Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 2210 16. 06. 2017 1Eingegangen: 16. 06. 2017 / Ausgegeben: 27. 07. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Erzeuger und Verarbeitungsunternehmen gibt es im Wahlkreis Böblingen -Sindelfingen-Schönbuch, die die Anforderungen des Qualitätszeichens des Landes Baden-Württemberg (mit Herstellungshinweis Baden-Württemberg) erfüllen? 2. Wie viele Erzeuger und Verarbeitungsunternehmen gibt es im Wahlkreis Böblingen -Sindelfingen-Schönbuch, die die Anforderungen des BIO-Zeichens Baden -Württemberg erfüllen? 3. In welchen Bereichen der Lebensmittelbranche (pflanzliche oder tierische Rohprodukte , Verarbeitungsprodukte, Säfte und Spirituosen) sind diese Unternehmen aus dem Wahlkreis Böblingen-Sindelfingen-Schönbuch jeweils angesiedelt? 4. Liegen Erkenntnisse darüber vor, wie sich das Angebot von und die Nachfrage nach Produkten, die in Baden-Württemberg hergestellt und verarbeitet wurden in den vergangenen Jahren in Bezug auf Absatzzahlen und Produktpalette verändert hat? 5. Werden Betriebe, die ihre Produkte in Baden-Württemberg erzeugen und verarbeiten in irgendeiner Form durch das Land gefördert? 6. Beteiligt sich das Land beispielsweise an den Förderprogrammen des Gemeinschaftsmarketings Baden-Württemberg und wenn ja in welchem Umfang? Kleine Anfrage des Abg. Paul Nemeth CDU und Antwort des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Regionale Unternehmen in Baden-Württemberg und speziell im Wahlkreis Böblingen-Sindelfingen-Schönbuch Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2210 2 7. Wie bewertet sie den Vorschlag, ein Qualitätszeichen auch in anderen Branchen als der Lebensmittelherstellung (Textilien, Möbel ...) einzuführen? 14. 06. 2017 Nemeth CDU B e g r ü n d u n g Immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher setzen insbesondere bei Lebensmitteln , aber auch bei Möbeln oder Mode auf regional und ökologisch erzeugte Produkte. Regionalität und Saisonalität sind die Leitsätze eines Konsumverhaltens , das der Erkenntnis Ausdruck verleiht, dass Massenproduktion und Billigvermarktung durch Discounter sich häufig negativ auf die Qualität der Produkte und damit auf die Gesundheit der Konsumenten auswirken. Dies ist ein durchaus zu begrüßender Bewusstseinswandel, der regionale Produzenten aber gleichzeitig vor die Herausforderung stellt, ständig neue qualitativ hochwertige Produkte zu entwickeln. In Baden-Württemberg sind hier beispielsweise die Streuobstbauern hervorzuheben, die mit ihrem Engagement für eine nachhaltige und regionale Produktion auch entscheidend zum Erhalt der baden-württembergischen Kulturlandschaft beitragen, nachdem seit den 1960er-Jahren fast die Hälfte der Streuobstbäume in Baden-Württemberg verschwunden waren. Das Land sollte regionale Betriebe in ihrem Anspruch, bestehende Strukturen in der Produktion und Verarbeitung vor Ort zu erhalten und neue aufzubauen, wo es sie nicht (mehr) gibt, bestärken und unterstützen. Eine regionale Produktion von Lebensmitteln oder anderen Produkten ist nicht nur unter dem Aspekt des Naturund Landschaftsschutzes wünschenswert, sondern sorgt auch für einen geringeren CO2-Ausstoß dank kürzerer Transportwege und fördert nicht zuletzt den Erhalt von Arbeitsplätzen in der Region. Siegel wie das Qualitätszeichen des Landes Baden -Württemberg oder das Bio-Zeichen Baden-Württemberg sind hierfür ein adäquater Ansatz, um Erzeuger und Verarbeiter dazu zu motivieren und Verbraucherinnen und Verbraucher entsprechend zu informieren. A n t w o r t Mit Schreiben vom 10. Juli 2017 Nr. Z(22)-0141.5/173F beantwortet das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz im Einvernehmen mit dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Erzeuger und Verarbeitungsunternehmen gibt es im Wahlkreis Böblingen -Sindelfingen-Schönbuch, die die Anforderungen des Qualitätszeichens des Landes Baden-Württemberg (mit Herstellungshinweis Baden-Württemberg) erfüllen? Zu 1.: In Baden-Württemberg haben im Jahr 2016 4.133 Erzeuger und 410 Zeichennutzer nach den Bestimmungen des Qualitätszeichens Baden-Württemberg (QZBW) produziert, verarbeitet und vermarktet. Die Erfassung der QZBW-Erzeuger und QZBW-Zeichennutzer erfolgt auf Ebene der Landkreise. Angaben für den Wahl- 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2210 kreis Böblingen-Sindelfingen-Schönbuch können daher nur näherungsweise gemacht werden. So befinden sich ca. 44 QZBW-Erzeuger und 13 QZBW-Zeichennutzer in diesem Wahlkreis. 2. Wie viele Erzeuger und Verarbeitungsunternehmen gibt es im Wahlkreis Böblingen -Sindelfingen-Schönbuch, die die Anforderungen des BIO-Zeichens Baden -Württemberg erfüllen? Zu 2.: In Baden-Württemberg haben im Jahr 2016 203 Zeichennutzer die Anforderungen des Bio-Zeichens Baden-Württemberg (BioZBW) erfüllt. Die Erfassung der BioZBW-Zeichennutzer erfolgt auf Ebene der Landkreise. Angaben für den Wahl - kreis Böblingen-Sindelfingen-Schönbuch können daher nur näherungsweise gemacht werden. So befinden sich ca. fünf BioZBW-Zeichennutzer in diesem Wahlkreis . 3. In welchen Bereichen der Lebensmittelbranche (pflanzliche oder tierische Rohprodukte , Verarbeitungsprodukte, Säfte und Spirituosen) sind diese Unternehmen aus dem Wahlkreis Böblingen-Sindelfingen-Schönbuch jeweils angesiedelt? Zu 3.: Die meisten Unternehmen sind im Bereich Fleischerzeugung/-verarbeitung (insbesondere Schweinefleisch) angesiedelt. An zweiter Stelle liegt der Bereich Getreideanbau - und -vermarktung. An dritter Stelle stehen Obst- und Gemüsebetriebe (Erzeugung, Vermarktung und Verarbeitung). 4. Liegen Erkenntnisse darüber vor, wie sich das Angebot von und die Nachfrage nach Produkten, die in Baden-Württemberg hergestellt und verarbeitet wurden in den vergangenen Jahren in Bezug auf Absatzzahlen und Produktpalette verändert hat? Zu 4.: Dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz liegen keine unternehmensbasierten Zahlen zur Entwicklung von Angebot und Nachfrage bzw. Absatz und Produktpalette von in Baden-Württemberg hergestellten und verarbeiteten Produkten vor. Für Lebensmittel, die mit dem QZBW bzw. BioZBW gekennzeichnet sind, kann aber insbesondere in den Produktbereichen Obst und Gemüse, Fleischerzeugnisse und Milch und Milchprodukte ein positiver Trend festgestellt werden. 5. Werden Betriebe, die ihre Produkte in Baden-Württemberg erzeugen und verarbeiten in irgendeiner Form durch das Land gefördert? 6. Beteiligt sich das Land beispielsweise an den Förderprogrammen des Gemeinschaftsmarketings Baden-Württemberg und wenn ja in welchem Umfang? Zu 5. und 6.: Entsprechend § 20 Abs. 3 des Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes (LLG) hat sich das Land Baden-Württemberg dazu verpflichtet, die Agrar- und Ernäh - rungswirtschaft beim Absatz ihrer Produkte zu unterstützen, z. B. durch Förderung von Maßnahmen des Gemeinschaftsmarketings sowie zur Verbraucheraufklärung . Zum Zweck der Absatzförderung regionaler Produkte wurden die Qualitätsprogramme des Landes geschaffen. Sie leisten einen wertvollen Beitrag zur Förderung des Absatzes regionaler Lebensmittel aus Baden-Württemberg, insbesondere durch gesicherte Herkunft, kontrollierte und ausgezeichnete Qualität, Rückverfolgbarkeit sowie neutrale Kontrollen. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2210 4 Mit dem Ziel der nachhaltigen und langfristigen Absatzförderung arbeiten das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz sowie die Marketinggesellschaft mbH (MBW) teilweise bereits über Jahrzehnte hinweg eng und er - folgreich mit den Marktteilnehmern, insbesondere dem klassischen Lebensmitteleinzelhandel , zusammen. Im Zusammenhang mit den oben genannten Qualitätsprogrammen und den vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz kofinanzierten Maßnahmen des Gemeinschaftsmarketings der Fördergemeinschaft für Qualitätsprodukte e. V. (FBW) werden verschiedene Aktivitäten (z. B. im Lebensmitteleinzelhandel, der Gastronomie) zum Nutzen der heimischen Landwirtschaft und deren Partner in der Verarbeitung und Vermarktung umgesetzt . Die Marktstrukturförderung ist ein Förderprogramm im Rahmen des Maßnahmenund Entwicklungsplans Baden-Württemberg 2014 bis 2020 (MEPL III). Es werden investive Maßnahmen zur Modernisierung und Verbesserung der Ressour - ceneffizienz in mittelständisch strukturierten Unternehmen der Verarbeitung und Vermarktung unterstützt, um die Wettbewerbsfähigkeit dieser Unternehmen zu verbessern, die Wertschöpfungsketten in Baden-Württemberg auszubauen und damit zur Absatzsicherung und zur Schaffung von Erlösvorteilen auf der Erzeu - gerebene beizutragen. Kleine und mittlere Unternehmen, die überwiegend ökologisch oder regional erzeugte Qualitätsprodukte erfassen und verarbeiten, können einen erhöhten Fördersatz erhalten. 7. Wie bewertet sie den Vorschlag, ein Qualitätszeichen auch in anderen Branchen als der Lebensmittelherstellung (Textilien, Möbel …) einzuführen? Zu 7.: Aktuell existieren auf europäischer Ebene weit über 100 unterschiedliche Zertifikate , Siegel bzw. Label. Diese unterscheiden zwischen Produkt- und Prozesszertifizierungen und setzen jeweils unterschiedliche ökologische und soziale Schwerpunkte . Hilfestellung beim Vergleich und Verständnis gibt das Internetportal „Siegelklarheit.de“, eine Initiative der Bundesregierung, vertreten durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Projektziel ist die Stärkung nachhaltigen Handelns sowie die Marktdurchdringung anspruchsvoller Siegel und die internationale Umsetzung hoher Umwelt- und Sozialstandards . Allein für die Produktgruppe der Textilien sind bei „Siegelklarheit.de“ 29 Siegel aufgeführt, erklärt und bewertet. Jedoch spielen Regionalität und Saisonalität aufgrund der Komplexität textiler Produkte, insbesondere der Faservielfalt, sowie der textilen Kette im Allgemeinen, hierbei keine Rolle. Für die Produktgruppe Holz führt „Siegelklarheit.de“ vier Siegel auf, die jedoch noch nicht im Detail bewertet sind. Möbel können jedoch seit 2009 mit dem EU Ecolabel gekennzeichnet werden . Die Vergabe erfolgt an Produkte und Dienstleistungen, die geringere Umweltauswirkungen haben als vergleichbare Produkte. Die Landesregierung geht vor diesem Hintergrund davon aus, dass die Akzeptanz der Marktteilnehmer für ein „Qualitätszeichen Baden-Württemberg“ für Produkte der Wirtschaftszweige des Verarbeitenden Gewerbes zur regionalen Absatzförderung eher zurückhaltend sein wird. Hauk Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz