Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode 1 Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Drucksache 16 / 2027 05. 05. 2017 Große Anfrage der Abg. Udo Stein u. a. AfD und Antwort der Landesregierung „Amigo-Affäre“ und „Vetterleswirtschaft“ auf der Ostalb: Wann ist ein kommunaler Amtsträger (Landrat) bei Durchführung von Amtsgeschäften befangen? G r o ß e A n f r a g e Wir fragen die Landesregierung: 1. Ist sie über die im Zusammenhang mit der in Rosenberg-Süd zugunsten der EnBW Ostwürttemberg DonauRies AG (EnBW ODR), Ellwangen – Tochtergesellschaft der EnBW Reg Beteiligungs GmbH, Stuttgart – erfolgten Windkraftgenehmigung des Landratsamts Ostalb zutage getretenen Sachverhalte informiert, die darauf hindeuten, dass der Landrat in seiner Funktion als Aufsichtsratsmitglied (stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender) der EnBW ODR, insbesondere aufgrund seiner herausgehobenen Stellung als Mitglied eines Organs der Gesellschaft, bei seiner im Dezember 2016 erteilten Genehmigung des Windkraftstandorts Rosenberg-Süd im Sinne des § 18 Gemeindeordnung Baden-Württemberg (GemO) befangen war? 2. Wie interpretiert sie die in der Lokalzeitung vom 5. Januar 2017 enthaltene Aussage eines leitenden Angestellten der EnBW ODR: „Vielleicht hat die Politik auch einen Fehler gemacht. Sie hat hier ein Gebiet ausgewiesen, das kritisch ist.“? 3. Kann sie den immer stärker werdenden Unmut der im Wirkungskreis der geplanten Windindustriezone lebenden Bürger nachvollziehen, die sich laut einem Bericht der Lokalzeitung vom 5. Januar 2017 jetzt schon durch die Vorbelastung des von den bereits bestehenden drei Windkraftanlagen der Stadtwerke Ellwangen verursachten Lärms „drangsaliert“ fühlen und die insbesondere in Altmannsrot (820 m Entfernung zum geplanten Windkraftstandort), Schönberger Hof (Strumpfhof; 880 m entfernt), Matzengehren (780 m entfernt), Hinterbrand (810 m entfernt), Griesweiler (970 m entfernt) sowie in Eggenrot, Engelhardsweiler und Altmannsweiler das Schlimmste bezüglich Lärmverursachung befürchten, falls die Anlagen gebaut werden? Eingegangen: 05. 05. 2017 / Ausgegeben: 06. 07. 2017 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2027 2 4. Zieht sie entsprechende Konsequenzen, wenn es sich nach Prüfung der entsprechenden Vorschriften des Aktiengesetzes (AktG) in Verbindung mit einschlägigen Vorschriften der GemO herausstellen sollte, dass der Landrat des Landratsamts Ostalb bei seiner zugunsten der EnBW ODR (bei der er stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender ist) oder zugunsten einer anderen EnBW- Tochtergesellschaft erteilten Genehmigung des Windkraftstandorts Rosenberg- Süd befangen war? 5. Aus welchen Personen setzt sich der Aufsichtsrat der EnBW ODR zusammen? 6. Gibt es eine „Innere Ordnung“ des Aufsichtsrats der EnBW ODR im Sinne des § 107 AktG? 7. Welche besondere Aufgabe hat der Landrat des Ostalbkreises innerhalb des Aufsichtsrats und im Hinblick auf seine herausgehobene Stellung als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der EnBW ODR übernommen, die über die eines „normalen“ Aufsichtsratsmitgliedes kraft Gesetzes oder Satzung übertragenen Aufgaben hinausgeht? 8. Seit wann ist der Landrat des Ostalbkreises Aufsichtsratsmitglied und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der EnBW ODR? 9. Seit wann ist die als regionaler Energieversorger in der Region Ostalb und angrenzenden Regionen (Bayern/Donau Ries) auftretende EnBW ODR in der Region Ostalb wirtschaftlich, das heißt mit Gewinnerzielungsabsicht, tätig? 