Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 1712 28. 02. 2017 1Eingegangen: 28. 02. 2017 / Ausgegeben: 26. 04. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Bedeutung hat das Fach Musik in der Grundschule im „Musikland Baden-Württemberg“? 2. Wie sollen die in der Kontingentstundentafel für die Grundschule verzeichneten Stunden im Fach Musik qualifiziert erteilt werden? 3. Wie hoch ist der Anteil des fachfremd erteilten Musikunterrichts an der Grundschule ? 4. Wie viele Grundschul-Studierende pro Jahr schließen ihr Studium mit dem Fach Musik ab und wechseln an die Seminare für schulpraktische Ausbildung? 5. Wie viele Neueinstellungen von Musiklehrerinnen und -lehrern gab es pro Jahr in den vergangenen zehn Jahren? 6. Welche Maßnahmen ergreifen das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst und das Kultusministerium, um dem Mangel an ausgebildeten Musik lehrkräften in der Grundschule zu begegnen? 28. 02. 2017 Boser GRÜNE Kleine Anfrage der Abg. Sandra Boser GRÜNE und Antwort des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Musikunterricht an der Grundschule und Ausbildung der Musiklehrerinnen und -lehrer Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1712 2 B e g r ü n d u n g Die Grundschule ist die einzige Institution, in der allen Kindern unabhängig von Herkunft und sozialem Status die Teilhabe an einer erfüllten kulturellen Lebensgestaltung ermöglicht wird. Das Fach Musik trägt dazu wesentlich bei. Mit Einführung des neuen Bildungsplans wurde das Fach Musik wieder zu einem eigenständigen Fach mit erhöhter Stundenzahl. Gleichzeitig gibt es seit Jahren Hin - weise auf eine flächendeckend fehlende Unterrichtsversorgung durch ausgebil - dete Musiklehrerinnen und -lehrer. Die Kleine Anfrage soll die Ursachen dieser Situation beleuchten und ergründen, ob die Landesregierung geeignete Maßnahmen zur Abhilfe ergreift. A n t w o r t Mit Schreiben vom 21. März 2017 Nr. 54-6521.-12-MU/20/1 beantwortet das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport im Einvernehmen mit dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Bedeutung hat das Fach Musik in der Grundschule im „Musikland Baden-Württemberg“? Musikalische Bildung ist ein wichtiger Bestandteil der schulischen Allgemeinbildung . Die Landesregierung misst daher dem Fach Musik in der Grundschule einen hohen Stellenwert bei. Im ab dem Schuljahr 2016/2017 in Kraft getretenen Bildungsplan der Grundschule ist daher Musik – wie auch Kunst/Werken – wieder als Einzelfach ausgewiesen. Durch Musikunterricht und musikalische Arbeits - gemeinschaften, aber auch mittels Kooperationen mit außerschulischen Partnern wird kulturelle Bildung und Teilhabe am kulturellen Angebot ermöglicht. 2. Wie sollen die in der Kontingentstundentafel für die Grundschule verzeichneten Stunden im Fach Musik qualifiziert erteilt werden? Das Zeitvolumen für den musisch-kulturellen Bereich in den Klassen 1 bis 4 beträgt 13 Stunden. Die vorgesehenen Richtwerte in der Kontingentstundentafel, für Musik 6 Stunden und für Kunst/Werken 7 Stunden, dienen der Orientierung. Die konkrete Verteilung der Stunden liegt in der Verantwortung der Schule. Somit hat die Schule die Möglichkeit, in angemessenem Umfang auf die Gegebenheiten und Zielsetzungen vor Ort zu reagieren. Bei der Verteilung der Stunden muss gesichert sein, dass die im Bildungsplan 2016 vorgesehenen Kompetenzen für das Fach Musik erreicht werden können. 3. Wie hoch ist der Anteil des fachfremd erteilten Musikunterrichts an der Grundschule ? Speziell an Grundschulen spielt das Prinzip des Klassenlehrers eine besondere Rolle, sodass Musikunterricht unter Umständen auch von Nicht-Musik-Lehrern mit Begabung auf musikalischem Gebiet erteilt wird. Zum prozentualen Anteil fachfremd erteilten Musikunterrichts an Grundschulen liegen dem Kultusministerium keine belastbaren Erhebungen vor. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1712 4. Wie viele Grundschul-Studierende pro Jahr schließen ihr Studium mit dem Fach Musik ab und wechseln an die Seminare für schulpraktische Ausbildung? Die Lehramtsstudiengänge an den Pädagogischen Hochschulen in Baden-Württemberg sind seit dem Wintersemester 2011/2012 neu gestaltet. Anstelle der bisherigen Lehrämter werden jetzt ein reines Grundschullehramt und ein Sekundarlehramt (Werkreal-, Haupt- und Realschule) ausgebildet. Infolgedessen wurden die daran anschließenden Vorbereitungsdienste im Jahr 2016 in ihrer Struktur angepasst . Nach den Erhebungen des Statistischen Landesamts zum Lehrernachwuchs an den Staatlichen Seminaren für Didaktik und Lehrerbildung nahmen zum