Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 190 30. 06. 2016 1Eingegangen: 30. 06. 2016 / Ausgegeben: 05. 08. 2016 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Welche links- oder rechtsextremistischen Organisationen wurden an welchem Datum und weshalb in Baden-Württemberg im Jahr 2015 verboten? 2. Ist ein Verbot von weiteren links- oder rechtsextremistischen Organisationen in Baden-Württemberg in diesem oder nächsten Jahr geplant und wenn ja, welche Organisationen sind betroffen? 3. Wie viele ehemalige Mitglieder von verbotenen links- oder rechtsextremistischen Organisationen und Parteien haben sich nach deren Verbot anderen links- oder rechtsextremistischen Organisationen und Parteien angeschlossen? 4. Wie schätzt sie die Gefahr einer Radikalisierung (im Sinne der Erhöhung der Gewaltbereitschaft) der Mitglieder von links- oder rechtsextremistischen Organisationen und Parteien nach deren Verbot ein? 5. Wie schätzt sie die Gefahr ein, dass bei einem Verbot der NPD deren (ehemalige ) Mitglieder zu gewalttätigen freien Kameradschaften wechseln beziehungsweise solche gründen oder eine Nachfolgepartei ins Leben rufen? 6. Verdienen rechtsextremistische Straftaten ihrer Ansicht nach eine andere Aufmerksamkeit hinsichtlich ihrer Prävention und strafrechtlichen Verfolgung als linksextremistische und wenn ja, warum? 20. 06. 2016 Wolle AfD Kleine Anfrage der Abg. Carola Wolle AfD und Antwort des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration Verbot von links- oder rechtsextremistischen Organisationen Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 190 2 B e g r ü n d u n g Die Fragestellerin wünscht Informationen zu den Verboten von links- und rechtsextremistischer Organisationen. A n t w o r t Mit Schreiben vom 25. Juli 2016 Nr. 4-1113.6/202 beantwortet das Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche links- oder rechtsextremistischen Organisationen wurden an welchem Datum und weshalb in Baden-Württemberg im Jahr 2015 verboten? Zu 1.: Im Jahr 2015 wurden in Baden-Württemberg weder links- noch rechtsextremistische Organisationen verboten. 2. Ist ein Verbot von weiteren links- oder rechtsextremistischen Organisationen in Baden-Württemberg in diesem oder nächsten Jahr geplant und wenn ja, welche Organisationen sind betroffen? Zu 2.: Das Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration prüft als zuständige Verbotsbehörde in Baden-Württemberg fortlaufend, ob Vereine im Sinne des Vereinsgesetzes die hohen gesetzlichen Voraussetzungen für ein Vereinsverbot erfüllen. Eine Mitteilung, welche Organisationen dabei im Fokus stehen, unterbleibt, da sie den Vollzug etwaiger Verbote, die Sicherstellung von Vereinsvermögen und das Auffinden von Beweismitteln sowie deren Beschlagnahme gefährden würde. 3. Wie viele ehemalige Mitglieder von verbotenen links- oder rechtsextremistischen Organisationen und Parteien haben sich nach deren Verbot anderen links- oder rechtsextremistischen Organisationen und Parteien angeschlossen? Zu 3.: Hierzu können zum Schutz der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen sowie aus operativen Geheimhaltungsgründen keine Angaben gemacht werden. Denn aus jeder Auskunft könnten Rückschlüsse auf die Methoden der Sicherheitsbehörden gezogen werden. 4. Wie schätzt sie die Gefahr einer Radikalisierung (im Sinne der Erhöhung der Gewaltbereitschaft) der Mitglieder von links- oder rechtsextremistischen Organisationen und Parteien nach deren Verbot ein? Zu 4.: Im Fall eines Verbots besteht stets die abstrakte Gefahr einer Radikalisierung der betroffenen Mitglieder. Neben staatlichen Exekutivmaßnahmen haben aber auch andere Faktoren, wie das Vorhandensein alternativer (militanter) Strukturen, die Beeinflussung durch die extremistische Szene oder durch deren Führungspersonen sowie individuelle Faktoren, Einfluss auf eine Radikalisierung. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 190 Im Phänomenbereich Rechtsextremismus zeigt die Erfahrung in anderen Bundesländern , dass rechtsextremistische Kleinparteien wie „DIE RECHTE“ oder „DER DRITTE WEG“ als Auffangbecken für die Betroffenen von Vereinsverboten dienen . Dabei nutzen sie gezielt das Parteienprivileg aus, das Extremisten einen hohen Schutz vor staatlichen Exekutivmaßnahmen wie etwa Vereinsverboten bietet. 5. Wie schätzt sie die Gefahr ein, dass bei einem Verbot der NPD deren (ehema - lige) Mitglieder zu gewalttätigen freien Kameradschaften wechseln beziehungsweise solche gründen oder eine Nachfolgepartei ins Leben rufen? Zu 5.: Nach einem etwaigen Verbot der NPD werden die baden-württembergischen Sicherheitsbehörden die rechtsextremistische Szene genau in den Blick nehmen, um mögliche Radikalisierungen oder die Gründung von Ersatzorganisationen mit dem Ziel der Umgehung des Verbots festzustellen. Ob sich die Mitglieder der NPD anderen Organisationen anschließen oder solche gründen, hängt von einer Vielzahl verschiedener Faktoren ab. Dazu zählen unter anderem: – Geschlecht und Alter der Betroffenen, – mögliche organisatorische Alternativen im regionalen Umfeld, – eigene Motivation, Aktivitäten oder Bereitschaft zur Initiative, – personelle Dichte der Mitglieder im Umfeld und deren Kontakte sowie – bereits vorhandene Kontakte zu anderen Organisationen. Eine genaue Prognose ist demnach unmöglich. 6. Verdienen rechtsextremistische Straftaten ihrer Ansicht nach eine andere Aufmerksamkeit hinsichtlich ihrer Prävention und strafrechtlichen Verfolgung als linksextremistische und wenn ja, warum? Zu 6.: Die Sicherheitsbehörden behandeln politisch bzw. extremistisch motivierte Straf - taten ungeachtet ihrer ideologischen Grundlage gleich. Strobl Minister für Inneres, Digitalisierung und Migration