Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 194 27. 06. 2016 1Eingegangen: 27. 06. 2016 / Ausgegeben: 28. 07. 2016 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Unter welchen Bedingungen kann eine Kommune, die als Mitglied einer Verwaltungsgemeinschaft nicht selbst Trägerin der Flächennutzungsplanung ist, einen immissionsschutzrechtlichen Antrag für ein Windenergievorhaben zurückstellen bzw. ablehnen, wenn auf ihrem Gebiet bereits außerhalb der im Flächennutzungsplan vorgesehenen Konzentrationszonen ein anderer immissionsschutzrechtlicher Antrag für ein Windenergievorhaben genehmigt worden ist? 2. Trifft es zu, dass im Südschwarzwald derzeit mehrere mögliche Windenergiestandorte in Natura 2000-Gebieten sowie an Verbindungen des Generalwildwegeplans geprüft werden? 3. Welche Gebiete sind gegebenenfalls konkret betroffen? 4. Inwiefern trifft es nach ihrer Kenntnis zu, dass derzeit zugunsten des Wind - energieausbaus eine Verlegung des als „Qualitätsweg Wanderbares Deutschland “ zertifizierten Fernwanderweges „Westweg“ geprüft wird? 5. Welche Abschnitte des Weges sind gegebenenfalls konkret betroffen? 6. Ab welcher Definition wird eine Einspeiseleitung bei der Erschließung eines Gebietes mit Windenergieanlagen zu einer Versorgungsleitung und somit ein Leitungsrecht nach öffentlichem Interesse verfolgt? 7. Inwieweit ist dies gegeben, wenn ein Bergrücken von mindestens zwei Seiten an das öffentliche Netz angebunden wird und somit redundant Energie verteilt werden kann? 22. 06. 2016 Glück FDP/DVP Kleine Anfrage des Abg. Andreas Glück FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Windenergie im Südschwarzwald Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 194 2 A n t w o r t Mit Schreiben vom 19. Juli 2016 Nr. 6-4583/553/2 beantwortet das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft im Einvernehmen mit dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau, dem Ministerium der Justiz und für Europa sowie dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Unter welchen Bedingungen kann eine Kommune, die als Mitglied einer Verwaltungsgemeinschaft nicht selbst Trägerin der Flächennutzungsplanung ist, einen immissionsschutzrechtlichen Antrag für ein Windenergievorhaben zu - rück stellen bzw. ablehnen, wenn auf ihrem Gebiet bereits außerhalb der im Flächennutzungsplan vorgesehenen Konzentrationszonen ein anderer immis - sionsschutzrechtlicher Antrag für ein Windenergievorhaben genehmigt worden ist? Für die Entscheidung über die Zurückstellung immissionsschutzrechtlicher Anträge für Windenergievorhaben nach § 15 Abs. 3 Baugesetzbuch (BauGB) ist die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbehörde zuständig. Antragsbefugt für Zurückstellungen sind im Regelfall die Gemeinden. Obliegt die Flächennutzungsplanung jedoch nicht der Gemeinde selbst, sondern einer Verwaltungsgemeinschaft , so steht die Antragsbefugnis in diesem Falle nicht der Mitgliedsgemeinde, sondern der Verwaltungsgemeinschaft als Planungsträgerin zu. Die Zurückstellung setzt neben dem Zurückstellungsantrag des Planungsträgers insbesondere einen Aufstellungsbeschluss für einen Flächennutzungsplan zur Windkraftsteuerung sowie die Befürchtung voraus, dass die Durchführung der Planung durch das beantragte Windenergievorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde (sog. Plangefährdung). Von einer solchen Plangefährdung kann in der Regel dann ausgegangen werden, wenn die Absicht des Plangebers, bestimmte Teile des Außenbereichs langfristig von der Windkraftnutzung freizuhalten, durch die Errichtung von Windenergievorhaben unterlaufen würde, weil die beantragten Anlagen auf Grundstücken errichtet würden, die außerhalb der im Planentwurf vorgesehenen Konzentrationsflächen liegen. Die Durchführung der Planung kann grundsätzlich auch dann gefährdet werden, wenn bereits irgendwo im Gebiet der Standortgemeinde außerhalb der geplanten Konzentrationszonen – in Einklang mit einer früheren Planung oder der Zulässigkeitsregelung des § 35 BauGB – eine andere Windenergieanlage genehmigt worden ist. Ob eine Plangefährdung durch das beantragte Vorhaben sowie die übrigen Voraussetzungen der Zurückstellung im Einzelfall tatsächlich vorliegen, kann allerdings nicht abstrakt, sondern nur unter Berücksichtigung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalles, insbesondere von Zahl und Lage der einzelnen Windenergieanlagen , Plankonzept und Planungsgrundsätzen etc., beurteilt werden. 