Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 2114 22. 05. 2017 1Eingegangen: 22. 05. 2017 / Ausgegeben: 10. 07. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie beurteilt sie die Rolle dezentraler Unterbringung Asylsuchender im Hinblick auf die angestrebte Integration geduldeter und anerkannter Flüchtlinge? 2. Wie beurteilt sie die Rolle dezentraler Unterbringung Asylsuchender im Hinblick auf das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung? 3. Welche Unterstützung bietet sie Kommunen zur Realisierung der dezentralen Unterbringung? 4. Welche Mittel stellt sie zur Erreichung der in Frage 1 und 2 benannten Ziele zur Verfügung? 5. Wie werden diese Mittel eingesetzt? 6. Wie beurteilt sie das Engagement in der Gemeinde Pfedelbach zum Wiederaufbau der bei einem Brandanschlag im November 2016 zerstörten Asylunterkunft ? 7. Teilt sie die Auffassung, dass angesichts der Finanzierungslücke zwischen Versicherungszahlung und Wiederaufbaukosten der Asylunterkunft von fast einer halben Million Euro, zumal vor dem Hintergrund des Anschlags, der diesen Wiederaufbau notwendig macht, eine Unterstützung der Gemeinde Pfedelbach durch das Land angezeigt ist? 8. Wie unterstützt sie den Wiederaufbau der Asylunterkunft Pfedelbach? 22. 05. 2017 Weinmann FDP/DVP Kleine Anfrage des Abg. Nico Weinmann FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration Wiederaufbau der Asylunterkunft Pfedelbach Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2114 2 A n t w o r t Mit Schreiben vom 14. Juni 2017 Nr. 7-0141.5/16/2114 beantwortet das Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration im Einvernehmen mit dem Minis - terium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau und dem Ministerium für Soziales und Integration die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie beurteilt sie die Rolle dezentraler Unterbringung Asylsuchender im Hinblick auf die angestrebte Integration geduldeter und anerkannter Flüchtlinge? Zu 1.: Die dezentrale Unterbringung Asylsuchender wirkt sich grundsätzlich positiv auf die Integration aus. Hierdurch können u. a. die sprachliche und soziale Integration sowie die Selbstständigkeit Geflüchteter unterstützt und die Akzeptanz in der Bevölkerung gefördert werden. Nicht zuletzt kann mit einer dezentralen Unterbringung Segregationsprozessen entgegengewirkt werden. 2. Wie beurteilt sie die Rolle dezentraler Unterbringung Asylsuchender im Hinblick auf das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung? Zu 2.: Valide Aussagen zum Sicherheitsgefühl der Bevölkerung und relevanten Ein - fluss größen lassen sich auf Basis wissenschaftlich fundierter Bürgerbefragungen treffen, wie sie die regionalen Polizeipräsidien in Kooperation mit Kommunen oder Landkreisen zum Teil durchführen. Dem Landespolizeipräsidium sind allerdings keine Befragungen bekannt, welche explizit die Einflussgrößen von zentralen und dezentralen Asylunterkünften auf das Sicherheitsgefühl zum Gegenstand hatten. 3. Welche Unterstützung bietet sie Kommunen zur Realisierung der dezentralen Unterbringung? Zu 3.: In den Jahren 2015 und 2016 hat das Land mit dem Landesförderprogramm „Wohnraum für Flüchtlinge“ die Gemeinden bei der Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichtaufgabe zur Anschlussunterbringung Geflohener mit einem Zuschuss zu den dafür anfallenden Investitionskosten unterstützt. Zweck dieses Förderprogramms war die Schaffung neuen Wohnraums für die gemeindliche Anschlussunterbringung von Flüchtlingen in den Gemeinden des Landes. Die Förderung im Umfang von 25 Prozent der Erwerbs- oder Investi - tionskosten war dabei unabhängig von dem Unterbringungskonzept der Gemeinde . Die Unterstützung mehrerer dezentraler Unterbringungsmöglichkeiten war durch wiederholte Antragstellung seitens der Gemeinde möglich. Das Förderprogramm ist zum 3. April 2017 ausgelaufen. Seit dem 3. April 2017 gilt das Programm Wohnungsbau BW 2017, das die Grundlage für die soziale Mietwohnraumförderung in Baden-Württemberg bildet. Die soziale Mietwohnraumförderung dient allen wohnberechtigten Haushalten, die sich am Wohnungsmarkt ohne staatliche Hilfe nicht mehr angemessen mit Wohnraum versorgen können. Die hier geltenden Sozialbindungen spiegeln ein allgemeines, dem Gedanken der Gleichrangigkeit wohnberechtigter Haushalte folgendes Belegungsrecht wider. Wohnberechtigt können auch Ausländer sein, wenn sie über ein Bleiberecht oder doch zumindest über eine positive Bleibeperspektive verfügen. Mit der sozialen Mietwohnraumförderung sollen somit nicht lediglich Unterbringungsmöglichkeiten geschaffen werden, sondern vielmehr Mietwohnungen, die zu einer dauerhaften Wohnnutzung bestimmt sind und die den wohnberechtigten Haushalten auf der Grundlage einer schuldrechtlichen – mietvertraglichen – Ver- 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2114 einbarung überlassen werden. Mit der damit typischerweise einhergehenden dezentralen wohnungsmäßigen Versorgung bleiberechtigter Zuwanderer ist die soziale Mietwohnraumförderung in wesentlich höherem Maße geeignet, das Ziel der Integration bleibeberechtigter Zuwanderer zu erreichen. 4. Welche Mittel stellt sie zur Erreichung der in Frage 1 und 2 benannten Ziele zur Verfügung? 5. Wie werden diese Mittel eingesetzt? 7. Teilt sie die Auffassung, dass angesichts der Finanzierungslücke zwischen Versicherungszahlung und Wiederaufbaukosten der Asylunterkunft von fast einer halben Million Euro, zumal vor dem Hintergrund des Anschlags, der diesen Wiederaufbau notwendig macht, eine Unterstützung der Gemeinde Pfedelbach durch das Land angezeigt ist? 8. Wie unterstützt sie den Wiederaufbau der Asylunterkunft Pfedelbach? Zu 4., 5., 7. und 8.: Mit dem Ziel der Integration von Flüchtlingen stellt das Land zur Unterstützung der Kommunen bei ihrer Aufgabe der Anschlussunterbringung in den Jahren 2017 und 2018 im Rahmen des Paktes für Integration insgesamt 320 Mio. Euro zur Verfügung. Davon werden den Kommunen 180 Mio. Euro für die kommunale Anschlussunterbringung gewährt; 140 Mio. Euro entfallen auf Integrationsförderprogramme , die u. a. für Maßnahmen des Integrationsmanagements und in den Bereichen Schule und Übergang zum Beruf, Spracherwerb und bürgerschaftliche Strukturen sowie Ehrenamt vorgesehen sind. Mit Blick auf die hohen Flüchtlingszugänge im Jahr 2015 erhalten die Städte und Gemeinden für ihre Aufgabe der Anschlussunterbringung pauschale Zuweisungen gemäß § 29 d Absatz 1 Finanzausgleichsgesetz (FAG) in Höhe von insgesamt 180 Mio. Euro. Diese Mittel sind zweckgebunden für die mit der Integration der Flüchtlinge verbundenen Kosten einzusetzen. Die Städte und Gemeinden können in diesem Rahmen frei darüber entscheiden, wofür genau sie das Geld einsetzen. Für das Integrationsmanagement als Kernstück der Integrationsförderprogramme stellt das Land 116 Mio. Euro zur Verfügung und ermöglicht damit die Einstellung von rund 1.000 Integrationsmanagern in den Kommunen. Durch das Integrationsmanagement sollen die Geflüchteten in die Lage versetzt werden, die vorhandenen Strukturen und Angebote der Integration und Teilhabe zu überblicken und diese selbstständig zu nutzen. Mit der Förderung sollen außerdem möglichst einheitliche landesweite Bedingungen für die Arbeit der Integrationsmanagerinnen und Integrationsmanager geschaffen, vorhandene kommunale Strukturen gestärkt und dabei die Gegebenheiten und Bedarfe vor Ort berücksichtigt werden. Eine weitere Unterstützung bei der Integration von Flüchtlingen bietet das Minis - terium für Soziales und Integration den Stadt- und Landkreisen auf der Grundlage der „Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Integration über die Gewährung von Zuwendungen an Stadt- und Landkreise zur Förderung von Deutschkenntnissen bei Asylbewerbern und Flüchtlingen in Baden-Württemberg“ (siehe dazu bereits die Stellungnahme des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration zu Nr. 7 des Antrags der Abg. Emil Sänze u. a. AfD, Drucksache 16/1280). Das Förderprogramm „Wohnraum für Flüchtlinge“ war mit einem Bewilligungsvolumen im Umfang von 90 Mio. Euro ausgestattet. Das Programm Wohnungsbau BW 2017, das neben dem Landeswohnraumförderungsprogramm auch das vorgenannte Förderprogramm abgelöst hat und dabei eine andere Schwerpunktsetzung verfolgt, ist mit einem Gesamtverfügungsrahmen in Höhe von 250 Millionen Euro verbunden. Davon sind konzeptionell allein rund 180 Mio. Euro für Maßnahmen der Mietwohnraumförderung vorgesehen. Der Einsatz der Fördermittel erfolgt nach den jeweiligen Programmvorgaben und damit zielgerichtet entsprechend den abgestimmten Fördertatbeständen. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2114 4 Während das Programm „Wohnraum für Flüchtlinge“ der Schaffung von Mietwohnraum zu Zwecken der Anschlussunterbringung diente, sind die Fördertatbestände des Programms Wohnungsbau BW 2017 deutlich vielschichtiger. Im Vordergrund stehen Neubaumaßnahmen, um dem Mangel an bezahlbarem Wohnraum entgegenzuwirken. Dieses Mengenziel soll aber auch mit Hilfe von Fördermaßnahmen im Wohnungsbestand erreicht werden, indem Sozialbindungen auch an bereits bestehenden Mietwohnungen begründet werden können. Schließlich kommt ein Teil des Bewilligungsvolumens auch der Förderung der Eigentumsbildung zugute, womit Schwellenhaushalten der Weg ins Wohneigentum geebnet wird. Die Gemeinde Pfedelbach hat einen Förderantrag nach dem zwischenzeitlich beendeten Landesförderprogramm „Wohnraum für Flüchtlinge“ gestellt. Zum Ausgang dieses Verwaltungsverfahrens kann derzeit noch keine abschließende Aussage getroffen werden. 6. Wie beurteilt sie das Engagement in der Gemeinde Pfedelbach zum Wiederaufbau der bei einem Brandanschlag im November 2016 zerstörten Asylunterkunft ? Zu 6.: Die Gemeinde Pfedelbach nimmt wie alle anderen Gemeinden im Hohenlohekreis ihre Verantwortung zur Unterbringung von Flüchtlingen in Anschlussunterkünften sehr ernst und agiert vorbildlich. Nach der Zerstörung des Gebäudes durch den Brandanschlag im November 2016 war die Gemeinde Pfedelbach um einen schnellen Wiederaufbau der Asylbewerberunterkunft bestrebt. Der hierzu notwendige Gemeinderatsbeschluss erging nur zwei Monate nach dem Brandanschlag, am 17. Januar 2017. Um das Baugenehmigungsverfahren und somit auch den Wiederaufbau zu beschleunigen, steht die Gemeinde Pfedelbach seit diesem Zeitpunkt in ständigem Kontakt mit der für die Erteilung der Baugenehmigung zuständigen Behörde, der Stadt Öhringen. Rückblickend lässt sich feststellen, dass die Gemeinde Pfedelbach alles veranlasst hat, um mit dem Wiederaufbau der abgebrannten Asylunterkunft schnell und zeitnah beginnen zu können. Durch den ständigen Kontakt der für die Erteilung der Baugenehmigung zuständigen Behörde wird versucht, so rasch als möglich die Voraussetzungen für den Baubeginn zu erhalten, um schnell und zeitnah weiteren Flüchtlingen eine Unterkunft für die Anschlussunterbringung zur Verfügung zu stellen. Die Gemeinde Pfedelbach hat trotz geringerer Unterbringungsmöglich - keiten weiterhin Flüchtlinge für die Anschlussunterbringung aufgenommen. In Vertretung Jäger Staatssekretär