Landtag von Baden-Württemberg
16. Wahlperiode
Drucksache 16 /
2088
17. 05. 2017
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Eingegangen: 17. 05. 2017 / Ausgegeben: 05. 07. 2017
Kleine Anfrage
Ich frage die Landesregierung:
1. Inwieweit werden von ihr kommunale Aufwendungen für die Planung von
Unterkünften für Flüchtlinge ersetzt?
2. Inwieweit werden kommunale Aufwendungen für die Planung von Unterkünf-
ten für Flüchtlinge ersetzt, deren Belegung oder Realisierung aufgrund bereits
ausreichend hergestellter Kapazitäten nicht notwendig wird?
3. Plant sie, künftig anfallende Planungskosten der Kreise und Kommunen für
schlussendlich nicht benötigte Flüchtlingsunterkünfte vollständig zu ersetzen?
4. Inwieweit unterscheidet sie bei der Erstattung von kommunalen Planungs -
kosten zum Zwecke des Baus von Flüchtlingsunterkünften zwischen selbststän-
diger kommunaler Planung und einer Beauftragung Dritter mit solchen Planun-
gen?
5. Wie schätzt sie den Bedarf ein, Flüchtlingsunterkünfte, die zwar bereits geplant
oder in Planung befindlich sind, bei denen jedoch noch kein Baubeginn statt-
fand, fertigzustellen?
6. Inwieweit gestattet sie Kreisen und Kommunen, die über Überkapazitäten hin-
sichtlich der Belegung von Flüchtlingsunterkünften verfügen, diese Überkapa-
zitäten durch eine anderweitige Nutzung der Flüchtlingsunterkünfte abzubauen?
Kleine Anfrage
des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP
und
Antwort
des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration
Übernahme kommunaler Planungskosten zur Flüchtlings-
unterbringung durch die Landesregierung
Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet
abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente
Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeich-
net mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“.
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Drucksache 16 / 2088
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7. Erstattet sie vollumfänglich die Planungskosten für Gemeinschaftsunterkünfte
für Asylbewerber im Stadtkreis Pforzheim, die bereits angefallen sind, deren
Bau aber angesichts der rückläufigen Zugangszahlen im Bereich Asyl nicht
mehr zwangsläufig nötig erscheint?
17. 05. 2017
Dr. Rülke FDP/DVP
Antwort
Mit Schreiben vom 12. Juni 2017 Nr. 7-0141.5/16/2088/1 beantwortet das Minis -
terium für Inneres, Digitalisierung und Migration im Einvernehmen mit dem Mi-
nisterium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau die Kleine Anfrage wie folgt:
1. Inwieweit werden von ihr kommunale Aufwendungen für die Planung von
Unterkünften für Flüchtlinge ersetzt?
Zu 1.:
Nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG) erhalten die Stadt- und Landkreise
für jede zugeteilte und übernommene Person eine einmalige Ausgabenerstat-
tungspauschale des Landes. Mit der Pauschale werden die notwendigen Ausgaben
der Stadt- und Landkreise für die vorläufige Unterbringung erstattet. In dieser
Pauschale ist neben den Leistungsausgaben nach dem AsylbLG, Krankenausga-
ben und Betreuungsausgaben auch ein Anteil für Verwaltungsausgaben und Lie-
genschaftsausgaben enthalten. Darüber hinaus können die Stadt- und Landkreise
ihre Ausgaben im Rahmen der zwischen dem Land und den Kommunalen Lan-
desverbänden vereinbarten nachlaufenden Spitzabrechnung nachträglich in deren
tatsächlicher Höhe abrechnen. Liegenschaftsbezogene Aufwendungen sind erstat-
tungsfähig, soweit sie unmittelbar für die vorläufige Unterbringung nach dem
FlüAG anfallen. Im Zusammenhang mit den Liegenschaften entstehende Verwal-
tungsaufwendungen (auch interne Verrechnungen, alle Serviceleistungen für die
Liegenschaften, aber ohne Steuerungskosten) sind ebenfalls von der Kostenerstat-
tung des Landes umfasst.
2. Inwieweit werden kommunale Aufwendungen für die Planung von Unterkünf-
ten für Flüchtlinge ersetzt, deren Belegung oder Realisierung aufgrund bereits
ausreichend hergestellter Kapazitäten nicht notwendig wird?
3. Plant sie, künftig anfallende Planungskosten der Kreise und Kommunen für
schlussendlich nicht benötigte Flüchtlingsunterkünfte vollständig zu ersetzen?
Zu 2. und 3.:
Einrichtungen der vorläufigen Unterbringung werden grundsätzlich nur insoweit
finanziert, als ihre Inbetriebnahme unter Einhaltung des Grundsatzes der Wirt-
schaftlichkeit und Sparsamkeit zum Zeitpunkt der Entscheidung erforderlich war.
Bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit einer solchen Maßnahme ist zu berück-
sichtigen, dass die Stadt- und Landkreise ihre Unterbringungskapazitäten voraus-
schauend auf der Grundlage einer Prognose des voraussichtlichen Bedarfs treffen
müssen, der am Ende vom tatsächlichen Bedarf abweichen kann. Wenn der Rück-
gang der Zuweisungszahlen kurzfristig und nicht planbar war, dann sind Kosten
für noch vorgehaltene Plätze im Rahmen der Pauschalenüberprüfung erstattungs-
fähig. Diese Grundsätze gelten auch, soweit die Unterkünfte letztlich nicht reali-
siert werden, aber bereits Planungskosten angefallen sind.
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4. Inwieweit unterscheidet sie bei der Erstattung von kommunalen Planungskos ten
zum Zwecke des Baus von Flüchtlingsunterkünften zwischen selbstständiger
kommunaler Planung und einer Beauftragung Dritter mit solchen Planungen?
Zu 4.:
Bei der Beurteilung der notwendigen Kosten für die vorläufige Unterbringung er-
folgt keine Unterscheidung zwischen selbstständiger kommunaler Planung und
einer Beauftragung Dritter. Die Beachtung der haushaltsrechtlichen Regelungen
ist bei allen Ausgaben (u. a. Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit),
die Grundlage für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben nach dem FlüAG.
5. Wie schätzt sie den Bedarf ein, Flüchtlingsunterkünfte, die zwar bereits geplant
oder in Planung befindlich sind, bei denen jedoch noch kein Baubeginn statt-
fand, fertigzustellen?
Zu 5.:
Mit Schreiben vom 8. März 2017 hat das Innenministerium die Stadt- und Land-
kreise über die vorbehaltlich der Zugangsentwicklung beabsichtigten monatlichen
Zuteilungskontingente in die vorläufige Unterbringung für das Jahr 2017 infor-
miert. Entsprechend dieser Mitteilung und den Erfahrungswerten, z. B. über die
Abgänge in die Anschlussunterunterbringung, stehen die Kreise in der Pflicht,
den notwendigen Bedarf an Unterbringungsplätzen zu ermitteln.
6. Inwieweit gestattet sie Kreisen und Kommunen, die über Überkapazitäten hin-
sichtlich der Belegung von Flüchtlingsunterkünften verfügen, diese Überkapa-
zitäten durch eine anderweitige Nutzung der Flüchtlingsunterkünfte abzubauen?
Zu 6.:
Bei rückläufigen Zuweisungszahlen sind die überschüssigen Unterbringungskapa-
zitäten vorrangig durch Veräußerung von Liegenschaften oder der Auflösung von
(Miet-, Pacht- oder Leasing-)Verträgen abzubauen. Darüber hinaus besteht die
Möglichkeit, die Liegenschaften der vorläufigen Unterbringung einer anderweiti-
gen Nutzung zuzuführen. Daraus resultierende Einkünfte müssen im Rahmen der
Pauschalenüberprüfung als Einnahmen verbucht werden. Auch hier gilt das Wirt-
schaftlichkeitsprinzip: Können im Gegenzug die weiterhin benötigten Unterbrin-
gungskapazitäten für die vorläufige Unterbringung nur über teure Lösungen
sichergestellt werden, so sind die Kosten dieser Maßnahmen aufgrund ihrer Un-
wirtschaftlichkeit nicht berücksichtigungsfähig.
Im Rahmen des am 3. April 2017 außer Kraft getretenen Landesförderprogramms
„Wohnraum für Flüchtlinge“, das die Neuschaffung von Wohnraum für die An-
schlussunterbringung von Flüchtlingen zum Ziel hat, ist eine Nutzung des geför-
derten Wohnraums als sozialer Mietwohnraum oder anderweitig zu sozialen Un-
terbringungszwecken zulässig, sofern der entsprechende Bedarf an Wohnraum für
die Anschlussunterbringung nicht mehr vorhanden ist. Der geänderte Bedarf ist
durch die Gemeinde plausibel darzulegen. Die weiteren Förderbedingungen – wie
z. B. die Mietbindung – bleiben bestehen.
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7. Erstattet sie vollumfänglich die Planungskosten für Gemeinschaftsunterkünfte
für Asylbewerber im Stadtkreis Pforzheim, die bereits angefallen sind, deren
Bau aber angesichts der rückläufigen Zugangszahlen im Bereich Asyl nicht
mehr zwangsläufig nötig erscheint?
Zu 7.:
Unter den o. g. Voraussetzungen erstattet das Land dem Stadtkreis Pforzheim die
Planungskosten für Gemeinschaftsunterkünfte, auch wenn deren Bau nicht mehr
erforderlich erscheint.
In Vertretung
Würtenberger
Ministerialdirektor