Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 1622 14. 02. 2017 1Eingegangen: 14. 02. 2017 / Ausgegeben: 12. 04. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Als wie belastbar bewertet sie die dem Genehmigungsantrag für das Windenergie -Repowering auf dem Rohrhardsberg, Gemeinde Elzach, zugrunde gelegte Ertragsprognose über 11 Millionen Kilowattstunden bzw. durchschnittlich 2.619 Jahresvolllaststunden? 2. Trifft es zu, dass für die erforderliche Zuwegung zum Windenergiestandort bisher keine Einverständniserklärung der betroffenen Grundeigentümer vorliegt? 3. Inwieweit wird im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens ein vertieftes Wasserschutz- und Quellengutachten eingefordert? 4. Welche Konzeptionen und Nachweise zum Brandschutz werden eingefordert? 5. Wie bewertet sie die aufgrund des Repowerings erforderliche Umleitung zweier zertifizierter Wanderwege während der eisfallrelevanten Zeit mit Blick auf den örtlichen Wandertourismus („Yacher Höhenweg“ und „Zweitälersteig“)? 6. Welche Bedeutung misst sie dem Windenergiestandort als ökologischen Trittstein für die verschiedenen Auerwildpopulationen zu? 7. Welche Erkenntnisse hat sie zur Frage, ob es sich bei dem Windenergiestandort bzw. dessen näherer Umgebung um einen Reproduktionsstandort des Auerwilds handeln könnte? 8. Wie bewertet sie Aussagen örtlicher Naturschutzverbände, dass der Standort sowohl ein mögliches künftiges Siedlungsgebiet für Steinadler als auch mög - liches Brutgebiet für Wespenbussarde darstellt? 9. Inwiefern ist das geplante Windenergie-Repowering mit dem Schutzzweck des Naturparks Südlicher Schwarzwald vereinbar? Kleine Anfrage des Abg. Andreas Glück FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Geplantes Windenergie-Repowering auf dem Rohrhardsberg Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1622 2 10. Wie bewertet sie hinsichtlich des Landschaftsbildschutzes die Forderung nach Fotosimulationen mit einer Brennweite von 100 bis 200 mm? 14. 02. 2017 Glück FDP/DVP A n t w o r t Mit Schreiben vom 9. März 2017 Nr. 4-4516/61 beantwortet das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft im Einvernehmen mit dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau und dem Ministerium der Justiz und für Europa die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Als wie belastbar bewertet sie die dem Genehmigungsantrag für das Windenergie -Repowering auf dem Rohrhardsberg, Gemeinde Elzach, zugrunde gelegte Ertragsprognose über 11 Millionen Kilowattstunden bzw. durchschnittlich 2.619 Jahresvolllaststunden? Nach den Ausweisungen des Windatlas Baden-Württemberg verfügt der Standort der geplanten Windenergieanlage Rohrhardsberg mit über 7 m/s über ausgezeichnete Windbedingungen. Die vom Antragsteller im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren in Auszügen vorgelegte gutachterliche Energieertragsberechnung bestätigt die Ausweisungen des Windatlas Baden-Württemberg. Für die Ertragsprognose konnten nicht nur die Produktionsergebnisse der seit 2003 in Betrieb befindlichen „alten“ Windkraftanlage Rohrhardsberg herangezogen werden, sondern auch die Daten einer einjährigen Messung am Standort. Wie sich aus den Antragsunterlagen für das Repowering der Windkraftanlage Rohrhardsberg ergibt, wurden gutachterlich 12,782 Mio. kWh/a ermittelt. Hiervon sind technische Verluste für Reparatur , Wartung, Trafo und Netzverluste sowie Stillstände bei Enteisung von insgesamt 4 % abzuziehen. Darüber hinaus war bei Antragseinreichung noch nicht sicher, wie hoch die Verluste in Bezug auf Artenschutzauflagen, insbesondere für Fledermäuse und Raubvögel, sein werden. Hierfür wurden 5 % angesetzt. Danach ergibt sich eine Strommenge von 11,632 Mio. kWh/a. Die für die geplante Windenergieanlage Rohrhardsberg prognostizierten mittleren Jahresenergieerträge von über 11 Millionen Kilowattstunden sind nachvollziehbar und plausibel. Da die geplante Windenergieanlage am Rohrhardsberg eine Nennleistung von 4,2 MW aufweist, errechnet sich die Anzahl der durchschnittlichen Volllaststunden bei einem prognostizierten durchschnittlichen mittleren Jahresenergieertrag von rund 11 Millionen Kilowattstunden zu 2.619 Volllaststunden pro Jahr. Zum Begriff der Volllaststunde wird auf die Drucksache 15/6318 verwiesen. 2. Trifft es zu, dass für die erforderliche Zuwegung zum Windenergiestandort bisher keine Einverständniserklärung der betroffenen Grundeigentümer vorliegt? Die Frage der gesicherten Erschließung wird im laufenden Genehmigungsverfahren vor Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung abschließend geprüft werden. Der Genehmigungsbehörde wurde von der Antragstellerin mitgeteilt , dass für den gesamten Bereich der Zuwegung schriftliche Vereinbarungen geschlossen seien. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1622 3. Inwieweit wird im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens ein vertieftes Wasserschutz- und Quellengutachten eingefordert? Im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens wurden sowohl die Untere Wasserbehörde des Landratsamtes Emmendingen als auch die Untere Wasserbehörde des Landratsamtes Schwarzwald-Baar-Kreis beteiligt. Vertiefte Wasserschutz- und Quellgutachten werden nicht gefordert. 4. Welche Konzeptionen und Nachweise zum Brandschutz werden eingefordert? Den Antragunterlagen für die beantragte getriebelose Windenergieanlage liegen die Technische Beschreibung – Brandschutz des Herstellers der Windenergieanlage , die Konformitätserklärung sowie ein Brandschutzkonzept einer öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für vorbeugenden baulichen Brandschutz mit Ergänzung zum Brandschutz im Wald bei. 5. Wie bewertet sie die aufgrund des Repowerings erforderliche Umleitung zweier zertifizierter Wanderwege während der eisfallrelevanten Zeit mit Blick auf den örtlichen Wandertourismus („Yacher Höhenweg“ und „Zweitälersteig“)? Aufgrund des Repowerings ist es nicht erforderlich, Wanderwege während der eisfallrelevanten Zeit umzuleiten. 6. Welche Bedeutung misst sie dem Windenergiestandort als ökologischer Trittstein für die verschiedenen Auerwildpopulationen zu? Die beantragte Windenergieanlage liegt innerhalb des Vogelschutzgebiets 7915- 441 „Mittlerer Schwarzwald“. Zu den geschützten Arten des Gebiets gehört u. a. das Auerhuhn. Die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) hat festgestellt, dass durch das Vorhaben als vom Auerhuhn besiedelt eingeordnete Gebiete betroffen sind. Der geplante Standort liegt innerhalb eines Verbindungsbereiches zwischen zwei Brut-, Balz- und Aufzuchtbereichen am Geißberg und am Rohrhardsberg. Der Verbindungskorridor wird nach den in den Bewertungsstandards der FVA (http://www.windenergie.fva-bw.de) genannten Kriterien als Prüfbereich der Kategorie „sehr problematisch“ eingestuft. Ein exis - tenzieller Biotopverbundbereich der Kategorie 1 „Ausschluss“ ist nicht betroffen. Circa 300 m westlich des geplanten Standortes beginnt ein Balz-, Brut- und Aufzuchtgebiet des Auerhuhns (Ausschlussbereich der Kategorie 1). 7. Welche Erkenntnisse hat sie zur Frage, ob es sich bei dem Windenergiestandort bzw. dessen näherer Umgebung um einen Reproduktionsstandort des Auerwilds handeln könnte? Zur Überprüfung der Frage, ob ein Windenergieanlagenstandort und dessen nähere Umgebung zu einem Reproduktionsbereich des Auerhuhns zählt, wurde von der FVA eine „Standardisierte Erhebungsmethodik zum Auerhuhn im Rahmen der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP) bei der Genehmigung von Windenergieanlagen“ entwickelt, in der die bisher von der FVA empfohlene Vorgehensweise dargestellt ist. Die erforderliche saP wurde gutachtlich nach den Vorgaben dieser Erhebungsmethodik ordnungsgemäß durchgeführt. Die Voruntersuchungen fanden nach Absprache mit der FVA im April 2016 