Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 1871 31. 03. 2017 1Eingegangen: 31. 03. 2017 / Ausgegeben: 31. 05. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wann, durch wen und in welcher Form ging die Bitte um Überprüfung der sogenannten mittelbaren Belegung im Wohnungsbau an die EU-Kommission? 2. Wie und durch wen wurde vonseiten der EU-Kommission zugesichert, die Überprüfung der sogenannten mittelbaren Belegung im Wohnungsbau nehme nur wenige Wochen in Anspruch? 3. In welcher Form und durch wen wurde ihr die Entscheidung der EU-Kommission übermittelt, die sogenannte mittelbare Belegung im Wohnungsbau sei nicht zu beanstanden? 4. Gab es vonseiten der EU-Kommission ergänzende Hinweise zum Instrument der sogenannten mittelbaren Belegung im Wohnungsbau und wenn ja, welche? 31. 03. 2017 Born SPD Kleine Anfrage des Abg. Daniel Born SPD und Antwort des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Mittelbare Belegung Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1871 2 B e g r ü n d u n g Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau hat am 24. März 2017 per Pressemitteilung erklärt, bei der Inanspruchnahme der sogenannten mittel - baren Belegung im Wohnungsbau bestehe nun Rechtssicherheit und die EU- Kommission habe diesbezüglich keine Bedenken. Die SPD-Landtagsfraktion ist der Meinung, dass diese erneute Überprüfung des überaus wichtigen Instruments der mittelbaren Belegung überflüssig war und teilt diese Auffassung nicht zuletzt mit vielen Beteiligten der Wohnraumallianz. Die vorliegende Kleine Anfrage soll Klarheit bezüglich der Abläufe bringen. A n t w o r t Mit Schreiben vom 25. April 2017 Nr. 27-2733.1/188/1 beantwortet das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau die Kleine Anfrage wie folgt. 1. Wann, durch wen und in welcher Form ging die Bitte um Überprüfung der sogenannten mittelbaren Belegung im Wohnungsbau an die EU-Kommission? Zu 1.: Das zuständige Fachreferat des Wirtschaftsministeriums übermittelte mit elektronischer Nachricht vom 14. November 2016 in Abstimmung mit der Hausleitung dem Referat für Beihilfekontrolle der Generaldirektion Wettbewerb der Europäischen Kommission die Bitte um grundsätzliche Einschätzung der Anwendbarkeit des Instruments einer mittelbaren Belegung, insbesondere durch einen bereits anfänglichen Bindungstransfer im Rahmen der sozialen Mietwohnraumförderung im Hinblick auf die europäischen Beihilfebestimmungen. In dieser Nachricht wurde ausdrücklich um eine Klärung der Fragestellungen außerhalb eines Verfahrens der Kommission und damit ausschließlich um eine informelle Bewertung der Arbeitsebene der Kommissionsdienststellen gebeten. Eine offizielle Befassung der EU-Kommission als solcher erfolgte somit wie schon mehrfach dargestellt ausdrücklich nicht. 2. Wie und durch wen wurde vonseiten der EU-Kommission zugesichert, die Überprüfung der sogenannten mittelbaren Belegung im Wohnungsbau nehme nur wenige Wochen in Anspruch? Zu 2.: Aufgrund der dem zuständigen Fachreferat des Wirtschaftsministeriums bekannten Arbeitsweise des Referats für Beihilfekontrolle sowie der Nichtförmlichkeit der Vorgehensweise war von einer Bewertung der Fragestellungen in einem überschaubaren Zeitraum auszugehen. Mit elektronischer Nachricht vom 15. Dezember 2016 teilte der Bearbeiter mit, dass aus internen Gründen eine Beantwortung erst in der zweiten Januarhälfte 2017 erfolgen könne. Dieser Termin wurde im Laufe der weiteren Korrespondenz auf Arbeitsebene jeweils aus internen Gründen weitere Male geschoben. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1871 3. In welcher Form und durch wen wurde ihr die Entscheidung der EU-Kommission übermittelt, die sogenannte mittelbare Belegung im Wohnungsbau sei nicht zu beanstanden? Zu 3.: Am 23. März 2017 teilte der stellvertretende Leiter des zuständigen Referats der Generaldirektion Wettbewerb seine Bewertung dem Fachreferat des Wirtschaftsministeriums vorab telefonisch mit. Er verwies dabei auf eine informelle schrift - liche Einschätzung, die das Fachreferat unverzüglich erhalten solle. Noch am gleichen Vormittag ging dem Fachreferat die angekündigte Einschätzung per E-Mail zu. Im Ergebnis scheint danach „die vorgeschlagene anfängliche mittelbare Belegung nicht gegen EU-Beihilferecht, insbesondere nicht gegen den Beschluss der Kommission 2012/21/EU – (‚DAWI-Beschluss 2012‘) zu verstoßen“. Wie unter Ziffer 1 ausgeführt, handelt es sich bei der Bewertung ausdrücklich nicht um eine Entscheidung der EU-Kommission. 