Stand 4. April 2016 insgesamt 48 Personen mit dem Fach Musik im ersten Halbjahr des Vorbereitungsdienstes im neu eingerichteten Ausbildungsgang für das Lehramt an Grundschulen teil. In den Jahren vor 2016 wurden in der Statistik die Anwärterinnen und Anwärter im Verbundlehramt Grund- und Hauptschule erfasst, aber nicht getrennt nach Stufenschwerpunkten. Wann die Anwärterinnen und Anwärter ihr Studium abgeschlossen haben, wird in der Statistik der Staatlichen Seminare für Didaktik und Lehrerbildung nicht erhoben. Im Rahmen des VD-Online- Bewerbungsverfahrens sind Auswertungen zur Anzahl der Zulassungen zum Vorbereitungsdienst Lehramt Grundschule bzw. Lehramt an Grund-, Werkreal- und Hauptschule – Schwerpunkt Grundschule mit dem Fach Musik möglich: Quelle: Auswertung aus dem VD-Online-Bewerbungsverfahren (jeweils Anfang Februar) 5. Wie viele Neueinstellungen von Musiklehrerinnen und -lehrern gab es pro Jahr in den vergangenen zehn Jahren? Üblicherweise werden die Daten eines abgeschlossenen Einstellungsverfahrens nicht nach Fächern ausgewertet, da Lehrkräfte Lehrbefähigungen in mindestens zwei Fächern besitzen und den Daten nicht zu entnehmen ist, wegen welchen Faches die Lehrkraft eingestellt wurde sowie welcher Bedarf in jedem einzelnen Fach der Lehrkraft an der Schule bestand. Darüber hinaus wurden Lehrkräfte, die mit Lehrbefähigung Grund-, Haupt- und Werkrealschule eingestellt wurden, bis zum laufenden Schuljahr 2016/2017 nach Bedarf an der Primarstufe oder der Sekundarstufe I eingesetzt, sodass die erfragten Einstellungszahlen keine valide Aussage über die Versorgung in Musik an den Grundschulen erlauben. Speziell an Grundschulen spielt das Prinzip des Klassenlehrers eine besondere Rolle, sodass Musikunterricht unter Umständen auch von Nicht-Musik-Lehrern erteilt wird. 6. Welche Maßnahmen ergreifen das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst und das Kultusministerium, um dem Mangel an ausgebildeten Musik lehrkräften in der Grundschule zu begegnen? Wissenschafts- und Kultusministerium planen als wesentlichen Baustein für die Erhöhung der Studienanfängerzahlen in Mangelfächern im Lehramt sowie im Beruflichen Lehramt die Beratung und Begleitung von Studieninteressierten bzw. Studierenden hinsichtlich ihrer Studien-, aber auch hinsichtlich späterer Einsatz- 9RUEHUHLWXQJVGLHQVW %HJLQQ )HEUXDUHEUU /HKUDPW )DFK 0XVLN /HKUDPW *UXQGVFKXOH /HKUDPW *UXQGVFKXOH /HKUDPW DQ *UXQG :HUNUHDO XQG +DXSWVFKXOH ± 6FKZHUSXQNW *UXQGVFKXOH /HKUDPW DQ *UXQG :HUNUHDO XQG +DXSWVFKXOH ± 6FKZHUSXQNW *UXQGVFKXOH Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1712 4 möglichkeiten weiterzuentwickeln. Hierfür sollen an den Hochschulen vorhandene Beratungsstrukturen ausgebaut bzw. gestärkt werden. Zielrichtung der Initia - tive sollen sowohl die Mangelfächer in den allgemein bildenden Lehramtsstu - diengängen an den Pädagogischen Hochschulen und Universitäten wie z. B. das Fach Musik im Lehramt Grundschule als auch das Berufliche Lehramt sein. Seit 2016 wird für Lehrerinnen und Lehrer der Grundschulen, die das Fach Musik nicht studiert haben, aber über musikalische Vorqualifizierungen verfügen, an der Landesakademie für die musizierende Jugend in Ochsenhausen sowie der Landesakademie für Fortbildung und Personalentwicklung an Schulen die Fortbildungsreihe „Musikunterricht in der Grundschule – kreativ und kompetent“ angeboten . Die Fortbildung umfasst drei Module von je 2,5 Tagen Dauer. Themen sind die im Mittelpunkt des Grundschulunterrichts im Fach Musik stehenden Bereiche Singen, instrumentales Musizieren und Hören. Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern werden aufbauend auf ihren Vorerfahrungen Kenntnisse in Musiktheorie vermittelt und die Ausweitung ihres musikpraktischen Handlungsrepertoires ermöglicht. Nach dem Absolvieren der Fortbildungsreihe und dem Nachweis weiterer musikfachlicher Qualifizierungsmaßnahmen sowie der jeweiligen musikalischen Vorbildung können die teilnehmenden Lehrerinnen und Lehrer ein Zertifikat beantragen , welches ihnen bescheinigt, dass sie zur Erteilung eines fundierten Fachunterrichts Musik in der Grundschule befähigt sind. Mit dem Zertifikat erwerben die Lehrerinnen und Lehrer nicht die volle Lehrbefähigung Musik, haben aber den Nachweis, dass sie Musik als drittes Unterrichtsfach unterrichten können. Zertifizierungsstelle ist das Landesinstitut für Schulsport, Schulkunst und Schulmusik in Zusammenarbeit mit der Landesakademie für die musizierende Jugend in Ochsenhausen . Das Fortbildungsangebot erfreut sich reger Nachfrage. Dr. Eisenmann Ministerin für Kultus, Jugend und Sport