Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 179 22. 06. 2016 1Eingegangen: 22. 06. 2016 / Ausgegeben: 27. 07. 2016 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie umfänglich schätzt sie die Einnahmen aus der Erbschaftssteuer für das Jahr 2017? 2. Wie viel Personal muss in der Finanzverwaltung dafür eingesetzt werden? 3. Wie hoch sind die Ausgaben für den Mitteleinsatz der Steuererhebung und -eintreibung im Vergleich zu den Einnahmen? 4. Wie viele Ausbildungs- und Arbeitsplätze in der freien Wirtschaft sieht sie durch die Reform der Erbschaftssteuer in Gefahr? 5. Wie stuft sie die fiskalwirtschaftliche Bedeutung des Erbschaftsteueraufkommens generell ein? 6. Mit welchen Auswirkungen rechnet sie für Privatpersonen? 22. 06. 2016 Berg AfD Kleine Anfrage des Abg. Lars Patrick Berg AfD und Antwort des Ministeriums für Finanzen Erbschaftssteuer – Auswirkung auf Baden-Württemberg Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 179 2 B e g r ü n d u n g Im Jahr 2014 hat das Bundesverfassungsgericht die geltende Erbschaftssteuer in Teilen gekippt. Bundeswirtschaftsminister Gabriel soll Medienberichten zufolge durch die Neuregelung mit Mehreinnahmen von 235 Millionen Euro rechnen. Es wäre wichtig zu wissen, welchen Anteil das Land an diesen Einnahmen hat und inwiefern Arbeitsplätze und der Wirtschaftsstandort – gerade mit Blick auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU) – gefährdet sind. Diese Kleine Anfrage soll die Auswirkungen der Erbschaftssteuerreform beleuchten. A n t w o r t Mit Schreiben vom 15. Juli 2016 Nr. 3-S370.0/24 beantwortet das Ministerium für Finanzen die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Wie umfänglich schätzt sie die Einnahmen aus der Erbschaftsteuer für das Jahr 2017? 5. Wie stuft sie die fiskalwirtschaftliche Bedeutung des Erbschaftsteueraufkommens generell ein? Die Fragen 1 und 5 werden gemeinsam beantwortet: Aufgrund der Steuerschätzung vom Mai 2016 für 2017 ist bei geltendem Recht von einem bundesweiten Aufkommen von rund 5,4 Milliarden Euro auszugehen. Der Anteil des Landes Baden-Württemberg beträgt rund 811 Millionen Euro (circa 15 %). Der ursprüngliche Gesetzentwurf zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Bundestags -Drucksache 18/5923, S. 2) sah folgende Steuermehreinnahmen vor: In der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Finanzausschusses des Bundestages vom 22. Juni 2016 zum Gesetzentwurf wird ausgeführt, die vom federführenden Finanzausschuss beschlossenen Änderungen des Gesetzentwurfs führten zu einer Vielzahl komplexer Änderungen bei den Haushaltswirkungen, die im dargestellten Planungszeitraum zu einer Reduzierung der vollen Jahreswirkung in Höhe eines sehr niedrigen dreistelligen Millionenbetrages führen würden (Bundestags -Drucksache 18/8911, S. 2). Der Anteil der Erbschaft- und Schenkungsteuer an den Steuereinnahmen des Landes Baden-Württemberg beträgt rund 2 Prozent. Gebietskörperschaft Volle Jahreswirkung Kassenjahr 2016 2017 2018 2019 2020 Insgesamt 200 10 85 145 175 200 Bund – – – – – – Länder 200 10 85 145 175 200 Gemeinden – – – – – – 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 179 2. Wie viel Personal muss in der Finanzverwaltung dafür eingesetzt werden? Zum 1. Januar 2016 beträgt das Personal der Erbschaftsteuerstellen 155,2 MAK (Mitarbeiterkapazität). Welche Auswirkungen eine Neuregelung der Erbschaft - steuer auf den Personaleinsatz hat, kann gegenwärtig nicht beziffert werden. 3. Wie hoch sind die Ausgaben für den Mitteleinsatz der Steuererhebung und -eintreibung im Vergleich zu den Einnahmen? Das Aufkommen aus der Erbschaft- und Schenkungsteuer des Landes Baden- Württemberg belief sich im Jahr 2015 auf rund 1,026 Milliarden Euro und im Jahr 2014 auf circa 848 Millionen Euro. Dem gegenüber stehen (standardisiert ermittelte) Personal- und Sachkosten für die Festsetzung der Erbschaft- und Schenkungsteuer in Höhe von circa 25,1 Millionen Euro im Jahr 2015 und rund 21,8 Millionen Euro im Jahr 2014. Dies entspricht einem Anteil von lediglich circa 2,45 Prozent des Erbschaft- und Schenkungsteueraufkommens im Jahr 2015 und circa 2,57 Prozent im Jahr 2014. Eine Aussage zur Kostenentwicklung der Jahre 2016 und 2017 ist derzeit nicht möglich . Zum Mitteleinsatz für die Beitreibung der Erbschaft- und Schenkungsteuer liegen weder Daten vor, noch können diese genau ermittelt werden, da die Erbschaftund Schenkungsteuerfälle in der allgemeinen Vollstreckung aufgehen. Es lässt sich jedoch sagen, dass der Anteil an den gesamten Vollstreckungsfällen sehr gering ist. 4. Wie viele Ausbildungs- und Arbeitsplätze in der freien Wirtschaft sieht sie durch die Reform der Erbschaftsteuer in Gefahr? Ziel der Reform ist es, die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen. Die Einschätzung einer potenziellen Gefährdung durch die Reform ist aus meh - reren Gründen nicht möglich. Das Gesetzgebungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen und die künftige Ausgestaltung des Erbschaftsteuergesetzes damit nicht bekannt. Darüber hinaus kann mangels Kenntnis künftiger steuerpflichtiger Betriebsvermögensübertragungen eine konkrete Quantifizierung nicht vorgenommen werden. 6. Mit welchen Auswirkungen rechnet sie für Privatpersonen? Das Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts trifft Regelungen zur Verschonung des begünstigten Betriebsvermögens und hat somit keine Auswirkungen auf die Besteuerung des Privatvermögens von Privatpersonen. Allerdings kann die im Gesetz vorgesehene Einführung der sogenannten Verschonungsbedarfsprüfung für den Erwerb großer Betriebsvermögen das Privatvermögen einer Privatperson berühren. Die Verschonung von der Erbschaft- und Schenkungsteuer, die bisher unabhängig von der Größe des Unternehmens gewährt wurde, ist nach dem oben genannten Urteil des Bundesverfassungsgerichts unverhältnismäßig, sofern sie bei großen Unternehmen ohne eine Bedürfnisprüfung gewährt wird. Das Gesetz sieht deshalb eine erwerbsbezogene Prüfschwelle von 26 Millionen Euro vor, bei deren Überschreiten ein Erlass der Steuer unter Berücksichtigung von 50 Prozent des übergegangenen und des vorhandenen nicht begünstigten Vermögens – also auch des vorhandenen Privatvermögens – möglich ist. In diesem Fall hätte die Neuregelung der Erbschaftsteuer Auswirkungen auf das Privatvermögen einer Privatperson. Erben großer Unternehmen können nach dem Gesetz jedoch als Alternative zur Bedürfnisprüfung ein Abschmelzmodell wählen. Das Privatvermögen muss dann nicht im Rahmen einer Verschonungsbedarfsprüfung einbezogen werden. Sitzmann Ministerin für Finanzen