Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 1623 14. 02. 2017 1Eingegangen: 14. 02. 2017 / Ausgegeben: 10. 04. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Erkenntnisse hat sie über die Untersuchung des ZDF-Verbraucher - magazins „WISO“, wonach bei mehreren Bio-Kräutertees für Säuglinge Pyrrolizidinalkaloide (PAs) nachgewiesen wurden? 2. Welche Erkenntnisse hat sie über PA-Belastungen bei Honig? 3. Welche gesundheitlichen Risiken können von einem langfristigen Verzehr PAhaltiger Lebensmittel und Getränke ausgehen? 4. Inwiefern setzt sie sich angesichts der einschlägigen Warnungen der Weltgesundheitsorganisation über den Bundesrat für die Einrichtung gesetzlicher Grenzwerte für PAs ein? 5. Welche Erkenntnisse hat sie über die aktuelle Ausbreitung des Jakobskreuzkrauts in Baden-Württemberg? 6. Welche weiteren PA-bildenden Pflanzenarten sind mit Blick auf die heimische Landwirtschaft als Unkraut oder Nutzpflanze relevant? 7. Was tut sie zur Bekämpfung des Jakobskreuzkrauts und weiterer einschlägiger Pflanzenarten, insbesondere im ökologischen Landbau? 8. Wie bewertet sie die Forderung, analog zu den Regelungen in Österreich und der Schweiz eine Meldepflicht für Jakobskreuzkraut in Deutschland einzuführen ? Kleine Anfrage des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Krebserregende Stoffe in Bio-Kräutertees Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1623 2 9. Was tut sie diesbezüglich gegebenenfalls im Bundesrat? 10. Was tut sie mit Blick auf PA-Belastungen für eine wirksame Marktüberwachung in Baden-Württemberg, insbesondere mit Blick auf den Schwerpunkt der Erzeugnisse aus ökologischem Landbau? 14. 02. 2017 Dr. Bullinger FDP/DVP A n t w o r t Mit Schreiben vom 9. März 2017 Nr. Z(36)-0141.5/118 F beantwortet das Minis - terium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Erkenntnisse hat sie über die Untersuchung des ZDF-Verbraucher - magazins „WISO“, wonach bei mehreren Bio-Kräutertees für Säuglinge Pyrro - lizidinalkaloide (PAs) nachgewiesen wurden? Zu 1.: Die ZDF-Sendung „WISO“ hat am Montag, 13. Februar 2017, Untersuchungs - ergebnisse zu Kräuter-Babytees veröffentlicht, die der Landesregierung über die ausgestrahlte Sendung und die Medien bekannt sind. 2. Welche Erkenntnisse hat sie über PA-Belastungen bei Honig? Zu 2.: Das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Freiburg untersucht schon seit Jahren regelmäßig Honig auf PA und hat mehrfach auf der Internetseite www.ua-bw.de die Untersuchungsergebnisse dargestellt. • Pyrrolizidinalkaloide in Honig – ein ernsthaftes Problem? (Ergebnisse aus 2009 und 2010) vom 22. Dezember 2011 • Pyrrolizidinalkaloide in Honig – nicht nur in Tee ein Problem? (Ergebnisse aus 2011 und 2012) vom 28. August 2013 • Pflanzenschutzmittel und Organische Kontaminanten in Lebensmitteln tierischer Herkunft – Untersuchungsergebnisse 2013 vom 21. Mai 2014 Im Bericht 2013 wurde festgestellt, dass die Anzahl an Honigen mit hohen Gehalten (> 20 μg/kg) gegenüber den vorherigen Jahren deutlich gesunken ist. 3. Welche gesundheitlichen Risiken können von einem langfristigen Verzehr PAhaltiger Lebensmittel und Getränke ausgehen? Zu 3.: PA sind sekundäre Inhaltsstoffe, die von Pflanzen gebildet werden, um Fraßfeinde abzuwehren. In Lebensmitteln sind sie unerwünscht, da sie die Leber schädigen und im Tierversuch erbgutverändernde und krebsauslösende Wirkungen zeigten. Diese Erkenntnisse beruhen auf Stellungnahmen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1623 4. Inwiefern setzt sie sich angesichts der einschlägigen Warnungen der Weltgesundheitsorganisation über den Bundesrat für die Einrichtung gesetzlicher Grenzwerte für PAs ein? Zu 4.: Aus Sicht der Landesregierung sind derzeit keine Initiativen im Bundesrat erforderlich , weil es bereits umfangreiche Bestrebungen zur Reduzierung der PA- Belas tung auf europäischer und nationaler Ebene gibt. 5. Welche Erkenntnisse hat sie über die aktuelle Ausbreitung des Jakobskreuzkrauts in Baden-Württemberg? Zu 5.: Über den Stand der Drucksache 15/5779 vom 26. September 2014 hinaus gibt es keine näheren Erkenntnisse zum Ausmaß der Ausbreitung des Jakobskreuzkrauts und anderer Kreuzkräuter. Allerdings gibt es nach wie vor Meldungen besorgter Bürger sowie Rückmeldungen von Mitarbeitern der Landratsämter zu hohen Vorkommen insbesondere des Jakobskreuzkrauts an Straßenrändern. 6. Welche weiteren PA-bildenden Pflanzenarten sind mit Blick auf die heimische Landwirtschaft als Unkraut oder Nutzpflanze relevant? Zu 6.: Als weitere PA-bildende Art ist das im Grünland vorkommende Wasserkreuzkraut relevant. Weitere PA-enthaltende Pflanzenarten kommen vornehmlich auf Ruderalflächen vor. Das Raukenblättrige Kreuzkraut und der Natternkopf können beide auch auf Halbtrocken- und Trockenrasen sowie auf extensiven Wiesen und Weiden vorkommen. Meldungen problematischer Vorkommen zu diesen Arten liegen nicht vor. 7. Was tut sie zur Bekämpfung des Jakobskreuzkrauts und weiterer einschlägiger Pflanzenarten, insbesondere im ökologischen Landbau? Zu 7.: Auf landwirtschaftlich genutzten Grünlandflächen hat die Bewirtschaftung so zu erfolgen, dass die Grasnarbe geschlossen gehalten wird und Greiskräuter beim ersten Auftreten beseitigt werden. Insoweit ist das Vorgehen zur Bestandslenkung oder Unterdrückung der Schadarten im ökologischen Landbau grundsätzlich gleich wie im konventionellen Landbau. 8. Wie bewertet sie die Forderung, analog zu den Regelungen in Österreich und der Schweiz eine Meldepflicht für Jakobskreuzkraut in Deutschland einzuführen ? Zu 8.: Eine generelle Meldepflicht für Jakobskreuzkraut wird nicht für zielführend erachtet . Maßgeblich ist, dass auffällige Vorkommen bekämpft werden. Da Kreuzkräuter dort bekämpft werden sollten, wo belastete Flächen an Wirtschaftsgrünland grenzen, ist insbesondere die Kenntnis solcher Vorkommen für die Straßenmeistereien und Bauhöfe sinnvoll, um eine ausreichend häufige und rechtzeitige Pflege solcher belasteter Straßenränder einzuplanen. Hierzu wird die Schulung der Mitarbeiter der Straßenbaumeistereien und Bauhöfe zum sicheren Erkennen und richtigen Bekämpfen von Jakobskreuzkraut angeboten. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1623 4 9. Was tut sie diesbezüglich gegebenenfalls im Bundesrat? Zu 9.: Aus Sicht der Landesregierung sind derzeit keine Initiativen im Bundesrat erforderlich . 10. Was tut sie mit Blick auf PA-Belastungen für eine wirksame Marktüber - wachung in Baden-Württemberg, insbesondere mit Blick auf den Schwerpunkt der Erzeugnisse aus ökologischem Landbau? Zu 10.: Das CVUA Freiburg hat bei seinen Untersuchungen von Honig auf PA (siehe Antwort zu Ziffer 2) naturgemäß keine signifikanten Unterschiede zwischen Honigen aus biologischer Erzeugung und konventioneller Produktion festgestellt. Denn PA sind unerwünscht, aber auch natürlich. Je 16 Kräuterteeproben aus ökologischer und konventioneller Produktion haben die CVUAs Stuttgart und Karlsruhe 2015 als Projekt im baden-württembergischen Landesprogramm zum Ökomonitoring untersucht. Berücksichtigt wurden die beiden beliebtesten Monosorten Pfefferminze und Kamille sowie der bei Verdauungsbeschwerden besonders beliebte Fencheltee. Insgesamt schnitten die Öko-Tees hinsichtlich der PA-Gehalte mit im Mittel zwar deutlich niedrigeren Gehalten besser ab als konventionelle Tees. Jedoch wurden in Bio-Fencheltee- Proben PA-Gehalte bis zu 40 µg/kg festgestellt, wohingegen in allen 5 konventionell hergestellten Proben keine PA nachweisbar waren. Insgesamt kann aus dem Projekt nicht abgeleitet werden, dass Produkte aus Ökoproduktion besser oder schlechter sind als solche aus konventioneller Produktion. Die Ergebnisse sind im Ökomonitoringbericht 2015 ausführlich dargestellt. Hauk Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz