Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 212 28. 06. 2016 1Eingegangen: 28. 06. 2016 / Ausgegeben: 29. 07. 2016 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie bewertet sie die Sicherheit hinsichtlich der Gleisraumüberwachung an Bahnhöfen mit tiefem Gleisbett in Baden-Württemberg? 2. Welche Möglichkeiten der Gleisraumüberwachung bzw. welche Schutzmaßnahmen gibt es an diesen Bahnhöfen in Baden-Württemberg? 3. Welche Schutzmaßnahmen der Gleisraumüberwachung sind ihr deutschlandbzw . europaweit bekannt? 4. Welche Forschungsprojekte gab bzw. gibt es nach ihrer Kenntnis zu Schutzmaßnahmen in Bahnhöfen mit tiefem Gleisbett (mit Angabe, welche Erkenntnisse daraus gezogen wurden)? 5. Wie bewertet sie die Idee „Einrichtung einer Notrufsäule in S-Bahnhöfen mit tiefem Gleisbett, die im Tunnel den Fahrer der einfahrenden S-Bahn mittels Warnsignal alarmiert“ hinsichtlich Umsetzbarkeit, Praktikabilität und Kosten? 02. 06. 2016 Paal CDU Kleine Anfrage des Abg. Claus Paal CDU und Antwort des Ministeriums für Verkehr Gleisraumüberwachung – Mehr Sicherheit an Bahnhöfen mit tiefem Gleisbett Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 212 2 B e g r ü n d u n g Die Meldungen im Raum Stuttgart, dass Personen von S-Bahnen erfasst werden, nehmen in letzter Zeit zu. Es braucht realistische Schutzmaßnahmen und eine schnelle Lösung, die auf direktem Wege beim S-Bahnfahrer landet und damit Leben retten kann. Eine mögliche Lösung könnte eine Notfallsäule sein, die im Tunnel der einfahrenden S-Bahn ein Warnlicht auslöst. Mittels eines entsprechend gekennzeichneten Druckknopfes, der sichtbar für alle Passanten am Bahnsteig installiert wird, könnte der S-Bahn-Fahrer rechtzeitig gewarnt werden und langsam und auf Sicht in den Bahnsteig einfahren. Auch hätten Passanten, die helfen wollen , eine Möglichkeit, dies zu tun, ohne sich selbst zu gefährden. Ob dies technisch machbar und eventuell bereits Praxis ist, soll die Anfrage klären. A n t w o r t Mit Schreiben vom 20. Juli 2016 Nr. 3-3820.0-0/395 beantwortet das Ministerium für Verkehr die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie bewertet sie die Sicherheit hinsichtlich der Gleisraumüberwachung an Bahnhöfen mit tiefem Gleisbett in Baden-Württemberg? Dem Ministerium für Verkehr ist keine Definition des Begriffes „tiefes Gleisbett“ bekannt. Aufgrund der beiliegenden Begründung wird davon ausgegangen, dass hierbei die Gleise entlang der 96 cm hohen Bahnsteige für Stadtschnellbahnen gemeint sind. An diesen speziellen Bahnsteigen sind dem Ministerium für Verkehr keine Häufungen von Unfällen bekannt. Da diese Bahnsteighöhen in Baden-Württemberg lediglich im Streckennetz der DB Netz AG vorhanden sind, können verlässliche Informationen nur bei der zuständigen Aufsichtsbehörde des Bundes, dem Eisenbahn -Bundesamt, eingeholt werden. 2. Welche Möglichkeiten der Gleisraumüberwachung bzw. welche Schutzmaßnahmen gibt es an diesen Bahnhöfen in Baden-Württemberg? Die Zuständigkeit der Landeseisenbahnaufsicht beschränkt sich lediglich auf die nichtbundeseigenen Eisenbahnen. Über die Situation an den Bahnhöfen der DB Station&Service AG liegen der Landesregierung keine Informationen vor. 3. Welche Schutzmaßnahmen der Gleisraumüberwachung sind ihr deutschlandbzw . europaweit bekannt? Dem Ministerium für Verkehr ist bekannt, dass U-Bahnen nach der Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen (BOStrab) – im Gegensatz zu Eisenbahnen wie auch Stadtschnellbahnen – über ein Nothaltsystem am Bahnhof verfügen . Im Falle eines Gleissturzes können andere Personen hierdurch ein Haltsignal für einen sich nähernden Zug auslösen und damit, unter der Voraussetzung eines noch ausreichenden Bremswegabstandes, einen Unfall mit einem einfahrenden Zug verhindern. Auch kann mit dem Nothalt die Anfahrt eines Zuges verhindert werden, wenn jemand im Bereich des stehenden Fahrzeugs in den Gleisbereich stürzt. Um das Risiko von Gleisstürzen vor oder bei der Zugeinfahrt zu minimieren, ist die körperhafte Abtrennung des Gleisbereichs bis zum Stillstand des Zuges mithilfe von sog. Bahnsteigtüren ein probates Mittel. Solche Systeme werden aufgrund des Wegfalls von Fahrpersonal für fahrerlose U-Bahnen gebaut, setzen aber – neben anderen infrastrukturellen Bedingungen – zwingend voraus, dass die Züge exakt zum Halten kommen und sich die Türen der Züge stets an derselben Stelle befinden. Bahnsteigtüren führen jedoch zu verlängerten Fahrgastwechselzeiten, 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 212 da ein gleichzeitiges Schließen von Fahrzeug- und Bahnsteigtür aus Sicherheitsgründen nicht möglich ist. Gleisüberwachungssysteme, die den Gleisbereich ohne bauliche Abtrennung überwachen und somit den Sturz bzw. das Betreten nicht verhindern, jedoch detektieren können, werden bei der fahrerlosen U-Bahn in Nürnberg eingesetzt. Hierbei wird ein mikrowellenbasiertes Überwachungssystem genutzt. 4. Welche Forschungsprojekte gab bzw. gibt es nach ihrer Kenntnis zu Schutzmaßnahmen in Bahnhöfen mit tiefem Gleisbett (mit Angabe, welche Erkenntnisse daraus gezogen wurden)? Dem Ministerium für Verkehr ist bekannt, dass die Münchener Verkehrsgesellschaft mbH im Jahre 2012 ein Gutachten in Auftrag gegeben hat, nachdem es zeitweise zu vermehrten Unfällen kam. 5. Wie bewertet sie die Idee „Einrichtung einer Notrufsäule in S-Bahnhöfen mit tiefem Gleisbett, die im Tunnel den Fahrer der einfahrenden S-Bahn mittels Warnsignal alarmiert“ hinsichtlich Umsetzbarkeit, Praktikabilität und Kosten? Ein solches System kann die Sicherheit an solchen Stationen erhöhen. Die Anwendbarkeit , Wirksamkeit, Genehmigungsfähigkeit und Kosten eines Gleisraumüberwachungssystems hängen sehr stark von zahlreichen lokalen Rahmenbedingungen des Netzes ab. Jedes System muss daher spezifisch für die jeweilige Anwendung ausgewählt und konfiguriert werden. Da 96 cm hohe Bahnsteige in Baden-Württemberg lediglich im Zuständigkeitsbereich des Eisenbahn-Bundesamtes liegen, obliegt diese Beurteilung dem Eisenbahn -Bundesamt. Hermann Minister für Verkehr