Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 1852 27. 03. 2017 1Eingegangen: 27. 03. 2017 / Ausgegeben: 29. 05. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie groß ist innerhalb der baden-württembergischen Beamtenschaft der Anteil schwerbehinderter Beamtinnen und Beamter? 2. In welchen Bereichen des öffentlichen Dienstes sind diese beschäftigt? 3. Welche Maßnahmen ergreift sie, um die Einstellung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen im öffentlichen Dienst zu fördern und ihren Anteil zu erhöhen? 4. Welche Bundesländer haben nach ihrer Kenntnis in ihren jeweiligen Arbeitszeitverordnungen eine Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit im Fall einer Schwerbehinderung vorgesehen und wie sieht diese konkret aus? 5. Besteht in diesen Bundesländern nach ihrer Kenntnis neben der Arbeitszeitverkürzung auch ein Anspruch auf Zusatzurlaub? 6. Welche Möglichkeiten der Arbeitszeitverkürzung stehen schwerbehinderten Bundesbeamtinnen und -beamten nach ihrer Kenntnis zur Verfügung? 7. Aus welchen Gründen besteht in Baden-Württemberg für schwerbehinderte Lehrkräfte die Option der Deputatskürzung, für andere Beamtengruppen jedoch keine Möglichkeit der Arbeitszeitverkürzung? Kleine Anfrage der Abg. Gabi Rolland SPD und Antwort des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration Situation schwerbehinderter Beamtinnen und Beamter in Baden-Württemberg Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1852 2 8. Plant sie eine Änderung dahingehend, dass auch für Schwerbehinderte anderer Beamtengruppen eine Möglichkeit der Arbeitszeitverkürzung geschaffen wird? 27. 03. 2017 Rolland SPD B e g r ü n d u n g Schwerbehinderte Beamtinnen und Beamte haben in Baden-Württemberg im Vergleich zu anderen Bundesländern bisher keine Möglichkeit, ihre wöchentliche Arbeitszeit zu reduzieren. Die Belastung einer Schwerbehinderung mit den häufig notwendigen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des Gesundheitszustands erfordert von den Betroffenen in der Regel viel zeitliches Engagement. Die Kleine Anfrage hat zum Ziel, die Situation schwerbehinderter Beamtinnen und Beamter im Land vor allem mit dem Fokus auf die wöchentliche Arbeitszeit näher zu beleuchten . A n t w o r t Mit Schreiben vom 24. April 2017 Nr. 1-0304.1/183 beantwortet das Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration im Einvernehmen mit dem Ministerium für Soziales und Integration und dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie groß ist innerhalb der baden-württembergischen Beamtenschaft der Anteil schwerbehinderter Beamtinnen und Beamter? 2. In welchen Bereichen des öffentlichen Dienstes sind diese beschäftigt? Zu 1. und 2.: Die Landesregierung berichtet dem Landtag jährlich über die Beschäftigungs - quote von schwerbehinderten Menschen in der Landesverwaltung getrennt nach Ressorts. Die Beschäftigungsquote schwerbehinderter Menschen in der Landesverwaltung lag im Jahr 2015 bei 5,02 % (vgl. Drucksache 16/1261). Bei der Ermittlung der Beschäftigungsquote wird nicht zwischen schwerbehinderten Tarifbeschäftigten und schwerbehinderten Beamtinnen und Beamten unterschieden, weshalb der genaue Anteil der schwerbehinderten Beamtinnen und Beamten an der Beamtenschaft des Landes nicht bekannt ist. Auch für den kommunalen Bereich ist der Anteil der schwerbehinderten Beamtinnen und Beamten an der Beamtenschaft nicht bekannt. Eine gesonderte Ermittlung des Anteils der schwerbehinderten Beamtinnen und Beamten an der Beamtenschaft des Landes, der Gemeinden, der Landkreise sowie der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts wäre mit erheblichem Aufwand und Zeitbedarf verbunden. Von einer entsprechenden Erhebung wurde deshalb abgesehen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass schwerbehinderte Beamtinnen und Beamte in allen Bereichen des öffentlichen Dienstes beschäftigt werden. Allerdings müssen in bestimmten Laufbahnen, wie z. B. in Vollzugs- und Einsatzdiensten, an die Tauglichkeit der Beamtinnen und Beamten besondere Anforderungen gestellt werden, sodass sich hierdurch gewisse Einschränkungen bei der Verwendung von behinderten Menschen ergeben können. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1852 3. Welche Maßnahmen ergreift sie, um die Einstellung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen im öffentlichen Dienst zu fördern und ihren Anteil zu erhöhen? Zu 3.: Im Landesaktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ist die Selbstverpflichtung der Landesregierung, statt der gesetzlich geforderten Beschäftigungsquote von fünf Prozent eine Beschäftigungsquote von sechs Prozent zu erreichen, als ein mittel- bis langfristig zu erreichendes Ziel verankert. Mit verschiedenen Maßnahmen soll die Einstellung und Beschäftigung schwer - behinderter Menschen im Landesdienst – auch und gerade in einem Beamtenverhältnis – gefördert werden. Dazu gehört, dass schwerbehinderte Bewerberinnen und Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden, sofern die fachliche Eignung nicht offensichtlich fehlt. Von schwerbehinderten Menschen darf nur das Mindestmaß gesundheitlicher Eignung für die betreffende Stelle verlangt werden. Bei insgesamt annähernd gleicher Eignung soll schwerbehinderten Bewerberinnen und Bewerbern der Vorzug vor nicht schwerbehinderten Bewerberinnen und Bewerber gegeben werden, auch wenn einzelne Eignungsmerkmale behinderungsbedingt schwächer ausgeprägt sind. In Stellenausschreibungen ist darauf hinzuweisen, dass schwerbehinderte Menschen bei entsprechender Eignung bevorzugt eingestellt werden. Die Förderung der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen in der Landesverwaltung geschieht nicht zuletzt auch durch Erleichterungen bei der Arbeitszeit, die insbesondere in der Gemeinsamen Verwaltungsvorschrift aller Ministerien und des Rechnungshofs über die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen in der Landesverwaltung geregelt sind. Schwerbehinderten Beschäftigten können unter Berücksichtigung ihrer besonderen Situation und etwaiger Leistungseinschränkungen abweichende Regelungen für die Arbeitszeit und Arbeitspausen gewährt werden. Dies gilt insbesondere bei Dialysebehandlungen, Diabetes-Einstellungen , Kontrolluntersuchungen nach lebensbedrohlichen Erkrankungen oder Therapien bei schwerwiegenden psychischen Erkrankungen. Auf Verlangen sind schwerbehinderte Beschäftigte von Mehrarbeit freizustellen. 4. Welche Bundesländer haben nach ihrer Kenntnis in ihren jeweiligen Arbeitszeitverordnungen eine Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit im Fall einer Schwerbehinderung vorgesehen und wie sieht diese konkret aus? Zu 4.: Die Länder Hessen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein sehen eine Reduzierung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit für schwerbehinderte Beamtinnen und schwerbehinderte Beamte im Sinne des § 2 Absatz 2 des Neunten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IX) vor. In Hessen ist die regelmäßige Arbeitszeit der schwerbehinderten Beamtinnen und Beamten auf durchschnittlich 40 Stunden pro Woche reduziert, abweichend von 42 Stunden bis zu Vollendung des fünfzigsten Lebensjahres oder 41 Stunden bis zur Vollendung des sechzigsten Lebensjahres. In Nordrhein-Westfalen beträgt die regelmäßige Arbeitszeit der schwerbehinderten Beamtinnen und Beamten durchschnittlich 39 Stunden und 50 Minuten ab einem Grad der Behinderung von mindestens 50 und 39 Stunden ab einem Grad der Behinderung von mindestens 80. Dies bedeutet eine Reduzierung gegenüber der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 41 Stunden bis zur Vollendung des fünfundfünfzigsten Lebensjahres bzw. 40 Stunden bis zur Vollendung des sechzigsten Lebensjahres. In Schleswig-Holstein ist die durchschnittliche Wochenarbeitszeit der schwerbehinderten Beamtinnen und Beamten von 41 auf 40 Stunden reduziert. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1852 4 5. Besteht in diesen Bundesländern nach ihrer Kenntnis neben der Arbeitszeitverkürzung auch ein Anspruch auf Zusatzurlaub? Zu 5.: Ja. Der Anspruch auf einen bezahlten zusätzlichen Urlaub von fünf Arbeitstagen im Urlaubsjahr ist bundeseinheitlich durch § 125 Absatz 1 Satz 1 SGB IX sichergestellt . 6. Welche Möglichkeiten der Arbeitszeitverkürzung stehen schwerbehinderten Bundesbeamtinnen und -beamten nach ihrer Kenntnis zur Verfügung? Zu 6.: Schwerbehinderte Beamtinnen und Beamte des Bundes können eine Verkürzung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 41 auf 40 Stunden beantragen. 7. Aus welchen Gründen besteht in Baden-Württemberg für schwerbehinderte Lehrkräfte die Option der Deputatskürzung, für andere Beamtengruppen jedoch keine Möglichkeit der Arbeitszeitverkürzung? Zu 7.: Gemäß § 125 Absatz 1 Satz 1 SGB IX haben schwerbehinderte Menschen Anspruch auf einen bezahlten zusätzlichen Urlaub. Im Schulbereich wird dies dadurch umgesetzt, dass eine Schwerbehindertenermäßigung bei der Unterrichtsverpflichtung gewährt wird. Aus der Fürsorgepflicht wird schwerbehinderten Lehrkräften auf Antrag eine Deputatsermäßigung gemäß § 5 Lehrkräfte-ArbeitszeitVO gewährt. Diese Deputatsermäßigung führt nicht zu einer Kürzung des Gehalts. Andere Beamtengruppen als im schulischen Bereich tätige Lehrkräfte können bei Vorliegen einer Schwerbehinderung den Zusatzurlaub nach § 125 SGB IX beanspruchen . Daher stellt sich die Situation bei diesen Beamtengruppen anders dar als bei den schwerbehinderten Lehrkräften. 8. Plant sie eine Änderung dahingehend, dass auch für Schwerbehinderte anderer Beamtengruppen eine Möglichkeit der Arbeitszeitverkürzung geschaffen wird? Zu 8.: Eine solche Änderung ist gegenwärtig nicht geplant. In Vertretung Jäger Staatssekretär