Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 178 22. 06. 2016 1Eingegangen: 22. 06. 2016 / Ausgegeben: 23. 08. 2016 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Trifft es zu, dass Hinterbliebene von Landesbeamtinnen und -beamten lediglich in Baden-Württemberg und nach ihrer Kenntnis in Bremen das Halbwaisenoder das Waisengeld grundsätzlich nur bis zum 25. Lebensjahr ausbezahlt bekommen ? 2. Trifft es nach ihrer Kenntnis zu, dass alle anderen Bundesländer und der Bund hierfür das 27. Lebensjahr ansetzen? 3. Trifft es zu, dass auch bei Halbwaisen von gesetzlich Rentenversicherten der Maßstab das 27. Lebensjahr ist? 4. Aus welchem Grund ist in Baden-Württemberg seit dem Jahr 2010 die Hinterbliebenenversorgung von Halbwaisen und Waisen von Beamtinnen und Beamten schlechter als in fast allen anderen Bundesländern? 22. 06. 2016 Gruber SPD Kleine Anfrage des Abg. Gernot Gruber SPD und Antwort des Ministeriums für Finanzen Halbwaisen- und Waisengeld für Hinterbliebene von Beamtinnen und Beamten in Baden-Württemberg Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 178 2 B e g r ü n d u n g In Baden-Württemberg beziehen rund 2.800 Hinterbliebene von Beamtinnen und Beamten Waisengeld. Bundesweit sind es 25.000. Eine unterschiedliche Regelung der Hinterbliebenenversorgung für Landesbeamtinnen und -beamte in den einzelnen Bundesländern ist nicht ohne Weiteres nachvollziehbar. Gleiches gilt für die entsprechenden unterschiedlich ausgestalteten Regelungen im Falle von Hinterbliebenen von Beamtinnen und Beamten gegenüber Hinterbliebenen von gesetzlich rentenversicherten Personen. A n t w o r t * ) Mit Schreiben vom 8. August 2016 Nr. 1-0331.6-72/5 beantwortet das Ministe - rium für Finanzen in Abstimmung mit dem Ministerium für Soziales und Integration (Frage 3) die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Trifft es zu, dass Hinterbliebene von Landesbeamtinnen und -beamten lediglich in Baden-Württemberg und nach ihrer Kenntnis in Bremen das Halbwaisenoder das Waisengeld grundsätzlich nur bis zum 25. Lebensjahr ausbezahlt bekommen ? Zu 1.: Gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Landesbeamtenversorgungsgesetz Baden-Württemberg (LBeamtVGBW) erlischt der Anspruch der Waise (Halb- oder Vollwaise ) auf Versorgungsbezüge grundsätzlich mit dem Ende des Monats, in dem sie das 18. Lebensjahr vollendet. Gemäß § 42 Abs. 2 Satz 1 LBeamtVGBW wird Waisengeld auf Antrag auch nach Vollendung des 18. Lebensjahres bis zum vollendeten 25. Lebensjahr gewährt, solange die in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a, b und d des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des LBeamtVGBW geltenden Fassung genannten Voraussetzungen gegeben sind. Gemäß § 32 Abs. 5 Satz 1 und 2 des EStG verlängert sich der Anspruch bei Unterbrechungen oder Verzögerungen der Schul- oder Berufsausbildung durch einen Wehr- oder Zivildienst über das vollendete 25. Lebensjahr hinaus, jedoch höchstens um einen die Dauer des gesetzlichen Grundwehr- oder Zivildienstes entsprechenden Zeitraum. Ist die Waise wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande, sich selbst zu unterhalten, wird Waisengeld gem. § 42 Abs. 2 LBeamtVGBW i. V. mit § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG unter bestimmten Voraussetzungen auch über das vollendete 25. Lebensjahr hinaus gezahlt . Die Freie Hansestadt Bremen hat mitgeteilt, dass Waisengeld über das 18. Lebensjahr hinaus auf Antrag längstens bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres gezahlt wird. Aus § 73 Bremisches Beamtenversorgungsgesetz (BremBeamtVG) geht hervor, dass sich bei Unterbrechungen oder Verzögerungen der Schul- oder Berufsausbildung durch einen Wehr- oder Zivildienst der Anspruch über das vollendete 25. Lebensjahr hinaus verlängert, jedoch höchstens um einen die Dauer des gesetzlichen Grundwehr- oder Zivildienstes entsprechenden Zeitraum. Ist die Waise wegen geistiger, körperlicher oder seelischer Behinderung außerstande, sich selbst zu unterhalten, wird Waisengeld unter bestimmten Voraussetzungen auch über das vollendete 25. Lebensjahr hinaus gezahlt. *) Der Überschreitung der Drei-Wochen-Frist wurde zugestimmt. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 178 2. Trifft es nach ihrer Kenntnis zu, dass alle anderen Bundesländer und der Bund hierfür das 27. Lebensjahr ansetzen? Zu 2.: Eine Bund-Länder-Umfrage hat bestätigt, dass beim Bund und den anderen Bundesländern Waisengeld nach Vollendung des 18. Lebensjahres grundsätzlich längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres gezahlt wird. Auch beim Bund und den anderen Bundesländern gibt es Regelungen, die eine Zahlung von Waisengeld unter bestimmten Voraussetzungen über das 27. Lebensjahr hinaus vor - sehen. 3. Trifft es zu, dass auch bei Halbwaisen von gesetzlich Rentenversicherten der Maßstab das 27. Lebensjahr ist? Zu 3.: Die Halb- und Vollwaisenrenten werden nach § 48 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) regelmäßig bis zum 18. Geburtstag des Kindes gezahlt. Darüber hinaus kann die Waise diese Rente längstens bis zum 27. Lebensjahr erhalten, wenn sie – sich in einer Schul- oder Berufsausbildung befindet oder – einen Freiwilligendienst leistet oder – wegen einer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Auch für Übergangszeiten von höchstens vier Kalendermonaten, beispielsweise zwischen zwei Ausbildungen oder einem Freiwilligendienst und Ausbildungsbeginn , kann eine Halb- oder Vollwaisenrente gezahlt werden. Bei Unterbrechung oder Verzögerung der Schul- oder Berufsausbildung durch einen Wehr- oder Zivildienst verlängert sich der Anspruch auch über den 27. Geburtstag hinaus, höchstens jedoch um einen der Dauer des gesetzlichen Grundwehr- oder Zivildienstes entsprechenden Zeitraum. 4. Aus welchem Grund ist in Baden-Württemberg seit dem Jahr 2010 die Hinterbliebenenversorgung von Halbwaisen und Waisen von Beamtinnen und Beamten schlechter als in fast allen anderen Bundesländern? Zu 4.: Die Kürzung der maximalen Bezugsdauer vom 27. auf das 25. Lebensjahr erfolgte im Rahmen der Dienstrechtsreform zum 1. Januar 2011 unter erstmaliger Anwendung der im Rahmen der Föderalismusreform 2006 auf die Länder übertragenen Gesetzgebungskompetenz für das Beamtenversorgungsrecht. Sie zeichnete die Änderungen im Kindergeldrecht nach dem Einkommensteuergesetz nach. Gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG wird ein Kind bei der Zahlung des Kindergeldes nur berücksichtigt, wenn es das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Der Bundesfinanzhof hat dazu entschieden, dass gegen die Absenkung der Altersgrenze auf das 25. Lebensjahr keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (Urteil vom 11. April 2013 III R 83/09). Im Übrigen wurde bei der Absenkung der Altersgrenze zudem berücksichtigt, dass sich die Ausbildungszeiten verkürzt haben. Ferner haben sich die durchschnittlichen Studienzeiten in den letzten Jahren reduziert. Die von der Mehrheit der anderen Länder und des Bundes abweichende Regelung ist daher nach Auffassung der Landesregierung vertretbar. Sitzmann Ministerin für Finanzen