Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 2185 06. 06. 2017 1Eingegangen: 06. 06. 2017 / Ausgegeben: 20. 07. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Größenordnung an Flächen für Randsortimente wird in Baden-Württemberg Möbelhäusern zugestanden, wenn sie nicht in „integrierter Innenstadtlage “ angesiedelt sind? 2. Wie definiert sich eine „integrierte Innenstadtlage“? 3. Wie viele Quadratmeter an Randsortimenten werden der IKEA-Ansiedlung in Karlsruhe zugestanden und wie wird diese Genehmigung begründet? 4. Wie viele Quadratmeter an Randsortimenten wird dem Möbelzentrum Pforzheim zugestanden und welche Unterschiede sieht die Landesregierung zu IKEA-Karlsruhe? 5. Was unternimmt sie, um auf eine Gleichbehandlung in Baden-Württemberg angesiedelter Möbelhändler in Sachen Randsortimente hinzuwirken? 02. 06. 2017 Dr. Rülke FDP/DVP Kleine Anfrage des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Randsortimente bei Möbelhäusern Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2185 2 A n t w o r t Mit Schreiben vom 29. Juni 2017 Nr. 54-0141.5/154 beantwortet das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau die Kleine Anfrage wie folgt. 1. Welche Größenordnung an Flächen für Randsortimente wird in Baden-Württemberg Möbelhäusern zugestanden, wenn sie nicht in „integrierter Innenstadtlage “ angesiedelt sind? 2. Wie definiert sich eine „integrierte Innenstadtlage“? Zu 1. und 2.: Nach dem Integrationsgebot des Landesentwicklungsplans sollen Einzelhandelsgroßprojekte vorrangig an städtebaulich integrierten Standorten ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden; (nur) für nicht zentrenrelevante Warensortimente kommen auch städtebauliche Randlagen infrage. Das Integrationsgebot wird in den Regionalplänen entsprechend den jeweiligen raumstrukturellen und örtlichen Gegebenheiten räumlich konkretisiert und ausgeformt . Dies geschieht insbesondere durch die gebietsscharfe Abgrenzung der zentralörtlichen Versorgungskerne der Ober-, Mittel- und Unterzentren in der Raumnutzungskarte des Regionalplans. Diese werden als Vorranggebiete für zentren - relevante Einzelhandelsgroßprojekte festgelegt und stellen städtebaulich integrierte Standorte im Sinne der Raumordnung dar. Bei deren Festlegung können neben den Innenstädten und Ortskernen entsprechend den örtlichen Gegebenheiten auch Neben- oder Stadtteilzentren einbezogen werden, die in guter Erreichbarkeit innerhalb des baulich verdichteten Siedlungszusammenhangs liegen. Im Regionalplan für die Region Nordschwarzwald werden die gebietsscharf festgelegten integrierten Standortbereiche als „Versorgungskerne“ und im Regionalplan der Re - gion Mittlerer Oberrhein als „Integrierte Lagen“ bezeichnet. Außerhalb der im Regionalplan festgelegten Standortbereiche, also an nicht integrierten Standorten, ist die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben mit zentrenrelevanten Warensortimenten raumordnerisch in der Regel nur zulässig, wenn eine Verkaufsfläche von ca. 800 m² nicht überschritten wird. Dies ist die Grenze, ab der nach der Rechtsprechung die Großflächigkeit beginnt und nach § 11 Abs. 3 Satz 3 Baunutzungsverordnung negative Auswirkungen auf die Ziele der Raum - ordnung vermutet werden. Für Einzelhandelsgroßprojekte, die neben einem nichtzentrenrelevanten Kernsortiment (z. B. Möbel) auch zentrenrelevante Randsortimente führen, bedeutet dies an nicht integrierten Standorten im Allgemeinen, dass die Verkaufsfläche für zentrenrelevante Randsortimente 800 m² nicht übersteigen darf, sofern der Regionalplan aufgrund regionsspezifischer Verhältnisse im Einzelfall nicht eine weiter - gehende Begrenzung der zentrenrelevanten Randsortimente vorsieht. 