Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 1784 15. 03. 2017 1Eingegangen: 15. 03. 2017 / Ausgegeben: 09. 05. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Was sind die Voraussetzungen zur Deklaration von „Biohonig“? 2. Worin unterscheidet sich „Biohonig“ von anderem Honig? 3. Werden bei der Vermarktung von „Biohonig“ höhere Erträge erwirtschaftet? 4. Welcher Zusatzaufwand ist erforderlich, um „Biohonig“ zu erzeugen? 5. Trifft es zu, dass Bienen beim Sammeln der Tracht nicht zwischen konventionellem und alternativem Pflanzenanbau und Naturtracht unterscheiden können? 6. Welche Besonderheiten müssen bei der Erzeugung von „Biohonig“, insbesondere bei der Fütterung, aber auch bei der Bekämpfung der Varroa-Milbe be - rücksichtigt werden? 7. Hält sie es aufgrund der o. g. Fakten für erforderlich, den Begriff „Biohonig“ klar zu definieren? 13. 03. 2017 Dr. Bullinger FDP/DVP Kleine Anfrage des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Klärung des Begriffs „Biohonig“ im Sinne des Verbraucherschutzes Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1784 2 B e g r ü n d u n g Der Begriff „Bio“ wird gerne werbewirksam für allerlei Produkte eingesetzt. Im Sinne der Verbraucherklarheit gilt es, hierfür klare Definitionen und Qualitätsmerkmale festzulegen. Beim Produkt Honig scheint dies dringend angezeigt zu sein. A n t w o r t Mit Schreiben vom 7. April 2017 Nr. Z(210)-0141.5/128F beantwortet das Minis - terium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Was sind die Voraussetzungen zur Deklaration von „Biohonig“? Zu 1.: Die Voraussetzungen für die zulässige Kennzeichnung eines Honigs als „Bio - honig“ oder die Verwendung anderer Bezeichnungen mit Bezug auf die ökologische /biologische Produktion sind Folgende: a) Der Unternehmer ist gemäß Art. 28 Abs. 1 VO (EG) Nr. 834/2007 (EU-Öko- Verordnung) verpflichtet, die entsprechende Tätigkeit (hier insbesondere die imkerliche landwirtschaftliche Erzeugung und/oder ggf. die weiteren Verarbeitungs - oder Verpackungstätigkeit als „Aufbereiter“) bei der zuständigen Behörde zu melden und sein Unternehmen dem nationalen Kontrollsystem nach der EU-Öko-Verordnung zu unterstellen. Die Kontrollen in den Unternehmen werden in Deutschland von 18 privaten Kontrollstellen durchgeführt, die von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) zugelassen und von den zuständigen Behörden der Länder überwacht werden. Dies ist für Baden-Württemberg das Regierungspräsidium Karlsruhe. b) Die Kontrollstelle, mit der der Unternehmer einen entsprechenden Kontrollvertrag abgeschlossen hat, muss dem Unternehmer bescheinigt haben, dass er die Anforderungen der EU-Öko-Verordnung erfüllt. Mit entsprechender Bio-Kennzeichnung muss der Honig die Vorgaben der EU- Öko-Verordnung einhalten. Wenn er dies nicht tut, ist die Bio-Auslobung neben dem Verstoß gegen die EU-Öko-Verordnung lebensmittelrechtlich auch als Verbrauchertäuschung und Verstoß gegen Art. 7 der Verordnung (EU) 1169/2011 (Lebensmittelinformationsverordnung – LMIV) zu beurteilen. Außerdem muss Biohonig die allgemeinen lebensmittelrechtlichen Kennzeichnungsvorgaben nach der LMIV erfüllen. 2. Worin unterscheidet sich „Biohonig“ von anderem Honig? Zu 2.: Bei der Erzeugung von Biohonig sind insbesondere folgende Anforderungen (Produktionsregeln) der EU-Öko-Verordnung (bzw. ihrer Durchführungsverordnung VO [EG] Nr. 889/2008) zu erfüllen: 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1784 a) Unterbringung: Die Beuten müssen aus natürlichen Materialien bestehen (d. h. z. B. Farbanstriche sind unzulässig). Bienenwachs für neue Mittelwände muss aus ökologischer Produktion stammen. (Art. 13 VO [EG] Nr. 889/2008) b) Keine Parallelproduktion: Im selben Betrieb ist die Haltung von Bienen in nichtökologischer Bewirtschaftung neben Bienen in ökologischer Bewirtschaftung nicht zulässig. (Art. 17 VO [EG] Nr. 889/2008) c) Umgang mit Bienen: Verstümmelungen wie das Beschneiden