Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 1761 12. 03. 2017 1Eingegangen: 12. 03. 2017 / Ausgegeben: 08. 05. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Anhand welcher objektiven Kriterien ordnet sie Menschen als sogenannte „Reichsbürger“ ein (Benennung aller definitionsrelevanten Merkmale)? 2. Erhebt sie diese Merkmale allein oder auch durch Auswertung von Anträgen auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises? 3. Falls Anträge auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises ausgewertet werden – wie es jedenfalls den Medien zu entnehmen war −, auf welcher Rechtsgrundlage beruht der entsprechende Datenaustausch zwischen Waffenund Staatsangehörigkeitsbehörde? 4. Genügt es als Begründung für die Rücknahme der Waffenbesitzkarte, Auffassungen zu vertreten, welche gemeinhin als Auffassungen von „Reichsbürgern“ gewertet werden, ohne, dass weitere Gründe hinzutreten? 5. Welche Straftaten sind ihr bekannt, bei denen durch sogenannte „Reichsbürger“ genehmigungspflichtige, aber in legalem Besitz befindliche Waffen genutzt wurden? 6. Welche Handlungsweisen versteht sie als „aktiv(e) Bestrebungen (…), die gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind“ im Sinne der Stellungnahme in Drucksache 16/905? 7. Welche konkreten Bestrebungen dieser Art konnte sie seit 2015 registrieren? 8. Besteht, falls ein Antragsteller beim Ausfüllen des Antrages auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises bei Angaben zum Geburtsort früher übliche Bezeichnungen wie „Königreich Württemberg“ oder „Deutsches Reich“ verwendete, eine Verpflichtung der entgegennehmenden Behörde, diese Angaben zu reklamieren und zu korrigieren oder muss sie ihn so annehmen? Kleine Anfrage der Abg. Dr. Christina Baum AfD und Antwort des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration Konsequenzen des Erlasses gegen sogenannte „Reichsbürger“ Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1761 2 9. Auf welcher Grundlage werden solche Angaben akzeptiert? 10. Sieht sie im Antrag auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises nach § 30 Absatz 1 und 3 Staatsangehörigkeitsgesetz – ohne, dass eine erkennbare Notwendigkeit für den Ausweis vorliegt oder diese nicht genannt wird – bereits ein Indiz, dass der Antragsteller Reichsbürger ist? 01. 03. 2017 Dr. Baum AfD B e g r ü n d u n g Der Minister für Inneres, Digitalisierung und Migration hat laut Medienberichten die Anweisung gegeben, sogenannten „Reichsbürgern“ ihre Waffen zu entziehen, sofern diese legale Waffen besitzen. In Drucksache 16/905 weist der Minister darauf hin, dass es keine einheitliche „Reichsbürgerbewegung“ gibt. „Reichsbürger“ seien „Gruppierungen und Einzelpersonen“, deren Handeln auf „unterschied - lichen Motiven“ und „unterschiedlichen Begründungen“ basieren. Es ist anzunehmen , dass die Landesregierung vor dem Hintergrund der inzwischen erlassenen Anweisung auf objektive und messbare Kriterien verweisen kann. Es soll dargelegt werden, welche Konsequenzen sich aus dem Erlass ergeben. A n t w o r t Mit Schreiben vom 6. April 2017 Nr. 4-1082.2/436-3 beantwortet das Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Anhand welcher objektiven Kriterien ordnet sie Menschen als sogenannte „Reichsbürger“ ein (Benennung aller definitionsrelevanten Merkmale)? Zu 1.: Der Verfassungsschutzverbund definiert Reichsbürger wie folgt: „Reichsbürger und Selbstverwalter sind Gruppierungen und Einzelpersonen, die aus unterschiedlichen Motiven und mit unterschiedlichen Begründungen, unter anderem unter Berufung auf das historische Deutsche Reich, auf verschwörungstheoretische Argumentationsmuster oder auf ein selbst definiertes Naturrecht die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtssystem ablehnen, den demokratisch gewählten Repräsentanten die Legitimation absprechen oder sich gar in Gänze als außerhalb der Rechtsordnung stehend definieren und deshalb bereit sind, Verstöße gegen die Rechtsordnung zu begehen.“ Anhaltspunkte für eine Einstufung als „Reichsbürger“ bzw. „Selbstverwalter“ können sich beispielsweise aus den nachfolgend beschriebenen Verhaltensweisen ergeben: – Leugnen der Existenz der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere im Schriftverkehr mit Behörden sowie bei polizeilichen Maßnahmen; – Nichtanerkennen der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland und der Länder. Damit geht einher, dass die Rechtmäßigkeit von Amtshandlungen, Verwaltungsakten usw. bestritten wird; 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1761 – Geltendmachung von unberechtigten finanziellen Forderungen, teilweise in exorbitanter Höhe, und/oder Drohen mit der Eintragung in Schuldnerregister. Dies erfolgt regelmäßig in Reaktion auf behördliche Schreiben oder Amtshandlungen . Derartige Schreiben richten sich in der Regel gegen den jeweils zuständigen Sachbearbeiter bei der entsprechenden Behörde persönlich. Ziel dieser Schreiben ist die Einschüchterung der Empfänger; – Abgabe des Personalausweises bei den Ordnungsämtern mit der Begründung, es handle sich dabei um einen „Firmenausweis“. Hintergrund ist, dass „Reichsbürger “ die Bundesrepublik Deutschland als „Firma“ bezeichnen und delegitimieren wollen. Dabei werden die Ausweise teilweise in Anwesenheit der Behördenmitarbeiter vorsätzlich beschädigt; – Eintragen von Namen nicht mehr existierender Staaten (z. B. „Königreich Württemberg“ bei Wohn-/Geburtsort oder -land) auf Anträgen für Staatsange - hörigkeitsausweise; – Berufung auf das nicht mehr gültige „Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz“ (RuStAG) von 1913; – Ausrufen eines Pseudo-„Staats“ auf Privatgrundstücken: Reichsbürger statten sich mit Schildern aus und markieren die Grundstücksgrenze als imaginäre „Staatsgrenze“ gegenüber dem Bundesgebiet; – Manipulation von Kfz-Kennzeichen beispielsweise durch Überdeckung des blauen Bands einschließlich der EU-Sterne und des Ländercodes durch die Farben Schwarz-Weiß-Rot in Anlehnung an die Reichskriegsflagge; – Ersetzen von amtlichen Kfz-Kennzeichen durch Fantasieschilder wie z. B. „MENSCH“; – „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ definieren sich unter Berufung auf ein frei erfundenes „Naturrecht“ als außerhalb der Rechtsordnung stehend. Eine abschließende Aufzählung der definitionsrelevanten Merkmale ist nicht möglich. Maßgeblich ist die Gesamtschau aller in Bezug auf die betreffende Person vorliegenden Informationen. 2. Erhebt sie diese Merkmale allein oder auch durch Auswertung von Anträgen auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises? Zu 2.: Die Zuordnung als „Reichsbürger und Selbstverwalter“ basiert auf der Gesamtschau des festgestellten Verhaltens. Aus Anträgen auf Ausstellung eines Staats - angehörigkeitsausweises können sich Anhaltspunkte für eine Zugehörigkeit zur Reichsbürgerbewegung ergeben (s. Antwort zu Frage 1). Dies wird in die Gesamtbewertung miteinbezogen. Zur Auswertung werden Informationen aus dem eigenen Meldeaufkommen des Landesamts für Verfassungsschutz (LfV), des Ver - fassungsschutzverbundes, der Polizei sowie von Gerichten, Staatsanwaltschaften und Behörden des Landes Baden-Württemberg genutzt. Dies schließt Anträge auf Erteilung eines Staatsangehörigkeitsausweises ein. 3. Falls Anträge auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises ausgewertet werden – wie es jedenfalls den Medien zu entnehmen war −, auf welcher Rechtsgrundlage beruht der entsprechende Datenaustausch zwischen Waffenund Staatsangehörigkeitsbehörde? Zu 3.: Nach § 43 Absatz 2 Waffengesetz (WaffG) sind öffentliche Stellen auf Ersuchen der Waffenbehörde verpflichtet, dieser im Rahmen datenschutzrechtlicher Übermittlungsbefugnisse personenbezogene Daten zu übermitteln, soweit die Daten nicht wegen überwiegender öffentlicher Interessen geheim gehalten werden müssen . Eine regelmäßige Abfrage erfolgt jedoch nur im Rahmen der Zuverlässigkeitsprüfung nach § 5 WaffG beim Bundeszentralregister, beim zentralen staats- Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1761 4 anwaltschaftlichen Verfahrensregister und bei der örtlichen Polizeidienststelle. Andere Stellen, so auch die Staatsangehörigkeitsbehörden, werden lediglich anlassbezogen abgefragt. Eine generelle Datenübermittlung zwischen Staatsangehörigkeitsbehörden und Waffenbehörden findet nicht statt. 4. Genügt es als Begründung für die Rücknahme der Waffenbesitzkarte, Auffassungen zu vertreten, welche gemeinhin als Auffassungen von „Reichsbürgern“ gewertet werden, ohne, dass weitere Gründe hinzutreten? Zu 4.: Eine waffenrechtliche Erlaubnis ist zurückzunehmen, wenn nachträglich bekannt wird, dass die Erlaubnis hätte versagt werden müssen. Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn eine Person nicht die erforderliche Zuverlässigkeit nach § 5 WaffG besitzt. Personen gelten beispielsweise dann als unzuverlässig, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwendet werden, mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgegangen wird oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahrt werden. Auch gilt als unzuverlässig, wer einzeln oder als Mitglied einer Vereinigung Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder in den letzten fünf Jahren verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind. Das bloße Vertreten einer Meinung reicht daher nicht aus, um als unzuverlässig zu gelten. Personen, die der Bewegung der „Reichsbürger und Selbstverwalter“ zugeordnet werden können, lehnen jedoch regelmäßig den Staat und seine Rechtsordnung ab und versuchen meist, staatliches Handeln zu sabotieren. All dies geht über eine bloße Meinungsäußerung hinaus, sodass regelmäßig von einer Unzuverlässigkeit nach den Vorschriften des § 5 WaffG auszugehen ist. 5. Welche Straftaten sind ihr bekannt, bei denen durch sogenannte „Reichsbürger “ genehmigungspflichtige, aber in legalem Besitz befindliche Waffen genutzt wurden? Zu 5.: Nach den bundeseinheitlichen Kriterien der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) ist die Erfassung eines Tatverdächtigenmerkmals „Reichsbürger“ nicht vorgesehen . Eine entsprechende Auswertemöglichkeit besteht daher ausschließlich für den Bereich der Politisch motivierten Kriminalität (PMK). Im Zeitraum 1. Januar 2015 bis zum 20. März 2017 wurden keine durch sogenannte „Reichsbürger und Selbstverwalter“ begangenen politisch motivierten Straftaten bekannt, bei denen genehmigungspflichtige Waffen Verwendung fanden, die sich in deren legalem Besitz befanden. 6. Welche Handlungsweisen versteht sie als „aktiv(e) Bestrebungen (…), die gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind“ im Sinne der Stellung - nahme in Drucksache 16/905? Zu 6.: Nach § 5 Absatz 2 Nr. 3 a WaffG gelten Personen in der Regel als unzuverlässig, die aktiv Bestrebungen verfolgen oder unterstützen, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind. Nach der Gesetzesbegründung zur Neuregelung des Waffenrechts (BT-Drs. 14/7758) können zur Auslegung des Begriffs „verfassungsfeindliche Bestrebungen“ die einschlägigen bzw. wesensverwandten Begriffsbestimmungen der Verfassungsschutzgesetze herangezogen werden. Bei Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Landesverfassungsschutzgesetzes (LVSG) handelt es sich um solche politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, eine der in § 4 Absatz 2 LVSG genannten elementare Verfassungsprinzipien wie beispielsweise die in 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1761 Art. 38 Absatz 1 Grundgesetz normierten Wahlrechtsgrundsätze, die Gewalten - teilung oder die im Grundgesetz verankerten Menschenrechte zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen (vgl. § 4 Absatz 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 2 LVSG). „Reichsbürger und Selbstverwalter“ arbeiten systematisch auf die Störung bzw. Verhinderung von Amtshandlungen oder ganzer Verfahren hin. Es handelt sich – wie in der Antwort auf Frage 1 aufgeführt – um Gruppierungen und Einzelpersonen , die aus unterschiedlichen Motiven und mit unterschiedlichen Begründungen, unter anderem unter Berufung auf das historische Deutsche Reich, auf verschwörungstheoretische Argumentationsmuster oder auf ein selbst definiertes Naturrecht, die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und deren Rechts - system ablehnen, den demokratisch gewählten Repräsentanten die Legitimation absprechen oder sich gar in Gänze als außerhalb der Rechtsordnung stehend definieren und deshalb bereit sind, Verstöße gegen die Rechtsordnung zu begehen. Vor diesem Hintergrund weigern sich die Anhänger der Bewegung der sogenannten „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“, Steuern, Abgaben oder Bußgelder zu bezahlen, und leisten – teilweise körperlichen – Widerstand gegen hoheitliche Maßnahmen. Staatliche Institutionen wie Polizei und Gerichte werden von ihnen nicht anerkannt, ebenso wenig Legitimationspapiere wie Dienstausweise oder Personalausweise. Teilweise statten sich die Anhänger dieser Bewegung mit eigenen Fantasiepapieren aus, maßen sich hoheitliche Befugnisse an und veröffent - lichen fremdenfeindliche und antisemitische Schriften. In diesen Verhaltensweisen liegen Bestrebungen im o. g. Sinne. Im Übrigen darf zur Frage der Verfassungsfeindlichkeit der „Reichsbürger und Selbstverwalter“ auf die Ausführungen in der Stellungnahme vom 16. September 2016 zum Antrag der Abg. Manuel Hagel u. a. CDU (Drs. 16/574) sowie in der Stellungnahme vom 28. Oktober 2016 zum Antrag der Abg. Sascha Binder u. a. SPD (Drs. 16/905) Bezug genommen werden. 7. Welche konkreten Bestrebungen dieser Art konnte sie seit 2015 registrieren? Zu 7.: Bis Oktober 2016 wurden „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ vom LfV nur beobachtet, sofern sie dem Phänomenbereich Rechtsextremismus zugeordnet wurden. Dies betraf in erster Linie die Gruppen „Kommissarische Reichsregierung “ und „Neue Gemeinschaft von Philosophen“. Daneben waren bzw. sind „Reichsbürger“ auch in weiteren rechtsextremistischen Organisationen aktiv. Vollumfänglich wird die Szene der „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ erst seit November 2016 beobachtet. Der hierfür zuständige Arbeitsbereich im LfV befindet sich in der Aufbauphase. Ein erster wichtiger Schritt ist die Identifizierung von Organisationen, die dem „Reichsbürger“- und „Selbstverwalter“-Milieu zuzurechnen sind, sowie die umfängliche Erhebung des dazugehörigen Personenpotenzials . Über konkrete Bestrebungen im Sinne der Anfrage können deshalb noch keine belastbaren Angaben gemacht werden. Bei den Waffenbehörden werden aktive Bestrebungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung nicht separat erfasst. Die Zuverlässigkeitsprüfung nach den Voraussetzungen des § 5 WaffG ist ein Teil des Entscheidungsprozesses über Anträge auf waffenrechtliche Erlaubnisse. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1761 6 8. Besteht, falls ein Antragsteller beim Ausfüllen des Antrages auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises bei Angaben zum Geburtsort früher übliche Bezeichnungen wie „Königreich Württemberg“ oder „Deutsches Reich“ verwendete, eine Verpflichtung der entgegennehmenden Behörde, diese An - gaben zu reklamieren und zu korrigieren oder muss sie ihn so annehmen? 9. Auf welcher Grundlage werden solche Angaben akzeptiert? Zu 8. und 9.: Im Falle des Antrages auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises mit Angaben über früher übliche Bezeichnungen gibt es folgende Möglichkeiten, wie sich die zuständige Behörde verhalten kann. Zum einen kann sie den Antrag auf Ausstellung des Staatsangehörigkeitsausweises sachdienlich auslegen, das heißt die Angaben im Antrag werden nicht in dem Sinne akzeptiert, dass sie für die Staatsangehörigkeitsbehörden als richtig zugrunde gelegt werden. Mithilfe der Melderegister lassen sich der Geburtsort sowie das Geburtsland feststellen. Im Sinne einer einfachen, zweckmäßigen und zügigen Durchführung des Verwaltungsverfahrens (§ 10 Landesverwaltungsverfahrensgesetz) erfolgt die Prüfung und Entscheidung auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises unter Zugrundelegung der zeitgemäßen Bezeichnungen. Im Staatsangehörigkeitsausweis werden nur die korrekten Daten übernommen. Falls die Angaben einer Auslegung nicht zugänglich sind, kann der Antrag auf Ausstellung des Staatsangehörigkeitsausweises aber auch abgelehnt werden. Mit Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. November 2016, Az. 19 A 1457/16, wurde die Berufungsklage von zwei „Reichsbürgern“ auf Ausstellung einer Bescheinigung über eine frei erfundene, in Deutschland nicht existierende Staatsangehörigkeit mangels Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung abgewiesen. Das Gericht führte aus, dass der von den Klägern geltend gemachte Anspruch auf Ausstellung eines entsprechenden Staatsangehörigkeitsausweises unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt bestehe. Die deutsche Rechtsordnung enthalte auch außerhalb des § 30 Absatz 3 Satz 1 StAG keine Anspruchsgrundlage für die Ausstellung einer Bescheinigung über eine vom Antragsteller frei erfundene deutsche „Staatsbürgerschaft“. 10. Sieht sie im Antrag auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises nach § 30 Absatz 1 und 3 Staatsangehörigkeitsgesetz – ohne, dass eine erkennbare Notwendigkeit für den Ausweis vorliegt oder diese nicht genannt wird – bereits ein Indiz, dass der Antragsteller Reichsbürger ist? Zu 10.: Allein der Antrag auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises bzw. die nicht ersichtliche Notwendigkeit für seine Ausstellung können nicht den Rückschluss zulassen, dass der Antragsteller ein „Reichsbürger“ ist. Das Gesetz bezeichnet keine besonderen Voraussetzungen für die Antragstellung. In aller Regel hat ein Antragsteller einen bestimmten Anlass für die Beantragung eines Staats - angehörigkeitsausweises. Die Einstufung als „Reichsbürger“ kann sich demnach u. a. aus den Umständen der Antragstellung ergeben, entsprechenden Äußerungen des Antragstellers sowie dem Umfang der Ausführungen (z. B. dem Bezug zu früheren Teilstaaten des Deutschen Reichs oder Vorschriften des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes). Eine Person wird nur dann der „Reichsbürger“- und „Selbstverwalter“-Szene zugeordnet, wenn dies aufgrund einer Gesamtschau aller Umstände angezeigt ist. Ein Antrag auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises kann dabei ein Indiz für die Szenezugehörigkeit sein (siehe Antwort zu Frage 1). Strobl Minister für Inneres, Digitalisierung und Migration