Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 2205 13. 06. 2017 1Eingegangen: 13. 06. 2017 / Ausgegeben: 28. 07. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wird Innenminister Strobl mit den Aussagen „Datenschutz darf kein Täterschutz sein“, „[i]n diesem Sinne darf sich Datenschutz auch nicht ansatzweise zum Komplizen bei Kapitalverbrechen machen.“ von Medien richtig zitiert? 2. Ist ihr und insbesondere Herrn Innenminister Strobl, Herrn Justizminister Wolf und Herrn Ministerpräsident Kretschmann bekannt, dass Komplizenschaft im Bereich des Strafrechts unter den Kategorien Täterschaft und Teilnahme (Anstiftung und Beihilfe) subsumiert wird? 3. Ist ihr und insbesondere Herrn Innenminister Strobl, Herrn Justizminister Wolf und Herrn Ministerpräsident Kretschmann bekannt, dass ein wesentlicher Anhaltspunkt für täterschaftliches Verhalten ist, dass eine Straftat als die eigene gewollt ist? 4. Ist ihr und insbesondere Herrn Innenminister Strobl, Herrn Justizminister Wolf und Herrn Ministerpräsident Kretschmann bekannt, dass ein wesentlicher Anhaltspunkt für die Teilnahme an Straftaten ist, dass eine Straftat als fremde Tat gewollt wird? 5. Ist ihr und insbesondere Herrn Innenminister Strobl, Herrn Justizminister Wolf und Herrn Ministerpräsident Kretschmann bekannt, dass Komplizen in diesem Sinne selbst Straftäter, also Kriminelle, sind? Kleine Anfrage des Abg. Nico Weinmann FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration Die mögliche Komplizenschaft des Datenschutzes bei Kapitalverbrechen nach den Äußerungen von Herrn Innenminister Strobl – Sind Datenschützer nach Auffassung der Landesregierung Kriminelle? Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2205 2 6. Ist sie und sind insbesondere Herr Innenminister Strobl, Herr Justizminister Wolf und Herr Ministerpräsident Kretschmann der Ansicht, dass Datenschützer bzw. der Datenschutz Kapitalverbrechen und andere Straftaten als eigene oder fremde Straftaten wollen bzw. will? 7. Ist sie und sind insbesondere Herr Innenminister Strobl, Herr Justizminister Wolf und Herr Ministerpräsident Kretschmann der Ansicht, dass Datenschützer Kriminelle beziehungsweise potenziell Kriminelle sind? 8. Wenn sie und insbesondere Herr Innenminister Strobl, Herr Justizminister Wolf und Herr Ministerpräsident Kretschmann, nicht der Ansicht sind, dass Datenschützer Kapitalverbrechen und andere Straftaten nach den Kriterien von Täterschaft und Teilnahme verwirklicht sehen wollen, inwieweit ist es dann angemessen , den Datenschutz beziehungsweise Datenschützer in die Nähe von Komplizen bei Kapitalverbrechen zu rücken? 9. Wenn sie nicht der Ansicht ist, dass die in Frage 1 genannten Aussagen angemessen sind, welche Konsequenzen hat sie aus dem Verhalten des Innenminis - ters gezogen beziehungsweise wird sie ziehen? 10. Wie hat und wird sie angesichts der Aussage von Herrn Innenminister Strobl zur Komplizenschaft des Datenschutzes bei Kapitalverbrechen Belange des Datenschutzes und den Landesdatenschutzbeauftragten bei der Umsetzung ihrer sogenannten Sicherheitspakete berücksichtigen beziehungsweise einbinden ? 13. 06. 2017 Weinmann FDP/DVP B e g r ü n d u n g Nach Medienangaben u. a. im Südkurier hat Herr Innenminister Thomas Strobl mit Blick auf das Mautgesetz von 2005 festgestellt: „Datenschutz darf kein Täterschutz sein.“ „In diesem Sinne darf sich Datenschutz auch nicht ansatzweise zum Komplizen bei Kapitalverbrechen machen.“ Der Landesdatenschutzbeauftragte Dr. Stefan Brink plädiert für eine offene und sachliche Debatte. A n t w o r t Mit Schreiben vom 12. Juli 2017 Nr. 3-1221.0/1/1 beantwortet das Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration im Einvernehmen mit dem Ministerium der Justiz und für Europa die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wird Innenminister Strobl mit den Aussagen „Datenschutz darf kein Täterschutz sein“, „[i]n diesem Sinne darf sich Datenschutz auch nicht ansatzweise zum Komplizen bei Kapitalverbrechen machen.“ von Medien richtig zitiert? Zu 1.: Das Zitat ist richtig wiedergegeben. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2205 2. Ist ihr und insbesondere Herrn Innenminister Strobl, Herrn Justizminister Wolf und Herrn Ministerpräsident Kretschmann bekannt, dass Komplizenschaft im Bereich des Strafrechts unter den Kategorien Täterschaft und Teilnahme (Anstiftung und Beihilfe) subsumiert wird? 3. Ist ihr und insbesondere Herrn Innenminister Strobl, Herrn Justizminister Wolf und Herrn Ministerpräsident Kretschmann bekannt, dass ein wesentlicher Anhaltspunkt für täterschaftliches Verhalten ist, dass eine Straftat als die eigene gewollt ist? 4. Ist ihr und insbesondere Herrn Innenminister Strobl, Herrn Justizminister Wolf und Herrn Ministerpräsident Kretschmann bekannt, dass ein wesentlicher Anhaltspunkt für die Teilnahme an Straftaten ist, dass eine Straftat als fremde Tat gewollt wird? 5. Ist ihr und insbesondere Herrn Innenminister Strobl, Herrn Justizminister Wolf und Herrn Ministerpräsident Kretschmann bekannt, dass Komplizen in diesem Sinne selbst Straftäter, also Kriminelle, sind? 6. Ist sie und sind insbesondere Herr Innenminister Strobl, Herr Justizminister Wolf und Herr Ministerpräsident Kretschmann der Ansicht, dass Datenschützer bzw. der Datenschutz Kapitalverbrechen und andere Straftaten als eigene oder fremde Straftaten wollen bzw. will? 7. Ist sie und sind insbesondere Herr Innenminister Strobl, Herr Justizminister Wolf und Herr Ministerpräsident Kretschmann der Ansicht, dass Datenschützer Kriminelle beziehungsweise potenziell Kriminelle sind? 8. Wenn sie und insbesondere Herr Innenminister Strobl, Herr Justizminister Wolf und Herr Ministerpräsident Kretschmann, nicht der Ansicht sind, dass Datenschützer Kapitalverbrechen und andere Straftaten nach den Kriterien von Täterschaft und Teilnahme verwirklicht sehen wollen, inwieweit ist es dann angemessen , den Datenschutz beziehungsweise Datenschützer in die Nähe von Komplizen bei Kapitalverbrechen zu rücken? 9. Wenn sie nicht der Ansicht ist, dass die in Frage 1 genannten Aussagen angemessen sind, welche Konsequenzen hat sie aus dem Verhalten des Innenminis - ters gezogen beziehungsweise wird sie ziehen? 10. Wie hat und wird sie angesichts der Aussage von Herrn Innenminister Strobl zur Komplizenschaft des Datenschutzes bei Kapitalverbrechen Belange des Datenschutzes und den Landesdatenschutzbeauftragten bei der Umsetzung ihrer sogenannten Sicherheitspakete berücksichtigen beziehungsweise einbinden ? Zu 2. bis 10.: Die Landesregierung ist sich der Bedeutung des Datenschutzes bewusst. Die Aussage zur Komplizenschaft ist daher keinesfalls als eine strafrechtliche Wertung zu sehen. Das Zitat enthält insbesondere keinen Angriff auf den Landesbeauftragten für den Datenschutz. Die Formulierung „der Datenschutz“ ist betont abstrakt und unpersönlich gehalten. Es ging und geht darum, einen sachlichen Zielkonflikt zur Sprache zu bringen, der zwischen den Strafverfolgungsinteressen und den Belangen des Datenschutzes besteht. Bei der Debatte um die Ausweitung staatlicher Ermittlungsbefugnisse wird oftmals auf die Gefahr des Überwachungsstaates hingewiesen . Die Politik hat in dieser Gemengelage die Aufgabe, auch den Opfern schwerster Gewaltverbrechen und deren Angehörigen eine Stimme zu verleihen. Und sie muss dabei Antworten auf die Frage finden, warum den Strafverfolgungsbehörden Instrumente zur Straftatenaufklärung vorenthalten werden, die in Nachbarländern zur Verfügung stehen. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2205 4 Dies umso mehr als sich in der Vergangenheit gezeigt hat, dass die Auswertung von Mautdaten in bestimmten Fällen der einzige erfolgversprechende Ermittlungsansatz ist. Mithin wird in diesem Kontext auf den ungeklärten Todesfall des 63-jährigen Parkplatzwächters im Jahr 2005 auf dem EURO-Rasthof Satteldorf in Crailsheim hingewiesen. Trotz des Anfangsverdachts eines Tötungsdeliktes blieb den Strafverfolgungsbehörden damals der Zugriff auf die Mautdaten verwehrt. Hierüber hätten wichtige Täterhinweise gewonnen werden können. Der Fall ist bis heute nicht aufgeklärt. Strobl Minister für Inneres, Digitalisierung und Migration