Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 1730 07. 03. 2017 1Eingegangen: 07. 03. 2017 / Ausgegeben: 04. 05. 2017 K l e i n e A n f r a g e Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie hoch ist durchschnittlich die Kurtaxe, die in den baden-württembergischen Kurorten erhoben wird? 2. Sieht sie einen Klarstellungsbedarf in § 43 Kommunalabgabengesetz zur Frage, welche Aufwendungen in die Kalkulation zur Erhebung einer Kurtaxe eingerechnet werden dürfen? 3. Wenn ja, wann plant sie, dies umzusetzen? 4. Plant sie die im Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg (siehe unten) angesprochene Erweiterung der anrechnungsfähigen Kosten um Kosten, die durch überregionale Zweckverbände anfallen? 5. Wenn ja, wann plant die Landesregierung dies umzusetzen? 07. 03. 2017 Dr. Rülke, Dr. Schweickert FDP/DVP Kleine Anfrage der Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke und Dr. Erik Schweickert FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration Berechnungsbasis der Kurtaxe Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1730 2 B e g r ü n d u n g Das Verwaltungsgericht Freiburg hat die Kurtaxesatzung der Gemeinde Hinter - zarten (5 K 2495/11) in einem rechtskräftigen Urteil mit der Argumentation verworfen , sie würde die Kalkulationsgrundlage für die Berechnung der Kurtaxe über den Regelungscharakter des Kommunalabgabengesetzes hinaus ausdehnen, also Kosten einrechnen, die nicht direkt zu Kur- und Erholungszwecken „vor Ort“ dienen. Das Gericht hat auf die Frage, ob es eine Ergänzung des § 43 Kommunalabgabengesetzes bedarf, auf den Gesetzgeber verwiesen. Da immer mehr angebotene Leistungen, gerade im Bereich Tourismusförderung bzw. -marketing in Zweckverbänden erbracht werden, und damit vielleicht an einem Ort, der nicht die Gemeinde der Übernachtung ist, stellt sich die Frage nach einer Gesetzesinitiative. Zusätzlich führt die zunehmende Professionalisierung der Tourismuswerbung der Kur- und Bäderorte zu einer gemeinsamen Vermarktung, deren Kosten ausweislich des oben genannten Urteils im Moment keine umlagefähigen Kosten im Sinne der Kurtaxe sind. A n t w o r t Mit Schreiben vom 30. März 2017 Nr. 2-2275.2/0 beantwortet das Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration im Einvernehmen mit dem Ministe - rium der Justiz und für Europa die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie hoch ist durchschnittlich die Kurtaxe, die in den baden-württembergischen Kurorten erhoben wird? Zu 1.: Nach der letzten Erhebung des Gemeindetags zu Kommunalabgaben betrug das Kurtaxeaufkommen in Baden-Württemberg im Jahr 2014 insgesamt ca. 19,4 Mio Euro. Die Kurtaxesätze im Jahr 2015 lagen zwischen 0,20 und 3,50 Euro pro Tag und Person. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass die Umfrage möglicherweise nicht alle erhebenden Gemeinden erfasst, da sie auf freiwilliger Teilnahme beruht. 2. Sieht sie einen Klarstellungsbedarf in § 43 Kommunalabgabengesetz zur Frage, welche Aufwendungen in die Kalkulation zur Erhebung einer Kurtaxe eingerechnet werden dürfen? 3. Wenn ja, wann plant sie, dies umzusetzen? 4. Plant sie die im Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg (siehe unten) angesprochene Erweiterung der anrechnungsfähigen Kosten um Kosten, die durch überregionale Zweckverbände anfallen? 5. Wenn ja, wann plant die Landesregierung dies umzusetzen? Zu 2. bis 5.: Nach § 43 Absatz 1 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) können Kur - orte, Erholungsorte und sonstige Fremdenverkehrsgemeinden eine Kurtaxe erheben , um ihre Kosten für die Herstellung und Unterhaltung der zu Kur- und Erholungszwecken bereitgestellten Einrichtungen und für die zu diesem Zweck durchgeführten Veranstaltungen sowie für die, gegebenenfalls auch im Rahmen eines überregionalen Verbunds, den Kur- und Erholungsgästen eingeräumte Möglichkeit der kostenlosen Benutzung des öffentlichen Personennahverkehrs zu decken. Welche Kosten in die Kalkulation der Kurtaxe eingestellt werden dürfen, ergibt sich aus den Sätzen 2 und 3. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1730 Das in der Begründung der Kleinen Anfrage genannte Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 16. April 2013 (5 K 2495/11) beschäftigt sich im Wesentlichen mit der Frage, ob nach § 43 KAG der Anteil einer Gemeinde an der Umlage für einen Zweckverband, der der Finanzierung einer privaten Freizeiteinrichtung – hier eines Badeparadieses außerhalb der Gemeinde – dient, als kurtaxefähige Aufwendung berücksichtigt werden kann. Fraglich war dies deswegen, weil § 43 KAG die Vorstellung zugrunde liegt, dass der abgabenpflichtige Kurgast sich in der Gemeinde aufhält und dort die Einrichtungen benutzt bzw. an den Veranstaltungen teilnimmt. Zwar kann sich die Gemeinde gemäß § 43 Absatz 1 Satz 3 KAG zur Herstellung und Unterhaltung von Kur- und Erholungseinrichtungen sowie zur Durchführung von entsprechenden Veranstaltungen auch eines Dritten bedienen. Allerdings muss sie dann ein gewisses Maß an Verfügungsgewalt über die Einrichtung oder Veranstaltung im Sinne eines Einwirkungsrechts haben und die Gewährung der Leistungen wesentlich bestimmen oder mitbestimmen können . Hintergrund für diese Rechtsauffassung ist der Gegenleistungscharakter der Kurtaxe, da die Gemeinde als Gläubigerin der Kurtaxe die Leistung zu erbringen hat. Ein solches Einwirkungsrecht wurde in dem entschiedenen Fall nicht angenommen , da der mittelbare Einfluss der betroffenen Gemeinde über den Zweckverband auf die private Einrichtung als zu gering angesehen wurde. Die kommunale Seite wünscht daher eine Anpassung des Kommunalabgaben - gesetzes mit dem Ziel der Kurtaxefähigkeit derartiger Verbandsumlagen. Für den Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs ist bereits durch das Gesetz zur Reform des Gemeindehaushaltsrechts vom 4. Mai 2009 in § 43 Abs. 1 Satz 1 KAG eine ausdrückliche Regelung eingefügt worden, dass die Möglichkeit zur kostenlosen Nutzung des ÖPNV durch Kur- und Erholungsgäste, ggf. auch im Rahmen eines überörtliche Verbunds, zu den zu Kur- und Erholungszwecken bereitgestellten Einrichtungen und Veranstaltungen gehört und die Aufwendungen hierfür daher zu den Kosten rechnen, die mit der Kurtaxe gedeckt werden können. Eine vergleichbare Regelung wird von kommunaler Seite auch für sonstige Projekte der interkommunalen Zusammenarbeit im Tourismusbereich gewünscht. Die Landesregierung steht dem Anliegen aufgeschlossen gegenüber. Das Ziel, den Tourismusgemeinden zu ermöglichen, ihre touristischen Aktivitäten zu bündeln , um gemeinsam die Attraktivität ihrer Region für den Tourismus zu steigern, wird begrüßt und entspricht marktlichen Erfordernissen aus Kunden- und Anbietersicht . Der kommunalen Seite wurde zugesagt, eine entsprechende Gesetzes - änderung wohlwollend und ergebnisorientiert zu prüfen und das Anliegen mit Priorität zu behandeln. Zur Erörterung von Lösungsansätzen bzw. Regelungsvorschlägen ist bereits in Kürze eine Besprechung mit den Kommunalen Landesverbänden und der Gemeindeprüfungsanstalt anberaumt. Strobl Minister für Inneres, Digitalisierung und Migration