Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode 1 Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Drucksache 16 / 2349 14. 07. 2017 Große Anfrage der Fraktion der SPD und Antwort der Landesregierung Umsetzung von Anti-Terror-Maßnahmen in Baden-Württemberg G r o ß e A n f r a g e Wir fragen die Landesregierung: I . E l e k t r o n i s c h e F u ß f e s s e l 1. Über wie viele elektronische Fußfesseln verfügt das Land derzeit und wie viele davon befinden sich aktuell in Verwendung? 2. Wie viele elektronische Fußfesseln wird das Land zur besseren Kontrolle von islamistischen Gefährdern darüber hinaus beschaffen? 3. Wie hoch sind die Kosten pro anzuschaffender elektronischer Fußfessel und mit welchen Gesamtanschaffungskosten rechnet sie? 4. Wie erfolgt die Überwachung der elektronischen Fußfessel technisch, personell und organisatorisch? I I . I n t e l l i g e n t e Vi d e o ü b e r w a c h u n g 1. Welches konkrete Videoanalysesystem soll für die intelligente Videoüberwachung eingesetzt werden? 2. Welche Kosten fallen für den Einsatz von intelligenter Videoüberwachung in Baden-Württemberg an? 3. Wer übernimmt die anfallenden Kosten für den Einsatz von intelligenter Videoüberwachung (Land, Kommunen)? 4. Welche konkreten Erkenntnisse haben sich aus dem Projekt beim Polizeipräsidium Mannheim ergeben, bei dem die Möglichkeiten des Einsatzes einer intelligenten Videoüberwachung getestet wurden (vgl. Drucksache 16/1488, Ziffer 2)? Eingegangen: 14. 07. 2017 / Ausgegeben: 21. 09. 2017 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2349 2 5. An wie vielen Standorten soll die intelligente Videoüberwachung als Pilotprojekt getestet werden und welche Standorte kommen hierfür in Betracht? 6. Bis wann wird eine Entscheidung zu den Standorten, an denen die intelligente Videoüberwachung eingesetzt werden soll, getroffen? 7. Wann wird die Erprobung der intelligenten Videoüberwachung im Pilotverfahren beginnen? 8. Wie viel zusätzliches Personal wird für diejenigen Polizeipräsidien erforderlich sein, die den Einsatz der intelligenten Videoüberwachung erproben ? I I I . Q u e l l e n - Te l e k o m m u n i k a t i o n s ü b e r w a c h u n g ( Q u e l l e n - T K Ü ) 1. Steht eine technisch einsatzbereite Software („Staatstrojaner“), die auch den gesetzlichen Anforderungen des von der Landesregierung vorgelegten Gesetzes entspricht, aktuell zur Durchführung der Quellen-TKÜ zur Verfügung ? 2. Wenn nein, bis wann ist mit einer auch tatsächlich einsetzbaren Software zu rechnen? 3. Wie hoch sind die Kosten für die Anschaffung einer entsprechenden Software für die Durchführung von Quellen-TKÜ? 4. Wie viel zusätzliches Personal ist zur Auswertung und Analyse der bei der Quellen-TKÜ anfallenden Datenmengen erforderlich? 5. Wie wird technisch sichergestellt, dass sich die Überwachung ausschließlich auf Daten aus einem laufenden Telekommunikationsvorgang beschränken ? 6. Welche Anforderungen stellt die gesetzliche Regelung zur Quellen-TKÜ an die Zertifizierung der einzusetzenden Software und an den Hersteller der Software? I V. E i n s a t z v o n H a n d g r a n a t e n u n d E x p l o s i v m i t t e l n 1. Unter welchen Voraussetzungen dürfen Spezialeinheiten zukünftig Handgranaten und Explosivmittel verwenden? 2. Welche konkreten Szenarien hat sie im Blick, in denen Handgranaten und Explosivmittel eingesetzt werden sollen? 3. Inwiefern sind die Spezialeinheiten derzeit für den Umgang mit Handgranaten und Explosivmitteln zur Bekämpfung von terroristischen Anschlägen ausgebildet? 4. Wie wird sichergestellt, dass die Spezialeinheiten für die Verwendung von Handgranaten und Explosivmitteln entsprechend geschult sind? 11. 07. 2017 Stoch, Gall, Binder und Fraktion Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2349 3 B e g r ü n d u n g Nach der Einigung der grün-schwarzen Landesregierung auf gesetzliche Änderungen im Polizeigesetz Baden-Württemberg und im Landesverfassungsschutzgesetz stellt sich die Frage, ob die Sicherheitsbehörden des Landes technisch und personell in der Lage sind, die neuen Befugnisse auch tatsächlich anzuwenden. A n t w o r t * ) Schreiben des Staatsministeriums vom 12. September 2017 Nr. I-1101.2: In der Anlage übersende ich unter Bezugnahme auf § 63 der Geschäftsordnung des Landtags von Baden-Württemberg die von der Landesregierung beschlossene Antwort auf die Große Anfrage. Murawski Staatsminister und Chef der Staatskanzlei * ) Der Überschreitung der Sechs-Wochen-Frist wurde zugestimmt. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2349 4 Anlage: Schreiben des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration Mit Schreiben vom 11. September 2017 Nr. 3-1228.1/231/12 beantwortet das Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration im Einvernehmen mit dem Ministerium der Justiz und für Europa im Namen der Landesregierung die Große Anfrage wie folgt: I . E l e k t r o n i s c h e F u ß f e s s e l 1. Über wie viele elektronische Fußfesseln verfügt das Land derzeit und wie viele davon befinden sich aktuell in Verwendung? Zu 1.: Das Land verfügt über keine eigenen Geräte zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung (EAÜ) von unter Führungsaufsicht stehenden Probanden. Vielmehr bedient sich das Land nach Bedarf aus einem hierfür von der Hessischen Zentrale für Datenverarbeitung (HZD) vorgehaltenen Gerätepool. Stand 27. Juli 2017 werden in Baden-Württemberg neun unter Führungsaufsicht stehende Probanden elektronisch mit GPS-gestützten Überwachungseinheiten, die am Fußgelenk dauerhaft angebracht sind, überwacht. Es sind außerdem die Hälfte der Zahl an Reserveüberwachungseinheiten vorzuhalten, sodass aktuell neun Geräte plus vier Ersatzgeräte zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung im Einsatz sind. 2. Wie viele elektronische Fußfesseln wird das Land zur besseren Kontrolle von islamistischen Gefährdern darüber hinaus beschaffen? Zu 2.: Die Sicherheitsbehörden treffen im Einzelfall anlassbezogene Maßnahmen der Strafverfolgung und Gefahrenabwehr zur Überwachung von sog. Gefährdern. Im Zuge der Novellierung des Polizeigesetzes Baden-Württemberg soll u. a. die Möglichkeit einer EAÜ zur Verhütung terroristischer Straftaten eröffnet werden. Derzeit werden die zur Umsetzung erforderlichen – insbesondere rechtlichen, technischen und organisatorischen – Rahmenbedingungen erarbeitet. Dabei ist beabsichtigt , auch für diesen Personenkreis die vorhandenen informationstechnischen und fachlichen Kapazitäten bei der HZD und der gemeinsamen Überwachungsstelle der Länder (GÜL) für ein zentrales Monitoring bis auf Weiteres zu nutzen. 3. Wie hoch sind die Kosten pro anzuschaffender elektronischer Fußfessel und mit welchen Gesamtanschaffungskosten rechnet sie? Zu 3.: Die Kosten für den Betrieb der GÜL/HZD werden u. a. nach dem Königsteiner Schlüssel den einzelnen Bundesländern anteilig in Rechnung gestellt. Die von der HZD für die EAÜ zur Führungsaufsicht bereitgestellten Überwachungseinheiten werden in Baden-Württemberg monatlich über das Ministerium der Justiz und für Europa abgerechnet. Bei einer Ausweitung des Betriebs- und Nutzungsverbundes zu präventivpolizeilichen Zwecken bedarf es weiterer Regelungen. Eine valide Kostenschätzung ist derzeit nicht möglich. 4. Wie erfolgt die Überwachung der elektronischen Fußfessel technisch, personell und organisatorisch? Zu 4.: Am 1. Januar 2012 wurde die GÜL mittels Staatsvertrag beauftragt, hoheitliche Aufgaben im Zusammenhang mit der EAÜ im Rahmen der Führungsaufsicht für alle Bundesländer zu übernehmen, um eine effiziente und kostensparende Aufgabenerledigung zu ermöglichen. Die HZD gewährleistet durch ein Technisches Monitoring Center (TMC) im 24/7-Betrieb bundesweit die technische Überwachung des Systems. Die HZD ist Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2349 5 in Baden-Württemberg und den Bundesländern, die von der entsprechenden Option im Rahmen einer Verwaltungsvereinbarung Gebrauch gemacht haben, auch für das Anlegen und Austauschen des jeweiligen Überwachungsgerätes zuständig (Vor-Ort-Service). Die fachliche Überwachung (Systemmeldungen, Unterrichtung der Führungsaufsichtsstellen über mögliche Weisungsverstöße, Unterrichtung der Polizei und Weitergabe der Daten an die Polizei und Strafverfolgungsbehörden über den Aufenthaltsort , Initiierung einer Vor-Ort-Überprüfung der Geräte beim Probanden auf Funktionstüchtigkeit oder Manipulation, Bedienungshilfe) erfolgt durch die GÜL. Diese ist Teil der IT-Stelle der hessischen Justiz mit Sitz in Bad Vilbel und rund um die Uhr an jedem Tag des Jahres mit Polizeibeamten und Sozialarbeitern besetzt. Die Beauftragung der GÜL und der HZD erfolgt durch die jeweils zuständige Führungsaufsichtsstelle (Landgerichte). Technische Mittel zur EAÜ im Rahmen der Führungsaufsicht werden derzeit primär als sog. „One-Track-Überwachungseinheit“ (sog. elektronische Fußfessel), das „EAÜ-Handy“ sowie die sog. „Home-Unit“ eingesetzt. Die elektronische Fußfessel wird mittels Befestigungsband am Bein des EAÜ-Probanden befestigt. Ergänzend kann in der Wohnung des Probanden eine sog. „Home-Unit“ aufgestellt werden. Damit kann im Einzelfall die Einhaltung von zuvor festgelegten Gebotsbzw . Verbotszonen überwacht werden. Sobald der Proband gegen die räumliche Beschränkung verstößt, erfolgt automatisch eine Alarmauslösung, welche vom Probanden aufgrund der Vibration der elektronischen Fußfessel unmittelbar wahrgenommen werden kann. Im Fall der Alarmauslösung in Baden-Württemberg erfolgt die umgehende Kontaktaufnahme seitens der GÜL mit dem Probanden bzw. dem Führungs- und Lagezentrum des Landeskriminalamts Baden-Württemberg. Die überwiegende Zahl der Alarmmeldungen erfolgt derzeit aufgrund geringer Akku-Restlaufzeiten. Hinsichtlich der Umsetzung der präventivpolizeilichen EAÜ zur Verhütung terroristischer Straftaten wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. I I . I n t e l l i g e n t e Vi d e o ü b e r w a c h u n g 1. Welches konkrete Videoanalysesystem soll für die intelligente Videoüberwachung eingesetzt werden? 2. Welche Kosten fallen für den Einsatz von intelligenter Videoüberwachung in Baden-Württemberg an? 3. Wer übernimmt die anfallenden Kosten für den Einsatz von intelligenter Videoüberwachung (Land, Kommunen)? 4. Welche konkreten Erkenntnisse haben sich aus dem Projekt beim Polizeipräsidium Mannheim ergeben, bei dem die Möglichkeiten des Einsatzes einer intelligenten Videoüberwachung getestet wurden (vgl. Drucksache 16/1488, Ziffer 2)? 5. An wie vielen Standorten soll die intelligente Videoüberwachung als Pilotprojekt getestet werden und welche Standorte kommen hierfür in Betracht? 6. Bis wann wird eine Entscheidung zu den Standorten, an denen die intelligente Videoüberwachung eingesetzt werden soll, getroffen? 7. Wann wird die Erprobung der intelligenten Videoüberwachung im Pilotverfahren beginnen? 8. Wie viel zusätzliches Personal wird für diejenigen Polizeipräsidien erforderlich sein, die den Einsatz der intelligenten Videoüberwachung erproben? Zu 1. bis 8.: In Mannheim wurde eine gemeinsame Projektgruppe von Stadt und Polizeipräsidium eingerichtet, die sich mit den Möglichkeiten intelligenter Videoüberwachung befasst. Derzeit werden in der Projektgruppe konzeptionelle Überlegungen angestellt . Ziel ist es, nach Schaffung einer Rechtsgrundlage für intelligente Videoüberwachung im Polizeigesetz Baden-Württemberg ein Pilotverfahren in Mannheim durchzuführen. Hierfür notwendige Beschaffungen sind in der Vorbereitung. Die Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2349 6 im Zusammenhang mit dem Projekt entstehenden Kosten sowie der erforderliche Personalansatz sind abhängig von der konzeptionellen Ausgestaltung des Projekts und können derzeit seitens der Projektgruppe noch nicht verlässlich beziffert werden . Auch die Frage der Kostentragung für den Einsatz intelligenter Videoüberwachung ist derzeit noch nicht abschließend geklärt. I I I . Q u e l l e n - Te l e k o m m u n i k a t i o n s ü b e r w a c h u n g ( Q u e l l e n - T K Ü ) 1. Steht eine technische einsatzbereite Software („Staatstrojaner“), die auch den gesetzlichen Anforderungen des von der Landesregierung vorgelegten Gesetzes entspricht, aktuell zur Durchführung der Quellen-TKÜ zur Verfügung? Zu 1.: Das Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des Polizeigesetzes und des Gesetzes über die Ladenöffnung in Baden-Württemberg sowie zur Änderung des Landesverfassungsschutzgesetzes und des Ausführungsgesetzes zum Artikel 10-Gesetz ist noch nicht abgeschlossen. Eine endgültige Entscheidung zum Bezug von Software für Maßnahmen der Quellen-TKÜ kann deshalb noch nicht getroffen werden. Entsprechende Anwendungen werden u. a. durch das Bundeskriminalamt entwickelt, welches den Ländern eine Mitnutzung in Aussicht gestellt hat. 2. Wenn nein, bis wann ist mit einer auch tatsächlich einsetzbaren Software zu rechnen? Zu 2.: Die vom Bundeskriminalamt entwickelten Anwendungen könnten unter Voraussetzung des Inkrafttretens der entsprechenden Rechtsgrundlagen und der Entscheidung für diese Software frühestens ab dem 4. Quartal 2017 von den baden-württembergischen Sicherheitsbehörden eingesetzt werden. 3. Wie hoch sind die Kosten für die Anschaffung einer entsprechenden Software für die Durchführung von Quellen-TKÜ? Zu 3.: Die vom Bund entwickelten Anwendungen werden den Ländern voraussichtlich kostenfrei zur Verfügung gestellt. Je nach Fallkonstellation kann es erforderlich sein, unterschiedliche Produkte einzusetzen. Da noch keine Entscheidung zum Bezug entsprechender Software getroffen wurde, können aktuell keine Angaben zu etwaigen Kosten für die Anschaffung gemacht werden. 4. Wie viel zusätzliches Personal ist zur Auswertung und Analyse der bei der Quellen -TKÜ anfallenden Datenmengen erforderlich? Zu 4.: Im Rahmen der Anti-Terror-Programme der Landesregierung wurde der Personalkörper des Landeskriminalamts und des Landesamts für Verfassungsschutz bereits verstärkt. Die Auswertung und Analyse der erhobenen Daten ist grundsätzlich sehr stark vom Kommunikationsverhalten der überwachten Person abhängig. Der Aufwand für die Auswertung und Analyse bei der Quellen-TKÜ ist mit einer klassischen TKÜ-Maßnahme vergleichbar. Ob zusätzliches Personal erforderlich sein wird, kann aktuell noch nicht abgeschätzt werden. 5. Wie wird technisch sichergestellt, dass sich die Überwachung ausschließlich auf Daten aus einem laufenden Telekommunikationsvorgang beschränkt? Zu 5.: Die Beschränkung auf Daten aus einem laufenden Kommunikationsvorgang ist gesetzlich vorgegeben und somit ein zentrales Produktmerkmal. Zu weiteren technischen Details kann, da noch keine endgültige Entscheidung zum Bezug der Soft- Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2349 7 ware getroffen wurde (s. Antwort auf Frage 3), derzeit noch nicht abschließend Stellung genommen werden. 