Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 2059 12. 05. 2017 1Eingegangen: 12. 05. 2017 / Ausgegeben: 10. 07. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Inwieweit wird der Zugverkehr auf der Residenzbahn durch den Ausbau der Enztalquerung der A 8 beeinträchtigt werden (aufgeteilt nach Zeitraum und Strecke)? 2. Welche weiteren Streckensperrungen sind zum heutigen Zeitpunkt bis zum Jahr 2023 auf der Residenzbahn geplant? 3. In welcher Form wird die Anbindung von Pforzheim und Mühlacker an die Fernverkehrsknoten Stuttgart und Karlsruhe während dieser Sperrungen hergestellt ? 4. Inwieweit werden die jeweils auf der Strecke der Residenzbahn verkehrenden Zugarten (S, RE, IRE, IC sowie der nächtliche ICE) während der Sperrungen geleitet? 5. Sollten während dieser Zeit der IRE und der IC über die Schnellfahrstecke Bruchsal umgeleitet werden, inwieweit wird ein ersatzweiser Zugpendelverkehr von Vahingen/Enz bis zum jeweiligen Endpunkt (Mühlacker bzw. Pforzheim ) sowie von Karlsruhe bis zum jeweiligen Endpunkt (Wilferdingen/Singen bzw. Pforzheim) eingerichtet werden? 6. In welchem Umfang wird zwischen den komplett gesperrten Streckenabschnitten ein Schienenersatzverkehr als Ersatz für die eingesetzten Zugtypen (teilweise mehrgliedrige Doppelstockzüge) eingerichtet werden? Kleine Anfrage des Abg. Dr. Erik Schweickert FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Verkehr Auswirkungen der Baumaßnahmen an der Autobahn (A) 8 auf die Residenzbahn Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2059 2 7. Welche Berechnungen bezüglich des Fahrgastaufkommens wurden angestellt, inwieweit beispielsweise die Fahrgäste bei vollen mehrgliedrigen Doppelstockzügen kapazitätsmäßig mit einem Schienenersatzverkehr transportiert werden können? 8. Sofern eine Sperrung erforderlich ist, wurde der dazu benötigte Schienenersatzverkehr in die Planung der Umleitungsstrecken bzw. des Staus auf den Umleitungsstrecken der A 8 einbezogen? 9. Geht sie davon aus, dass bei den Verkehrsbehinderungen durch den Ausbau der A 8 und dem dadurch verursachten Ausweichverkehr dennoch der Schienenersatzverkehr pünktlich verlaufen wird und damit die Anschlüsse rechtzeitig erreicht werden? 10. In welchem Umfang rechnet sie mit Entschädigungsansprüchen der Fahrgäste, wenn es aufgrund des Schienenersatzverkehrs und überlasteter Umleitungsstrecken zu Verspätungen kommt und Anschlusszüge in Karlsruhe oder Stuttgart nicht erreicht werden? 12. 05. 2017 Dr. Schweickert FDP/DVP B e g r ü n d u n g Es wurde von mehreren unterschiedlichen Stellen immer wieder einzeln kolportiert , dass es auf der Residenzbahn von jetzt an weitere Totalsperrungen geben soll. So muss aufgrund des Ausbaus der A 8 die Querung der Residenzbahn über die A 8 erneuert werden. Ferner soll es im Juni und im November 2018 jeweils vier Wochen im Abschnitt Pforzheim–Mühlacker eine Totalsperrung geben. Dazu sollen noch sechs Wochen im Abschnitt Wilferdingen-Singen–Pforzheim in den Sommerferien kommen und der Anschluss des neuen Tunnels in Pforzheim muss auch realisiert werden. A n t w o r t * ) Mit Schreiben vom 22. Juni 2017 Nr. 3-3822.0-00/1845 beantwortet das Ministerium für Verkehr die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Inwieweit wird der Zugverkehr auf der Residenzbahn durch den Ausbau der Enztalquerung der A 8 beeinträchtigt werden (aufgeteilt nach Zeitraum und Strecke)? Zum Abriss der alten Eisenbahnbrücke und zum Einbau der neuen breiteren Brücke über die A 8 werden vier Wochen Vollsperrung auf der Bahnstrecke zwischen Pforzheim und Mühlacker benötigt. Der Beginn findet vsl. ab Mitte November 2018 statt. *) Der Überschreitung der Drei-Wochen-Frist wurde zugestimmt. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2059 2. Welche weiteren Streckensperrungen sind zum heutigen Zeitpunkt bis zum Jahr 2023 auf der Residenzbahn geplant? Im Jahr 2018 gibt es folgende weitere Sperrungen: • 19. Mai 2018 bis 4. Juni 2018 Gleiserneuerung zwischen Wilferdingen-Singen und Pforzheim und Bahnsteigarbeiten an der Strecke • 16. Juni 2018 bis 23. Juli 2018 Gleiserneuerung zwischen Pforzheim und Mühl - acker und Bahnsteigarbeiten in Mühlacker • 30. Juli 2018 bis 10. September 2018 Gleiserneuerung zwischen Wilferdingen- Singen und Pforzheim und Anschwenkung Tunnel Pforzheim Weitere Sperrungen auf dieser Strecke sind bisher nicht bekannt. 3. In welcher Form wird die Anbindung von Pforzheim und Mühlacker an die Fernverkehrsknoten Stuttgart und Karlsruhe während dieser Sperrungen hergestellt ? Die beiden Städte bleiben jeweils immer von einer Seite aus auf der Schiene anfahrbar . In die jeweils andere Richtung gibt es einen Schienenersatzverkehr mit Bussen bis zum nächsten größeren Umsteigeknoten. 4. Inwieweit werden die jeweils auf der Strecke der Residenzbahn verkehrenden Zugarten (S, RE, IRE, IC sowie der nächtliche ICE) während der Sperrungen geleitet? Die Fernverkehrszüge (ICE und IC) sowie die durchgehenden IRE-Züge Karls - ruhe–Stuttgart werden über Bruchsal umgeleitet. 5. Sollten während dieser Zeit der IRE und der IC über die Schnellfahrstecke Bruchsal umgeleitet werden, inwieweit wird ein ersatzweiser Zugpendelverkehr von Vahingen/Enz bis zum jeweiligen Endpunkt (Mühlacker bzw. Pforzheim ) sowie von Karlsruhe bis zum jeweiligen Endpunkt (Wilferdingen/Singen bzw. Pforzheim) eingerichtet werden? In Vaihingen (Enz) besteht Anschluss von und nach Mühlacker mit den RE-Zügen und der S 5 bis Mühlacker/Pforzheim. Von Karlsruhe bis Pforzheim verkehrt die S 5 im Halbstundentakt. Ob darüber hinaus zusätzliche Pendelfahrten angeboten werden können, wird zusammen mit den Eisenbahnverkehrsunternehmen geprüft. 6. In welchem Umfang wird zwischen den komplett gesperrten Streckenabschnitten ein Schienenersatzverkehr als Ersatz für die eingesetzten Zugtypen (teil - weise mehrgliedrige Doppelstockzüge) eingerichtet werden? Anhand der vorhandenen Reisendenzahlen wird die Buskapazität so bemessen, dass alle Fahrgäste befördert werden können. 7. Welche Berechnungen bezüglich des Fahrgastaufkommens wurden angestellt, inwieweit beispielsweise die Fahrgäste bei vollen mehrgliedrigen Doppelstockzügen kapazitätsmäßig mit einem Schienenersatzverkehr transportiert werden können? Durch die geplante Umleitung der IRE wird ein erheblicher Fahrgastanteil an der Baustelle vorbeigeleitet. Die Erfahrung zeigt, dass die dann eingesetzten Gelenkbusse im Regelfall das Fahrgastaufkommen vor Ort bewältigen können. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2059 4 8. Sofern eine Sperrung erforderlich ist, wurde der dazu benötigte Schienenersatzverkehr in die Planung der Umleitungsstrecken bzw. des Staus auf den Umleitungsstrecken der A 8 einbezogen? Der Schienenersatzverkehr wird in Abstimmung mit dem Regierungspräsidium geplant und die günstigste Route festgelegt. Ein Ausweichen auf die A 8 ist nur für einen eventuell verkehrenden Schnellbus von Pforzheim nach Karlsruhe geplant . 9. Geht sie davon aus, dass bei den Verkehrsbehinderungen durch den Ausbau der A 8 und dem dadurch verursachten Ausweichverkehr dennoch der Schie - nenersatzverkehr pünktlich verlaufen wird und damit die Anschlüsse rechtzeitig erreicht werden? Die Fahrzeiten des Schienenersatzverkehrs werden mit einem Fahrzeitzuschlag und einer Pufferzeit beim Umsteigen geplant. Die Erfahrung zeigt, dass dies in den meisten Fällen ausreicht. 10. In welchem Umfang rechnet sie mit Entschädigungsansprüchen der Fahr - gäste, wenn es aufgrund des Schienenersatzverkehrs und überlasteter Umleitungsstrecken zu Verspätungen kommt und Anschlusszüge in Karlsruhe oder Stuttgart nicht erreicht werden? Entschädigungsansprüche von Fahrgästen ergeben sich für die Eisenbahnverkehrsunternehmen zum einen aus den Fahrgastrechten im Eisenbahnverkehr und zum anderen aus den Mobilitätsgarantien der Verbünde (in diesem Fall v. a. KVV und VPE). Grundsätzlich muss davon ausgegangen werden, dass der Betrieb im Umfeld von (großen) Baustellensituationen stets weniger zuverlässig verläuft als im Normalfall . Deswegen ist folgerichtig mit einem gesteigerten Aufkommen an Entschädigungsforderungen zu rechnen. Andererseits sind die finanziellen Folgen hieraus für die Verkehrsunternehmen als eher gering einzustufen. Deutlich relevanter ist, dass die Attraktivität der SPNV-Verbindungen auf der betroffenen Relation (Karlsruhe–Pforzheim–Mühlacker–Vaihingen–Bietigheim-Bis - singen) in Mitleidenschaft gezogen wird. Es ist davon auszugehen, dass übergangsweise – während einzelner (größerer) Bauphasen – und auch langfristig (Abo-)Kunden verloren gehen. Die Erfahrung zeigt, dass es einen nicht zu unterschätzenden Anteil an Reisenden gibt, die während solcher Bauphasen aufs Auto (Privat-Pkw, Fahrgemeinschaften, Carsharing etc.) umsteigen. Für betreffenden Zeiträume werden dann Abos gekündigt oder Zeitkarten zurückgegeben bzw. erst gar nicht gekauft. Außerdem ist damit zu rechnen, dass ein gewisser Anteil der „Stammkundschaft“ im Zuge der über viele Jahre andauernden Bauarbeiten (v. a. in Richtung Privat- Pkw) verloren gegangen ist und noch weiter verloren geht, denn die Einschränkungen auf dieser Strecke sind bereits seit Jahren baubedingt sehr hoch und werden es auch absehbar bleiben. Dieser finanzielle (Risiko-)Faktor dürfte sich in den Einnahmen der Verkehrsunternehmen und Verbünde spürbar niederschlagen. Bundesländer und Eisenbahnverkehrsunternehmen drängen daher gegenüber der DB Netz AG und dem Bund darauf, bei den Bauplanungen die Auswirkungen auf die Fahrgäste stärker zu berücksichtigen und Vollsperrungen zu reduzieren. Hermann Minister für Verkehr