der Flügel von Bienenköniginnen sind verboten. (Art. 18 [3] VO [EG] Nr. 889/2008) d) Fütterung: Am Ende der Produktionssaison muss für die Überwinterung genügend Honig und Pollen in den Bienenstöcken verbleiben. Das Füttern von Bienenvölkern ist nur zulässig, wenn das Überleben des Volks klimabedingt gefährdet ist. In diesem Fall sind nur ökologische Zuckersirupe und ökologischer Zucker zulässig. (Art. 19 [3] VO [EG] Nr. 889/2008) e) Krankheitsvorsorge: Bei Befall mit Varroa destructor dürfen nur Ameisen - säure, Milchsäure, Essigsäure und Oxalsäure sowie Menthol, Thymol, Eukalyptol oder Kampfer zulässig verwendet werden. Bei Verwendung chemischsynthetischer allopathischer Mittel ist das Wachs durch Wachs aus ökologischer Bienenhaltung zu ersetzen und die Bienenvölker sind anschließend erneut umzustellen. Erst nach einem Jahr Umstellungszeit können die Erzeug - nisse wieder mit Bezug auf die Öko-Produktion vermarktet werden. (Art. 25 VO [EG] Nr. 889/2008) Im Rahmen des Ökomonitorings hat die amtliche Lebensmittelüberwachung des Landes im Laufe der vergangenen 15 Jahre regelmäßig auch Biohonige mit unterschiedlichen Untersuchungszielen überprüft. Die Berichte sind auf der Internetseite der Untersuchungsämter veröffentlicht, u. a. folgende Artikel: • Bericht über das Ökomonitoring-Programm Baden-Württemberg 2014 1 Gentechnisch veränderte (GV-)Pflanzen 1.3 Honig • Bericht über das Ökomonitoring-Programm Baden-Württemberg 2013 4 Organische Kontaminanten und Pestizide in Lebensmitteln tierischer Herkunft 4.3 Honig • Bericht über das Ökomonitoring-Programm Baden-Württemberg 2012 9 Varroatose-Bekämpfungsmittel in Honig • 10 Jahre Ökomonitoring 2002 bis 2011 Jubiläumssonderausgabe 6 Antibiotika in Bio-Honig noch ein Thema? Semicarbazid in Bio-Honig – Unerlaubte Anwendung eines Tierarzneimittels? Was macht Honig zu Bio-Honig? 3. Werden bei der Vermarktung von „Biohonig“ höhere Erträge erwirtschaftet? Zu 3.: Die Marktpreise für Biohonig liegen meist über denen von Honigen aus konventioneller Imkerei. Genauere Zahlen liegen dem MLR nicht vor. 4. Welcher Zusatzaufwand ist erforderlich, um „Biohonig“ zu erzeugen? Zu 4.: Hinsichtlich der Produktion wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Außerdem entsteht aufgrund der Kontrollvorschriften der EU-Öko-Verordnung Zusatzaufwand bei der Dokumentation (Karte mit Eintragung aller Standorte der Bienenstöcke, Führung eines Registers aller Bienenstöcke mit Angaben zu ihrer Identifizierung, Dokumentation der Entnahme von Waben, Fütterungsdokumen - tation) und es entstehen jährliche Kontrollkosten aus dem Vertrag mit der Kontrollstelle . Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1784 4 5. Trifft es zu, dass Bienen beim Sammeln der Tracht nicht zwischen konventionellem und alternativem Pflanzenanbau und Naturtracht unterscheiden können ? Zu 5.: Ja, dies trifft zu. 6. Welche Besonderheiten müssen bei der Erzeugung von „Biohonig“, insbesondere bei der Fütterung, aber auch bei der Bekämpfung der Varroa-Milbe be - rücksichtigt werden? Zu 6.: Siehe Antwort zu Frage 2, Buchst. d) und e). Im Varroose-Bekämpfungskonzept Baden-Württemberg werden als Maßnahmen gegen die Varroose der Bienen die Drohnenbrutentnahme sowie die Behand - lung mit organischen Säuren (Ameisensäure, Oxalsäure) und Thymolpräparaten (ApiLife Var) empfohlen. Damit ist dieses Bekämpfungskonzept von konventionell wirtschaftenden Imkern ebenso anwendbar wie in der ökologischen Bienenhaltung . 7. Hält sie es aufgrund der o. g. Fakten für erforderlich, den Begriff „Biohonig“ klar zu definieren? Zu 7.: Die Zulässigkeit der Verwendung von Bezeichnungen mit Bezug auf die ökologische /biologische Produktion von Honig in der Kennzeichnung und Werbung ist seit 1999 durch die VO (EG) Nr. 834/2007 bzw. deren Vorgängerverordnung (EWG) Nr. 2092/91 EU-weit geregelt. Lebensmittelrechtlich ist die Definition ausreichend. Hauk Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz