Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 2511 09. 08. 2017 1Eingegangen: 09. 08. 2017 / Ausgegeben: 28. 09. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Chiffren aus extremistischen Szenen werden nach ihrer Kenntnis bei der Wahl von Wunschkennzeichen für Kraftfahrzeuge genutzt? 2. Welche Buchstaben/Zahlen-Kombinationen sind – auf Grundlage des § 8 Absatz 2 Satz 2 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung – bei der Vergabe für Wunsch - kennzeichen grundsätzlich ausgeschlossen? 3. Gibt es landeseinheitliche Vorgaben hinsichtlich unzulässiger Buchstaben/Zahlen -Kombinationen und wird bei deren Festlegung das Landesamt für Verfassungsschutz beteiligt? 4. Welche weiteren Vorgaben haben die Zulassungsbehörden hinsichtlich der Vergabe von Wunschkennzeichen zu beachten? 5. Werden die Buchstaben/Zahlen-Kombinationen von Wunschkennzeichen von den Zulassungsbehörden vor der Ausgabe auf mögliche Chiffren extremistischer Szenen überprüft? 6. In wie vielen Fällen wurden Wunschkennzeichen abgelehnt und um welche Kombinationen handelte es sich dabei jeweils? 7. Wie bewertet sie die Wirkung derartiger Chiffren in der Öffentlichkeit und innerhalb der jeweiligen Szene? Kleine Anfrage des Abg. Dr. Boris Weirauch SPD und Antwort des Ministeriums für Verkehr Kraftfahrzeugkennzeichen mit extremistischen Chiffren Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2511 2 8. Hält sie – auch mit Blick auf extremistische Chiffren, die ausschließlich aus Zahlenkombinationen bestehen – die aktuellen Regelungen, insbesondere § 8 Absatz 2 Satz 2 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung, für ausreichend? 09. 08. 2017 Dr. Weirauch SPD B e g r ü n d u n g Bei der Vergabe von Wunschkennzeichen können auch Buchstaben/Zahlen-Kombinationen gewählt werden, die in extremistischen Kreisen bekannte Codes enthalten (beispielsweise im Rechtsextremismus „AH“ für „Adolf Hitler“ oder „88“ für „Heil Hitler“ oder im Bereich des islamistischen Extremismus „IS“). Die Kleine Anfrage dient der Informationsgewinnung, inwiefern der Landesregierung derartige Codes bekannt sind und ob Maßnahmen ergriffen werden, diese Codes bei der Vergabe von Wunschkennzeichen auszuschließen. A n t w o r t * ) Mit Schreiben vom 11. September 2017 Nr. 4-3861.1-02/147 beantwortet das Ministerium für Verkehr im Einvernehmen mit dem Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Chiffren aus extremistischen Szenen werden nach ihrer Kenntnis bei der Wahl von Wunschkennzeichen für Kraftfahrzeuge genutzt? Generell werden in der rechtsextremistischen Szene insbesondere die Zahlenkombinationen 1488 oder 88 (14 = sog. „Fourteen Words“, eine aus 14 Wörtern bestehende rassistische Parole; H als 8. Buchstabe des Alphabets) gerne verwendet, dies auch in Verbindung mit den Buchstabenkombinationen AH („Adolf Hitler“), RH („Rudolf Heß“), OI („Schlachtruf“ der Skinheadszene allgemein) oder WP („White Power“). Darüber hinaus sind Buchstabenkombinationen, die für Abkürzungen rechtsextremistischer Organisationen stehen, denkbar wie z. B. JN (Junge Nationaldemokraten), FT („furchtlos und treu“), BH (Blood & Honour), HS (Hammerskins) oder C18 (Combat 18). Auch die Zahl 1312 für ACAB („All Cops Are Bastards“) findet – nicht nur in extremistischen Kreisen – Verwendung. Eine abschließende Aufzählung ist nicht möglich, ebenso wenig eine Aussage dazu , ob und wie häufig die dargestellten Kombinationen für Kfz-Kennzeichen verwendet oder beantragt werden. In anderen Phänomenbereichen wurde eine Verwendung von Kennzeichen mit entsprechender Bedeutung bisher nicht beobachtet. *) Der Überschreitung der Drei-Wochen-Frist wurde zugestimmt. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2511 2. Welche Buchstaben/Zahlen-Kombinationen sind – auf Grundlage des § 8 Absatz 2 Satz 2 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung – bei der Vergabe für Wunsch - kennzeichen grundsätzlich ausgeschlossen? 3. Gibt es landeseinheitliche Vorgaben hinsichtlich unzulässiger Buchstaben/ Zahlen-Kombinationen und wird bei deren Festlegung das Landesamt für Verfassungsschutz beteiligt? Die Fragen Nummern 2 und 3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet: § 8 Absatz 2 Satz 2 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung FZV betrifft Unterscheidungszeichen der Verwaltungsbezirke, die keine Zahlen-Kombinationen beinhalten , sondern nur aus zwei bis drei Buchstaben bestehen und vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur auf Antrag der Länder festgelegt werden . Das Unterscheidungszeichen ergibt sich aus der Zuständigkeit des jeweiligen Verwaltungsbezirks und kann vom Fahrzeughalter nicht beliebig ausgewählt werden . Nach § 8 Absatz 1 Satz 3 der FZV dürfen die Zeichenkombination der (auf das Fahrzeug bezogenen) Erkennungsnummer sowie die Kombination aus Unterscheidungszeichen und Erkennungsnummer nicht gegen die guten Sitten verstoßen . Die Buchstabenkombinationen KZ, SA, SS, HJ und NS sind im landeseinheit - lichen System gesperrt und werden als Erkennungsnummer nicht ausgegeben. Ob bei der Umsetzung der bundesweiten Richtlinien im Herbst 1956 und in späteren Jahren das Landesamt für Verfassungsschutz beteiligt war, kann nicht beantwortet werden. 4. Welche weiteren Vorgaben haben die Zulassungsbehörden hinsichtlich der Vergabe von Wunschkennzeichen zu beachten? Wunschkennzeichen müssen fahrzeugbezogen den rechtlichen Vorgaben der Fahrzeug-Zulassungsverordnung entsprechen. Bei der Zuteilung der Erkennungsnummer sowie der Ausgestaltung des Kennzeichens entscheidet die Zulassungsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen in eigener Zuständigkeit. 5. Werden die Buchstaben/Zahlen-Kombinationen von Wunschkennzeichen von den Zulassungsbehörden vor der Ausgabe auf mögliche Chiffren extremistischer Szenen überprüft? Nein. Im Zulassungsverfahren handelt es sich um ein elektronisches Massen - geschäft. Bestimmte Erkennungsnummern sind im System gesperrt und demnach eine Ausgabe nicht möglich. Auf die Ausführungen unter 2. und 3. wird insoweit verwiesen. 6. In wie vielen Fällen wurden Wunschkennzeichen abgelehnt und um welche Kombinationen handelte es sich dabei jeweils? Die Fallzahlen abgelehnter Wunschkennzeichen/Kombinationen werden nicht erfasst und sind daher nicht bekannt. 7. Wie bewertet sie die Wirkung derartiger Chiffren in der Öffentlichkeit und innerhalb der jeweiligen Szene? Für die Öffentlichkeit dürften entsprechende Kennzeichen eher wenig Bedeutung haben, da diese mit Ausnahme von eindeutigen nationalsozialistischen Abkürzungen (z. B. SS, SA) vermutlich von den wenigsten auf Anhieb dechiffriert werden können. Szeneintern dient die Verwendung von Codes aus Zahlen- oder Buchstabenkombinationen der Demonstration der politischen Gesinnung bzw. Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe in der Öffentlichkeit, dem Erkennen von Gesinnungsgenossen über Ländergrenzen hinweg und als Ersatz für Bezeichnungen verbotener Organisationen. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2511 4 8. Hält sie – auch mit Blick auf extremistische Chiffren, die ausschließlich aus Zahlenkombinationen bestehen – die aktuellen Regelungen, insbesondere § 8 Absatz 2 Satz 2 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung, für ausreichend? Die aktuellen Regelungen haben sich bewährt und werden als ausreichend angesehen . Hermann Minister für Verkehr