Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 1733 07. 03. 2017 1Eingegangen: 07. 03. 2017 / Ausgegeben: 04. 05. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie konkret definiert sie die Qualität von Schulverpflegung (unter Angabe der im Grußwort im Einladungsflyer zu oben genannter Veranstaltungsreihe thematisierten Qualitätskriterien Gesundheit, Regionaliät und Saisonalität)? 2. Welche Preisspanne bewertet sie mit Blick auf Speisenangebote in Schulmensen aktuell als „bezahlbar“ (siehe Grußwort im Einladungsflyer zu oben genannter Veranstaltung)? 3. Inwieweit sind ihr Fälle aus Baden-Württemberg bekannt, bei denen indivi - duelle Bedürfnisse einzelner Schülerinnen und Schüler hinsichtlich der Speisenzubereitung bzw. -zusammensetzung (z. B. gesundheitlicher, ethischer oder religiöser Art) auch auf Anfrage hin vom Mensenbetreiber nicht berücksichtigt wurden? 4. Teilt sie die Auffassung, dass der Umfang des Angebotes tierischer Produkte in Schulmensen nicht grundsätzlich in einem vertraglichen Leistungsverzeichnis geregelt werden sollte? 5. Wie hoch sind die Personal- und Sachkosten, die im Zusammenhang mit den oben genannten Veranstaltungen anfallen? 6. Welche Teilnehmerkreise versucht sie mit den oben genannten Veranstaltungen zu erreichen? 7. Welche konkrete Bedeutung misst sie in diesem Rahmen der Lokalität von Schulmensen bei, die laut Grußwort in oben genanntem Einladungsflyer „ein Ort zum Genießen, Entspannen und Wohlfühlen sein“ soll? Kleine Anfrage des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Veranstaltungsreihe „Schulmensen gut geplant – Voraussetzung für Akzeptanz, Erfolg und Qualität“ des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz und der Akademie Ländlicher Raum im März 2017 Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1733 2 8. Inwiefern bewertet sie es in diesem Zusammenhang als sinnvoll, wenn Schulen oder Mensenbetreiber in der jeweiligen Lokalität die Nutzung von Smartphones und Mobiltelefonen verbieten? 9. Welche bereits bestehenden verbindlichen Modelle zur Verwendung regionaler Produkte in Schulmensen in Baden-Württemberg sind ihr bisher bekannt (z. B. Umsetzung durch ein entsprechendes Leistungsverzeichnis)? 10. Inwiefern plant sie künftig konkrete Empfehlungen, Handreichungen oder verbindliche Vorgaben für Planung, Ausschreibung und Betrieb von Schulmensen ? 07. 03. 2017 Dr. Bullinger FDP/DVP B e g r ü n d u n g Die FDP/DVP-Landtagsfraktion sieht durchaus die allgemeine Notwendigkeit einer Qualitätssicherung bei der schulischen Essensverpflegung, verweist aber mit Blick auf verbindliche Qualitätsstandards auch auf Fragen der betrieblichen Umsetzbarkeit , Wirtschaftlichkeit und Preiselastizität. Zudem fallen mögliche Lösungen vorrangig in die Zuständigkeit der kommunalen Schulträger. A n t w o r t Mit Schreiben vom 29. März 2017 Nr. Z(38)0141.5/125F beantwortet das Minis - terium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz im Einvernehmen mit dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie konkret definiert sie die Qualität von Schulverpflegung (unter Angabe der im Grußwort im Einladungsflyer zu oben genannter Veranstaltungsreihe thematisierten Qualitätskriterien Gesundheit, Regionalität und Saisonalität)? Zu 1.: Die Landesregierung orientiert sich bei der Verankerung einer gesundheitsförderlichen und nachhaltigen Schulverpflegung am Qualitätsstandard der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE). Die DGE empfiehlt im Qualitätsstandard für die Schulverpflegung u. a. eine überwiegend pflanzliche, gering verarbeitete, möglichst ökologisch erzeugte sowie möglichst regionale und saisonale Verpflegung. Schulen, die den Qualitätsstandard umsetzen, bietet die DGE die Möglichkeit, das Verpflegungsangebot durch die „Schule + Essen = Note 1-Zertifizierung“ auszeichnen zu lassen. Dafür müssen die Schulen Kriterien in den drei Qualitätsbereichen Lebensmittel, Speisenplanung und -herstellung sowie Lebenswelt erfüllen . Erfolgt darüber hinaus eine Nährstoffoptimierung des Speisenplans auf Basis berechneter Rezepte, erfolgt die Auszeichnung nach der „Schule + Essen = Note 1-PREMIUM-Zertifizierung“. Schulen, die von einem Caterer mit einem Verpflegungsangebot beliefert werden, das DGE- oder DGE-PREMIUM-zertifiziert ist, benötigen für die Zertifizierung ihrer Einrichtung noch die Erfüllung der lebensweltbezogenen Kriterien (z. B. Essatmosphäre oder Essenszeiten). 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1733 2. Welche Preisspanne bewertet sie mit Blick auf Speisenangebote in Schulmensen aktuell als „bezahlbar“ (siehe Grußwort im Einladungsflyer zu oben genannter Veranstaltung)? Zu 2.: Die Preisgestaltung der Schulverpflegung ist nicht festgeschrieben. Der Landesregierung liegen hierzu keine konkreten Statistiken vor. Auf Basis der Daten der aktuellen bundesweiten Studie „Qualität der Schulverpflegung – bundesweite Erhebung “, die von der Hamburger Hochschule für Angewandte Wissenschaften im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft durchgeführt wurde, bewegen sich die Durchschnittspreise für ein Schulessen in Baden-Württemberg an Grundschulen und an weiterführenden Schulen im Bereich von etwa 3,10 Euro bis etwa 3,25 Euro. Allerdings werden zu den im Rahmen der Studie ermittelten Durchschnittspreisen keine Angaben gemacht, ob es sich um „Voll - kos ten-“ oder „Abgabe-Preise“ handelt. „Abgabe-Preise“ sind in der Regel durch den Schulträger bezuschusst. Nach den Ergebnissen der Bundesstudie liegt der durchschnittliche Zuschuss durch die Schulträger in Baden-Württemberg in Grundschulen bei 0,69 Euro und in weiterführenden Schulen bei 0,96 Euro. Gemäß dem Bildungs- und Teilhabepaket des Bundes erhalten Kinder und Jugendliche aus Familien, die ein geringes Einkommen haben oder Sozialleistungen bekommen, einen Zuschuss zum gemeinsamen Mittagessen in der Schule. Der verbleibende Eigenanteil der Eltern beträgt ein Euro pro Tag. Die Landesregierung erachtet die in der Studie zur Qualität der Schulverpflegung für Baden-Württemberg ermittelten Durchschnittspreise im drei Euro-Bereich für ein qualitativ hochwertiges und ausgewogenes Schulessen als angemessen und als bezahlbar. 3. Inwieweit sind ihr Fälle aus Baden-Württemberg bekannt, bei denen individuelle Bedürfnisse einzelner Schülerinnen und Schüler hinsichtlich der Speisenzubereitung bzw. -zusammensetzung (z. B. gesundheitlicher, ethischer oder religiöser Art) auch auf Anfrage hin vom Mensenbetreiber nicht berücksichtigt wurden? Zu 3.: Der Landesregierung sind derartige Einzelfälle nicht bekannt. 4. Teilt sie die Auffassung, dass der Umfang des Angebotes tierischer Produkte in Schulmensen nicht grundsätzlich in einem vertraglichen Leistungsverzeichnis geregelt werden sollte? Zu 4.: Grundsätzlich empfiehlt die Landesregierung auch im Leistungsverzeichnis für die Schulverpflegung den Qualitätsstandard für die Schulverpflegung der DGE aufzunehmen. Gemäß diesem sollten im Rahmen eines Vier-Wochen-Speiseplans mit 20 Verpflegungstagen maximal achtmal Fleisch und Wurstwaren angeboten werden, davon mindestens viermal mageres Muskelfleisch. Ein ovo-lakto-vegetarisches Gericht sollte zudem täglich im Angebot sein. 5. Wie hoch sind die Personal- und Sachkosten, die im Zusammenhang mit den oben genannten Veranstaltungen anfallen? 6. Welche Teilnehmerkreise versucht sie mit den oben genannten Veranstaltungen zu erreichen? Zu 5. und 6.: Die Finanzierung der Veranstaltung erfolgt aus dem der Akademie Ländlicher Raum Baden-Württemberg (ALR) vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg zur Verfügung gestellten Budget. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1733 4 Die Veranstaltungen werden durch das bestehende Personal der ALR organisiert und durchgeführt. Die gesamten Sachkosten für beide Veranstaltungen betragen rund 1.900 Euro. Die Veranstaltung richtet sich, wie im Programmflyer aufgeführt, an Vertreterinnen und Vertreter folgender Institutionen und Bereiche: Schulträger, Anbieter von Schulverpflegung, Schulfördervereine, Schulverbände, Elternbeiräte, Fachplanung , Hauswirtschaftsverbände und -schulen sowie Interessierte. 7. Welche konkrete Bedeutung misst sie in diesem Rahmen der Lokalität von Schulmensen bei, die laut Grußwort in oben genanntem Einladungsflyer „ein Ort zum Genießen, Entspannen und Wohlfühlen sein“ soll? Zu 7.: Laut dem Qualitätsstandard für die Schulverpflegung der DGE ist die Essatmo - sphäre neben der Lebensmittelqualität eine der prägenden Faktoren regelmäßig eingenommener Mahlzeiten. Eine positive Essatmosphäre schafft Raum für Gespräche , Informationsaustausch und Genuss. Eine ansprechende Raumgestaltung der Mensa spielt dabei eine wesentliche Voraussetzung. 8. Inwiefern bewertet sie es in diesem Zusammenhang als sinnvoll, wenn Schulen oder Mensenbetreiber in der jeweiligen Lokalität die Nutzung von Smartphones und Mobiltelefonen verbieten? Zu 8.: Für eine ungestörte und ruhige Essensaufnahme erachtet das Ministerium für Kultus , Jugend und Sport es durchaus für sinnvoll, die Nutzung von Mobiltelefonen in Mensen zu untersagen. In den Unterrichtspausen sollen die Schülerinnen und Schüler losgelöst von der unterrichtlichen Anspannung vor allem untereinander ins Gespräch kommen, um die Gemeinschaft zu pflegen und ggf. Spannungen und Konflikte abzubauen. Daher können die Schulen auch die Handybenutzung während der Pausen auf dem Schulgelände untersagen. Die Rechtsgrundlage für solche schulischen Maßnahmen ist § 23 Abs. 2 S. 1 Schulgesetz für Baden-Württemberg (SchG). Danach ist die Schule im Rahmen der Vorschriften des Schulgesetzes berechtigt, die zur Aufrechterhaltung der Ordnung des Schulbetriebs und zur Erfüllung der ihr übertragenen unterrichtlichen und erzieherischen Aufgaben erforderlichen Maßnahmen zu treffen und örtliche Schulordnungen, allgemeine Anordnungen und Einzelanordnungen zu erlassen. Die Zuständigkeit für den Erlass der Schulund Hausordnung liegt bei der Gesamtlehrerkonferenz, wobei ein entsprechender Beschluss des Einverständnisses der Schulkonferenz bedarf (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 3 Konferenzordnung des Kultusministeriums, § 47 Abs. 5 Nr. 1 SchG). 9. Welche bereits bestehenden verbindlichen Modelle zur Verwendung regionaler Produkte in Schulmensen in Baden-Württemberg sind ihr bisher bekannt (z. B. Umsetzung durch ein entsprechendes Leistungsverzeichnis)? Zu 9.: Der Landesregierung sind keine derartigen Modelle bekannt. Grundsätzlich empfiehlt die Landesregierung, im Leistungsverzeichnis für die Schulverpflegung den Qualitätsstandard für die Schulverpflegung der DGE aufzunehmen . 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1733 10. Inwiefern plant sie künftig konkrete Empfehlungen, Handreichungen oder verbindliche Vorgaben für Planung, Ausschreibung und Betrieb von Schulmensen ? Zu 10.: Da die Schulverpflegung in die Verantwortung der Kommunen fällt, sind seitens der Landesregierung keine verbindlichen Vorgaben geplant. Die Erfahrungen des Kantinen-Coaching-Projekts „GROSSE KÜCHE – GUTES ESSEN“, welches die Landesregierung von Oktober 2015 bis Dezember 2016 in zehn Pilotbetrieben aus der Gemeinschaftsverpflegung, darunter drei Schulmensen , durchgeführt hat, zeigen, dass die DGE-Zertifizierung, eine Erhöhung des Anteils ökologischer Lebensmittel im Wareneinsatz und die Bio-Zertifizierung ohne große Hürden in der Schulverpflegung umgesetzt werden können und dass Bio und regional Hand in Hand im Sinne einer gesundheitsförderlichen und nachhaltigen Schulverpflegung gehen. In den Leitperspektiven „Verbraucherbildung“ sowie „Prävention und Gesundheitsförderung “ ist das Thema Ernährung in den Bildungsplänen der Schulen in Baden-Württemberg verankert. Der Landesregierung ist es ein zentrales Anliegen, dass Ernährungsbildung im Unterricht eng mit einer gesundheitsförderlichen, qualitativ hochwertigen Schulverpflegung in der Mensa verzahnt ist. Hauk Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz