Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 2096 18. 05. 2017 1Eingegangen: 18. 05. 2017 / Ausgegeben: 05. 07. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Welchen pädagogischen Mehrwert schreibt sie Klassenfahrten zu und inwiefern erachtet sie es für wichtig, dass Schülerinnen und Schüler daran teilnehmen? 2. In welchen Jahrgangsstufen finden in der Regel Klassenfahrten an allgemein bildenden Schulen statt? 3. Wie hoch ist die Teilnahmequote von Schülerinnen und Schülern an Klassenfahrten (nach Jahrgangsstufen)? 4. Aus welchen Gründen nehmen Schülerinnen und Schüler nicht an Klassenfahrten teil (Häufigkeit der einzelnen Gründe, ggf. nach Jahrgangsstufen)? 5. Wie hoch liegen die durchschnittlichen Kosten für Schülerinnen und Schüler bei Klassenfahrten (nach Jahrgangsstufen)? 6. Wann sieht sie die Vorgabe der Verwaltungsvorschrift „Außerunterrichtliche Veranstaltungen an Schulen“ vom 6. Oktober 2002 bei Klassenfahrten erfüllt, in der es heißt: „die für Schüler entstehenden Kosten sind so niedrig wie möglich zu halten, müssen in einem vertretbaren Verhältnis zum Nutzen der Veranstaltung stehen und dürfen die Eltern nicht in unzumutbarem Maße belasten“? 7. Welche Möglichkeiten bestehen derzeit, Kindern aus finanziell schlechter gestellten Familien die Teilnahme an Klassenfahrten zu ermöglichen? 8. Wie häufig werden die in Frage 7 genannten Möglichkeiten derzeit in Anspruch genommen? Kleine Anfrage des Abg. Gerhard Kleinböck SPD und Antwort des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Teilnahme an Klassenfahrten Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2096 2 9. Welche Bedeutung hat die materielle Unterstützung von Fördervereinen bei der Finanzierung von Klassenfahrten? 10. Wie hoch liegen die durchschnittlichen Kosten für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Schüleraustauschen? 18. 05. 2017 Kleinböck SPD B e g r ü n d u n g Außerschulische Veranstaltungen, insbesondere Klassenfahrten, sind ein wichtiger Baustein schulischer Bildung. Sie ermöglichen die Vertiefung des Unterrichtsstoffes , haben positive Auswirkungen auf das Schüler-Lehrer-Verhältnis und stärken das Verständnis und Miteinander der Klassengemeinschaft. Es sollte daher sichergestellt sein, dass alle Schülerinnen und Schüler einer Klasse an außerschulischen Veranstaltungen teilnehmen. A n t w o r t Mit Schreiben vom 2. Juni 2017 Nr. 31-6535.0/368/1 beantwortet das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Welchen pädagogischen Mehrwert schreibt sie Klassenfahrten zu und inwiefern erachtet sie es für wichtig, dass Schülerinnen und Schüler daran teilnehmen? Klassenfahrten gehören zu den außerunterrichtlichen Veranstaltungen, die für die Schulen zur Erfüllung ihrer erzieherischen Aufgaben besondere Bedeutung haben. Außerunterrichtliche Veranstaltungen dienen der Vertiefung, Erweiterung und Ergänzung des Unterrichts und tragen zur Entfaltung und Stärkung der Gesamtpersönlichkeit der einzelnen Schülerin bzw. des einzelnen Schülers bei. Maßgebliche Grundlage auch für die Durchführung außerunterrichtlicher Veranstaltungen ist die Verwaltungsvorschrift des Kultusministeriums „Außerunterrichtliche Veranstaltungen der Schulen“ vom 6. Oktober 2002 (im Folgenden Verwaltungsvorschrift). Außerunterrichtliche Veranstaltungen bieten vielfältige Möglichkeiten zu einer vertieften Begegnung zwischen Lehrkräften und Schülerinnen bzw. Schülern. Lehrkräfte können sich einerseits den einzelnen Schülerinnen und Schülern stärker persönlich zuwenden. Die Schülerinnen und Schüler haben andrerseits bei der Planung und Durchführung solcher Veranstaltungen die Gelegenheit, ihre besonderen Interessen und Fähigkeiten in ganz anderer Weise in das schulische Geschehen einzubringen, als dies sonst im üblichen Schulalltag möglich ist. Außerunterrichtliche Veranstaltungen können den Gemeinschaftsgeist innerhalb der Klasse und das soziale Verhalten der Schülerinnen und Schüler fördern. Sie bieten außerdem besondere Chancen, den pädagogischen Bezug zwischen Lehrkräften und Schülerinnen bzw. Schülern zu vertiefen sowie die Schülerinnen und Schüler in ihrer Persönlichkeit, zum Beispiel durch die verbindliche Übernahme von Verantwortung , zu stärken. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2096 Vor diesem Hintergrund kommt außerunterrichtlichen Veranstaltungen im Allgemeinen und Klassenfahrten im Besonderen eine hervorgehobene pädagogische Bedeutung zu. Wenn eine außerunterrichtliche Veranstaltung durchgeführt wird, sollen möglichst alle Schülerinnen und Schüler einer Klasse teilnehmen. Aufgrund der pädagogischen Bedeutung der außerunterrichtlichen Veranstaltungen und ihrer gruppendynamischen Effekte für die Klasse ist es ungünstig, wenn einzelne Schülerinnen oder Schüler nicht teilnehmen können. 2. In welchen Jahrgangsstufen finden in der Regel Klassenfahrten an allgemein bildenden Schulen statt? Der Begriff „Klassenfahrt“ wird in der Verwaltungsvorschrift nicht verwendet. Für einzelne außerunterrichtliche Veranstaltungen, die diesem Begriff unterfallen, trifft die Verwaltungsvorschrift allerdings ausdrückliche Regelungen: – Wanderungen und Jahresausflüge: ab Klasse 5 kann eine bis zu einwöchige Wanderung stattfinden, ausnahms - weise ist auch Schülerinnen und Schülern der Klassen 3 und 4 eine mehrtägige Wanderung möglich; – Lehr- und Studienfahrten sowie Veranstaltungen im Rahmen der politischen Bildung: sie können ab Klasse 8 durchgeführt werden und sollen nicht mehr als fünf Unterrichtstage dauern; – Schullandheimaufenthalte: in der Regel ab Klasse 5, ausnahmsweise sind auch mit Schülerinnen und Schülern der Klassen 1 bis 4 Schullandheimaufenthalte möglich. Im Übrigen berät und beschließt die Gesamtlehrerkonferenz mit Einverständnis der Schulkonferenz über die Grundsätze der in einem Schuljahr stattfindenden schulischen Veranstaltungen. Außerunterrichtliche Veranstaltungen sind demnach unter Beachtung der Vorgaben der Verwaltungsvorschrift in das mit der Schulgemeinschaft abgestimmte Gesamtkonzept der Schule vor Ort eingebunden. 3. Wie hoch ist die Teilnahmequote von Schülerinnen und Schülern an Klassenfahrten (nach Jahrgangsstufen)? 4. Aus welchen Gründen nehmen Schülerinnen und Schüler nicht an Klassenfahrten teil (Häufigkeit der einzelnen Gründe, ggf. nach Jahrgangsstufen)? 5. Wie hoch liegen die durchschnittlichen Kosten für Schülerinnen und Schüler bei Klassenfahrten (nach Jahrgangsstufen)? Hierzu liegen keine Daten der amtlichen Schulstatistik vor. 6. Wann sieht sie die Vorgabe der Verwaltungsvorschrift „Außerunterrichtliche Veranstaltungen an Schulen“ vom 6. Oktober 2002 bei Klassenfahrten erfüllt, in der es heißt: „die für Schüler entstehenden Kosten sind so niedrig wie möglich zu halten, müssen in einem vertretbaren Verhältnis zum Nutzen der Veranstaltung stehen und dürfen die Eltern nicht in unzumutbarem Maße belasten“? Die Verwaltungsvorschrift bestimmt bezüglich der Zulässigkeit der Durchführung außerunterrichtlicher Veranstaltungen keine monetäre Höchstgrenze. Die Vor - gabe, für Schülerinnen und Schüler entstehende Kosten so niedrig wie möglich zu halten, wird jedoch dadurch konkretisiert, dass bei mehrtägigen Veranstaltungen in der Regel Heime, Jugendherbergen, Jugendhotels und ähnliche Übernachtungsund Verpflegungsstätten auszuwählen sind, bei denen geringere Kosten für Verpflegung und Unterkunft als allgemein entstehen. Zudem sind bei der Wahl des Verkehrsmittels öffentliche Verkehrsmittel zu bevorzugen, soweit ein zumutbares Fahrangebot besteht. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2096 4 Im Übrigen richten sich die Kosten nach dem Verhältnis zur jeweils ins Auge gefassten außerunterrichtlichen Veranstaltung. Hierbei ist insbesondere die Bedeutung der Veranstaltung für die erzieherischen Aufgaben der Schule zu berücksichtigen , zu der bereits unter Ziffer 1 ausgeführt worden ist: Vertiefung, Erweiterung , Ergänzung des Unterrichts; Persönlichkeitsrelevanz der Veranstaltung für Schülerinnen und Schüler; Vertiefung der Beziehung zwischen Lehrkraft und Schülerinnen und Schülern. In diesem Zusammenhang muss auch die Vorgabe beachtet werden, dass grundsätzlich alle Schülerinnen und Schüler einer Klasse teilnehmen sollen. Danach sind die Schulen und Lehrkräfte also gehalten, die Veranstaltungen kos - tenbewusst zu planen. Schließlich soll die Planung der einzelnen schulischen Veranstaltungen , insbesondere der mehrtägigen Fahrten und Wanderungen, grund - sätzlich in der Klassenpflegschaft beraten werden. Eine kostenbewusste Planung berücksichtigt insbesondere Vergleichsangebote anderer Veranstalter. Ggf. sind auch alternative Veranstaltungsziele, die ebenfalls geeignet wären, die mit der Klassenfahrt verbundenen pädagogischen Ziele zu erreichen , auszuwählen. 7. Welche Möglichkeiten bestehen derzeit, Kindern aus finanziell schlechter gestellten Familien die Teilnahme an Klassenfahrten zu ermöglichen? 8. Wie häufig werden die in Frage 7 genannten Möglichkeiten derzeit in Anspruch genommen? 9. Welche Bedeutung hat die materielle Unterstützung von Fördervereinen bei der Finanzierung von Klassenfahrten? Eine Möglichkeit zur Kostensenkung besteht z. B. darin, dass durch die Veranstalter angebotene Freiplätze auf die Schülerinnen und Schüler umgelegt werden. Dadurch können Kosten für die einzelnen Schülerinnen und Schüler gesenkt werden. Eventuell kann auch ein Förderverein Schülerinnen und Schüler durch (anteilige) Kostenübernahme unterstützen. Bei bedürftigen Schülerinnen und Schüler besteht auch die Möglichkeit, dass im Rahmen des Bildungspaketes des Bundesministe - riums für Bildung und Soziales der erforderliche Teilnehmerbeitrag für eine außerunterrichtliche Veranstaltung übernommen wird. Welche Möglichkeiten, Kindern aus finanziell schlechter gestellten Familien die Teilnahme an Klassenfahrten zu ermöglichen, genutzt werden, wird von der amtlichen Schulstatistik nicht erfasst. 10. Wie hoch liegen die durchschnittlichen Kosten für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Schüleraustauschen? Als außerunterrichtliche Veranstaltungen sind bei Schüleraustauschen die Bestimmungen der Verwaltungsvorschrift zur Kostenminimierung ebenfalls einzuhalten (s. dazu bereits unter Ziffer 6). Die Höhe durchschnittlicher Kosten für die Teilnahme an einem Schüleraustausch wird nicht ermittelt. Es handelt sich um sehr unterschiedliche Destinationen und auch die Aufenthaltsdauern variieren derart stark (die Verwaltungsvorschrift bestimmt diesbezüglich eine Dauer zwischen zehn Tagen und vier Wochen), sodass die Aussagekraft eines Mittelwertes nur sehr begrenzt wäre. Dr. Eisenmann Ministerin für Kultus, Jugend und Sport