6. Welche Anforderungen stellt die gesetzliche Regelung zur Quellen-TKÜ an die Zertifizierung der einzusetzenden Software und an den Hersteller der Software? Zu 6.: Die in § 23 b Absatz 2 PolG-E und § 5 c des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Landesverfassungsschutzgesetzes und des Ausführungsgesetzes zum Artikel 10-Gesetz enthaltenen Regelungen zur Quellen-TKÜ stellen keine besonderen Anforderungen an die Zertifizierung der einzusetzenden Software und an den Hersteller der Software. I V. E i n s a t z v o n H a n d g r a n a t e n u n d E x p l o s i v m i t t e l n 1. Unter welchen Voraussetzungen dürfen Spezialeinheiten zukünftig Handgranaten und Explosivmittel verwenden? Zu 1.: Der Gesetzentwurf zur Änderung des Polizeigesetzes und des Gesetzes über die Ladenöffnung in Baden-Württemberg, zu dem derzeit die Anhörung der berührten Verbände und Organisationen durchgeführt und ausgewertet wird, enthält eine Regelung über den Gebrauch von Explosivmitteln. Nach § 54 a Absätze 1 und 4 PolG-E i. V. m. § 53 Absatz 1 Satz 1 PolG ist der Gebrauch von Explosivmitteln nur zulässig, wenn die allgemeinen Voraussetzungen für die Anwendung unmittelbaren Zwangs vorliegen und wenn einfache körperliche Gewalt sowie verfügbare Hilfsmittel der körperlichen Gewalt oder Waffen erfolglos angewandt worden sind oder offensichtlich keinen Erfolg versprechen. Darüber hinaus dürfen Explosivmittel nach § 54 a Absatz 1 PolG-E i. V. m. § 54 Absatz 1 Nummern 1 und 4 PolG nur zur Verhinderung bestimmter rechtswidriger Taten oder zur Verhinderung einer gewaltsamen Befreiung angewandt werden. Gegenüber Personen dürfen Explosivmittel nur eingesetzt werden, wenn der polizeiliche Zweck durch Waffenwirkung gegen Sachen nicht erreicht werden kann (§ 54 a Absatz 4 PolG-E i. V. m. § 53 Absatz 1 Satz 2 PolG). Nach § 54 a Absatz 4 PolG-E i. V. m. § 53 Absatz 2 Satz 1 PolG ist der Gebrauch von Explosivmitteln unzulässig, wenn erkennbar Unbeteiligte mit hoher Wahrscheinlichkeit gefährdet werden. Explosivmittel dürfen nicht gegen eine Menschenmenge gebraucht werden (§ 54 a Absatz 2 PolG-E). Darüber hinaus steht der Gebrauch von Explosivmitteln unter Behördenleitervorbehalt (§ 54 a Absatz 3 PolG-E). 2. Welche konkreten Szenarien hat sie im Blick, in denen Handgranaten und Explosivmittel eingesetzt werden sollen? Zu 2.: Die Erfahrungswerte aus dem europäischen Ausland in Bezug zu islamistisch motivierten Anschlagsserien zeigen, dass insbesondere Szenarien denkbar sind, bei denen die Polizei mit Tätergruppen konfrontiert wird, die militärisch ausgebildet wurden, arbeitsteilig in Kommandostrukturen vorgehen und Zugriff auf ein umfangreiches Arsenal an Waffen und Sprengmitteln haben. 3. Inwiefern sind die Spezialeinheiten derzeit für den Umgang mit Handgranaten und Explosivmittel zur Bekämpfung von terroristischen Anschlägen ausgebildet ? 4. Wie wird sichergestellt, dass die Spezialeinheiten für die Verwendung von Handgranaten und Explosivmitteln entsprechend geschult sind? Zu 3. und 4.: Aufgrund der bislang fehlenden Rechtsgrundlage zur Anwendung derartiger Zwangsmittel wurden die Kräfte des Spezialeinsatzkommandos bisher nicht in der Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2349 8 aktiven Anwendung dieser Einsatzmittel beschult. Gleichwohl wird die Wirkungsweise von Explosivmitteln sowohl in der Grundausbildung als auch bei Fortbildungsmaßnahmen behandelt. Nach Verabschiedung des Gesetzes zur Änderung des Polizeigesetzes Baden-Württemberg und dem Feststehen der rechtlichen Voraussetzungen für die Anwendung der speziellen Zwangsmittel werden die Kräfte des Spezialeinsatzkommandos hierfür gezielt qualifiziert. Erst danach dürfen die neuen Zwangsmittel eingesetzt werden. Strobl Minister für Inneres, Digitalisierung und Migration