statt. Da die Ergebnisse der Voruntersuchung auf ein Vorkommen und mögliches Balzgeschehen hindeuteten, wurde eine Balzplatz-Hauptuntersuchung durchgeführt, bei der zwei Auerhuhn-Fährten und ein Losungsfund festgestellt wurden. Die Losung wurde als Hennenlosung und mögliche Brutlosung angesprochen. Daher wurden die notwendigen Untersuchungen als dritter Teil der saP ausgeführt. Diese erbrachten keinen Gesperre-Nachweis im 1-km-Radius um die geplante WEA. Daher liegt der WEA-Standort Rohrhardsberg nicht in einem Reproduktionsbereich und wird in die WEA-Kategorie 2 „sehr problematisch“ eingeordnet. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1622 4 8. Wie bewertet sie Aussagen örtlicher Naturschutzverbände, dass der Standort sowohl ein mögliches künftiges Siedlungsgebiet für Steinadler als auch mög - liches Brutgebiet für Wespenbussarde darstellt? Der Steinadler ist aktuell kein Brutvogel im Schwarzwald. Es werden zwar immer wieder Einzelvögel beobachtet, die sich auch zum Teil über einen längeren Zeitraum in einem Gebiet aufhalten. Es handelt sich dabei aber in der Regel um immature , also noch nicht reproduktionsfähige Einzelvögel. Aktuell schätzt die Höhere Naturschutzbehörde die Wahrscheinlichkeit einer Ansiedlung als Brut - vogel für diese Art als gering ein. Das liegt unter anderem an der Besiedelungscharakteristik dieser Art. Die Ausbreitung des Brutareals erfolgt in den meis - ten Fällen in Sichtkontakt zu bereits bestehenden Brutvorkommen. Die nächstgelegenen Brutvorkommen sind aktuell im Schweizer Jura zu finden. Eine Besiedlung des Schwarzwaldes ist daher nicht ausgeschlossen, aktuelle Anzeichen gibt es dafür aber nicht. Der Wespenbussard gehört zu den geschützten Arten des VSG „Mittlerer Schwarzwald“ und brütet aktuell in diesem Gebiet. Das nächste Brutvorkommen wurde im Rahmen der Untersuchungen des geplanten Repoweringvorhabens „Rohardsberg “ in ca. 300 m Entfernung zur geplanten WEA festgestellt. 9. Inwiefern ist das geplante Windenergie-Repowering mit dem Schutzzweck des Naturparks Südlicher Schwarzwald vereinbar? Das Repowering-Vorhaben ist mit dem Schutzzweck des Naturparks „Südschwarzwald “ vereinbar. Das Vorhaben liegt in einer Erschließungszone, in der grundsätzlich Windenergieanlagen errichtet werden dürfen. Die betroffene Fläche ist im aktuellen Flächennutzungsplan als Konzentrationszone für die Errichtung von Windkraftanlagen ausgewiesen. 10. Wie bewertet sie hinsichtlich des Landschaftsbildschutzes die Forderung nach Fotosimulationen mit einer Brennweite von 100 bis 200 mm? Für die Beurteilung des Eingriffs, der durch die Errichtung von Windenergieanlagen entsteht, bestehen keine gesetzlichen Vorgaben bzw. Regelungen durch entsprechende Erlasse, Richtlinien o. ä. Eine Fotosimulation soll die optische Wahrnehmung durch den Menschen möglichst realitätsnah widerspiegeln. Daher muss bei der Aufnahmetechnik darauf geachtet werden, ein möglichst realistisches Abbild zu erzeugen. Um einer natür - lichen Perspektivenwahrnehmung des Menschen möglichst nahe zu kommen, sind Normalobjektive mit einem Bildwinkel von 40° bis 50° am besten geeignet. Die genannten Brennweiten von 100 mm (Teleobjektiv) oder 200 mm (Superteleobjektiv ) werden meist dazu verwendet, entferntere Objekte zu vergrößern und auf diese Weise „heranzuholen“. Als Nebeneffekt ergibt sich eine geringere Schärfentiefe, das „eigentliche Motiv“ wird im Gegensatz zur Umgebung schärfer abgebildet und dadurch hervorgehoben. Inwieweit diese Abbildungseigenschaften der menschlichen Wahrnehmung von Landschaft besser entsprechen sollen, ist nicht zu erkennen. Hinweis: Das Repowering-Vorhaben auf dem Rohrhardsberg befindet sich derzeit noch in der Prüfung und Bearbeitung durch die zuständige Genehmigungsbehörde . Daher kann für eine Reihe von Fragen noch keine abschließende Bewertung erfolgen. Untersteller Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft