jugendbegleiter-Programms wurden im Schuljahr 2015/2016 47.624 Zeitstunden pro Woche an außerunterrichtlichen Bildungs- und Betreuungsangeboten an 1.888 Schulen aller Schularten realisiert. Davon entfallen 14,7 Prozent (7.007 Stunden) auf Sportangebote. Für den Grundschulbereich liegen keine gesonderten Daten vor. – Im Schuljahr 2015/2016 waren 96 Freiwillige des Dienstes „FSJ Sport und Schule“ an 175 Grundschulen im außerunterrichtlichen Schulsport im Einsatz. Im Schuljahr 2016/2017 werden 118 Freiwillige an 195 Grundschulen in diesem Bereich eingesetzt. – Die Auswertung zur Monetarisierung von Lehrerwochenstunden wird jeweils erst zum Ende eines jeden Schuljahres vorgenommen. Insofern liegen für das laufende Schuljahr noch keine Zahlen vor. Im Schuljahr 2015/2016 waren 288 Ganztagsschulen nach § 4 a SchG eingerichtet, von denen 164 Schulen die Möglichkeit der Monetarisierung nutzten. 49 Ganztagsschulen setzten dabei Angebote aus dem Bereich des Sports um. An vielen Schulen wurden mehrere Angebote bereitgestellt. So wurden insgesamt 130 Sportangebote über Lehrerwochenstunden monetarisiert. Grundschulen haben die Möglichkeit, an mehreren Programmen gleichzeitig teilzunehmen . Inwieweit Grundschulen hiervon im Einzelnen Gebrauch machen, ist dem Kultusministerium nicht bekannt. Dr. Eisenmann Ministerin für Kultus, Jugend und Sport Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1560 6 Anlage 1 7 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1560 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1560 8 9 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1560 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1560 10 11 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1560 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1560 12 13 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1560