2. Trifft es zu, dass im Südschwarzwald derzeit mehrere mögliche Windenergiestandorte in Natura 2000-Gebieten sowie an Verbindungen des Generalwildwegeplans geprüft werden? Ja, dies trifft zu. 3. Welche Gebiete sind gegebenenfalls konkret betroffen? Konkret sind die Vogelschutzgebiete „Südschwarzwald“, „Mittlerer Schwarzwald“, „Nordschwarzwald“ sowie das FFH-Gebiet „Rohrhardsberg, Obere Elz und Wilde Gutach“ von geplanten oder im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsver - fahren befindlichen Windenergieprojekten betroffen. Zudem ist von geplanten oder beantragten Windenergieprojekten der Generalwildwegeplan in den Bereichen Hundsrücken (Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald), Rohrhardsberg (Landkreis Emmendingen), Sexau (Landkreis Emmendingen) Rauhkasten/Steinfirst (Ortenaukreis ), Oppenau/Lautenbach (Ortenaukreis), Schenkenzell (Landkreis Rottweil) und Häusern (Landkreis Waldshut) betroffen. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 194 4. Inwiefern trifft es nach ihrer Kenntnis zu, dass derzeit zugunsten des Windenergieausbaus eine Verlegung des als „Qualitätsweg Wanderbares Deutschland“ zertifizierten Fernwanderweges „Westweg“ geprüft wird? 5. Welche Abschnitte des Weges sind gegebenenfalls konkret betroffen? Eine Verlegung des „Westwegs“ ist nicht beabsichtigt. Im Ortenaukreis kann es allerdings bei einzelnen Windenergieanlagen aufgrund der Gefahr von Eisabfall an wenigen Tagen im Jahr zu Gefährdungen von Wanderern kommen. Dieser Gefahr kann unter anderem durch das Aufstellen von Warnsystemen begegnet werden . An besagten Tagen können die betroffenen Wanderer den Risikobereich von wenigen hundert Metern auf Ausweichrouten umgehen. Im Übrigen wird auf die Ziffern 6 und 7 der Antwort auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP, Landtagsdrucksache 15/8034, verwiesen. 6. Ab welcher Definition wird eine Einspeiseleitung bei der Erschließung eines Gebietes mit Windenergieanlagen zu einer Versorgungsleitung und somit ein Leitungsrecht nach öffentlichem Interesse verfolgt? 7. Inwieweit ist dies gegeben, wenn ein Bergrücken von mindestens zwei Seiten an das öffentliche Netz angebunden wird und somit redundant Energie verteilt werden kann? Für die rechtliche Einordnung der Anschlussleitungen von Windenergieanlagen ist es entscheidend, ob sie ein Energieversorgungsnetz im Sinne des § 3 Nr. 16 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) darstellen. Nach dieser Regelung sind Energieversorgungsnetze u. a. Elektrizitätsnetze über eine oder mehrere Spannungsebenen mit Ausnahme von Kundenanlagen im Sinne des § 3 Nr. 24 a oder 24 b EnWG. Bei der Frage, ob es sich um ein ggf. genehmigungs- und regulierungspflichtiges Elektrizitätsnetz handelt, ist daher die Abgrenzung zum Vorliegen einer Kundenanlage gemäß § 3 Nr. 24 a oder 24 b EnWG entscheidend. Im Falle des Anschlusses eines Windparks kommt insbesondere das Vorliegen einer Kundenanlage zur betrieblichen Eigenversorgung nach § 3 Nr. 24 b EnWG in Betracht. Danach sind Kundenanlagen zur betrieblichen Eigenversorgung Energieanlagen zur Abgabe von Energie, die sich auf einem räumlich zusammengehörenden Betriebsgebiet befinden, mit einem Energieversorgungsnetz oder mit einer Erzeugungsanlage verbunden sind, fast ausschließlich dem betriebsnotwendigen Transport von Energie innerhalb des eigenen Unternehmens oder zu verbundenen Unternehmen oder fast ausschließlich dem der Bestimmung des Betriebs geschuldeten Abtransport in ein Energieversorgungsnetz dienen und jedermann zum Zwecke der Belieferung der an sie angeschlossenen Letztverbraucher im Wege der Durchleitung unabhängig von der Wahl des Energielieferanten diskriminierungsfrei und unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist in jedem Einzelfall zu prüfen. Untersteller Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft