Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 2450 31. 07. 2017 1Eingegangen: 31. 07. 2017 / Ausgegeben: 05. 09. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Hält sie die 2015 vom Umweltministerium angenommenen Zahlen für den Phosphoreintrag in heimische Gewässer weiterhin für zutreffend oder gibt es neue Erkenntnisse, die zu anderen Schlüssen führen? 2. Welche neuen Erkenntnisse gibt es bezüglich der quantitativen Bedeutung der verschiedenen Eintragspfade für Phosphor? 3. Welche Jahres-Phosphormengen ergaben sich jeweils in den Jahren 2005 bis 2015 im Neckar im Mündungsbereich aus den gemessenen Konzentrationen der im Mündungsbereich betriebenen Gewässermessstation? 4. Welche Jahres-Phosphormengen wurden durch alle kommunalen Kläranlagen zusammengerechnet im Einzugsgebiet des Neckars jeweils in den Jahren 2005 bis 2015 eingeleitet? 5. In welchen langsam fließenden oder stehenden oberirdischen Gewässern hält die Landesregierung eine Eutrophierung mit Phosphor durch Einträge aus landwirtschaftlichen Quellen für nachgewiesen oder sehr wahrscheinlich? 6. Ist eine nach § 13 Düngeverordnung mögliche Landesverordnung beabsichtigt und in welcher Weise und in welchen Einzugsgebieten sind zusätzliche Maßnahmen zur Reduzierung der Phosphoreinträge aus landwirtschaftlichen Quellen vorgesehen? 31. 07. 2017 Rolland SPD Kleine Anfrage der Abg. Gabi Rolland SPD und Antwort des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Phosphoreinträge in baden-württembergische Gewässer Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2450 2 B e g r ü n d u n g Die Maßnahmen in Baden-Württemberg zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie basieren unter anderem auf der Annahme, dass die Einträge von Phosphor, der wegen seiner Düngewirkung Gewässer ökologisch beeinträchtigt, vorwiegend durch diffuse Einträge aus der Landwirtschaft verursacht werden. Nach den vom Umweltministerium verwendeten Modellrechnungen von 2015 beträgt der Gesamteintrag von Phosphor in alle Oberflächengewässer des Landes im Durchschnitt jährlich 3.707 Tonnen, von denen 46,3 Prozent auf landwirtschaftliche Einträge durch Erosion und Abschwemmung und 31,1 Prozent auf kommunale Kläranlagen zurückzuführen seien. Im Einzugsgebiet des Neckars sollen jährlich 1.606 Tonnen eingetragen werden, davon 38 Prozent durch Erosion und Abschwemmung und 42 Prozent durch kommunale Kläranlagen. Für 2016 war im Bewirtschaftungsplan für den Neckar eine Studie zur Überprüfung und Plausibilisierung der Modellergebnisse angekündigt. In § 13 der neuen Düngeverordnung des Bundes erhalten die Landesregierungen u. a. die Befugnis, in Einzugsgebieten langsam fließender oder stehender oberirdischer Gewässer, in denen eine Eutrophierung durch erhebliche Phosphoreinträge aus landwirtschaftlichen Quellen nachgewiesen wurde, zusätzliche Anforderungen an die Landwirtschaft zu stellen. Es stellen sich daher Fragen nach dessen Umsetzung. A n t w o r t Mit Schreiben vom 23. August 2017 Nr. 5-0141.5/579 beantwortet das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft im Einvernehmen mit dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Hält sie die 2015 vom Umweltministerium angenommenen Zahlen für den Phosphoreintrag in heimische Gewässer weiterhin für zutreffend oder gibt es neue Erkenntnisse, die zu anderen Schlüssen führen? Die Erkenntnisse über den Phosphoreintrag in die Fließgewässer stammen im Wesentlichen aus dem zu diesem Zweck erstellten Modell MONERIS BW (MOdelling Nutrient Emissions in RIver Systems) und sind im Bericht „Modellierung der Nährstoffeinträge in die Fließgewässer Baden-Württembergs für die Aktua lisierung der Bewirtschaftungspläne nach Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)“ unter http://www4.um.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/121980/ veröffentlicht. Das Mo dell wird derzeit weiterentwickelt und im Jahr 2019 für die nächste Aktualisierung der Bestandsaufnahme gemäß WRRL erneut eingesetzt. Daher werden frühestens dann neue Erkenntnisse zu den Einträgen vorliegen. Einzig die Einträge aus kommunalen Kläranlagen können jährlich mit den Daten aus der Eigenkontrolle der Betreiber fortgeschrieben werden. Im Neckareinzugsgebiet zeichnen sich erste Erfolge der im Rahmen des ersten Bewirtschaftungsplans ergriffenen Maßnahmen durch sinkende Einträge ab (siehe Frage 4). 2. Welche neuen Erkenntnisse gibt es bezüglich der quantitativen Bedeutung der verschiedenen Eintragspfade für Phosphor? Neue Erkenntnisse über die quantitative Bedeutung der verschiedenen Eintrags - pfade sind frühestens 2019 zu erwarten (siehe Frage 1). Soweit sich in anderen (Bundes-)Ländern oder in der Wissenschaft in der Zwischenzeit neue Erkenntnisse ergeben, werden diese bewertet und bei der Weiterentwicklung des Modells berücksichtigt, wenn dies sinnvoll und machbar ist. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2450 3. Welche Jahres-Phosphormengen ergaben sich jeweils in den Jahren 2005 bis 2015 im Neckar im Mündungsbereich aus den gemessenen Konzentrationen der im Mündungsbereich betriebenen Gewässermessstation? Die Frachten an Gesamtphosphor im Neckar an der Gütemessstation Mannheim/ Neckar von 2005 bis 2015 werden wie folgt abgeschätzt: 4. Welche Jahres-Phosphormengen wurden durch alle kommunalen Kläranlagen zusammengerechnet im Einzugsgebiet des Neckars jeweils in den Jahren 2005 bis 2015 eingeleitet? Die von den kommunalen Kläranlagen von 2005 bis 2015 in den Neckar eingeleiteten Frachten an Gesamtphosphor werden wie folgt abgeschätzt: 5. In welchen langsam fließenden oder stehenden oberirdischen Gewässern hält die Landesregierung eine Eutrophierung mit Phosphor durch Einträge aus landwirtschaftlichen Quellen für nachgewiesen oder sehr wahrscheinlich? Aus Sicht Baden-Württembergs wird durch die Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs „langsam fließende oder stehende oberirdische Gewässer“ in der Länderöffnungsklausel (§ 13 Absatz 2 Nummer 2 Düngeverordnung) dem systematischen Ansatz der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) nicht automatisch Rechnung getragen. Ausschlaggebend für die Feststellung, ob ein Defizit aufgrund einer Eutrophierung durch Phosphat vorliegt und sich daraus Handlungsbedarf ergibt, ist primär die Bewertung der Wasserkörper, in diesem Fall die Bewertung des ökologischen Zustandes. In einem weiteren Schritt ist zu prüfen, welches die Belastungsquellen bzw. die wesentlichen Eintragspfade sind. Es bleibt zu prüfen, wie der Begriff „langsam fließende Gewässer“ mit dem Defizit und einem daraus resultierenden Handlungsbedarf nach WRRL bestmöglich in Einklang gebracht werden kann. Für die Bilanzierung der Nährstoffeinträge in die Oberflächengewässer Baden- Württembergs stehen differenziert nach den verschiedenen Eintragspfaden Daten aus dem Modellsystem MONERIS BW zur Verfügung. Folgende bilanzierte Eintragspfade werden den diffusen Quellen zugerechnet: Grundwasser, natürlicher Interflow, Drainagen, Erosion und Abschwemmung sowie atmosphärische Deposition. Bis auf den von seiner Bedeutung nachgeordneten Eintragspfad atmosphärische Deposition können die diffusen Quellen weit - gehend mit den Einträgen aus der landwirtschaftlichen Nutzung gleichgesetzt -DKU )UDFKW LQ 7RQQHQ -DKU HUPLWWHOW DXV .RQ]HQWUDWLRQHQ DXV 7DJHV 0LVFKSUREHQ DQ GHU 0HVVVWDWLRQ 0DQQKHLP 1HFNDU XQG $EIOXVVWDJHVPLWWHOZHUWHQ DP 3HJHO 5RFNHQDX XPJHUHFKQHW DXI $EIOVVH LQ 0DQQKHLP -DKU )UDFKW LQ 7RQQHQ -DKU HUPLWWHOW DXV GHQ YRQ GHQ $QODJHQEHWUHLEHUQ QDFK (LJHQNRQWUROOYHURUGQXQJ JHPHVVHQHQ $EODXINRQ]HQWUDWLRQHQ XQG $EZDVVHUPHQJHQ Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2450 4 werden. Landesweit betragen die Anteile dieser Eintragspfade bezogen auf Gesamt -Phosphor ca. 54 % bzw. bezogen auf Orthophosphat ca. 50 %. Dem Modell nach sind Abschwemmung und Erosion die beiden bedeutendsten diffusen Eintragspfade für Phosphoreinträge. Landesweit tragen Abschwemmung und Erosion etwa zur Hälfte (ca. 46 %) zu den Gesamteinträgen bei. Regional kann es jedoch zu deutlichen Abweichungen kommen. Werden die einzelnen Bearbeitungsgebiete betrachtet, liegen die Anteile dieser beiden Pfade aber zwischen 80 % am Bodensee und 35 % am Oberrhein. Derzeit ist eine entsprechende Auswertung bis auf Ebene der Wasserkörper möglich . Durch die Weiterentwicklung des Modells MONERIS BW zu METRIS BW (Modelling of Emissions and Transport in RIver Systems) können zukünftig im Rahmen der Aktualisierung der Bestandsaufnahme voraussichtlich auch kleinere Einzugsgebiete bilanziert werden. 6. Ist eine nach § 13 Düngeverordnung mögliche Landesverordnung beabsichtigt und in welcher Weise und in welchen Einzugsgebieten sind zusätzliche Maßnahmen zur Reduzierung der Phosphoreinträge aus landwirtschaftlichen Quellen vorgesehen? Derzeit findet bezüglich dieser Thematik in Baden-Württemberg eine landesinterne Abstimmung statt, der hier nicht vorweggegriffen werden kann. Grundsätzlich dürfte zudem für die Akzeptanz einer möglichen Landesverordnung eine Abstimmung zwischen den Bundesländern sinnvoll sein. Dies betrifft insbesondere eine vergleichbare Vorgehensweise bei der Festlegung der Gebietskulisse. Im Rahmen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) ist daher ein gegenseitiger Informationsaustausch vorgesehen. In Vertretung Dr. Baumann Staatssekretär