Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 1693 24. 02. 2017 1Eingegangen: 24. 02. 2017 / Ausgegeben: 24. 04. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Dieselfahrzeuge wurden in den letzten fünf Jahren im Landkreis Esslingen zugelassen? 2. Liegen ihr Erkenntnisse darüber vor, wie viele Dieselfahrzeuge unterhalb Euro 6 im Landkreis Esslingen von den Verkehrsbeschränkungen nach der Straßenverkehrsordnung an „Feinstaubalarm-Tagen“ betroffen wären? 3. Liegen ihr Erkenntnisse darüber vor, welche Voraussetzungen Dieselfahrzeuge haben müssen, um auf die Euro 6-Norm umgerüstet werden zu können? 4. Welche Unterstützung von staatlicher Seite können die Halter von Dieselfahrzeugen in Anspruch nehmen, deren Fahrzeug die Euro 6-Norm nicht erfüllt und umgerüstet werden muss sowie diejenigen, deren Dieselfahrzeug nicht auf die Euro 6-Norm umgerüstet werden kann? 5. In welchem Abstand ist eine Evaluation der konkreten Auswirkungen des Gesamtkonzepts auf die Luftreinheit im Stuttgarter Talkessel geplant? 6. In welchem zeitlichen Rahmen sollen die Modernisierung und der Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) erfolgen? 7. Wie bewertet sie die achtjährige Übergangsfrist für Handwerksbetriebe? 23. 02. 2017 Deuschle CDU Kleine Anfrage des Abg. Andreas Deuschle CDU und Antwort des Ministeriums für Verkehr Auswirkungen des vom Kabinett beschlossenen Gesamt - konzepts für die 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Stuttgart auf den Landkreis Esslingen Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1693 2 B e g r ü n d u n g Es ist von Interesse zu erfahren, welche Auswirkungen das vom Kabinett beschlossene Gesamtkonzept für die 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Stuttgart auf den Landkreis Esslingen, insbesondere die Halter von Dieselfahrzeugen hat. Das Gesamtkonzept wird unweigerlich auch mit erheblichen Auswirkungen für die Dieselfahrzeughalter im Landkreis Esslingen und den Lieferverkehr, auch für Handwerker verbunden sein. Der Verkehr soll durch die Maßnahmen zur Luftreinhaltung nicht behindert werden , sondern sie sollen dazu dienen, dass der Verkehr in der Region Stuttgart flüssiger läuft. Die Maßnahmen zur Luftreinhaltung dürfen nicht einem enteignungsgleichen Fahrverbot ausschließlich für Dieselfahrzeuge gleichkommen. A n t w o r t Mit Schreiben vom 22. März 2017 Nr. 4-0141.5/236 beantwortet das Ministerium für Verkehr im Einvernehmen mit dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Dieselfahrzeuge wurden in den letzten fünf Jahren im Landkreis Esslingen zugelassen? Dem Verkehrsministerium liegen derzeit für Dieselfahrzeuge nur die nachfolgenden Zahlen zu Neuzulassungen von Personenkraftwagen in den Jahren 2014 und 2015 im Zulassungsbezirk Esslingen nach Kraftstoffarten vor (Quelle: Kraftfahrt -Bundesamt). Weitere Zahlen zu Dieselfahrzeugen konnten in der verfügbaren Zeit von den zuständigen statistischen Behörden nicht übermittelt werden. 2. Liegen ihr Erkenntnisse darüber vor, wie viele Dieselfahrzeuge unterhalb Euro 6 im Landkreis Esslingen von den Verkehrsbeschränkungen nach der Straßenverkehrsordnung an „Feinstaubalarm-Tagen“ betroffen wären? Die Gesamtzahl an Personenkraftwagen mit Stand 1. Januar 2016 im Zulassungs - bezirk Esslingen von 313.816 Personenkraftwagen gliedert sich in 205.879 Ben - zinfahrzeuge und 104.615 dieselangetriebene Pkw. Die Zahl der dieselangetriebenen Pkw unterhalb Euro 6 betrug Anfang 2016 rund 94.000. Aufgrund der fortlaufenden Flottenerneuerung rechnet die Landesregierung zum Anfang 2018 mit ca. 70.000 Diesel-Pkw unterhalb Euro 6. 3. Liegen ihr Erkenntnisse darüber vor, welche Voraussetzungen Dieselfahrzeuge haben müssen, um auf die Euro 6-Norm umgerüstet werden zu können? 4. Welche Unterstützung von staatlicher Seite können die Halter von Dieselfahrzeugen in Anspruch nehmen, deren Fahrzeug die Euro 6-Norm nicht erfüllt und umgerüstet werden muss sowie diejenigen, deren Dieselfahrzeug nicht auf die Euro 6-Norm umgerüstet werden kann? Die Fragen 3 und 4 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . 1HX]XODVVXQJHQ -DKU -DKU LQVJHVDPW %HQ]LQ 3NZ 'LHVHO 3NZ 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1693 Die Nachrüstung von Diesel-Pkw auf ein Euro 6-Emissionsniveau ist nicht gänzlich ausgeschlossen, belastbare Angebote vonseiten der Automobilhersteller oder anderer seriöser Technologieanbieter sind der Landesregierung aber nicht bekannt. Die Landesregierung setzt auf die Innovationskraft der deutschen Auto mobilindustrie, technisch und wirtschaftlich vertretbare Lösungen für die Nach rüstung von Euro-5-Kraftfahrzeuge zu entwickeln, sodass auch diese die Blaue Plakette erhalten können. Hierzu hat das Verkehrsministerium die Technikvorstände der Automobilindustrie zu einem Gespräch eingeladen. 5. In welchem Abstand ist eine Evaluation der konkreten Auswirkungen des Gesamtkonzepts auf die Luftreinheit im Stuttgarter Talkessel geplant? Es findet eine laufende Evaluation insbesondere anhand der straßennahen Messungen von Feinstaub PM10 und Stickstoffdioxid (NO2) statt. Darüber hinaus hat der Ministerrat das Ministerium für Verkehr beauftragt, eine Überprüfung der verkehrsbeschränkenden Maßnahmen nach der Wintersaison 2019/2020 vorzunehmen . 6. In welchem zeitlichen Rahmen sollen die Modernisierung und der Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) erfolgen? Landesregierung und Landeshauptstadt Stuttgart sehen umfangreiche Maßnahmen zum weiteren Ausbau und zur Förderung des Umweltverbundes vor. Dazu gehören u. a. Einrichtung von Metropolexpresslinien, Ausbau bzw. Einrichtung der Stadtbahnlinien U5, U6, U12 und U19; bessere Taktung Stadtbahnlinien U13 und U16; bessere Taktung S-Bahn durch Verlängerung des 15-Minuten-Takts, Einsatz zusätzlicher S-Bahn-Fahrzeuge und auf den besonders stark frequentierten Linien Einsatz von längeren Zügen, Erweiterung der bestehenden Taktung auf den Nachtzeitraum und weitere Maßnahmen. Diese werden in die 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Stuttgart eingehen. Um kurzfristig zu einer Entlastung der hochbelasteten und bedeutsamen Nah - verkehrsachse zwischen Bad Cannstatt und der Innenstadt Stuttgart sowie einer Kapazitätserweiterung zumindest in einem Teilbereich der Linie U1 zu kommen, plant die Landeshauptstadt Stuttgart, bis zur Umsetzung des 80-Meter-Zugkonzepts der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) auf der gesamten Linie U1, eine Schnellbuslinie als Parallelverkehr zur Stadtbahn. Die SSB wird – mit Hilfe der Förderung durch das Land – ihre Busflotte weiter modernisieren. Mit einem Maßnahmenbündel im Rahmen des „Zukunftskonzepts Infrastruktur“ für die S-Bahn und den Schienenknoten Stuttgart soll die Fortentwicklung der Schieneninfrastruktur vorangetrieben werden. Das Maßnahmenbündel umfasst folgende Stufen: ▪ Sanierung und Unterhalt der Schieneninfrastruktur zur Verbesserung der Verfügbarkeit des Schienennetzes, zur Vermeidung von Störungen und Modernisierung der Infrastruktur. ▪ Ergänzungen im Schienennetz bis zur Inbetriebnahme von Stuttgart 21 (u. a. Regionalbahnhalt Stuttgart-Vaihingen, zusätzliche Weichen zwischen Stuttgart- Bad Cannstatt und der S-Bahn-Station Mittnachtstraße, ein Konzept für die weitere Nutzung der Gäubahn im Stadtgebiet von Stuttgart, Entzerrung des S- Bahnverkehrs durch andere Gleisnutzung in Stuttgart-Bad Cannstatt und der Ausbau eines Gleises in Stuttgart-Feuerbach). ▪ Steigerung der Leistungsfähigkeit der S-Bahn-Stammstrecke mit dem neuen Steuerungssystem ETCS mit dem Ziel der Inbetriebnahme möglichst zeitgleich mit der Inbetriebnahme von Stuttgart 21. ▪ Langfristiger Ausbau der Schieneninfrastruktur im Bahnknoten Stuttgart. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1693 4 7. Wie bewertet sie die achtjährige Übergangsfrist für Handwerksbetriebe? Das Konzept für Verkehrsbeschränkungen unterliegt derzeit noch weiterer rechtlicher und fachlicher Prüfung. Ausnahmeregelungen sollen für die temporären Maßnahmen ab 2018 u. a. für den Lieferverkehr (inkl. Handwerk und Baustellenbelieferung ) gelten. Auch mit der beabsichtigten Einführung der Umweltzone mit Blauer Plakette werden Ausnahmen verbunden sein. Die für Umweltzonen in Baden-Württemberg bereits bestehenden Voraussetzungen für Ausnahmegenehmigungen für den Wirtschaftsverkehr, beispielsweise für Fahrten zur Aufrechterhaltung von Fertigungs - und Produktionsprozessen, werden beibehalten. Darüber hinaus werden Möglichkeiten für Ausnahmeregelungen für den Wirtschafts-, Ver- und Entsorgungsverkehr sowie das Handwerk geschaffen. Zusätzlich sind zeitlich befristete Ausnahmeregelungen, etwa zur Abmilderung sozialer Härtefälle für Anwohnerinnen und Anwohner und gegebenenfalls andere Gruppen vorgesehen. Hermann Minister für Verkehr