4. Gab es vonseiten der EU-Kommission ergänzende Hinweise zum Instrument der sogenannten mittelbaren Belegung im Wohnungsbau und wenn ja, welche? Zu 4.: Die Bewertung der Arbeitsebene der Dienststellen beruht auf einer Anwendung der sogenannten Freistellungsentscheidung der Europäischen Kommission vom 20. Dezember 2011, die im Hinblick auf die Erfüllung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse für den Empfänger von staatlichen Förderleistungen auch im Rahmen einer sozialen Mietwohnraumförderung Anforderungen an den Umfang der staatlichen Leistungen, die Gestaltung der Gegen - leistung sowie den Akt der Gewährung der Förderung stellt. Vor diesem Hintergrund enthält die bewertende Stellungnahme Hinweise zu formalen Anforderungen als auch inhaltliche Maßgaben (im Folgenden kursiv gesetzt ). Die in der Bewertung hervorgehobenen Anforderungen an die Betrauung der Förderempfänger mit der Errichtung der geförderten Mietwohnungen und der Erfüllung der auferlegten Bindungen werden mit der Förderzusage der L-Bank, mit der die beantragte Förderleistung bewilligt wird, umgesetzt. Neben diesen formalen Voraussetzungen „sollte im Einklang mit den Artikeln 5 und 6 DAWI-Beschluss 2012 die effektive Kontrolle einer möglichen Überkompensation , einschließlich der Kontrolle einer möglicherweise durch die Teilnahme des jeweiligen Vermieters an der anfänglichen mittelbaren Belegung verursachten Überkompensation, sichergestellt werden. Angesichts der Komplexität des vorgeschlagenen Modells sowie möglicher Rückfragen seitens konkurrierender privater Vermieter außerhalb des Wohnraumförderungsprogramms erscheint eine solche Kontrolle besonders wichtig. (…) Um dennoch zu verhindern, dass der jeweilige Vermieter durch die Teilnahme am Wohnraumförderungsprogramm (einschließlich der anfänglichen mittelbaren Belegung ) eine über die durch die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen verursachten Nettokosten (einschließlich eines angemessenen Gewinns) hinausgehende Ausgleichsleistung erhält, sollte daher eine Kontrolle einer mög - lichen Überkompensation und, soweit erforderlich deren Rückforderung sichergestellt werden. Nach unserem Verständnis bezweckt die vorgeschlagene Ex-ante-Betrachtung der Gleichwertigkeit von geförderter Wohnung und Ersatzwohnung die Verhinderung einer Überkompensation und beruht auf der Prämisse vergleichbarer voraussichtlicher marktpreisbasierter Mieteinnahmen der beiden Wohnungen. Diese Exante -Betrachtung sollte jedoch ergänzt werden durch eine Ex-post-Kontrolle auf Grundlage der tatsächlich generierten marktpreisbasierten Mieteinnahmen dieser Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1871 4 beiden Wohnungen. Durch eine solche zusätzliche Ex-post-Kontrolle sollte es möglich sein, jede tatsächliche Überkompensation aufgrund der Teilnahme eines Vermieters an der anfänglichen mittelbaren Belegung zu erkennen. In Fällen einer festgestellten Überkompensation ist zudem ein effektiver Mechanismus zur Rückforderung der über den Ausgleich hinausgehenden Beträge erforderlich . Zudem weisen wir darauf hin, dass nach Artikel 6 (1) DAWI-Beschluss 2012 Kontrollen während des Betrauungszeitraums zumindest alle drei Jahre sowie am Ende des Betrauungszeitraums durchgeführt werden sollten.“ Der Bearbeiter stellt damit den dauerhaften Ausschluss einer Überkompensation im Zuge der Förderleistung beim Förderempfänger auch bei der Anwendung des Instruments einer anfänglichen nur mittelbaren Belegung der geförderten Wohnungen in das Zentrum seiner Bewertung. Dr. Hoffmeister-Kraut Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau