Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 2498 08. 08. 2017 1Eingegangen: 08. 08. 2017 / Ausgegeben: 20. 09. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Baden-Württembergerinnen und Baden-Württemberger nutzen ihrer Kenntnis nach das Online-Karrierenetzwerk X.? 2. Hat sie Kenntnis davon, dass es bei der Stellensuche via X. zu einer strukturellen Benachteiligung von Frauen kommt? 3. Verwendet sie zur Besetzung freier Stellen X.? 4. Verstößt das Unternehmen X. mit dieser diskriminierenden Praxis ihrer Ansicht nach gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)? 5. Wie viele Baden-Württembergerinnen und Baden-Württemberger sind ihres Wissens nach bislang durch diese Systematik bei der Jobsuche benachteiligt worden? 6. Wie wirkt sie auf die Beendigung dieser Diskriminierung durch X. hin? 7. Welche Maßnahmen ergreift sie zur Beendigung der Diskriminierung von Frauen im Beruf, zum Beispiel im Hinblick auf die Lohnungleichheit zwischen den Geschlechtern? 8. Arbeitet das Land Baden-Württemberg mit der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zusammen? Kleine Anfrage des Abg. Daniel Born SPD und Antwort des Ministeriums für Soziales und Integration Diskriminierung beim Online-Karrierenetzwerk X. Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2498 2 9. Falls ja, wie gestaltet sich die konkrete Zusammenarbeit? 10. Welche Rolle spielen Online-Karrierenetzwerke wie X. bei der Vermittlung von Arbeitsplätzen in Baden-Württemberg? 08. 08. 2017 Born SPD B e g r ü n d u n g X., das als das relevanteste berufliche Netzwerk im deutschsprachigen Raum gilt, benutzt bei der Suchfunktion einen Algorithmus, durch den es nicht möglich ist, sowohl männliche als auch weibliche Job-Profile in der Ergebnisliste anzuzeigen. Auftraggeberinnen und Auftraggeber müssten explizit beispielsweise nach „Fotografin “ suchen, um Profile von Frauen zu finden. Diese Problematik ist den meis - ten Nutzerinnen und Nutzern allerdings gar nicht bekannt. Das führt auch dazu, dass sich bei der Durchsicht der Rankingliste der Eindruck ergibt, Männer seien wesentlich erfolgreicher und kompetenter in ihrem Berufsfeld. Die Kleine Anfrage verfolgt das Ziel zu klären, welche Kenntnisse die Landes - regierung dazu hat und was sie konkret unternimmt, um die Diskriminierung von Frauen bei X., aber auch insgesamt im Berufsleben, zu verhindern bzw. zu beenden . A n t w o r t Mit Schreiben vom 4. September 2017 Nr. 25-0141.5-016/2498 beantwortet das Minis terium für Soziales und Integration in Abstimmung mit allen Ressorts die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Baden-Württembergerinnen und Baden-Württemberger nutzen ihrer Kenntnis nach das Online-Karrierenetzwerk X.? Zur Anzahl der Nutzerinnen und Nutzer des Online-Karrierenetzwerkes X. liegen der Landesregierung keine gesicherten Daten vor. 2. Hat sie Kenntnis davon, dass es bei der Stellensuche via X. zu einer strukturellen Benachteiligung von Frauen kommt? Nein. 3. Verwendet sie zur Besetzung freier Stellen X.? Im Geschäftsbereich des Staatsministeriums wird das Portal in einzelnen Fällen verwendet, um Stellenausschreibungen einzustellen. Eine gezielte Suche oder die gezielte Ansprache potenzieller Bewerberinnen und Bewerber über X. erfolgt indes nicht. Im Geschäftsbereich des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration hat die IT Baden-Württemberg ein eigenes Profil auf der Internetplattform X. eingerichtet . Dieses wird für die Veröffentlichung von Stellenausschreibungen genutzt . Für eine gezielte Suche oder die gezielte Ansprache potenzieller Bewerbe- 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2498 rinnen und Bewerber wird X. hingegen nicht verwendet. Das Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration sowie die übrigen ihm nachgeordneten Dienststellen nutzen die Internetplattform X. grundsätzlich weder für Stellenausschreibungen noch für die Bewerbersuche. In den Geschäftsbereichen – des Ministeriums für Finanzen, – des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport, – des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst, – des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, – des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau, – des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, – des Ministeriums der Justiz und für Europa, – des Ministeriums für Verkehr sowie – des Ministeriums für Soziales und Integration wird X. nicht verwendet. 4. Verstößt das Unternehmen X. mit dieser diskriminierenden Praxis ihrer Ansicht nach gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)? Die Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein (MA HSH) ist gemäß § 38 Absatz 6 Satz 1 des Medienstaatsvertrages Hamburg/Schleswig-Holstein (MStV HSH) Aufsichtsbehörde über Telemedien gemäß § 59 Absatz 2 des Rundfunkstaatsvertrages (RStV) für Anbieter, die ihren Sitz, Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt in Hamburg oder Schleswig-Holstein haben. Anbieter des Telemedienangebots X. ist die X. AG – dem Anfragenden ist der Klarname bekannt – mit Sitz in Hamburg, sodass sich eine Zuständigkeit der MA HSH ergibt. Die Regierung des Landes Baden-Württemberg ist nicht dazu berufen, einzelfallbezogene rechtliche Bewertungen im Zuständigkeitsbereich einer Aufsichtsbehörde , die der Rechtsaufsicht anderer Länder unterliegt, vorzunehmen. 5. Wie viele Baden-Württembergerinnen und Baden-Württemberger sind ihres Wissens nach bislang durch diese Systematik bei der Jobsuche benachteiligt worden? 6. Wie wirkt sie auf die Beendigung dieser Diskriminierung durch X. hin? Es wird auf die Antworten zu den Fragen Ziffer 2 und 4 verwiesen. 7. Welche Maßnahmen ergreift sie zur Beendigung der Diskriminierung von Frauen im Beruf, zum Beispiel im Hinblick auf die Lohnungleichheit zwischen den Geschlechtern? Die Landesregierung wirkt in vielfältiger Hinsicht auf den kontinuierlichen Ausbau und die Weiterentwicklung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie von Beruf und Pflege hin. Dies stellt zugleich auch einen Beitrag zum Abbau von Diskriminierungen von Frauen dar, denn ein Ausbau der Vereinbarkeit beider Lebensbereiche – Beruf und Sorgearbeit – ermöglicht es beiden Partnern, sich nach individuellen Wünschen und Erfordernissen für die Aufteilung von Beruf und Sorgearbeiten zu entscheiden. Der Ausbau der Vereinbarkeit trägt insofern auch zu einer Überwindung der nicht mehr zeitgemäßen Rollenaufteilungen, Rollenerwartungen und Rollenzuschreibungen bei, denen zufolge Frauen in der Vergangenheit sehr viel häufiger Sorgearbeiten wahrgenommen haben und dafür auf eine eigene berufliche Tätigkeit und Karriere verzichtet haben. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2498 4 Die Bekämpfung der Lohnungleichheit zwischen den Geschlechtern ist eine Aufgabe , die nur durch bundesweite Regelungen gelöst werden kann, da zahlreiche Unternehmen in mehr als einem Bundesland tätig sind. Vor diesem Hintergrund hat die Landesregierung in Bund-Länder-Arbeitsgruppen mitgearbeitet, deren Ziel es war, die Ursachen der Lohnungleichheit zu ermitteln und Maßnahmen zu konzipieren, um diese Lohnungleichheiten zu beseitigen. Die Arbeiten in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe der Gleichstellungs- und Frauen - ministerinnen-/ministerkonferenz (GFMK) sind in den Gesetzgebungsprozess des Bundes zum „Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen“ eingeflossen , welches am 6. Juli 2017 in Kraft getreten ist. Das Gesetz verfolgt ein klares Ziel: Frauen und Männer müssen für gleiche und gleichwertige Arbeit auch das gleiche Entgelt erhalten. Danach erhalten Beschäftigte in Betrieben mit mehr als 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern künftig einen Auskunftsanspruch zu ihren Entgeltstrukturen. Es ermöglicht Beschäftigten, die nicht nach Tarif bezahlt werden, die Kriterien zur Festlegung ihres Lohnes, die Kriterien einer vergleichbaren Tätigkeit und die Entlohnung der vergleichbaren Tätigkeit zu erfragen. Tarifgebundene Betriebe müssen bei Geltendmachung des Auskunftsanspruchs den relevanten Tarifvertrag nennen. Der Auskunftsanspruch soll die Durchsetzung der Lohngleichheit erleichtern. Darüber hinaus fordert das Gesetz private Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten auf, die Löhne auf Entgeltgleichheit regelmäßig zu überprüfen. Zugleich werden die Unternehmen verpflichtet, in ihren Lageberichten über den Stand der Gleichstellung zu informieren. Die Landesregierung begrüßt die mit dem Gesetz verfolgte Absicht, die Transparenz von Entgeltregelungen und Entgeltstrukturen zu erhöhen, zumal das Thema Entgeltgleichheit auch ein politisches Anliegen der hiesigen Regierungskoalition (vgl. Koalitionsvertrag, S. 84) ist. Ein nicht unerheblicher Teil der Lohnlücke geht auch auf das nach wie vor stark unterschiedliche Berufswahlverhalten von Mädchen und Jungen, von Frauen und Männern zurück. Aus diesem Grund fördert die Landesregierung bereits seit vielen Jahren mit zahlreichen Programmen, etwa Girls’ Day, Boys’ Day, Girls’ Day Akademie, der Landesinitiative „Frauen in MINT-Berufen“ und durch die Förderung entsprechender Beratungsstellen, Veranstaltungen und Forschungsprojekte ein geschlechtergerechteres Berufswahlverhalten mit dem Ziel, mehr Frauen für die besser bezahlten Berufe im gewerblich-technischen Bereich zu interessieren. Parallel dazu setzt sich die Landesregierung auch dafür ein, dass die Berufe im pflegerischen und medizinischen Bereich angemessen vergütet werden. 8. Arbeitet das Land Baden-Württemberg mit der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zusammen? 9. Falls ja, wie gestaltet sich die konkrete Zusammenarbeit? Im Zuge der Bearbeitung konkreter Antidiskriminierungsanfragen arbeitet die Landesregierung regelmäßig mit der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zusammen . Das dort angesiedelte Beratungsteam verfügt – insbesondere bei komplexen Anfragen – über einen reichen Erfahrungsschatz und über die erforderliche juristische Expertise, um Ratsuchende über ihre Rechte in einem Diskriminierungsfall kompetent zu informieren und ihnen Möglichkeiten aufzeigen, ob und wie sie ihre Rechte durchsetzen können. Beim derzeitigen Aufbau der Landes - antidiskriminierungsstelle wird angestrebt, die Angebote des Bundes bestmöglich mit den im Land Baden-Württemberg bereitgehaltenen Angeboten zu verzahnen. 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2498 10. Welche Rolle spielen Online-Karrierenetzwerke wie X. bei der Vermittlung von Arbeitsplätzen in Baden-Württemberg? Hierzu liegen der Landesregierung keine validen Daten vor. Nach einer Unter - suchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) werden soziale Medien (z. B. Facebook oder X.) zwar verstärkt vor allem in mittleren und großen Betrieben genutzt; tatsächlich wird jedoch nur ein geringer Anteil der Stellen auf diesem Weg besetzt. Das IAB beziffert den Anteil des Suchweges über soziale Medien mit 18 Prozent, den von Stellenbesetzungen mit einem Prozent . Damit spielen soziale Medien bisher eher als Marketinginstrument eine Rolle und weniger als Rekrutierungskanal. In Vertretung Mielich Staatssekretärin