Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 1711 02. 03. 2017 1Eingegangen: 02. 03. 2017 / Ausgegeben: 04. 05. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wer ist für die Lärmkartierung in der Ortenau verantwortlich? 2. Wo wurden in der Ortenau bisher Lärmaktionspläne entsprechend den gesetz - lichen Vorgaben erstellt? 3. Welche konkreten Maßnahmen aus den Lärmaktionsplänen (vgl. Maßnahmenpläne ) wurden in der Ortenau bereits umgesetzt? 4. Welche Bindungswirkung haben die erstellten Lärmaktionspläne, d. h. wer ist in welcher Form daran gebunden? 5. Hat eine Kommune mit Sanktionen zu rechnen, wenn Fristen nicht eingehalten werden und kein Lärmaktionsplan aufgestellt oder fortgeschrieben wird? 6. Steht den Städten und Gemeinden eine Klagebefugnis bzw. ein Klagerecht zu, um die Umsetzung der Maßnahmen des Lärmaktionsplans einzufordern? 7. Hat sie Kenntnis über die finanziellen Aufwendungen, die die Städte und Gemeinden im Land tätigen mussten, um den von ihr geforderten Lärmaktionsplan aufzustellen? 8. Welche Möglichkeiten haben Städte und Gemeinden, um die Einwohnerschaft vor Lärm zu schützen für den Fall, dass ihnen kein Klagerecht zusteht und es auch keine Bindungswirkung der Straßen- und Schienenbaulastträger an die kommunalen Lärmaktionspläne gibt? Kleine Anfrage der Abg. Marion Gentges CDU und Antwort des Ministeriums für Verkehr Lärmaktionspläne Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1711 2 9. Warum wurde die Zuständigkeit zur Aufstellung von Lärmaktionsplänen an Schienenstrecken auf das Eisenbahnbundesamt übertragen, nachdem dies ursprünglich auch die Städte und Gemeinden leisten mussten? 02. 03. 2017 Gentges CDU A n t w o r t * ) Mit Schreiben vom 30. März 2017 Nr. 4-0141.5/240 beantwortet das Ministerium für Verkehr die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wer ist für die Lärmkartierung in der Ortenau verantwortlich? Die Zuständigkeit für die Lärmkartierung nach § 47 c Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) der Hauptverkehrsstraßen und nicht-bundeseigenen Haupt - eisen bahnstrecken liegt bei der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW). Die Zuständigkeit für die Lärmkartierung der Schienenwege von Eisenbahnen des Bundes liegt beim Eisenbahn-Bundesamt (EBA). 2. Wo wurden in der Ortenau bisher Lärmaktionspläne entsprechend den gesetzlichen Vorgaben erstellt? Die Zuständigkeit für die an die Lärmkartierung anschließende Lärmaktionsplanung nach § 47 d BImSchG liegt bei den Städten und Gemeinden, soweit es die Lärmaktionsplanung an Hauptverkehrsstraßen und Haupteisenbahnstrecken sowie für Ballungsräume betrifft. Für die Aufstellung eines bundesweiten Lärmaktionsplanes für Haupteisenbahnstrecken des Bundes mit Maßnahmen in Bundeshoheit ist seit dem 1. Januar 2015 das EBA zuständig. Eine Verpflichtung der Gemeinden zu einer weitergehenden Lärmaktionsplanung bleibt hiervon unberührt, sofern Lärmprobleme und Lärmauswirkungen an Haupteisenbahnstrecken des Bundes bestehen, die nicht angemessen mit Maßnahmen in Bundeshoheit bekämpft werden können. Die Aufstellung von Lärmaktionsplänen erfolgt durch die Städte und Gemeinden als weisungsfreie Pflichtaufgabe. An die EU-Kommission übermittelte Zusammen - fassungen von Lärmaktionsplänen sind im Reportnet der EU-Kommission einsehbar (http://cdr.eionet.europa.eu/de/eu/noise/df10). Im Zuge des laufenden Vertrags - verletzungsverfahren der EU-Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland aufgrund fehlender oder nicht zufriedenstellender Meldungen über Lärmak - tionspläne erfolgte beim Verkehrsministerium eine Qualitätsprüfung der seitens der Kommunen bisher eingereichten Meldungen. Den Ortenaukreis betreffend werden aktuell die Meldungen aus Berghaupten, Ettenheim, Hausach, Mahlberg, Meißenheim, Neuried, Oberkirch, Ortenberg, Ringsheim und Seelbach als berichtsfähig eingestuft. *) Nach Ablauf der Drei-Wochen-Frist eingegangen. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1711 3. Welche konkreten Maßnahmen aus den Lärmaktionsplänen (vgl. Maßnahmenpläne ) wurden in der Ortenau bereits umgesetzt? Die erbetenen Informationen liegen dem Verkehrsministerium nicht vor. All ge - mein lässt sich feststellen, dass nach der Auswertung der Meldungen zur Lärm - aktionsplanung in Baden-Württemberg (https://vm.baden-wuerttemberg.de/ fileadmin/ redaktion/m-mvi/intern/Dateien/ PDF/Laerm/Laermaktionsplanung_ Gutachten _ BW.pdf) mit Stand 09/2015 die häufigsten Maßnahmen in Lärmaktionsplänen beim Stra - ßenverkehr auf Geschwindigkeitsreduzierungen und die Sanierung der Fahrbahnbeläge abzielen. Beim Schienenverkehr werden als häufigste Maßnahmen der Bau von Schallschutzwänden/-wällen, passive Maßnahmen (Schallschutzfenster) sowie Maßnahmen zum Gleisbau und zur Gleissanierung genannt. 4. Welche Bindungswirkung haben die erstellten Lärmaktionspläne, d. h. wer ist in welcher Form daran gebunden? Nach § 47 d Abs. 6 i. V. m. § 47 Abs. 6 BImSchG sind Maßnahmen in Lärmaktions - plänen durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Allerdings stellt § 47 d Abs. 6 i. V. m. § 47 Abs. 6 BImSchG, wie im sogenannten Kooperationserlass Lärmaktionsplanung des Verkehrsminis - teriums vom 23. März 2012 ausgeführt wird, keine eigenständige Rechtsgrund - lage für die Anordnung von Lärmminderungsmaßnahmen dar. Maßgeblich sind vielmehr die jeweiligen Vorgaben des Fachrechts. Nach Fachrecht zulässige und rechtsfehlerfrei in einen Lärmaktionsplan aufgenommene Maßnahmen sind von der Fachbehörde durchzusetzen. Sind in den Plänen planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen, haben nach § 47 d Abs. 6 i. V. m. § 47 Abs. 6 BImSchG die zuständigen Planungsträger diese bei ihren Planungen zu berücksichtigen. So sind planungsrechtliche Festlegungen in Lärmaktionsplänen beispielsweise in die Abwägung bei der Aufstellung eines Bebauungsplans einzubeziehen. 5. Hat eine Kommune mit Sanktionen zu rechnen, wenn Fristen nicht eingehalten werden und kein Lärmaktionsplan aufgestellt oder fortgeschrieben wird? Die Pflicht zur Aufstellung von Lärmaktionsplänen ergibt sich aus § 47 d BImSchG und den dort genannten Fristen. Entsprechende Pläne waren zuletzt bis 18. Juli 2013 aufzustellen oder zu prüfen und ggf. zu überarbeiten. Hierauf hat das Minis - terium für Verkehr die Kommunen mehrfach mit entsprechenden Schreiben, zuletzt im Jahr 2016 hingewiesen. Wegen fehlender Meldungen zur Datenberichterstattung über Lärmaktionspläne hat die EU-Kommission ein EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet. Auf Grundlage der Stellungnahme der Bundesrepublik Deutschland vom 13. Januar 2017 wird die EU-Kommission über die weiteren Schritte bis hin zu einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof entscheiden . Vertragsstrafen wären dann nicht ausgeschlossen. 6. Steht den Städten und Gemeinden eine Klagebefugnis bzw. ein Klagerecht zu, um die Umsetzung der Maßnahmen des Lärmaktionsplans einzufordern? Da keine eigenständige Rechtsgrundlage für die Anordnung von Maßnahmen besteht , die in Lärmaktionsplänen festgelegt sind, besteht auch keine hieraus ableitbare Klagemöglichkeit zur Umsetzung solcher Maßnahmen. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1711 4 7. Hat sie Kenntnis über die finanziellen Aufwendungen, die die Städte und Gemeinden im Land tätigen mussten, um den von ihr geforderten Lärmaktionsplan aufzustellen? Detaillierte Informationen zu den finanziellen Aufwendungen liegen dem Verkehrsministerium nicht vor, da die Zuständigkeit für die Lärmaktionsplanung bei den Städten und Gemeinden liegt. 8. Welche Möglichkeiten haben Städte und Gemeinden, um die Einwohnerschaft vor Lärm zu schützen für den Fall, dass ihnen kein Klagerecht zusteht und es auch keine Bindungswirkung der Straßen- und Schienenbaulastträger an die kommunalen Lärmaktionspläne gibt? Beim Neubau oder der wesentlichen baulichen Änderung von Straßen oder Schienenwegen sind die Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) einzuhalten (sogenannte Lärmvorsorge). Für den Lärmschutz an bestehenden Straßen und Schienenwegen fehlen entsprechende verbindliche rechtliche Vorgaben. Lärmmindernde Maßnahmen an bestehenden Verkehrs - wegen (sogenannte Lärmsanierung) werden als freiwillige Leistung auf der Grundlage haushaltsrechtlicher Regelungen durchgeführt. Das Land setzt sich dafür ein, die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Lärmschutz zu verbessern. So wurden in 2016 die Auslösewerte für die Lärmsanierung an Landesstraßen in bewohnten Gebieten um 2 dB(A) abgesenkt. Daneben stehen den Städten und Gemeinden insbesondere planerische Möglichkeiten wie die der städtebaulichen Entwicklung, der Verkehrsentwicklungsplanung oder auch der Bauleitplanung zur Verfügung. 9. Warum wurde die Zuständigkeit zur Aufstellung von Lärmaktionsplänen an Schienenstrecken auf das Eisenbahnbundesamt übertragen, nachdem dies ursprünglich auch die Städte und Gemeinden leisten mussten? Gemäß § 47 e Abs. 4 BImSchG ist das EBA ab dem 1. Januar 2015 für die Aufstellung eines bundesweiten Lärmaktionsplans für die Haupteisenbahnstrecken des Bundes mit Maßnahmen in Bundeshoheit zuständig. Die bisherigen Erfahrungen aus der Lärmaktionsplanung an Schienenwegen zeigten , dass kaum Einflussmöglichkeiten auf die Umsetzung von Maßnahmen an bundeseigenen Schienenwegen bestehen. Dies ist insbesondere darin begründet, dass die kommunalen Behörden nicht über die ordnungsrechtlichen Instrumente zur Durchsetzung entsprechender Maßnahmen verfügen. Vielmehr liegt die Zuständigkeit zur Reduzierung des Lärms von bundeseigenen Schienenwegen beim Bund. Entsprechend war es ein wichtiger Schritt die Zuständigkeit dieser Gegebenheit anzupassen. Hermann Minister für Verkehr