Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 1819 20. 03. 2017 1Eingegangen: 20. 03. 2017 / Ausgegeben: 18. 05. 2017 K l e i n e A n f r a g e Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie viele britische Staatsbürger stehen derzeit in Baden-Württemberg im Beamtenverhältnis ? 2. In welchen Ressorts, Bereichen und Aufgabengebieten werden diese Beamten derzeit eingesetzt? 3. Trifft es aus ihrer Sicht zu, dass diese Personen im Zusammenhang mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union möglicherweise entlassen werden müssen? 4. Sieht sie eine Möglichkeit dazu, die bestehenden Beamten britischer Staatsbürgerschaft in Baden-Württemberg unabhängig vom Verlauf der „Brexit“-Verhandlungen weiterhin als Beamte zu beschäftigen? 5. Falls eine solche Möglichkeit besteht, plant sie, einen Bestandsschutz für bestehende Beamtenverhältnisse britischer Staatsbürger auszusprechen? 6. Welche weiteren Möglichkeiten sieht sie, um bewährte Beamte britischer Staats - bürgerschaft unabhängig vom Ausgang der „Brexit“-Verhandlungen weiter in ihren Diensten zu halten? Kleine Anfrage der Abg. Dr. Rainer Balzer, Lars Patrick Berg und Dr. Bernd Grimmer AfD und Antwort des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration Britische Beamte des Landes Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1819 2 7. Ist sie gewillt, allen bisherigen Beamten britischer Staatsbürgerschaft eine solche Möglichkeit der Weiterbeschäftigung anzubieten, falls der Verlauf der „Brexit“-Verhandlungen die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis aufgrund ihrer Staatsbürgerschaft notwendig machen sollte? 20. 03. 2017 Dr. Balzer, Berg, Dr. Grimmer AfD B e g r ü n d u n g In der vom Ministerium für Justiz und Europa herausgegebenen „Brexit“-Folgen - abschätzung (Drucksache 16/1639) steht auf Seite 25: „Für britische Staatsbür - gerinnen und Staatsbürger, die bereits im Beamtenverhältnis stehen, wäre der EU- Austritt des Vereinigten Königreichs für ihre weitere Berufsausübung einschneidend . Sie wären aus dem Beamtenverhältnis entlassen, wenn das Vereinigte König - reich nicht mehr zum Kreis der Staaten nach § 7 Absatz 1 Nr. 1 BeamtStG ge - hören würde. Die Entlassung bedürfte keines Verwaltungsakts, sondern träte unmittelbar kraft Gesetzes ein (§ 22 Absatz 1 Nr. 1 BeamtStG).“ A n t w o r t Mit Schreiben vom 13. April 2017 Nr. 1-0311.5/176 beantwortet das Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration im Einvernehmen mit dem Ministe - rium für Finanzen und dem Ministerium der Justiz und für Europa die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele britische Staatsbürger stehen derzeit in Baden-Württemberg im Beamtenverhältnis ? 2. In welchen Ressorts, Bereichen und Aufgabengebieten werden diese Beamten derzeit eingesetzt? Zu 1. und 2.: In Baden-Württemberg befinden sich derzeit insgesamt 54 Personen mit britischer Staatsangehörigkeit im Beamtenverhältnis mit dem Land Baden-Württemberg. Davon sind 53 Personen im aktiven Dienst und eine Person im Ruhestand. Die Beamtinnen und Beamten im aktiven Beamtenverhältnis verteilen sich wie folgt auf die einzelnen Ressorts und Einrichtungen des Landes: 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1819 Eine tiefergehende Differenzierung nach Aufgabenbereichen ist nicht möglich, da in den Datenbeständen des Landesamtes für Besoldung und Versorgung Baden- Württemberg derartige Informationen nicht hinterlegt sind. In Bezug auf die im Ruhestand befindliche Person mit britischer Staatsangehörigkeit ist eine Zuordnung nach Ressort und Bereich bzw. Aufgabengebiet ebenfalls nicht möglich, da mit Eintritt in den Ruhestand eine Zuordnung zu einem Ressort in den Datenbeständen nicht mehr vorhanden ist. Über weitere Beamtinnen und Beamte mit britischer Staatsbürgerschaft bei anderen Dienstherren in Baden-Württemberg liegen keine Erkenntnisse vor. 3. Trifft es aus ihrer Sicht zu, dass diese Personen im Zusammenhang mit dem Austritt des Vereinigten Königreiches aus der Europäischen Union möglicherweise entlassen werden müssen? Zu 3.: Grundsätzlich kann Beamtin oder Beamter nur sein, wer Deutsche oder Deutscher im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes ist oder die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder eines Drittstaates , dem Deutschland und die Europäische Union vertraglich einen entsprechenden Anspruch auf Anerkennung von Berufsqualifikationen eingeräumt haben, besitzt (§ 7 Absatz 1 Nummer 1 des Beamtenstatusgesetzes – BeamtStG). Britische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die derzeit in Baden-Württemberg im Beamtenverhältnis stehen, wären mit dem Austritt des Vereinigten König - reichs aus der Europäischen Union aus dem Beamtenverhältnis entlassen, wenn das Vereinigte Königreich nicht mehr zum Kreis der Staaten nach § 7 Absatz 1 Nummer 1 BeamtStG gehören würde. Die Entlassung bedürfte keines Verwaltungsakts , sondern träte unmittelbar kraft Gesetzes ein (§ 22 Absatz 1 Nummer 1 BeamtStG). 5HVVRUW (LQULFKWXQJ $Q]DKO 0LQLVWHULXP IU .XOWXV -XJHQG XQG 6SRUW 0LQLVWHULXP IU :LUWVFKDIW $UEHLW XQG :RKQXQJVEDX 0LQLVWHULXP IU :LVVHQVFKDIW )RUVFKXQJ XQG .XQVW 8QLYHUVLWlW )UHLEXUJ 8QLYHUVLWlW +HLGHOEHUJ 8QLYHUVLWlWVNOLQLNXP +HLGHOEHUJ 8QLYHUVLWlW .DUOVUXKH 8QLYHUVLWlW .RQVWDQ] 8QLYHUVLWlW 0DQQKHLP 8QLYHUVLWlW 6WXWWJDUW 8QLYHUVLWlW 7ELQJHQ Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1819 4 4. Sieht sie eine Möglichkeit dazu, die bestehenden Beamten britischer Staatsbürgerschaft in Baden-Württemberg unabhängig vom Verlauf der „Brexit“-Verhandlungen weiterhin als Beamte zu beschäftigen? 5. Falls eine solche Möglichkeit besteht, plant sie, einen Bestandsschutz für bestehende Beamtenverhältnisse britischer Staatsbürger auszusprechen? 6. Welche weiteren Möglichkeiten sieht sie, um bewährte Beamte britischer Staats - bürgerschaft unabhängig vom Ausgang der „Brexit“-Verhandlungen weiter in ihren Diensten zu halten? 7. Ist sie gewillt, allen bisherigen Beamten britischer Staatsbürgerschaft eine solche Möglichkeit der Weiterbeschäftigung anzubieten, falls der Verlauf der „Brexit“-Verhandlungen die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis aufgrund ihrer Staatsbürgerschaft notwendig machen sollte? Zu 4. bis 7.: Die Frage des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union ist entscheidend für die Frage, ob Beamtinnen und Beamte mit britischer Staatsangehörigkeit aus dem Beamtenverhältnis kraft Gesetzes entlassen sind (§ 22 Absatz 1 Nummer 1 BeamtStG). Es bleibt abzuwarten, ob der Bund, dem nach Artikel 74 Absatz 1 Nummer 27 Grundgesetz die Gesetzgebungskompetenz für die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts zukommt, die gesetzlichen Voraussetzungen dafür schafft, dass Beamtinnen und Beamte mit britischer Staatsangehörigkeit im Beamtenverhältnis verbleiben können. Falls das Vereinigte Königreich aus der Europäischen Union und dem Europäischen Wirtschaftsraum ausscheidet, ohne eine besondere Vereinbarung über die Anerkennung von Berufsqualifikationen einzugehen, wäre für britische Staatsbürger , die in das Beamtenverhältnis berufen werden sollen, die Ernennung nur über eine Ausnahme nach § 7 Absatz 3 BeamtStG (dringendes dienstliches Interesse; wichtige Gründe bei der Berufung von Hochschullehrern und anderem wissenschaftlichem oder künstlerischem Personal) möglich. Ansonsten bliebe britischen Staatsbürgern der Zugang zum Beamtenverhältnis bei baden-württembergischen Dienstherren verwehrt. Gegebenenfalls müsste auf die Begründung eines öffentlich -rechtlichen Dienstverhältnisses ausgewichen werden. Eine trotz fehlendem Staatsangehörigkeitserfordernis gleichwohl erfolgte Ernennung wäre nichtig, wenn nicht nachträglich eine Ausnahme nach § 7 Absatz 3 BeamtStG zugelassen würde. Das Innenministerium hat an diesem Szenario sowohl im Sinne der betroffenen Bediensteten als auch mit Blick auf die Gewährleistung eines funktionierenden Verwaltungsbetriebs naturgemäß kein Interesse. Insofern befürwortet das Innenministerium eine Regelung dieser Frage im Rahmen des „Brexit“-Prozesses. Für den Fall des Scheiterns der Verhandlungen in diesem Punkt wäre eine entsprechende Anpassung des Beamtenstatusgesetzes oder ein Ausweichen auf öffentlich -rechtliche Dienstverhältnisse in Erwägung zu ziehen. Strobl Minister für Inneres, Digitalisierung und Migration