10. Wie viele und welche (bitte mit Aufstellung über einzelne Windkraftstandorte und Anzahl der bis jetzt gebauten, im Bau befindlichen sowie Anzahl der genehmigten , aber noch nicht gebauten Windindustrieanlagen) Windkraftanlagen wurden bisher durch die EnBW ODR in der Region Ostalb und in angrenzenden Regionen errichtet beziehungsweise für die EnBW ODR vom Landratsamt Ostalb genehmigt, bei deren Realisierung die EnBW ODR oder eine andere zum EnBW-Konzernkreis gehörende Tochtergesellschaft direkt oder indirekt beteiligt war (beispielsweise als Planer, Investor, Kapitalgeber, Vertrieb/Vermarktung oder über zur Verfügungsstellung von „KnowHow“ etc.)? 11. Erhalten die Aufsichtsratsmitglieder der EnBW ODR Vergütungen im Sinne des § 113 AktG und/oder andere finanzielle Zuwendungen, die als Gegenleistung oder als Ausgleich für die Übernahme des Aufsichtsratsmandats und/oder als Aufwandsersatz (beispielsweise Ersatz für Reisekosten oder ähnliches) gewährt werden? 12. Falls Vergütungen und/oder andere finanzielle Zuwendungen gewährt werden : Wie hoch waren diese für den gesamten Aufsichtsrat (alle Mitglieder) der EnBW ODR während des Zeitraums der Jahre 2012 bis 2017? 13. Falls Vergütungen und/oder andere finanzielle Zuwendungen bezahlt werden: Auf welcher gesetzlichen oder satzungsmäßigen Basis beziehungsweise aufgrund welchen Beschlusses eines Organs der Gesellschaft werden Vergütungen und/oder andere finanzielle Zuwendungen an Mitglieder des Aufsichtsrats der EnBW ODR gezahlt? 14. Wie hoch waren die bisher dem Landrat des Ostalbkreises seit Beginn seiner Aufsichtsratsmitgliedschaft gezahlten Vergütungen und/oder andere finanzielle Zuwendungen, die ihm kraft seines bei der EnBW ODR wahrgenommenen Aufsichtsratsmandats oder aus anderen Gründen gewährt wurden? 15. Wurden dem Landrat des Ostalbkreises als stellvertretendem Aufsichtsratsvorsitzenden beziehungsweise als Mitglied des Aufsichtsrats der EnBW ODR über die in Frage 10 ff. erwähnten finanziellen Vergütungen hinaus weitere Vorteile finanzieller oder nicht-finanzieller Art (beispielsweise Einladung zum Urlaub auf Firmenkosten, geldwerte Vorteile etc.) gewährt? Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2027 3 16. Hat der Landrat des Ostalbkreises in seiner Amtszeit als Aufsichtsratsmitglied beziehungsweise als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der EnBW ODR von anderen Gesellschaften innerhalb des EnBW-Konzerns finanzielle Zuwendungen oder andere geldwerte Vorteile erhalten? 17. Haben dem Landrat des Ostalbkreises nahestehende Personen – wie beispielsweise Familienangehörige – finanzielle Zuwendungen und/oder geldwerte Vorteile von einer Gesellschaft innerhalb des EnBW-Konzerns erhalten? 18. An welchen und wie vielen dieser im Zeitraum ab dem Jahr 2014 abgehaltenen Aufsichtsratssitzungen hat der Landrat der Region Ostalb, gemäß der angefertigten Protokolle, teilgenommen? 19. An welchen dieser Aufsichtsratssitzungen war das Thema „Windkraft“ Gegenstand der Tagesordnung (bitte mit Datum und Nennung des betreffenden Tagesordnungspunktes )? 20. Hat der Landrat der Region Ostalb auch an Aufsichtsrats- beziehungsweise Beiratssitzungen oder anderen Beratungen von anderen Gesellschaften des EnBW-Konzerns teilgenommen? 21. Wo können die für den Landrat des Ostalbkreises als Aufsichtsratsmitglied gemäß § 107 AktG angefertigten Protokolle der Aufsichtsratssitzungen mit Tagesordnungspunkt „Windkraft“ auf Basis der Vorschriften des Umweltinformationsgesetzes in Verbindung mit den Vorschriften des Umweltverwaltungsgesetzes Baden-Württemberg eingesehen werden? 22. Werden die jetzt gegenüber dem Landrat des Ostalbkreises im Zusammenhang mit seiner Genehmigung der Windindustriezone Rosenberg-Süd erhobenen Befangenheitsvorwürfe von der Kommunalaufsicht des Innenministeriums geprüft ? 23. Welche anderen Windkraftprojekte hat die EnBW ODR oder andere zum Konzernkreis der EnBW AG (Konzernobergesellschaft) gehörende Gesellschaften geplant beziehungsweise realisiert, denen eine Genehmigung des Landratsamts der Region Ostalb zugrunde liegt? 07. 04. 2017 Stein, Baron, Voigtmann, Palka, Rottmann, Dr. Balzer, Dr. Merz, Klos, Berg, Gögel, Sänze, Dr. Podeswa, Dr. Meuthen, Herre, Dr. Grimmer, Stauch AfD B e g r ü n d u n g Trotz großer Proteste aus der Bürgerschaft hat das Landratsamt Ellwangen/Jagst mit seiner Genehmigungsentscheidung vom 27. Dezember 2016 den Bauantrag der EnBW Windkraftprojekte GmbH Stuttgart für den Bau von drei bis zu 230 m hohen Windindustrieanlagen in Rosenberg-Süd genehmigt. Hiergegen wehrt sich eine aufgebrachte Bürgerschaft, die sich bereits jetzt durch den Lärm von bereits in der Nähe bestehenden Windkraftanlagen erheblich belästigt fühlt. Da der Genehmigungsbescheid mit Sofortvollzug ausgestattet ist, wurden Ende Februar 2017 mit der Baulandfreimachung und Rodung der geplanten Standorte vollendete Tatsachen geschaffen, obwohl die dort gegründete Bürgerinitiative im Dezember 2016 eine gegen Genehmigung und Bau gerichtete Petition beim Petitionsausschuss des baden-württembergischen Landtags eingereicht hat, die dem Landrat am 15. Dezember 2016 in Kopie übergeben wurde. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2027 4 Die Bürgerschaft wirft dem Landrat erhebliche Rechtsbrüche vor, weil durch den von ihm verfügten und Ende Februar 2017 mit der Rodung vollzogenen Sofortvollzug trotz eines noch laufenden Petitionsverfahrens vollendete Tatsachen geschaffen worden seien, die auch mit einer möglicherweise anderslautenden, gegen den Bau der Windindustrieanlagen gerichteten Entscheidung des Petitionsausschusses nicht mehr aus der Welt geräumt werden könnten. Ein weiterer, von den Bürgern ins Feld geführter Rechtsbruch betrifft seine als stellvertretendes Aufsichtsratsmitglied der EnBW ODR bestehende Stellung, wodurch der Landrat bei seiner Genehmigungsentscheidung befangen und daher hinsichtlich seiner pro-Windkraft- Entscheidung nicht mehr frei und unbeeinflusst gewesen sei. Die Bürgerinitiative begründet dies damit, dass der Aufsichtsrat der EnBW ODR als – im Sinne der aktienrechtlichen Vorschriften anzusehendes – Organ der Gesellschaft, aufgrund der ihm gemäß Aktiengesetz zugewiesenen Aufgaben, verpflichtet sei, auf Basis gesetzlicher Vorschriften und unter Beachtung des Gewinnmaximierungsprinzips die Mehrung des Vermögens der EnBW ODR herbeizuführen, die sich durch die von ihm ausgesprochene Genehmigung von drei Windindustrieanlagen in Rosenberg -Süd ergebe. Die EnBW ODR ist als Tochtergesellschaft der EnBW AG Teil eines mehrheitlich in öffentlicher Hand stehenden börsennotierten Energiekonzerns , welcher auf der Grundlage der sozialen Marktwirtschaft seine Aktivitäten am Gewinnmaximierungsprinzip ausrichtet. A n t w o r t Schreiben des Staatsministeriums vom 27. Juni 2017 Nr. I-2204.5-LT: In der Anlage übersende ich unter Bezugnahme auf § 63 der Geschäftsordnung des Landtags von Baden-Württemberg die von der Landesregierung beschlossene Antwort auf die Große Anfrage. Murawski Staatsminister und Chef der Staatskanzlei Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2027 5 Anlage: Schreiben des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration Mit Schreiben vom 27. Juni 2017 Nr. 2-2204.5/10 beantwortet das Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration im Einvernehmen mit dem Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, dem Ministerium für Finanzen und dem Ministerium der Justiz und für Europa im Namen der Landesregierung die Große Anfrage wie folgt: Wir fragen die Landesregierung: 1. Ist sie über die im Zusammenhang mit der in Rosenberg-Süd zugunsten der EnBW Ostwürttemberg DonauRies AG (EnBW ODR), Ellwangen – Tochtergesellschaft der EnBW Reg Beteiligungs GmbH, Stuttgart – erfolgten Windkraftgenehmigung des Landratsamts Ostalb zutage getretenen Sachverhalte informiert, die darauf hindeuten, dass der Landrat in seiner Funktion als Aufsichtsratsmitglied (stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender) der EnBW ODR, insbesondere aufgrund seiner herausgehobenen Stellung als Mitglied eines Organs der Gesellschaft, bei seiner im Dezember 2016 erteilten Genehmigung des Windkraftstandorts Rosenberg-Süd im Sinne des § 18 Gemeindeordnung Baden- Württemberg (GemO) befangen war? Zu 1.: Der Landesregierung ist bekannt, dass sowohl die EnBW Ostwürttemberg Donau- Ries AG (EnBW ODR) als auch die EnBW Windkraftprojekte GmbH Tochtergesellschaften der Energie Baden-Württemberg AG (EnBW AG) sind. Die EnBW Windkraftprojekte GmbH hat den Windpark Rosenberg-Süd als alleinige Eigentümerin projektiert und die immissionsschutzrechtliche Genehmigung beim Landratsamt Ostalbkreis beantragt. Sie wird die genehmigten Windenergieanlagen bauen und betreiben. Sie war somit für das Genehmigungsverfahren verantwortlich . Die EnBW ODR hat die Funktion eines regionalen Energieversorgers. Sie war weder Antragstellerin noch sonst im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren beteiligt. Der Landrat des Ostalbkreises war in dem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren selbst nicht beteiligt. Er hat das Genehmigungsverfahren weder begleitet, noch hat er auf dieses Einfluss genommen. Der Landrat hat sich den Verfahrensstand erst berichten lassen, als er von Bürgerinnen und Bürgern persönlich angeschrieben und um einen Gesprächstermin gebeten wurde. Aufgrund dessen führte der Landrat, außerhalb des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens , Vermittlungsgespräche. Diese Gespräche hatten jedoch keine Auswirkungen auf das Genehmigungsverfahren. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für den Windpark Rosenberg-Süd mit drei Windenergieanlagen wurde am 27. Dezember 2016 erteilt. Eine Befangenheit des Landrats des Ostalbkreises nach §§ 20, 21 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes oder nach § 37 Absatz 5 i.V.m. § 14 der Landkreisordnung wegen seiner Aufsichtsratstätigkeit bei der EnBW ODR ist vor diesem Hintergrund nicht erkennbar. 2. Wie interpretiert sie die in der Lokalzeitung vom 5. Januar 2017 enthaltene Aussage eines leitenden Angestellten der EnBW ODR: „Vielleicht hat die Politik auch einen Fehler gemacht. Sie hat hier ein Gebiet ausgewiesen, das kritisch ist.“? Zu 2.: Das Zitat stammt aus einem Artikel in der Ipf- und Jagst-Zeitung vom 5. Januar 2017, in dem sich ein Vertreter der EnBW ODR zu dem Verzicht des Baus auf eines der drei bereits genehmigten Windenergieanlagen im Windpark Rosenberg- Süd äußert. Der Hintergrund der Äußerung erschließt sich aus dem Artikel selbst, der im Originaltext folgende Passagen enthält: Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2027 6 „Die EnBW ODR hat ihre Pläne geändert: Wegen des großen Widerstands der Anwohner gegen den geplanten Windpark Rosenberg Süd sollen erstmal nur zwei Windräder gebaut werden, obwohl das Landratsamt die Genehmigung für den Bau von drei Anlagen erteilt hat. Zwei Anlagen machen weniger Lärm als drei“, sagt Roland Schmid von der EnBW ODR zur Planänderung. „Unser Kompromissvorschlag ist, auf ein Windrad zu verzichten.“ Damit möchte die Firma den verärgerten Anwohnern einen Schritt entgegenkommen. … Die EnBW ODR hat das Gefühl , sie sitzt zwischen allen Stühlen: „Vielleicht hat die Politik auch einen Fehler gemacht. Sie hat hier ein Gebiet ausgewiesen, das kritisch ist“, sagt Schmid. Solch einen extremen Widerstand wie beim Gebiet Rosenberg Süd habe er bei noch keinem anderen erlebt. Natürlich habe es bei anderen Windprojekten Widerstand gegeben , „der war aber lange nicht so groß wie jetzt“, sagt Schmid, was möglicherweise an den bereits bestehenden Anlagen zwischen Ellwangen und Neuler liege: „Wenn wir da jetzt als Dritter mit einem Windpark ankommen, sind wir natürlich die Leidtragenden.“ Den gesamten Windpark zu streichen bringt nichts. Schmid gibt im Gespräch mit der Ipf- und Jagst-Zeitung zu bedenken, dass der Windpark auf der Gemarkung Rosenberg trotz allem gebaut werden würde. „Wenn wir nicht bauen, macht es ein anderer, der keinen Wert auf die Belange der Region legt.“ Die EnBW ODR hingegen sei ein Ansprechpartner vor Ort, der nah am Kunde sei und nicht nach dem Bau verschwinde.“ 3. Kann sie den immer stärker werdenden Unmut der im Wirkungskreis der geplanten Windindustriezone lebenden Bürger nachvollziehen, die sich laut einem Bericht der Lokalzeitung vom 5. Januar 2017 jetzt schon durch die Vorbelastung des von den bereits bestehenden drei Windkraftanlagen der Stadtwerke Ellwangen verursachten Lärms „drangsaliert“ fühlen und die insbesondere in Altmannsrot (820 m Entfernung zum geplanten Windkraftstandort), Schönberger Hof (Strumpfhof; 880 m entfernt), Matzengehren (780 m entfernt), Hinterbrand (810 m entfernt), Griesweiler (970 m entfernt) sowie in Eggenrot, Engelhardsweiler und Altmannsweiler das Schlimmste bezüglich Lärmverursachung befürchten, falls die Anlagen gebaut werden? Zu 3.: Im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens ist eine Lärmprognose zu erstellen, mit der belegt werden muss, dass die Immissionsrichtwerte der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) eingehalten werden. Die Richtwerte gelten allgemein für alle Anlagen oder Gewerbebetriebe, nicht nur für die Windkraft. Kommen neue Windenergieanlagen hinzu, wird die Vorbelastung durch bereits bestehende Anlagen in der Immissionsprognose berücksichtigt . Damit ist die Einhaltung der gesetzlichen Grenz- bzw. Richtwerte durch die Summe aller einwirkenden Anlagen gewährleistet. 4. Zieht sie entsprechende Konsequenzen, wenn es sich nach Prüfung der entsprechenden Vorschriften des Aktiengesetzes (AktG) in Verbindung mit einschlägigen Vorschriften der GemO herausstellen sollte, dass der Landrat des Landratsamts Ostalb bei seiner zugunsten der EnBW ODR (bei der er stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender ist) oder zugunsten einer anderen EnBW-Tochtergesellschaft erteilten Genehmigung des Windkraftstandorts Rosenberg-Süd befangen war? Zu 4.: Auf die Ausführungen zu Frage 1 wird verwiesen. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2027 7 5. Aus welchen Personen setzt sich der Aufsichtsrat der EnBW ODR zusammen? Zu 5.: Der Aufsichtsrat der EnBW ODR setzt sich aus folgenden Personen zusammen (Stand 31. Dezember 2016; Quelle Geschäftsbericht 2016, abgerufen unter www. odr.de/unternehmen/aktiengesellschaft/publikationen.html): • Steffen Ringwald, Stuttgart (Vorsitzender) • Uli Huener, Köln • Dr. Martin Konermann, Stuttgart • Richard Arnold, Schwäbisch Gmünd • Gerhard Bauer, Schwäbisch Hall • Gerrit Elser, Giengen • Hermann Faul, Nördlingen • Wolfgang Mangold, Langenau • Klaus Pavel, Aalen • Thomas Reinhardt, Heidenheim • Stefan Rößle, Donauwörth • Leo Schrell, Dillingen • Reinhold Bach, Ellwangen* • Rolf Gögelein, Rot am See* • Bernd Hägele, Hüttlingen* • Thorsten Häußer, Rainau-Dalkingen* • Sebastian Maier, Ellenberg* • Manfred Schmid, Adelmannsfelden*. *Arbeitnehmervertreter 6. Gibt es eine „Innere Ordnung“ des Aufsichtsrats der EnBW ODR im Sinne des § 107 AktG? Zu 6.: Entsprechend den gesetzlichen Vorschriften hat der Aufsichtsrat der EnBW ODR eine Geschäftsordnung. 7. Welche besondere Aufgabe hat der Landrat des Ostalbkreises innerhalb des Aufsichtsrats und im Hinblick auf seine herausgehobene Stellung als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der EnBW ODR übernommen, die über die eines „normalen“ Aufsichtsratsmitgliedes kraft Gesetzes oder Satzung übertragenen Aufgaben hinausgeht? Zu 7.: Nach § 107 des Aktiengesetzes (AktG) hat ein Aufsichtsrat aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und mindestens einen Stellvertreter zu wählen. Die Rechte und Pflichten des Vorsitzenden des Aufsichtsrats sind ebenfalls im Aktiengesetz festgelegt . Der Stellvertreter hat nach § 107 AktG nur dann die Rechte und Pflichten des Vorsitzenden, wenn dieser verhindert ist. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2027 8 8. Seit wann ist der Landrat des Ostalbkreises Aufsichtsratsmitglied und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der EnBW ODR? Zu 8.: Der derzeitige Landrat des Ostalbkreises ist seit dem 6. Mai 1997 Mitglied des Aufsichtsrats der EnBW ODR bzw. des Vorgängerunternehmens Ueberlandwerk Jagstkreis AG (UJAG) und seit dem 1. April 2010 stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der EnBW ODR. 9. Seit wann ist die als regionaler Energieversorger in der Region Ostalb und angrenzenden Regionen (Bayern/Donau Ries) auftretende EnBW ODR in der Region Ostalb wirtschaftlich, das heißt mit Gewinnerzielungsabsicht, tätig? Zu 9.: Die EnBW ODR als Nachfolgeunternehmen der Mittelschwäbischen Überlandzentrale AG (MÜAG; Gründung 1923) und der UJAG (Gründung 1913) ist seit über 100 Jahren in dieser Region in der Energieversorgung tätig. 10. Wie viele und welche (bitte mit Aufstellung über einzelne Windkraftstandorte und Anzahl der bis jetzt gebauten, im Bau befindlichen sowie Anzahl der genehmigten , aber noch nicht gebauten Windindustrieanlagen) Windkraftanlagen wurden bisher durch die EnBW ODR in der Region Ostalb und in angrenzenden Regionen errichtet beziehungsweise für die EnBW ODR vom Landratsamt Ostalb genehmigt, bei deren Realisierung die EnBW ODR oder eine andere zum EnBW-Konzernkreis gehörende Tochtergesellschaft direkt oder indirekt beteiligt war (beispielsweise als Planer, Investor, Kapitalgeber, Vertrieb/Vermarktung oder über zur Verfügungsstellung von „KnowHow“ etc.)? Zu 10.: Entsprechend der Ausführungen zu Frage 1 wurden die Anlagen in dieser Region und in den angrenzenden Regionen von der EnBW Windkraftprojekte GmbH geplant , projektiert und gebaut. Die EnBW ODR selbst hat insofern weder Genehmigungen beim Landratsamt des Ostalbkreises beantragt oder erhalten noch Anlagen errichtet. Einen Sonderfall bildet lediglich der Windpark Rot am See im Landkreis Schwäbisch Hall, der nach Fertigstellung und Inbetriebnahme durch die EnBW Windkraftprojekte GmbH an die EnBW ODR verkauft wurde. Von der EnBW Windkraftprojekte GmbH werden derzeit folgende Windparks (WP) in dieser Region beantragt, projektiert und gebaut: Im Ostalbkreis: – Kommune Rosenberg-Süd (3 Windenergieanlagen [WEA], genehmigt, davon 2 WEA im Bau) – Kommune Aalen-Waldhausen (5 WEA, genehmigt und im Bau) Im Landkreis Göppingen: – Kommune Böhmenkirch (4 WEA, in Betrieb) Im Landkreis Schwäbisch Hall: – Kommune Bühlertann (4 WEA, in Betrieb) – Kommune Fichtenau (3 WEA, genehmigt und im Bau) – Kommune Rot am See (3 WEA, genehmigt und im Bau) – Kommune Rot am See (3 WEA, in Betrieb) – Kommune Langenburg (12 WEA, genehmigt und im Bau) – Kommune Gerabronn (3 WEA, genehmigt und im Bau) Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2027 9 Im Landkreis Heidenheim: – Kommune Gerstetten (5 WEA, in Betrieb) Nachrichtlich: – WP Teichau I/II (15 WEA, aktuell nicht genehmigt) – WP Öllingen (3 WEA, aktuell nicht genehmigt) Im Rems-Murr-Kreis: – Kommune Winterbach (3 WEA, genehmigt und in Bau). Von der ZEAG Energie AG, einem Tochterunternehmen der EnBW Energie Baden-Württemberg AG GmbH werden bzw. wurden derzeit folgende Windparks beantragt, projektiert und gebaut: Im Landkreis Schwäbisch Hall: – Kommune Braunsbach (5 WEA, in Betrieb, 5 WEA in der Genehmigung) Im Ostalbkreis: – Kommune Ruppertshofen (2 WEA, in Betrieb). 11. Erhalten die Aufsichtsratsmitglieder der EnBW ODR Vergütungen im Sinne des § 113 AktG und/oder andere finanzielle Zuwendungen, die als Gegenleistung oder als Ausgleich für die Übernahme des Aufsichtsratsmandats und/oder als Aufwandsersatz (beispielsweise Ersatz für Reisekosten oder ähnliches) gewährt werden? Zu 11.: Entsprechend der Satzung und den Beschlüssen der Hauptversammlung erhalten die Aufsichtsräte eine entsprechende Vergütung sowie Sitzungsgeld und Reisekostenerstattung . 12. Falls Vergütungen und/oder andere finanzielle Zuwendungen gewährt werden : Wie hoch waren diese für den gesamten Aufsichtsrat (alle Mitglieder) der EnBW ODR während des Zeitraums der Jahre 2012 bis 2017? Zu 12.: Die EnBW ODR weist die Vergütung des Aufsichtsrats in ihren jeweiligen Geschäftsberichten gesamthaft aus. Demnach wurden folgende Vergütungen inklusive Sitzungsgeld und Reisekostenerstattung an die Aufsichtsratsmitglieder der EnBW ODR ausbezahlt: 2012: 81.146,03 € 2013: 68.720,68 € 2014: 67.297,50 € 2015: 82.084,20 € 2016: 81.833,58 € Die Vergütungen für das Jahr 2017 werden erst im Geschäftsbericht zum 31. Dezember 2017 für das gesamte Jahr 2017 veröffentlicht. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2027 10 13. Falls Vergütungen und/oder andere finanzielle Zuwendungen bezahlt werden: Auf welcher gesetzlichen oder satzungsmäßigen Basis beziehungsweise aufgrund welchen Beschlusses eines Organs der Gesellschaft werden Vergütungen und/oder andere finanzielle Zuwendungen an Mitglieder des Aufsichtsrats der EnBW ODR gezahlt? Zu 13.: Entsprechend der beim Handelsregister hinterlegten Satzung der EnBW ODR beschließt die Hauptversammlung über die Vergütung der Mitglieder des Aufsichtsrats . 14. Wie hoch waren die bisher dem Landrat des Ostalbkreises seit Beginn seiner Aufsichtsratsmitgliedschaft gezahlten Vergütungen und/oder andere finanzielle Zuwendungen, die ihm kraft seines bei der EnBW ODR wahrgenommenen Aufsichtsratsmandats oder aus anderen Gründen gewährt wurden? Zu 14.: Die EnBW ODR weist die Vergütung des Aufsichtsrats in ihren jeweiligen Geschäftsberichten gesamthaft aus. Der Landrat des Ostalbkreises hat seine Tätigkeit im Aufsichtsrat der EnBW ODR ordnungsgemäß als genehmigungspflichtige Nebentätigkeit angezeigt, welche entsprechend der landesrechtlichen Vorschriften von der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde geprüft und genehmigt wurde. Einkünfte , die der Landrat aus den Nebentätigkeiten erzielt, wurden entsprechend der bestehenden Regelungen an den Dienstherrn abgeliefert, soweit sie die bestehenden Freigrenzen (§ 5 Absatz 3 der Landesnebentätigkeitsverordnung und § 64 Absatz 3 des Landesbeamtengesetzes) überstiegen. 15. Wurden dem Landrat des Ostalbkreises als stellvertretendem Aufsichtsratsvorsitzenden beziehungsweise als Mitglied des Aufsichtsrats der EnBW ODR über die in Frage 10 ff. erwähnten finanziellen Vergütungen hinaus weitere Vorteile finanzieller oder nicht-finanzieller Art (beispielsweise Einladung zum Urlaub auf Firmenkosten, geldwerte Vorteile etc.) gewährt? Zu 15.: Neben der Vergütung als Mitglied bzw. stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats der EnBW ODR inklusive Sitzungsgeld und Reisekosten wurden dem Landrat nach Aussage des Landratsamts Ostalbkreis keine weiteren finanziellen und nicht-finanziellen Zuwendungen gewährt. 16. Hat der Landrat des Ostalbkreises in seiner Amtszeit als Aufsichtsratsmitglied beziehungsweise als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der EnBW ODR von anderen Gesellschaften innerhalb des EnBW-Konzerns finanzielle Zuwendungen oder andere geldwerte Vorteile erhalten? Zu 16.: Der Landrat des Ostalbkreises ist seit dem 23. Mai 2014 Aufsichtsratsmitglied bei der NetCom BW GmbH. In dieser Funktion hat er finanzielle Vergütungen erhalten . 17. Haben dem Landrat des Ostalbkreises nahestehende Personen – wie beispielsweise Familienangehörige – finanzielle Zuwendungen und/oder geldwerte Vorteile von einer Gesellschaft innerhalb des EnBW-Konzerns erhalten? Zu 17.: Auf die Ausführungen zu Frage 15 wird verwiesen. Der Landesregierung sind die Verwandtschaftsverhältnisse und sonstigen persönlichen Beziehungen der Aufsichtsräte und Beschäftigten des EnBW-Konzerns nicht bekannt. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2027 11 18. An welchen und wie vielen dieser im Zeitraum ab dem Jahr 2014 abgehaltenen Aufsichtsratssitzungen hat der Landrat der Region Ostalb, gemäß der angefertigten Protokolle, teilgenommen? Zu 18.: Die EnBW ODR ist ein eigenständiger Rechtsträger in Form einer Aktiengesellschaft . Die innere Organisation des Aufsichtsrats, seine Arbeitsweise und die mit der Arbeit des Aufsichtsrats zusammenhängende Vertraulichkeit sind gesetzlich geregelt. Die Landesregierung hat daher kein Einsichtsrecht in die Niederschriften der Sitzungen des Aufsichtsrats der EnBW ODR. Nach Deutschem Corporate Governance Kodex (Ziffer 5.4.7) soll in dem Fall, dass ein Mitglied des Aufsichtsrats in einem Geschäftsjahr nur an der Hälfte der Sitzungen des Aufsichtsrats und der Ausschüsse, denen es angehört, oder weniger teilgenommen hat, dies im Bericht des Aufsichtsrats vermerkt werden. In den Geschäftsberichten der EnBW ODR ist kein entsprechender Hinweis vermerkt, so dass von einer angemessenen Sitzungspräsenz aller Mitglieder des Aufsichtsrats der EnBW ODR auszugehen ist. Ergänzend wird zur Frage der vertraulichen Inhalte von Aufsichtsratssitzungen auf die Ausführungen in der Drucksache 15/2802 (Seite 3) verwiesen. 19. An welchen dieser Aufsichtsratssitzungen war das Thema „Windkraft“ Gegenstand der Tagesordnung (bitte mit Datum und Nennung des betreffenden Tagesordnungspunktes)? Zu 19.: Zur Frage der vertraulichen Inhalte von Aufsichtsratssitzungen wird auf die Ausführungen zu Frage 18 sowie in der Drucksache 15/2802 (Seite 3) verwiesen. 20. Hat der Landrat der Region Ostalb auch an Aufsichtsrats- beziehungsweise Beiratssitzungen oder anderen Beratungen von anderen Gesellschaften des EnBW-Konzerns teilgenommen? Zu 20.: Nach Mitteilung des Landratsamts Ostalbkreis hat der Landrat als Aufsichtsratsmitglied bei der NetCom BW GmbH sowie im Dachbeirat der EnBW, einem Konsultativgremium ohne Entscheidungsbefugnis, an Sitzungen teilgenommen. 21. Wo können die für den Landrat des Ostalbkreises als Aufsichtsratsmitglied gemäß § 107 AktG angefertigten Protokolle der Aufsichtsratssitzungen mit Tagesordnungspunkt „Windkraft“ auf Basis der Vorschriften des Umweltinformationsgesetzes in Verbindung mit den Vorschriften des Umweltverwaltungsgesetzes Baden-Württemberg eingesehen werden? Zu 21.: Umweltinformationen können nach § 24 Absatz 1 des Umweltverwaltungsgesetzes (UVwG) bei einer informationspflichtigen Stelle, bei der die Informationen vorhanden sind, eingesehen werden. Informationspflichtige Stellen sind unter besonderen Voraussetzungen auch natürliche oder juristische Personen des Privatrechts (vgl. § 23 Absatz 2 UVwG). 22. Werden die jetzt gegenüber dem Landrat des Ostalbkreises im Zusammenhang mit seiner Genehmigung der Windindustriezone Rosenberg-Süd erhobenen Befangenheitsvorwürfe von der Kommunalaufsicht des Innenministeriums geprüft ? Zu 22.: Auf die Ausführungen zu den Fragen 1 und 4 wird verwiesen. Eine weitere Prüfung durch die zuständige Rechtsaufsichtsbehörde ist vor diesem Hintergrund nicht vorgesehen. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2027 12 23. Welche anderen Windkraftprojekte hat die EnBW ODR oder andere zum Konzernkreis der EnBW AG (Konzernobergesellschaft) gehörende Gesellschaften geplant beziehungsweise realisiert, denen eine Genehmigung des Landratsamts der Region Ostalb zugrunde liegt? Zu 23.: Auf die Ausführungen zu Frage 10 wird verwiesen. Strobl Minister für Inneres, Digitalisierung und Migration