Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 2177 02. 06. 2017 1Eingegangen: 02. 06. 2017 / Ausgegeben: 31. 07. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Tonnen Feinstaub (< 10 μm) und Stickoxide entstehen in Baden- Württemberg und insbesondere in Stuttgart (Neckartor) jährlich durch Abgase von Dieselfahrzeugen, die höchstens die Abgasnorm Euro 5 erfüllen? 2. Wie groß ist der prozentuale Anteil der unter Frage 1 genannten Dieselfahr - zeuge an der gesamten Feinstaub- und Stickoxidbelastung in Baden-Württemberg und insbesondere in Stuttgart (Neckartor)? 3. Wie groß ist nach ihrer Kenntnis derzeit deutschlandweit der Anteil der Dieselfahrzeuge bis einschließlich Euro 5-Norm an allen Dieselfahrzeugen? 4. Wie hoch schätzt die Landesregierung die Einsparung an Feinstaub und Stick - oxid (in Tonnen und in Prozent), wenn alle Dieselfahrzeuge die Euro 6-Norm (oder annähernd die Euro 6-Norm durch Nachrüstungen) erfüllen würden? 5. Welche Feinstaub-Bilanz ergibt sich derzeit bei einer Aufschlüsselung nach Herkunft (Abgase, Abrieb) und Fahrzeug (Pkw, schwere Nutzfahrzeuge, leichte Nutzfahrzeuge, Krafträder) in Baden-Württemberg und insbesondere in Stuttgart (Neckartor)? 6. Welche Feinstaub- und Stickoxidbilanz ergäbe sich bei Beantwortung der Frage 5, wenn alle Dieselfahrzeuge die Euro 6-Norm (oder annähernd die Euro 6- Norm durch Nachrüstungen) erfüllen würden? Kleine Anfrage des Abg. Gernot Gruber SPD und Antwort des Ministeriums für Verkehr Auswirkungen der Emissionen aus den Motoren des Straßenverkehrs auf den Schadstoffgehalt der Luft Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2177 2 7. An wie vielen Tagen weniger wären 2016 die Feinstaub- und Stickoxidgrenzwerte in der Landeshauptstadt Stuttgart überschritten worden, wenn das vom Verkehrsminister angekündigte eingeschränkte Fahrverbot bereits gegolten hätte? 02. 06. 2017 Gruber SPD B e g r ü n d u n g Die Landesregierung hat ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge bis zur Euro 5-Norm angekündigt. Das Verbot soll bewirken, dass in den Ballungsräumen des Landes die Grenzwerte für Feinstaub zumindest weniger häufig überschritten werden, wie beispielsweise in Stuttgart, wo das in der Saison 2016/2017 an 85 Tagen im Jahr der Fall war. Nach Untersuchungen der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) verursacht der Straßenverkehr ein Viertel des Feinstaubvolumens, aber nur ein kleinerer Anteil davon stammt aus Abgasen. Außerdem sind neun von zehn Fahrzeugen Pkw, unter denen der Diesel -Anteil deutlich geringer ist als unter leichten Nutzfahrzeugen oder schweren Nutzfahrzeugen. Die Auswirkungen eines Fahrverbotes für Dieselfahrzeuge unterhalb der Euro 6-Norm könnten bezüglich der Absenkung der Feinstaubemissionen daher eher marginal ausfallen (vgl. hierzu die Antwort der Landesregierung auf den Antrag 16/1089 des Abgeordneten Nemeth u. a. CDU vom 29. November 2016). A n t w o r t * ) Mit Schreiben vom 13. Juli 2017 Nr. 4-0141.5/262 beantwortet das Ministerium für Verkehr im Einvernehmen mit dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Tonnen Feinstaub (< 10 μm) und Stickoxide entstehen in Baden- Württemberg und insbesondere in Stuttgart (Neckartor) jährlich durch Abgase von Dieselfahrzeugen, die höchstens die Abgasnorm Euro 5 erfüllen? 2. Wie groß ist der prozentuale Anteil der unter Frage 1 genannten Dieselfahrzeuge an der gesamten Feinstaub- und Stickoxidbelastung in Baden-Württemberg und insbesondere in Stuttgart (Neckartor)? Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 1 und 2 zusammen beantwortet : Die Angaben beruhen auf Berechnungen der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW), die auf der Grundlage der Auswertung nach Fahrzeugarten und Emissionsnormen für den Stadtkreis Stuttgart und den Abschätzungen aus dem Emissionskataster 2014 für Baden-Württemberg der LUBW (LUBW Emissions-Kataster 2014) durchgeführt wurden. Es ergeben sich durch Dieselfahrzeuge bis höchstens der Abgasnorm Euro 5 für das Stadtgebiet Stuttgart abgasbedingte PM10-Emissionen von etwa 25 Tonnen/Jahr und Stickoxid-Emissionen von etwa 1.283 Tonnen/Jahr. Für das Land Baden-Würt - temberg wurden etwa 923 Tonnen/Jahr abgasbedingte Feinstaub PM10-Emissio- *) Nach Ablauf der Drei-Wochen-Frist eingegangen. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2177 nen und etwa 37.955 Tonnen/Jahr Stickoxid-Emissionen berechnet. Für den Stadt - kreis entspricht dies etwa 87 Prozent, für Baden-Württemberg etwa 82 Prozent der Stickoxid-Emissionen. Bei den abgasbedingten PM10-Emissionen gehen für den Stadtkreis Stuttgart etwa 79 Prozent und für Baden-Württemberg etwa 91 Pro - zent auf Dieselfahrzeugen bis höchstens der Abgasnorm 5 zurück. Darüber hinaus sei darauf hingewiesen, dass die Größe „Tonnen“ für den Gesundheitsschutz der Bürgerinnen und Bürger nicht die entscheidende Größe ist, sondern die Konzentration von Feinstaub und Stickstoffdioxid an der Straße. Maßgeblich für eine verursachergerechte Maßnahmenplanung ist jedoch nicht der Beitrag zu den Emissionen im Stadtkreis Stuttgart oder in Baden-Württemberg, sondern der Verursacheranteil an den Messstationen, an denen Grenzwertüberschreitungen festgestellt werden. Diese Ursachenanalysen werden von der LUBW erarbeitet und wurden zuletzt als Bericht „Luftreinhaltepläne für Baden-Württemberg – Grundlagenband 2015“ veröffentlicht. An der Messstelle Stuttgart Am Neckartor stammen etwa 51 Prozent der Feinstaub PM10-Konzentrationen aus dem Straßenverkehr, wobei 44 Prozentpunkte Aufwirbelung und Abrieb und lediglich 7 Prozentpunkte den Abgasen zuzurechnen sind. Bei Stickstoffdioxid stammen 77 Prozent aus dem Straßenverkehr. Der Straßenverkehr ist damit in beiden Fällen der Hauptverursacher. Eine Differenzierung nach Euro-Normen liegt für diese Auswertung nicht vor. 3. Wie groß ist nach ihrer Kenntnis derzeit deutschlandweit der Anteil der Dieselfahrzeuge bis einschließlich Euro 5-Norm an allen Dieselfahrzeugen? Der Anteil der zugelassenen Dieselfahrzeuge (Pkw und Nutzfahrzeuge) zum 1. Januar 2017 bis einschließlich Euro 5-Norm (bzw. Euro V) am Fahrzeugbestand der Dieselfahrzeuge gesamt in Deutschland, beträgt 77 Prozent. Grundlage hierfür ist der Bericht des Kraftfahrt-Bundesamtes „Fahrzeugzulassungen (FZ) zum 1. Januar 2017 (FZ13)“. 4. Wie hoch schätzt die Landesregierung die Einsparung an Feinstaub und Stickoxid (in Tonnen und in Prozent), wenn alle Dieselfahrzeuge die Euro 6-Norm (oder annähernd die Euro 6-Norm durch Nachrüstungen) erfüllen würden? Unter der Annahme, dass alle Dieselfahrzeuge die Euro 6-Norm (oder annähernd die Euro 6-Norm durch Nachrüstungen) erfüllen würden, ergeben sich bei den Straßenverkehrs-Emissionen für den Stadtkreis Stuttgart bei den Feinstaub PM10- Emissionen Einsparungen von etwa 18 Tonnen (13 Prozent) und bei den Stick - oxid-Emissionen eine Minderung von etwa 797 Tonnen (54 Prozent). Bezogen auf die gesamten PM10-Emissionen im Stadtkreis Stuttgart entspricht dies einer Minderung von 6 Prozent, bezüglich der gesamten Stickoxid-Emissionen etwa 29 Prozent. In Baden-Württemberg liegen die Einsparungen bei den PM10-Emissionen des Straßenverkehrs bei etwa 720 Tonnen (17 Prozent), bei den Stickoxid-Emissionen bei etwa 26.586 Tonnen (57 Prozent). Bezogen auf die Gesamt-Emissionen des Landes entspricht dies bei den PM10-Emissionen einer Minderung von 5 Prozent und bei den Stickoxid-Emissionen von 23 Prozent. 5. Welche Feinstaub-Bilanz ergibt sich derzeit bei einer Aufschlüsselung nach Herkunft (Abgase, Abrieb) und Fahrzeug (Pkw, schwere Nutzfahrzeuge, leichte Nutzfahrzeuge, Krafträder) in Baden-Württemberg und insbesondere in Stuttgart (Neckartor)? Bei der folgenden nach Fahrzeugarten gegliederten Feinstaub-Bilanz wird bei den PM10-Emissionen zwischen den abgasbedingten und den zusammengefassten PM10-Emissionen aus Abrieb (i. W. Bremsen-, Reifen und Straßenbelagsabrieb) und der fahrzeuginduzierten Aufwirbelung unterschieden. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2177 4 (Pkw = Personenkraftwagen, LNFZ = leichte Nutzfahrzeuge, SNFZ = schwere Nutzfahrzeuge, Krad = Krafträder) 6. Welche Feinstaub- und Stickoxidbilanz ergäbe sich bei Beantwortung der Frage 5, wenn alle Dieselfahrzeuge die Euro 6-Norm (oder annähernd die Euro 6- Norm durch Nachrüstungen) erfüllen würden? Durch eine Nachrüstung aller Dieselfahrzeuge nach der Euro 6-Norm ergeben sich bei den abgasbedingten Feinstaub PM10-Emissionen und den PM10-Emissionen aus Abrieb und Aufwirbelung sowie bei den Stickoxid-Emissionen nach Fahrzeugarten gegliedert folgende Werte: (Pkw = Personenkraftwagen, LNFZ = leichte Nutzfahrzeuge, SNFZ = schwere Nutzfahrzeuge, Krad = Krafträder) 6WDGWNUHLV 6WXWWJDUW )HLQVWDXE 30 (PLVVLRQHQ DXV $EJDV 30 (PLVVLRQHQ DXV $EULHE XQG $XIZLUEHOXQJ 6WLFNR[LG 12[ (PLVVLRQHQ 3NZ W W W /1)= W W W 61)= W W W .UDG W W W /DQG %DGHQ :UWWHPEHUJ )HLQVWDXE 30 (PLVVLRQHQ DXV $EJDV 30 (PLVVLRQHQ DXV $EULHE XQG $XIZLUEHOXQJ 6WLFNR[LG 12[ (PLVVLRQHQ 3NZ W W W /1)= W W W 61)= W W W .UDG W W W 6WDGWNUHLV 6WXWWJDUW )HLQVWDXE 30 (PLVVLRQHQ DXV $EJDV 30 (PLVVLRQHQ DXV $EULHE XQG $XIZLUEHOXQJ 6WLFNR[LG 12[ (PLVVLRQHQ 3NZ W W W /1)= W W W 61)= W W W .UDG W W W /DQG %DGHQ :UWWHPEHUJ )HLQVWDXE 30 (PLVVLRQHQ DXV $EJDV 30 (PLVVLRQHQ DXV $EULHE XQG $XIZLUEHOXQJ 6WLFNR[LG 12[ (PLVVLRQHQ 3NZ W W W /1)= W W W 61)= W W W .UDG W W W 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2177 7. An wie vielen Tagen weniger wären 2016 die Feinstaub- und Stickoxidgrenzwerte in der Landeshauptstadt Stuttgart überschritten worden, wenn das vom Verkehrsminister angekündigte eingeschränkte Fahrverbot bereits gegolten hätte? Im Gesamtwirkungsgutachten, das im Rahmen der 3. Fortschreibung des Luft - reinhalteplans Stuttgart erstellt wurde, wurden die immissionsseitigen Auswirkungen untersucht, wenn nur Fahrzeuge mit Blauer Plakette, d. h. Diesel-Fahrzeuge ab Euro 6/VI und Otto-Fahrzeuge ab Euro 3/III, in den Talkessel einfahren dürfen und eine Abschätzung dieser Maßnahme für die Feinstaub PM10-Überschreitungstage vorgenommen. Unter der Voraussetzung, dass an allen potenziellen PM10-Überschreitungstagen auch Feinstaubalarm ausgelöst wird, wurde auf Basis der Jahre 2013 bis 2015 bei einer durchschnittlichen Überschreitungszahl von 73 ein Minderungspotenzial von 20 Überschreitungstagen berechnet. Dabei wurde die maximal mögliche Minderung bestimmt (siehe Dokumentation Teil 1 zum Entwurf der 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Stuttgart, Kapitel 7.2.2). Hermann Minister für Verkehr