Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 2007 02. 05. 2017 1Eingegangen: 02. 05. 2017 / Ausgegeben: 26. 06. 2017 K l e i n e A n f r a g e Wir fragen die Landesregierung: 1. Was ist ihr über Aktivitäten und Personen der bundesweit aktiven rechtsextremen Initiative „Ein Prozent“ in Baden-Württemberg bekannt? 2. Was ist ihr über Aktivitäten der rund drei Dutzend Gruppen – der Großteil davon zur „Identitären Bewegung Deutschlands“ (IBD) zugehörig − mit Sitz in Baden-Württemberg, die sich auf der Website der rechtsextremen Initiative „Ein Prozent“ in der Rubrik „Vernetzen“ finden lassen, bekannt? 3. Wie sind diese mit „Ein Prozent“ assoziierten Gruppen über Baden-Württemberg verteilt (bitte nach Landkreisen aufschlüsseln)? 4. Wie viele Personen gehören diesen Gruppen jeweils an? 5. Wie sind diese Personen insgesamt in der rechtsextremen Szene in Baden- Württemberg, aber auch ins demokratische Lager, vernetzt? 6. Welche politischen Aktivitäten gehen jeweils von diesen Gruppen aus? 7. Wie beurteilt sie die nicht der „Identitären Bewegung Deutschland“ zugehörigen Gruppen und Personen wie beispielsweise die u. a. vom Plankstädter A. M. mitbegründete „Bürgerinitiative Aufbruch 2016“, Schwetzingen oder „WIR – Für ein neues Heilbronn“ (Wir.HN), Heilbronn, um den seit Jahrzehnten aktiven und in der Vergangenheit im Verfassungsschutzbericht erwähnten lokalen Rechtsextremisten M. D.? Kleine Anfrage der Abg. Hans-Ulrich Sckerl, Manfred Kern und Alexander Maier GRÜNE und Antwort des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration Aktivitäten der rechtsextremen Initiative „Ein Prozent“ in Baden-Württemberg Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2007 2 8. Was ist ihr über Kontakte zu und Aktivitäten von Politikern und Politikerinnen der „Alternative für Deutschland“ (AfD) bei „Ein Prozent“ und den assoziierten Gruppen bekannt? 9. Welche politischen und gesellschaftlichen Ziele verfolgen die Initiative „Ein Prozent“ und die ihr nahestehenden einzelnen Gruppen? 02. 05. 2017 Sckerl, Manfred Kern, Maier GRÜNE B e g r ü n d u n g Die rechtsextreme Initiative „Ein Prozent“ mit Sitz im sächsischen Kurort Oybin wurde im Oktober 2015 von dem aus Ravensburg stammenden G. K. im Rahmen der „COMPACT-Freiheitskonferenz“ vorgestellt. Der gebürtige Pforzheimer J. E. („Pforzheim muss wieder eine deutsche Stadt werden, eine sym-badische Metropole für ihre fleißigen Bürger!“) ist Chefredakteur der Monatsschrift „COM- PACT“ und gilt Kritikern als „Nationalbolschewist“ und „Querfront-Theoretiker “. Die rechtsextreme „Bürgerinitiative“ „Ein Prozent“ erklärt auf ihrer Website: „Wir vernetzen Einzelpersonen und Bürgergruppen, die es wagen, in einer alternativlosen Zeit Alternativen zu suchen.“ Es finden sich unter der Rubrik „Vernetzen “ zahlreiche Gruppen aus Baden-Württemberg. Ein Großteil davon gehört zu der vom Verfassungsschutz beobachteten „Identitären Bewegung Deutschland“ (IBD). A n t w o r t Mit Schreiben vom 26. Mai 2017 Nr. 4-1082.2/443/ beantwortet das Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Was ist ihr über Aktivitäten und Personen der bundesweit aktiven rechtsextremen Initiative „Ein Prozent“ in Baden-Württemberg bekannt? Zu 1.: Die Bewegung „Ein Prozent“ ist kein Beobachtungsobjekt des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV). Der Polizei Baden-Württemberg wurden die nachfolgend dargestellten Sachverhalte im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrages bekannt: – Zwei bei der Polizei am 8. Januar 2016 in Tübingen abgegebene Flugblätter des Vereins „Ein Prozent“ e.V. mit dem Titel „SICHERE GRENZEN – INNERE SICHERHEIT – UNSERE ZUKUNFT“ beinhalten die Ankündigung der bundesweiten Dokumentation der „Asylkatastrophe und vom vorbildlichen Widerstand dagegen“ sowie die Willensbekundung zur Vernetzung verschiedener Bürgerinitiativen und Protestgruppen und zum Aufbau eines deutschlandweiten wirksamen Protestes. Strafrechtlich relevante Äußerungen konnten in den Flugblättern nicht festgestellt werden. – Anlässlich der Landtagswahl am 13. März 2016 teilte der Verein auf seinem Onlineauftritt „www.einprozent.de“ mit, eine flächendeckende Wahlbeobachtung für alle drei Bundesländer, in denen gewählt werde, zu organisieren und rief u. a. zur Teilnahme als Wahlbeobachter auf. Entsprechende Aktivitäten wurden polizeilich nicht bekannt. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2007 – Laut eigener Berichterstattung des Vereins „Ein Prozent“ e. V. über die Homepage „https://einprozent.de“ und verschiedene Facebook-Seiten fand am 16. April 2017 die Veranstaltung „40 Gruppen, 40 Städte“ statt, an der bundesweit in 56 Städten, darunter Mannheim, Schwetzingen, Brühl und Reutlingen, verschiedene Aktionen (u. a. Verteilung von Flugblättern) durchgeführt worden sein sollen. – Im Rahmen eines Fastnachtumzugs am 28. Februar 2017 in Nußloch wurde von drei Personen eine unangemeldete Demonstration durchgeführt. Neben dem Tragen eines Transparentes mit den Aufschriften „SICHERE GRENZEN“ und „MERKEL MUSS WEG“ wurden Flugblätter von „EINPROZENT.DE“ verteilt. Das Flugblatt ist mit „Buergerforum-RheinNeckar.com“ unterzeichnet. 2. Was ist ihr über Aktivitäten der rund drei Dutzend Gruppen – der Großteil davon zur „Identitären Bewegung Deutschlands“ (IBD) zugehörig − mit Sitz in Baden-Württemberg, die sich auf der Website der rechtsextremen Initiative „Ein Prozent“ in der Rubrik „Vernetzen“ finden lassen, bekannt? Zu 2.: Die beschriebene Internetseite „www.einprozent.de“ enthält Angaben zu insgesamt 133 Gruppierungen, davon 28 aus Baden-Württemberg. Polizeilicherseits können lediglich zu elf der gelisteten 28 Gruppierungen Informationen zu Aktivitäten festgestellt werden. Dem LfV liegen nur Erkenntnisse zu Gruppierungen vor, sofern diese von seinem Beobachtungsauftrag erfasst sind. Hierzu zählen die aufgeführten Ortsgruppen der „Identitären Bewegung Deutschland“ (IBD). Bei den bekannten Aktivitäten handelt es sich hauptsächlich um Auftritte im Internet sowie – in der Realwelt – die Organisation und Durchführung von Versammlungen , Stammtischen, Flugblatt-Verteilungen, Informationsständen, Kundgebungen , Mahnwachen, Banner- und Aufkleber-Aktionen sowie Flashmobs und ähnlichem. Diese Aktivitäten werden jeweils mit politischen Forderungen verbunden . Zudem wird darüber üblicherweise in den sozialen Netzwerken öffentlichkeitswirksam berichtet. Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, in welcher Form die gelisteten Gruppierungen mit der Bewegung „Ein Prozent“ konkret in Verbindung stehen oder ob es eine „Mitgliedschaft“ gibt. Auch über die Art und Weise der wechselseitigen Unterstützung liegen keine Informationen vor. Ebenso wenig ist bekannt , ob die von „Ein Prozent“ auf ihrer Website genannten Organisationen mit deren Einverständnis oder auf eigene Initiative aufgenommen wurden. 3. Wie sind diese mit „Ein Prozent“ assoziierten Gruppen über Baden-Württemberg verteilt (bitte nach Landkreisen aufschlüsseln)? Zu 3.: Die lokale Verteilung der auf der Website der Bewegung gelisteten 28 Gruppierungen aus Baden-Württemberg kann der nachstehenden Tabelle entnommen werden. Die kursiv geschriebenen Gruppierungen sind nach Erkenntnissen des LfV nicht existent oder aktiv; die „IB Heilbronn“ bzw. „Identitäre Bewegung Heilbronn“ dürften doppelt genannt sein. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2007 4 4. Wie viele Personen gehören diesen Gruppen jeweils an? Zu 4.: Die „Identitäre Bewegung Deutschland“ (IDB) in Baden-Württemberg verfügt über ca. 80 Mitglieder. Hinsichtlich der übrigen auf der Website von „Ein Prozent “ gelisteten Gruppierungen liegen keine belastbaren Zahlen vor. 5. Wie sind diese Personen insgesamt in der rechtsextremen Szene in Baden- Württemberg, aber auch ins demokratische Lager, vernetzt? Zu 5.: Hierzu liegen keine Erkenntnisse vor. 6. Welche politischen Aktivitäten gehen jeweils von diesen Gruppen aus? Zu 6.: Auf die Antwort auf Frage 2 wird verwiesen. 6WDGW /DQGNUHLV *UXSSLHUXQJ 2UWVDQJDEH %LEHUDFK Identitäre Bewegung Oberschwaben %LEHUDFK D G 5L‰ %RGHQVHHNUHLV ,GHQWLWlUH %HZHJXQJ %RGHQVHH )ULHGULFKVKDIHQ (VVOLQJHQ ,GHQWLWlUH %HZHJXQJ 0LWWOHUHU 1HFNDU (VVOLQJHQ )UHLEXUJ ,GHQWLWlUH %HZHJXQJ )UHLEXUJ )UHLEXUJ )UHLEXUJ 3, )UHLEXUJ )UHLEXUJ +HLGHOEHUJ /LEHUDOH )UHLJHLVWHU +HLGHOEHUJ +HLOEURQQ ,% +HLOEURQQ +HLOEURQQ +HLOEURQQ Identitäre Bewegung Heilbronn +HLOEURQQ +HLOEURQQ :,5 ± )U HLQ QHXHV +HLOEURQQ +HLOEURQQ +RKHQORKHNUHLV %DGHQ :UWWHPEHUJ ZDFKW DXI .Q]HOVDX +RKHQORKHNUHLV +RKHQORKH ZDFKW DXI gKULQJHQ .DUOVUXKH %UJHULQLWLDWLYH %UXFKVDO %UXFKVDO .DUOVUXKH ,GHQWLWlUH %HZHJXQJ .DUOVUXKH .DUOVUXKH 0DQQKHLP 'HU 0DUVFK 0DQQKHLP 0DQQKHLP ,GHQWLWlUH %HZHJXQJ 5KHLQ 1HFNDU 0DQQKHLP 0DQQKHLP 0DQQKHLPHU $OWHUQDWLYH 0DQQKHLP 5HPV 0XUU .UHLV )UHLKHLW IU 'HXWVFKODQG H 9 :DLEOLQJHQ 5HPV 0XUU .UHLV )HOOEDFK ZHKUW VLFK )HOOEDFK 5HPV 0XUU .UHLV ,GHQWLWlUH %HZHJXQJ 5HPV 0XUU .UHLV :DLEOLQJHQ 5HXWOLQJHQ 6WDPPWLVFK 1HFNDU $OE 6FK|QEXFK 5HXWOLQJHQ 5KHLQ 1HFNDU .UHLV %UJHUIRUXP 5KHLQ 1HFNDU /HLPHQ 5KHLQ 1HFNDU .UHLV 5HFRQTXLVWD .XUSIDO] (GLQJHQ 1HFNDUKDXVHQ 5RWWZHLO ,GHQWLWlUH %HZHJXQJ 5RWWZHLO 5RWWZHLO 6LJPDULQJHQ Identitäre Bewegung Sigmaringen 6LJPDULQJHQ 6WXWWJDUW ,GHQWLWlUH %HZHJXQJ 6WXWWJDUW 6WXWWJDUW 7ELQJHQ ,GHQWLWlUH %HZHJXQJ 7ELQJHQ 5HXWOLQJHQ 7ELQJHQ 8OP ,GHQWLWlUH %HZHJXQJ 8OP 8OP =ROOHUQDOENUHLV ,GHQWLWlUH %HZHJXQJ =ROOHUQDOE %DOLQJHQ 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2007 7. Wie beurteilt sie die nicht der „Identitären Bewegung Deutschland“ zugehörigen Gruppen und Personen wie beispielsweise die u. a. vom Plankstädter A. M. mitbegründete „Bürgerinitiative Aufbruch 2016“, Schwetzingen oder „WIR – Für ein neues Heilbronn“ (Wir.HN), Heilbronn, um den seit Jahrzehnten aktiven und in der Vergangenheit im Verfassungsschutzbericht erwähnten lokalen Rechtsextremisten M. D.? Zu 7.: Über die öffentlich zugänglichen Eigendarstellungen hinaus liegen keine Erkenntnisse zu den genannten Gruppierungen vor. Hinweise, die eine Beobachtung durch das LfV rechtfertigen würden, sind bislang nicht bekannt. 8. Was ist ihr über Kontakte zu und Aktivitäten von Politikern und Politikerinnen der „Alternative für Deutschland“ (AfD) bei „Ein Prozent“ und den assoziierten Gruppen bekannt? Zu 8.: Der Landesregierung liegen hierzu keine belastbaren Informationen vor. 9. Welche politischen und gesellschaftlichen Ziele verfolgen die Initiative „Ein Prozent“ und die ihr nahestehenden einzelnen Gruppen? Zu 9.: Die Ziele können den öffentlichen Eigendarstellungen der in Rede stehenden Initiative oder Gruppierungen entnommen werden. Die programmatische Stoß - richtung der vom LfV beobachteten „Identitären Bewegung“ zielt insbesondere auf eine fundamentale Ablehnung der Einwanderung – zumal von Muslimen – nach Deutschland und Europa, die „Rückführung aller illegal Eingereisten nach humanen Standards“ und sichere Grenzen. Weitere Einzelheiten können dem Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2015, S. 153 ff. entnommen werden. Strobl Minister für Inneres, Digitalisierung und Migration