Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 1780 15. 03. 2017 1Eingegangen: 15. 03. 2017 / Ausgegeben: 09. 05. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Inwieweit wurden im Innenministerium die Beschlüsse des Bundesverfassungs - gerichts vom 5. März 2013, 1 BvR 2457/08, und vom 12. November 2015, 1 BvR 2961/14, rechtlich beurteilt? 2. Wie ist der Wortlaut der etwaigen Beurteilungen? 3. Inwieweit wurden im Innenministerium das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs von Baden-Württemberg vom 20. Januar 2015, 2 S 1840/14, und das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 11. September 2014, Az. 2 K 2326/13, rechtlich beurteilt? 4. Wie ist der Wortlaut der etwaigen Beurteilungen? 5. Inwieweit werden derartige Beurteilungen an die nachgeordnete Verwaltung gegeben und zu den Akten genommen? 6. Inwieweit wurde so auch mit den Beurteilungen der vorgenannten Entscheidungen verfahren? 7. In welchem Umfang hat sie zu den vorgenannten Entscheidungen Rückmeldungen aus der Verwaltung erhalten? 8. In welchem Umfang hat sie zu den vorgenannten Entscheidungen Rückmeldungen von Bürgern erhalten? Kleine Anfrage des Abg. Dr. Ulrich Goll FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration Die rückwirkende Erhebung von Kommunalabgaben im Lichte von Judikative und Exekutive Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1780 2 9. Als wie relevant für Baden-Württemberg stellen sich der zugrundeliegende Sachverhalt und die diesbezüglichen Entscheidungen seit der Entscheidung von 2013 mittlerweile dar? 10. Inwieweit plant sie mittlerweile eine Änderung des Kommunalabgabengesetzes in dieser Sache? 15. 03. 2017 Dr. Goll FDP/DVP B e g r ü n d u n g Nach der vom Fragesteller im Jahr 2015 gestellten Kleinen Anfrage – Drucksache 15/6940 − zur rückwirkenden Erhebung von Kommunalabgaben, die auf Jahrzehnte zurückliegende Sachverhalte Bezug nimmt, ist es nun an der Zeit, dem Thema erneut Aufmerksamkeit zu widmen. A n t w o r t Mit Schreiben vom 10. April 2017 Nr. 2-2270/51 beantwortet das Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Inwieweit wurden im Innenministerium die Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013, 1 BvR 2457/08, und vom 12. November 2015, 1 BvR 2961/14, rechtlich beurteilt? 2. Wie ist der Wortlaut der etwaigen Beurteilungen? 3. Inwieweit wurden im Innenministerium das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs von Baden-Württemberg vom 20. Januar 2015, 2 S 1840/14, und das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 11. September 2014, Az. 2 K 2326/13, rechtlich beurteilt? 4. Wie ist der Wortlaut der etwaigen Beurteilungen? Zu 1. bis 4.: Die Beurteilung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013, Az. 1 BvR 2457/08, des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 27. Januar 2015, Az. 2 S 1840/14 und des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 11. September 2014, Az. 2 K 2326/13 kann den Ausfüh - rungen in der Antwort zu den Fragen 1 und 2 der Stellungnahme des Innenminis - teriums zu der Kleinen Anfrage des Abg. Dr. Ulrich Goll FDP/DVP vom 1. Juni 2015 zur „Position der Landesregierung zur rückwirkenden Erhebung von Kommunalabgaben , die auf Jahrzehnte zurückliegende Sachverhalte Bezug nimmt“ (Landtagsdrucksache 15/6940) entnommen werden. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013, Az. 1 BvR 2457/08 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 11. September 2014, Az. 2 K 2326/13 waren u. a. auch Gegenstand der Petition 15/3204, über die der Landtag in seiner Sitzung am 11. Dezember 2014 entschieden hat (vgl. Peti - tion Nr. 3 in der Landtagsdrucksache 15/6176). 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1780 Zum Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 12. November 2015, Az. 1 BvR 2961/14, dem Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg und Urteile des Verwaltungsgerichts Cottbus zugrunde lagen, ist keine rechtliche Bewertung der dort entscheidungserheblichen Rückwirkungsproblematik erfolgt. 5. Inwieweit werden derartige Beurteilungen an die nachgeordnete Verwaltung gegeben und zu den Akten genommen? 6. Inwieweit wurde so auch mit den Beurteilungen der vorgenannten Entscheidungen verfahren? Zu 5. und 6.: Grundsätzlich hat jede Behörde die Entwicklung der Rechtsprechung selbstständig und eigenverantwortlich im Rahmen der Aufgabenerfüllung, d. h. beim Gesetzesvollzug , zu beobachten, auszuwerten und zu beachten. Dies gilt für Gemeinden insbesondere im Rahmen des verfassungsrechtlich garantierten Rechts auf kommunale Selbstverwaltung, dem die Landesregierung einen hohen Stellenwert einräumt. Dieses gebietet Zurückhaltung bei allen staatlichen Maßnahmen. Vor diesem Hintergrund erstellt das Innenministerium im Bereich des Kommunalabgabenrechts in der Regel nur aus besonderem Anlass eine rechtliche Beurteilung bzw. gibt das Ergebnis einer rechtlichen Beurteilung an nachgeordnete Behörden weiter. Ob und in welcher Weise eine Weitergabe oder Information erfolgt , lässt sich nicht allgemein beantworten. Bezüglich der Information der nachgeordneten Behörden die vorgenannten Gerichtsentscheidungen betreffend wird auf die Ausführungen in der Antwort zu Frage 3 in der Stellungnahme des Innenministeriums zu der Kleinen Anfrage des Abg. Dr. Ulrich Goll FDP/DVP vom 1. Juni 2015 zur „Position der Landesregierung zur rückwirkenden Erhebung von Kommunalabgaben, die auf Jahrzehnte zurückliegende Sachverhalte Bezug nimmt“ (Landtagsdrucksache 15/6940) verwiesen . Die Registrierung und Aufbewahrung des Schriftguts erfolgt entsprechend der „Gemeinsamen Anordnung der Ministerien über die Verwaltung des Schriftguts der Behörden, Dienststellen und sonstigen Einrichtungen des Landes – AnO Schriftgut“. 7. In welchem Umfang hat sie zu den vorgenannten Entscheidungen Rückmeldungen aus der Verwaltung erhalten? 8. In welchem Umfang hat sie zu den vorgenannten Entscheidungen Rückmeldungen von Bürgern erhalten? Zu 7. und 8.: Das zuständige Innenministerium hat von nachgeordneten Behörden und Bürgern zu den genannten gerichtlichen Entscheidungen in den letzten Jahren insgesamt nur sehr vereinzelt Anfragen/Eingaben oder Rückmeldungen erhalten. Diese betrafen im Wesentlichen dieselben Sachverhalte. 9. Als wie relevant für Baden-Württemberg stellen sich der zugrundeliegende Sachverhalt und die diesbezüglichen Entscheidungen seit der Entscheidung von 2013 mittlerweile dar? Zu 9.: Wie bereits in der Stellungnahme des Innenministeriums zu der Kleinen Anfrage des Abg. Dr. Ulrich Goll FDP/DVP vom 1. Juni 2015 zur „Position der Landes - regierung zur rückwirkenden Erhebung von Kommunalabgaben, die auf Jahrzehnte zurückliegende Sachverhalte Bezug nimmt“ (Landtagsdrucksache 15/6940) in Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1780 4 der Antwort zu den Fragen 6 und 7 dargelegt, sind nach Kenntnis des Innenminis - teriums nur sehr wenige Gemeinden in Baden-Württemberg mit Abgabensachverhalten befasst, in denen die o. g. gerichtlichen Entscheidungen eine Rolle spielen könnten. Die Relevanz der Thematik ist für Baden-Württemberg daher unver - ändert. 10. Inwieweit plant sie mittlerweile eine Änderung des Kommunalabgabengesetzes in dieser Sache? Zu 10.: Ob und inwieweit eine Änderung des Kommunalabgabengesetzes in dieser Sache erforderlich ist, hängt auch vom Ausgang einer anhängigen Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht ab (siehe hierzu: Beschlussempfehlung und Bericht des Ständigen Ausschusses zu dem Schreiben des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Dezember 2015, Az. 1 BvR 176/15 – Landtagsdrucksache 15/8007). Im Übrigen verfolgt das Innenministerium die weitere Entwicklung der einschlägigen Rechtsprechung. Strobl Minister für Inneres, Digitalisierung und Migration