Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 1637 17. 02. 2017 1Eingegangen: 17. 02. 2017 / Ausgegeben: 18. 04. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Ist ihr bekannt, wie sich die Biberpopulation in Baden-Württemberg im Vergleich zu anderen Bundesländern darstellt (tabellarische Darstellung)? 2. Welche Schäden entstehen durch Biber an Schutzeinrichtungen oder bewirtschafteten Einrichtungen bzw. Flächen (z. B. Hochwasserschutzanlagen, sons - tige Dämme, bewirtschaftete Fischteiche etc.) in Baden-Württemberg und nach ihrer Kenntnis in anderen Bundesländern (tabellarische Darstellung)? 3. Welche Schäden entstehen durch Biber in geschützten Gebieten (z. B. Naturschutzgebiete , Fauna-Flora-Habitat Gebiete, Bannwälder, Denkmalschutz, Kul - turlandschaften etc.) in Baden-Württemberg und nach ihrer Kenntnis in anderen Bundesländern (tabellarische Darstellung)? 4. Auf welche Summe belaufen sich diese Schäden in Baden-Württemberg und nach ihrer Kenntnis in anderen Bundesländern (tabellarische Darstellung)? 5. Wer kommt in Baden-Württemberg und nach ihrer Kenntnis in anderen Bundesländern für die Beseitigung der entstandenen Schäden auf? 6. Welche Schutzmaßnahmen bestehen in Baden-Württemberg und nach ihrer Kenntnis in anderen Bundesländern bzw. welche Maßnahmen sind vorgesehen? 7. Ist ihr bekannt, ob durch andere Tierarten vergleichbare Schäden entstehen und wenn ja, durch welche Tiere und in welchem Umfang (tabellarische Darstellung )? Kleine Anfrage des Abg. Klaus Burger CDU und Antwort des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Auswirkungen von Biberpopulationen Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1637 2 8. Inwieweit tragen Naturschutzverbände in Baden-Württemberg und nach ihrer Kenntnis in anderen Bundesländern dazu bei, Schäden zu verhindern bzw. zu beseitigen? 15. 02. 2017 Burger CDU B e g r ü n d u n g Durch die in Baden-Württemberg und in anderen Bundesländern ansässigen Biber kommt es teilweise zu erheblichen Schäden. Mit der Kleinen Anfrage sollen die aktuelle Situation näher beleuchtet und eventuell in anderen Bundesländern beschrittene Lösungswege identifiziert werden. A n t w o r t Mit Schreiben vom 13. März 2017 Nr. 72-0141.5/15/1 beantwortet das Ministe - rium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft im Einvernehmen mit dem Minis - terium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Ist ihr bekannt, wie sich die Biberpopulation in Baden-Württemberg im Vergleich zu anderen Bundesländern darstellt (tabellarische Darstellung)? Die Ermittlung der Größe einer Biberpopulation ist aufgrund der Lebensweise der Biber sehr schwierig. Daher liegen sowohl für Baden-Württemberg als auch zu den Biberpopulationen anderer Bundesländer nur Schätzwerte vor. Für Baden- Württemberg kann derzeit von einer Populationsgröße von rund 3.500 bis 4.000 Bibern ausgegangen werden, wobei das Land nur teilweise besiedelt ist. Ein räumlicher Schwerpunkt liegt in der Region nahe der Grenze zu Bayern. Angaben zur Größe der Biberpopulation in anderen Bundesländern liegen aus verschiedenen Jahren vor. In der nachfolgenden Tabelle wird daher die Angabe zur Populationsgröße ergänzt um das Jahr, aus dem die Information stammt. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1637 2. Welche Schäden entstehen durch Biber an Schutzeinrichtungen oder bewirtschafteten Einrichtungen bzw. Flächen (z. B. Hochwasserschutzanlagen, sons - tige Dämme, bewirtschaftete Fischteiche etc.) in Baden-Württemberg und nach ihrer Kenntnis in anderen Bundesländern (tabellarische Darstellung)? Schäden durch Biberaktivitäten können insbesondere durch den mit dem Bau von Biberdämmen verbundenen Aufstau von Fließgewässern entstehen. Dadurch wird der Grundwasserstand im Umfeld entsprechend dem Wasserstand vor dem Biberdamm angehoben, teilweise über Geländeniveau, sodass insbesondere in flach reliefiertem Gelände große Flächen unter Wasser stehen können. Hinzu kommt, dass der Aufstau das Auslaufen von Drainagen verhindert und somit auch Flächen vernässen können, die noch über dem Grundwasserspiegel liegen. Diese Flächen können in der Regel nicht mehr adäquat land- oder forstwirtschaftlich genutzt werden. An kleinen Gewässern kann der Bau von Biberdämmen durch den damit verbundenen Aufstau örtlich zu erhöhten Hochwasserständen führen, die insbesondere in bebauten Bereichen zu Hochwasserschäden führen können. Das plötzliche Brechen von Biberdämmen bei Hochwasser kann durch das Anlagern von Material des Biberdamms zu Verklausungen führen. Weitere Konfliktpunkte sind vom Biber verursachte Unterhöhlungen von Ufern, ufernaher Wege und Straßen sowie Dämmen (Fischteiche, Hochwasserschutz - dämme). Brechen landwirtschaftliche Geräte oder Fahrzeuge in solche Höhlungen ein, können im Einzelfall große Folgeschäden entstehen. Das Auslaufen von Fischteichen infolge von Grabaktivitäten des Bibers kann ebenfalls größere Schäden verursachen. Die Schäden durch Benagen von Gehölzen, Baumfällungen oder Fressen von Feldfrüchten (z. B. Mais) sind in der Regel eher nachrangig. Diese Schäden können in Baden-Württemberg durch Maßnahmen des Biber - managements verhindert, gemindert oder beseitigt werden. Dies setzt jedoch voraus , dass bei den ersten wahrgenommenen Anzeichen von Biberaktivitäten unverzüglich Kontakt mit dem Bibermanagement aufgenommen wird. %XQGHVODQG *U|‰H GHU %LEHUSRSXODWLRQ $QJDEH DXV GHP -DKU %DGHQ :UWWHPEHUJ FD ± %D\HUQ FD %HUOLQ FD %UDQGHQEXUJ FD ± %UHPHQ N $ N $ +DPEXUJ FD +HVVHQ FD 0HFNOHQEXUJ 9RUSRPPHUQ FD 1LHGHUVDFKVHQ FD 1RUGUKHLQ :HVWIDOHQ FD 5KHLQODQG 3IDO] FD ± 6DDUODQG FD 6DFKVHQ FD 6DFKVHQ $QKDOW FD 6FKOHVZLJ +ROVWHLQ FD ± 7KULQJHQ FD ± Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1637 4 Die hier beschriebenen Schadenskonstellationen treten auch in anderen Bundesländern auf, dort den jeweiligen topographischen Verhältnissen entsprechend mit anderen Schwerpunkten. 3. Welche Schäden entstehen durch Biber in geschützten Gebieten (z. B. Naturschutzgebiete , Fauna-Flora-Habitat Gebiete, Bannwälder, Denkmalschutz, Kulturlandschaften etc.) in Baden-Württemberg und nach ihrer Kenntnis in anderen Bundesländern (tabellarische Darstellung)? Zielkonflikte innerhalb des Naturschutzes sind nichts Außergewöhnliches. Eine nicht nur vorübergehende Überstauung naturschutzwichtiger Flächen in Naturschutzgebieten , Natura 2000-Gebieten oder Waldschutzgebieten kann zur lang - fristigen Veränderung von Lebensräumen oder Habitaten für schutzbedürftige Arten führen. So kann beispielsweise der biberbedingte Aufstau von Fließgewässern , in denen geschützte oder gefährdete Fischarten, die Kleine Bachmuschel oder der Steinkrebs beheimatet sind, so weit zu einer Veränderung der Beschaffenheit der Gewässersohle führen, dass die genannten Arten dort ihr Habitat verlieren . Gleichzeitig entstehen durch die Biberaktivitäten neue Lebensräume für stärker an Wasser gebundene Arten. Hieraus und aus der Tatsache, dass der Biber selbst eine streng geschützte Art ist, können sich naturschutzfachliche Zielkonflikte ergeben, die je nach Betroffenheit der Schutzgüter im Einzelfall aufzulösen sind. Biberbedingte dauerhafte Schäden an nach Denkmalschutzgesetz geschützten Kulturdenkmalen sind bislang nicht bekannt geworden. Die für Baden-Württemberg beschriebenen Schadenskategorien treffen grund - sätzlich auch auf andere Bundesländer zu. 4. Auf welche Summe belaufen sich diese Schäden in Baden-Württemberg und nach ihrer Kenntnis in anderen Bundesländern (tabellarische Darstellung)? Vom Biber verursachte Schäden werden nicht systematisch erhoben. In Einzel - fällen ist auch eine Abgrenzung zu anderen Schadensverursachern wie z. B. dem Bisam nicht möglich. Daher liegen zur Höhe der durch Biberaktivitäten verursachten Schäden keine repräsentativen, belastbaren Zahlen vor. Auch aus anderen Bundesländern sind weder eine systematische Erfassung der vom Biber verursachten Schäden noch belastbare Aussagen zur Höhe dieser Schäden bekannt. 5. Wer kommt in Baden-Württemberg und nach ihrer Kenntnis in anderen Bundesländern für die Beseitigung der entstandenen Schäden auf? Grundsätzlich besteht keine staatliche Entschädigungspflicht für durch wild lebende Tiere verursachte Schäden. Dieser Grundsatz gilt in allen Bundesländern. Somit werden entstandene Schäden vom jeweiligen Eigentümer oder – bei Gewässern und Straßen – vom jeweiligen Unterhaltspflichtigen getragen. Nur aus Bayern ist bekannt, dass an bestimmte Personengruppen (Land-, Forstund Teichwirte) für definierte Schäden Zahlungen (2008 bis 2010: 250.000 Euro p. a., seit 2011: 450.000 Euro p. a.) aus Akzeptanzgründen geleistet werden. Die Schaffung eines allgemeinen „Schadensersatzanspruches“ zur Regulierung sämtlicher Biberschäden war in Bayern nicht beabsichtigt und ist nach Auffassung der bayerischen Staatsregierung „haushaltspolitisch wegen möglicher Bezugnahmen in anderen Fällen nicht realisierbar“ (vgl. Bayerischer Landtag, Landtagsdruck - sache 17/5970). Auch wurde die seit 2015 wiederholt beantragte Aufstockung des Biberfonds durch Landtagsbeschluss jedes Mal abgelehnt. In Brandenburg wurde die Einrichtung eines vergleichbaren Fonds durch Landtagsbeschluss ebenfalls abgelehnt. In Baden-Württemberg können Präventivmaßnahmen, die die Verhinderung von Schäden zum Ziel haben, über die Landschaftspflegerichtlinie gefördert werden. 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1637 6. Welche Schutzmaßnahmen bestehen in Baden-Württemberg und nach ihrer Kenntnis in anderen Bundesländern bzw. welche Maßnahmen sind vorge - sehen? Die im Rahmen des baden-württembergischen Bibermanagements tätigen Personen informieren über mögliche Präventions- und Schutzmaßnahmen, die je nach Fallkonstellation sehr unterschiedlich ausfallen. Grundsätzlich trägt die Belassung eines mindestens 10 m breiten Gewässerrandstreifens zur Verminderung von Biberschäden bei, da sich – abgesehen von sehr flach reliefiertem Gelände – biberbedingte Überstauungen und Grabaktivitäten größtenteils auf den Bereich des Gewässerrandstreifens beschränken. Zur Begrenzung von Überstauungen kommen u. a. Drainagen des Biberdammes mittels Rohren oder Vollsickerschläuchen in Betracht. Um die Funktion von Drainagen in landwirtschaftlich genutzten Flächen zu gewährleisten, werden diese mittels sogenannter „Fangeleitungen“ gefasst und unterhalb des Biberdammes wieder in den Vorfluter eingeleitet. Zum Schutz vor Unterhöhlung von Verkehrswegen, Hochwasserschutzdämmen, Ufern oder Teichdämmen wird an den entsprechenden Stellen ein Drahtgeflecht angebracht oder eingebaut. Fraßschäden an Feldfrüchten lassen sich durch Elektrozäune verhindern. In vom Biber dicht besiedelten Regionen halten die unteren Naturschutzbehörden diesbezügliche Gerätschaften zur Ausleihe vor. Zum Schutz vor Fraßschäden an Gehölzen können Drahthosen angebracht werden. Zum Schutz von Hochwasserschutzeinrichtungen, Trinkwasserfassungen, Verkehrswegen oder zur Abwendung erheblicher land-, forst-, fischerei-, wasserwirtschaftlicher oder sonstiger wirtschaftlicher Schäden oder aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses können je nach Situation in Einzelfällen Biberdämme entfernt oder Biber weggefangen werden, sofern dies vor dem Hintergrund der Bestimmungen der §§ 44 und 45 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) zulässig ist. Die hierzu erforderlichen Genehmigungen erteilt die zuständige höhere Naturschutzbehörde. Die exemplarisch dargestellten Maßnahmen kommen auch in anderen Bundesländern zur Anwendung. Sofern in anderen Bundesländern Biber aus der Natur entnommen werden, erfolgt dies ebenfalls auf der Grundlage der Bestimmungen des § 45 Abs. 7 BNatSchG. 7. Ist ihr bekannt, ob durch andere Tierarten vergleichbare Schäden entstehen und wenn ja, durch welche Tiere und in welchem Umfang (tabellarische Darstellung )? Deutlich höhere Schäden als durch den Biber werden Jahr für Jahr durch das Schalenwild, insbesondere Schwarzwild verursacht. Da für Baden-Württemberg keine amtliche Wildschadensstatistik vorliegt, können hierzu keine Angaben gemacht werden. Der Jagdbericht des Landes Brandenburg für das Jagdjahr 2014/ 2015 verzeichnet Wildschäden, insbesondere durch Schwarzwild im landwirtschaftlich -gärtnerischen Bereich in Höhe von 1.165.457 Euro. Durch Wildunfälle entstehen jedes Jahr ganz erhebliche Schäden. Nach den Angaben des Gesamt - verbandes der Versicherungswirtschaft umfassten die Leistungen der Kaskover - sicherungen für Wildschäden in Deutschland im Jahr 2015 rund 653 Mio. Euro. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1637 6 8. Inwieweit tragen Naturschutzverbände in Baden-Württemberg und nach ihrer Kenntnis in anderen Bundesländern dazu bei, Schäden zu verhindern bzw. zu beseitigen? Die Naturschutzverbände leisten mit Öffentlichkeitsarbeit einen Beitrag zum Bibermanagement. Ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Naturschutzverbänden haben sich zu ehrenamtlichen Biberberaterinnen und Biberberatern ausbilden lassen und leisten somit einen aktiven Beitrag zum Bibermanagement und zur Vermeidung bzw. Verminderung von Schäden. In Vertretung Dr. Baumann Staatssekretär