3. Wie viele Quadratmeter an Randsortimenten werden der IKEA-Ansiedlung in Karlsruhe zugestanden und wie wird diese Genehmigung begründet? Zu 3.: Der Standort für das IKEA-Vorhaben in Karlsruhe befindet sich in einem Bereich , für den im Regionalplan der Region Mittlerer Oberrhein eine „Integrierte Lage – Einrichtungskaufhaus“ festgelegt ist. Der Standort liegt innerhalb des baulich verdichteten Siedlungszusammenhangs an der städtischen Entwicklungsachse zwischen der Innenstadt und dem Stadtteilzentrum Durlach und weist eine sehr gute Einbindung in das Netz des öffentlichen Personennahverkehrs auf. Aufgrund der integrierten Lage sind bei diesem Möbelhaus zentrenrelevante Sortimente , die im Zusammenhang mit dem Hauptwarensortiment stehen, auch über 800 m² Verkaufsfläche hinaus zulässig. Für das Vorhaben ist eine Baugenehmigung beantragt, die derzeit aber noch nicht vorliegt. In einer Auswirkungsanalyse zur Ansiedlung des IKEA-Einrichtungshauses, die auch Grundlage für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan war, sind folgende Angaben zu sortimentsbezoge- 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2185 nen Verkaufsflächengrößen genannt: Gesamtverkaufsfläche 25.500 m²; davon Möbelsortiment: 17.200 m², nicht zentrenrelevante Sortimente: 4.850 m² sowie zentrenrelevante Sortimente: 3.450 m². 4. Wie viele Quadratmeter an Randsortimenten wird dem Möbelzentrum Pforzheim zugestanden und welche Unterschiede sieht die Landesregierung zu IKEA-Karlsruhe? Zu 4.: Der Standort des Möbelzentrums Pforzheim befindet sich außerhalb der im Regionalplan Nordschwarzwald festgelegten Versorgungskerne und damit nicht in einem integrierten Standortbereich im raumordnerischen Sinne. Der Standort liegt – anders als der Standort des IKEA-Vorhabens in Karlsruhe – in einer städtebau - lichen Randlage am nordöstlichen Siedlungsrand von Pforzheim und weist auch keine vergleichbar gute Einbindung in das Netz des öffentlichen Personennahverkehrs auf. Aufgrund der nicht integrierte Lage ist der Umfang des zentrenrelevanten Randsortiments beim Möbelzentrum Pforzheim auf 800 m² Verkaufsfläche beschränkt (siehe Antwort zu Ziffer 1 und 2). Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass Teppiche und Bodenbeläge sowie Leuchten entsprechend den örtlichen Gegebenheiten nicht zu den zentrenrelevanten (Rand-)Sortimenten zählen. Nach den Baugenehmigungen für das Möbelzentrum sind Teppiche und Bodenbeläge in der für das Kernsortiment Möbel zugelassenen Verkaufsfläche von 24.371 m² enthalten und zuzüglich 2.500 m² für Leuchten und weitere 800 m² für zentrenrelevante Randsortimente zugelassen. 5. Was unternimmt sie, um auf eine Gleichbehandlung in Baden-Württemberg angesiedelter Möbelhändler in Sachen Randsortimente hinzuwirken? Zu 5.: Gemäß den Ausführungen zu Ziffer 1 und 2 kann es im Rahmen der raumordne - rischen Steuerung von Einzelhandelsgroßprojekten grundsätzlich nicht um eine pauschale Gleichbehandlung in dem Sinne gehen, dass bei allen Möbelhäusern – ungeachtet ihres Standorts – ein gleicher Flächenumfang an zentrenrelevanten Randsortimenten zulässig sein sollte. Im Interesse der Funktionsfähigkeit der Innenstädte und Ortszentren ist entsprechend den Vorgaben des Landesentwicklungsplans vielmehr stets danach zu differenzieren, ob sich die jeweiligen Vorhaben in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen und an einem integrierten Standort oder in städtebaulicher Randlage liegen. Dr. Hoffmeister-Kraut Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau