Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 2334 11. 07. 2017 1Eingegangen: 11. 07. 2017 / Ausgegeben: 08. 08. 2017 K l e i n e A n f r a g e Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie hat sich der Dialog der Landesregierung mit den von der sogenannten „Zwei-Meter-Regel“ nach § 37 Absatz 3 des Landeswaldgesetzes betroffenen Verbänden seit der erstmaligen Einladung zu einem Runden Tisch organisatorisch , inhaltlich und atmosphärisch entwickelt? 2. Aus welchen Gründen hat der Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in einem Interview mit dem Online-Radio „Detektor.fm“ im Juli 2017 davon gesprochen, dass es nur noch „ein paar militante Mountainbiker“ gebe, „die meinen, man könnte es [die sogenannte „Zwei-Meter-Regel“] unterminieren“? 3. Warum bzw. unter welchen konkreten Umständen sind Mountainbiker, welche sich für eine Änderung der oben genannten Regelung einsetzen, aus Sicht der Landesregierung als „militant“ einzustufen? 4. Inwiefern hält sie diese Wortwahl für geeignet, um in dem begonnenen Dialogprozess zwischen Grundeigentümern und Nutzergruppierungen inhaltlich voranzukommen ? 11. 07. 2017 Dr. Bullinger, Hoher FDP/DVP Kleine Anfrage der Abg. Dr. Friedrich Bullinger und Klaus Hoher FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Dialog über § 37 Absatz 3 des Landeswaldgesetzes Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2334 2 A n t w o r t Mit Schreiben vom 2. August 2017 Nr. (Z52)-0141.5/179F beantwortet das Mi - nis terium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz im Einvernehmen mit dem Ministerium für Verkehr die Kleine Anfrage wie folgt: Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie hat sich der Dialog der Landesregierung mit den von der sogenannten „Zwei-Meter-Regel“ nach § 37 Absatz 3 des Landeswaldgesetzes betroffenen Verbänden seit der erstmaligen Einladung zu einem Runden Tisch organisatorisch , inhaltlich und atmosphärisch entwickelt? Zu 1.: Die beliebteste öffentliche Freizeiteinrichtung in Baden-Württemberg ist der Wald. Bis zu zwei Millionen Menschen nutzen ihn täglich zur Erholung und zur Freizeitaktivität. Die Anforderungen der Gesellschaft an den Erholungsraum Wald werden immer größer und vielfältiger. Dabei können im dicht besiedelten Baden-Württemberg Zielkonflikte der Erholungssuchenden untereinander, aber auch mit Waldeigen - tümern, Jägern, Förstern und dem Naturschutz entstehen. Bei der Betrachtung unserer Wälder müssen jedoch ökonomische, ökologische und soziale Aspekte be - rücksichtigt werden. Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) hat daher 2014 das Forum „Erholung im Wald“ als freiwilligen Zusammenschluss von Verbänden und organisierten Nutzergruppen mit Bezug zum Wald initiiert. Anlass war eine Petition der Deutschen Initiative Mountainbike zur Abschaffung der sogenannten „Zwei-Meter-Regel“ in § 37 Abs. 3 Landeswaldgesetz (LWaldG). Vor dem Hintergrund einer eskalierenden Kommunikation bis hin zu einzelnen Sabotageaktionen gegen Mountainbikende wurde mit dem Forum eine lösungsorientierte Diskussionskultur angestoßen. Das übergeordnete Ziel ist ein gleichberechtigtes Miteinander aller Waldnutzerinnen und Waldnutzer. Das Petitionsverfahren hatte zum Ergebnis, dass die Zwei-Meter-Regel grund - sätzlich als bewährte Gesetzesgrundlage erhalten bleibt. Gleichzeitig soll von der gesetzlich vorgesehenen Ausnahmeregelung verstärkt Gebrauch gemacht werden und den Bedürfnissen der Radfahrenden durch die Ausweisung weiterer Single- Trail-Strecken nachgekommen werden. Die Unteren Forstbehörden wurden daher vom MLR gebeten, geeignete Initiativen vor Ort zur Ausweisung von Waldwegen unter zwei Meter Breite zum Befahren mit dem Mountainbike konstruktiv zu unterstützen . Entsprechende Initiativen auf kommunaler, aber auch interkommunaler Ebene wurden seither in mehreren Teilen des Landes erfolgreich umgesetzt. Die Angebote für Mountainbikende vergrößern sich daher derzeit in Baden-Württemberg sowohl quantitativ als auch qualitativ. Das Forum „Erholung im Wald“ entwickelte sich parallel dazu zu einer wichtigen Austausch- und Kommunikationsplattform auf Landesebene für die verschiedenen Ansprüche an den Wald. Zwischenzeitlich haben sich rund 40 Verbände und Organisationen in den Dialog eingebracht. Neben Mountainbiken, Radfahren und Wandern sind die Interessen weiterer Sportarten im Forum vertreten. Daneben engagieren sich neben mehreren Landesministerien u. a. Umwelt-, Jagd- und Waldbesitzerverbände sowie der Tourismus. Ein wichtiges Ergebnis ist das gemeinsam erarbeitete Leitbild „Erholung und Sport im Wald in Baden-Württemberg“. Es gliedert sich in die vier Abschnitte „Wald und Gesellschaft“, „Forum schafft Dialog“, „Grundsätze der Zusammenarbeit“ und „Gemeinsame Ziele des Forums“. Daneben befasst sich das Forum mit einer Vielzahl von Fragestellungen und den vielfältigen Ansprüchen, die im Rahmen der Erholungsnutzung an die Wälder in Baden-Württemberg herangetragen werden. Dazu gehören insbesondere das bessere gegenseitige Kennenlernen der verschiedenen Positionen und Sichtweisen der großen Zahl betroffener Stakeholder sowie 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2334 die Erarbeitung von gemeinsamen, von gegenseitigen Respekt getragenen Verhaltensregeln bei der Nutzung des Waldes als Erholungsraum. Das Forum hat vereinbart, dass die im Leitbild verankerten Inhalte nun in gemeinsamer Kraftanstrengung umgesetzt werden sollen. Hierzu wurden konkrete Schritte festgelegt und die Akquise der nötigen Finanzmittel in die Wege geleitet. 2. Aus welchen Gründen hat der Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in einem Interview mit dem Online-Radio „Detektor.fm“ im Juli 2017 davon gesprochen, dass es nur noch „ein paar militante Mountainbiker“ gebe, „die meinen, man könnte es [die sogenannte „Zwei-Meter-Regel“] unterminieren“? 3. Warum bzw. unter welchen konkreten Umständen sind Mountainbiker, welche sich für eine Änderung der oben genannten Regelung einsetzen, aus Sicht der Landesregierung als „militant“ einzustufen? Zu 2. und 3.: Nicht zuletzt wegen der Zwei-Meter-Regel und dem konstruktiven Engagement vieler Akteure vor Ort, funktioniert das Nebeneinander der verschiedenen Waldnutzer in weiten Teilen konfliktfrei. Vor diesem Hintergrund hat Herr Minister Hauk MdL auf das wiederholt als unangemessen erlebte Verhalten von Einzelpersonen , die rücksichtslos und nur ihre eigenen Interessen verfolgend im Wald und in der Öffentlichkeit auftreten, reagiert. Diese Einzelpersonen gefährden durch ihr Verhalten und ihre Äußerungen den guten Dialog der anderen Akteure. Dabei ist klar, dass diese Personen mit ihrer aggressiv auftretenden Art nicht für die Mehrheit der Radfahrerinnen und Radfahrer im Lande und deren Verbände sprechen. Die Verbände sind nach unserem Kenntnisstand wie die Landesregierung an der Fortsetzung des konstruktiven Dialogs mit den Grundbesitzern, Jägern , Wanderern und anderen Interessenvertretungen interessiert. 4. Inwiefern hält sie diese Wortwahl für geeignet, um in dem begonnenen Dialogprozess zwischen Grundeigentümern und Nutzergruppierungen inhaltlich voranzukommen ? Zu 4.: Im Forum erkennt das MLR bei den Beteiligten eine große Wertschätzung für das gemeinsam erarbeitete Leitbild und den konstruktiven Dialog. Die Forderung einzelner Verbände zur Abschaffung der Zwei-Meter-Regel besteht dem Grundsatz nach weiter. Es besteht jedoch mehrheitlich eine ausgeprägte Bereitschaft zur Weiterentwicklung des Forums mit dem Ziel, ein gemeinsames Verständnis für das Betretensrecht vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Veränderungen zu entwickeln . Es ist vorgesehen, am Beispiel von erfolgreichen Projekten in Baden-Württemberg die vielfältige Erholungs- und Freizeitnutzung im Wald in Baden-Württemberg zu diskutieren, fortzuentwickeln und dabei die Wirtschafts- und Schutzfunktionen des Waldes auch im Interesse der Waldbesitzenden umfassend zu berücksichtigen . Das Dialogforum bietet hierbei einen partizipativen Ansatz, um in einem forstpolitisch sensiblen Thema wie dem Betretensrecht divergierende Interessen in einen konsensorientierten Dialogprozess zu einem ganzheitlichen und multifunktionalen Ansatz zu integrieren. In Deutschland ist die Waldgesetzgebung mit Blick auf das freie Betretensrecht liberal ausgestaltet. Sie bietet den Waldbesucherinnen und Waldbesuchern große Freiräume. Das Ziel der Landesregierung ist, dass die Bürgerinnen und Bürger auch künftig den Wald als Ort der Erholung mit einem Höchstmaß an Freiheitsgraden nutzen können. Die Zwei-Meter-Regel wurde zur Entschärfung potenzieller Gefahrensituationen und möglicher Nutzungskonflikte zwischen den Wald - besucherinnen und Waldbesuchern untereinander geschaffen. Sie hat sich in diesem Sinn für die intensive Freizeitnutzung in den Wäldern im dicht besiedelten Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2334 4 Baden-Württemberg bewährt. Das MLR sieht daher derzeit keine Notwendigkeit davon grundsätzlich abzurücken. In Vertretung Puchan Ministerialdirektorin