Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 2281 29. 06. 2017 1Eingegangen: 29. 06. 2017 / Ausgegeben: 08. 08. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Ist ihr die Aquiferwärmespeichertechnik bekannt? 2. Wie schätzt sie die Eignung dieser Technik zur Energiespeicherung ein? 3. Wie viele Gebiete in Baden-Württemberg sind für die Erschließung potenzieller Aquiferwärmespeicher geeignet und wo sind diese zu finden? 4. Sind im Staatshaushaltsplan Mittel zur Erforschung oder Anwendung dieser Technik eingestellt – ggf. wo – und wenn nicht, warum nicht? 5. Wo sieht sie überhaupt noch Forschungsbedarf, nachdem in den Niederlanden schon an 1.800 Standorten diese Technologie verwirklicht ist? 6. Warum gibt es in Baden-Württemberg demgegenüber noch überhaupt keine Aquiferwärmespeicher? 7. Wie unterscheiden sich die geologischen Bedingungen in den Niederlanden von denen in Baden-Württemberg, die eine entsprechende Anwendung dieser Technik in unserem Bundesland bisher zu verhindern scheinen? 23. 06. 2017 Dürr AfD Kleine Anfrage des Abg. Klaus Dürr AfD und Antwort des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Wärmespeicherung in unterirdischen Schichten Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2281 2 B e g r ü n d u n g Wie den Badischen Neuesten Nachrichten vom 31. Januar 2017 zu entnehmen ist, sind in den Niederlanden schon ca. 1.800 sogenannte Aquiferwärmespeicher in Betrieb. Dabei wird in grundwasserführenden Schichten, in denen das Wasser nicht oder kaum fließt, industrielle Abwärme oder Sonnenwärme gespeichert und im Winter mittels Wärmetauscher abgerufen. Es interessiert, warum diese ein - fache Technik in Baden-Württemberg keine Anwendung findet, obwohl in der Öffentlichkeit ständig der Mangel an Energiespeichern für überschüssige Windenergie beklagt wird. In Drucksache 16/1763 nimmt diese Technik eine überaus untergeordnete Rolle ein, was in krasser Diskrepanz zur Anwendung in den Niederlanden steht. A n t w o r t Mit Schreiben vom 27. Juli 2017 Nr. 6-4580.0/1560/1 beantwortet das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Ist ihr die Aquiferwärmespeichertechnik bekannt? Dem Ministerium für Umwelt, Klima, und Energiewirtschaft ist diese Technik bekannt. 2. Wie schätzt sie die Eignung dieser Technik zur Energiespeicherung ein? Aquiferspeicher können in tiefen Aquiferen (Grundwasserleitern), das sind wasserführende Schichten im Untergrund, in denen das Wasser nicht oder kaum fließt und somit überwiegend stationär verbleibt, installiert werden. Dort wird eingespeicherte Wärmeenergie nicht im Untergrund weiter transportiert. Diese tiefliegenden Aquifere werden durch Bohrungen erschlossen, um Wärmeenergie ein - zuspeichern oder entnehmen zu können. So kann etwa heißes Wasser (z. B. Abwärme von Industrieanlagen oder Solarwärme) in Überschusszeiten in den Untergrund eingebracht werden. In Bedarfszeiten (vorzugsweise im Winter) wird das heiße Wasser, d. h. Teile der eingespeicherten Wärme, aus diesen Aquiferen wieder gefördert. Um hydrochemische Reaktionen des Untergrundwassers zu minimieren , werden bei Bedarf Wärmetauscher eingesetzt. Ebenso kann gegebenenfalls durch den Einsatz von Wärmepumpen die Fördertemperatur auf die notwendige Temperatur bspw. im Fernwärmenetz angehoben werden. Aquiferspeicher sind sehr gut geeignet, um größere Wärmemengen zu speichern. Ihre besondere Eignung liegt daher bei der saisonalen Wärmespeicherung. 3. Wie viele Gebiete in Baden-Württemberg sind für die Erschließung potenzieller Aquiferwärmespeicher geeignet und wo sind diese zu finden? Voraussetzung für die Eignung als Aquiferspeicher sind grundwasserführende Schichten in Tiefen von einigen 100 Metern. Derartige Schichten befinden sich in Baden-Württemberg vorzugsweise im Oberrheingraben und im Molassebecken Oberschwabens. 4. Sind im Staatshaushaltsplan Mittel zur Erforschung oder Anwendung dieser Technik eingestellt – ggf. wo – und wenn nicht, warum nicht? Im Rahmen der Forschungsförderung aus Kap. 1007, TG 74, unterstützt das Mi - nis terium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft unter anderem im Rahmen der folgenden Projekte die Erforschung und Entwicklung der Energiespeicherung in Aquiferen: 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2281 – Zwei Workshops am 23. bis 24. Juni 2014 auch mit Vertreterinnen und Vertretern aus den Niederlanden beleuchteten den Stand der Technik für Tiefe Erdwärmessonden (TEWS) und Energiespeicherung in tief liegenden Aquiferen (ATES), – Machbarkeitsstudie zur Kopplung eines Blockheizkraftwerkes mit einem tiefengeothermalen Energiespeicher (GtES), – Tiefengeothermie Reservoir Charakterisierung und Monitoring – TG-CHAR- MING – GeoSpeicher.bw – Geothermische Speicherung in Baden-Württemberg – „Kühlung mit Oberflächennaher Geothermie – Möglichkeiten, Grenzen, Innovation – GEO.Cool“. 5. Wo sieht sie überhaupt noch Forschungsbedarf, nachdem in den Niederlanden schon an 1.800 Standorten diese Technologie verwirklicht ist? Generell sind Fragen der Forschung unabhängig von der Anzahl bereits in Betrieb befindlicher Anlagen. Es geht dann um die Weiterentwicklung und Verbesserung dieser Technik. Forschung, Weiterentwicklung und Effizienzverbesserung sind Daueraufgaben. Für Baden-Württemberg sind Demonstrationsprojekte notwendig, um die Machbarkeit in einem anderen wesentlich komplexeren geologischen Umfeld aufzuzeigen . Zudem sind Untersuchungen/Forschungen zur Hydrochemie (Lösung, Fällung ) notwendig, da tief liegende Aquifere in unserer Region fast immer hoch mineralisiert sind. Im Oberrheingraben liegt zudem ein komplexes Störungssystem vor, daher muss man für eine Standortauswahl größere aktive Störungszonen anhand indirekter Untersuchungsverfahren ausschließen können. Derartige Unter - suchungsverfahren befinden sich in der Entwicklung. 6. Warum gibt es in Baden-Württemberg demgegenüber noch überhaupt keine Aquiferwärmespeicher? Bisher ist die saisonale Wärmespeicherung noch keine breit verankerte Technologie in Baden-Württemberg, weil hierfür noch wenig Nachfrage besteht. So gibt es in Deutschland bisher lediglich drei tiefe Aquiferspeicher im Betrieb. Die saisonale Speicherung von Wärmenergie ist ein wichtiger Baustein im Bereich der erneuerbaren Wärmenutzung und der Wärmewende. Dazu gehören in erster Linie große solarthermische Anlagen oder zeitlich gestaffelt betriebene Biogasanlagen. Neben der Technik der Aquiferspeicher gibt es auch noch andere Technologien zur saisonalen Wärmespeicherung, die schon vereinzelt in Baden-Württemberg umgesetzt worden sind. Zu diesen zählen etwa Erdsondenspeicher oder große Erdbeckenspeicher. 7. Wie unterscheiden sich die geologischen Bedingungen in den Niederlanden von denen in Baden-Württemberg, die eine entsprechende Anwendung dieser Technik in unserem Bundesland bisher zu verhindern scheinen? In Baden-Württemberg ist die Geologie mit vielen unterschiedlichen Festgesteinsaquiferen wesentlich komplexer. In den Niederlanden liegen viel einfachere geologische Verhältnisse vor. Diese dort landeseinheitlich sehr gleichförmigen geo - logischen Voraussetzungen lassen praktisch überall die Einrichtung von Aquiferspeicheranlagen zu. Dort gibt es in erster Linie mächtige Lockersedimentabfolgen , während in Baden-Württemberg ca. 75 % der Landesoberfläche aus Festgestein besteht, von denen sich aufgrund ihrer geringen hydraulischen Durchlässigkeit nur wenige zur Herstellung von Aquiferspeichern eignen. Außerdem ist insbesondere der Oberrheingraben von zahlreichen, oftmals mächtigen Störungszonen durchzogen. Teilweise sind die einzelnen Horizonte dadurch voneinander Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2281 4 abgekoppelt. Für die Standortauswahl ist auch entscheidend zu wissen, ob die Störungszonen nahezu dicht oder hoch durchlässig sind. Untersteller Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft