Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 2541 17. 08. 2017 1Eingegangen: 17. 08. 2017 / Ausgegeben: 28. 09. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Beträge sind ihr bekannt über die Summe der Einzelwertberichtigungen als Risikovorsorge in den Jahresabschlüssen baden-württembergischer Banken insgesamt im Jahr 2016 sowie jedem der letzten zehn Jahre davor? 2. Welche Beträge sind ihr bekannt über die Summe der Einzelwertberichtigungen als Risikovorsorge in den Jahresabschlüssen baden-württembergischer Spar - kassen im Besonderen im Jahr 2016 sowie jedem der letzten zehn Jahre davor? 3. Hat sie davon Kenntnis, dass die Volumen der Einzelwertberichtigungen als Risikovorsorge baden-württembergischer Banken insgesamt oder der Sparkassen im Besonderen sich auf einem historisch niedrigen Niveau befinden? 4. Ist es zutreffend, dass der Rückgang des Volumens der Risikovorsorge durch Einzelwertberichtigungen in Summe (unbeschadet des Einzelfalls) nicht auf die wirtschaftliche Selbsteinschätzung der Banken oder Sparkassen zurückzufüh - ren ist? 5. Ist es zutreffend, dass der Abbau der Risikovorsorge durch Einzelwertberichtigungen von Banken oder Sparkassen in Summe (unbeschadet des Einzelfalls) von der Finanzverwaltung des Landes eingefordert wird? 6. Ist es zutreffend, dass durch die in Summe reduzierten Beträge der Risikovorsorge durch Einzelwertberichtigungen der baden-württembergischen Banken oder Sparkassen dem Land Baden-Württemberg im jeweiligen Jahr einmalige zusätzliche Steuereinnahmen zugeflossen sind und wenn ja, in welcher Höhe in jedem der letzten fünf Jahre? Kleine Anfrage des Abg. Dr. Bernd Grimmer AfD und Antwort des Ministeriums für Finanzen Risikovorsorge bei Banken und Sparkassen in Baden-Württemberg Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2541 2 7. Wie bewertet sie die Warnungen von Vertretern der Deutschen Bundesbank in 2017 vor dem Entstehen einer Immobilienblase in Deutschland? 8. Mit welchem Wertberichtigungsbedarf in Prozent auf die Summe der Immobilienkredite baden-württembergischer Banken oder Sparkassen rechnet sie für den Fall eines dramatischen Rückgangs der Immobilienpreise im schlimmsten Fall (worst-case-Szenario)? 9. Wie erklärt sie den möglichen Zusammenhang zwischen dem Handeln der Finanzverwaltung des Landes, die von Banken und Sparkassen in Summe eine Reduzierung der Einzelwertberichtigungen zur Risikovorsorge erwirkt und den Warnungen vor dem Entstehen einer Immobilienblase in Deutschland mit dem zunehmenden Risiko eines dramatischen Wertberichtigungsbedarfs auf Immobilienwerte ? 17. 08. 2017 Dr. Grimmer AfD B e g r ü n d u n g Durch die Kleine Anfrage soll geklärt werden, ob die Finanzverwaltung von den Banken oder Sparkassen des Landes entgegen derer wirtschaftlicher Selbsteinschätzung und entgegen der bisherigen Praxis eine Reduzierung der Risikovor - sorge durch Einzelwertberichtigungen erwirkt. Es soll weiter geklärt werden, welche einmaligen zusätzlichen Steuereinnahmen dem Land durch diese mögliche Praxis zugeflossen sind. Hintergrund der Kleinen Anfrage sind Warnungen vor einem Überhitzen des Immobilienmarktes in Deutschland, sowie Medienberichte, wonach die Finanzverwaltung des Landes die Banken oder Sparkassen zu einer fortschreitenden Reduktion der Risikovorsorge durch Einzelwertberichtigungen nötigt (um hierdurch einmalige Steuereinnahmen zu erzielen). Weiter soll durch die Kleine Anfrage geklärt werden, ob die Landesregierung eine Planung für den Fall sehr starker Wertverluste von Immobilien entwickelt hat und welcher Zusammenhang zwischen dieser Planung, so es eine solche gibt, und dem oben angenommenen Verhalten der Finanzverwaltung besteht. A n t w o r t * ) Mit Schreiben vom 12. September 2017 Nr. 3-S213.7/107 beantwortet das Minis - terium für Finanzen die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Beträge sind ihr bekannt über die Summe der Einzelwertberichtigungen als Risikovorsorge in den Jahresabschlüssen baden-württembergischer Banken insgesamt im Jahr 2016 sowie jedem der letzten zehn Jahre davor? 2. Welche Beträge sind ihr bekannt über die Summe der Einzelwertberichtigungen als Risikovorsorge in den Jahresabschlüssen baden-württembergischer Spar - kassen im Besonderen im Jahr 2016 sowie jedem der letzten zehn Jahre davor? *) Nach Ablauf der Drei-Wochen-Frist eingegangen. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2541 3. Hat sie davon Kenntnis, dass die Volumen der Einzelwertberichtigungen als Risikovorsorge baden-württembergischer Banken insgesamt oder der Sparkassen im Besonderen sich auf einem historisch niedrigen Niveau befinden? Zu 1., 2. und 3.: Der Jahresabschluss ist der handelsrechtliche Abschluss, der Grundlage für den steuerlich maßgeblichen Gewinn ist. Als handelsrechtlicher Abschluss muss er über den Bundesanzeiger veröffentlicht werden. Hinsichtlich der Höhe der steuerlich zugrunde gelegten Einzelwertberichtigungen baden-württembergischer Banken und Sparkassen liegen der baden-württembergischen Finanzverwaltung keine Erkenntnisse vor. Diese Werte werden in den Steuererklärungsvordrucken nicht abgefragt und werden somit von der Finanzverwaltung insbesondere nicht maschinell erfasst. Eine Ermittlung wäre damit allein manuell auf der Grundlage der mit der Steuerklärung vorgelegten steuerlichen Gewinnermittlung und ggf. einer Außenprüfung möglich. Vor dem Hintergrund, dass dies einen massiven Aufwand bedeuten würde, insbesondere angesichts des angesprochenen 10-Jahres-Zeitraums, wurde hiervon abgesehen. 4. Ist es zutreffend, dass der Rückgang des Volumens der Risikovorsorge durch Ein zelwertberichtigungen in Summe (unbeschadet des Einzelfalls) nicht auf die wirtschaftliche Selbsteinschätzung der Banken oder Sparkassen zurückzufüh - ren ist? Die Entscheidung, ob eine Einzelwertberichtigung vorzunehmen ist, richtet sich nach den Erkenntnissen zur Gefahr des Ausfallrisikos. Die auf dieser Grundlage vorgenommene Einzelwertberichtigung unterliegt handelsrechtlich wie der gesamte Jahresabschluss der Abschlussprüfung durch eine unabhängige Wirtschaftsprüfung . Die steuerliche Wertberichtigung unterliegt der Prüfung durch die Steuerbehörden. 5. Ist es zutreffend, dass der Abbau der Risikovorsorge durch Einzelwertberichtigungen von Banken oder Sparkassen in Summe (unbeschadet des Einzelfalls) von der Finanzverwaltung des Landes eingefordert wird? Eine Einzelwertberichtigung bedeutet, dass eine Forderung in dem Umfang abgewertet wird, in dem ein Ausfallrisiko angenommen wird. Damit stellt eine solche Einzelwertberichtigung steuerlich einen gewinnmindernden Aufwand dar. Es ist Aufgabe der Finanzverwaltung zu prüfen, ob solche steuermindernden Umstände dem Grunde und der Höhe nach zu Recht angenommen wurden. 6. Ist es zutreffend, dass durch die in Summe reduzierten Beträge der Risikovorsorge durch Einzelwertberichtigungen der baden-württembergischen Banken oder Sparkassen dem Land Baden-Württemberg im jeweiligen Jahr einmalige zusätzliche Steuereinnahmen zugeflossen sind und wenn ja, in welcher Höhe in jedem der letzten fünf Jahre? Durch die Reduzierung eines Wertberichtigungsaufwands ergibt sich eine steuerwirksame Gewinnerhöhung (vgl. Ziff. 5.). Maschinell abrufbare Zahlen liegen der Finanzverwaltung Baden-Württemberg hierzu nicht vor. Eine Ermittlung wäre damit allein manuell auf der Grundlage der Ergebnisse von Überprüfungen durch den Innendienst oder Außenprüfungen möglich. Vor dem Hintergrund, dass dies einen massiven Aufwand bedeuten würde, insbesondere angesichts des angesprochenen 5-Jahres-Zeitraums, wurde hiervon abgesehen. 7. Wie bewertet sie die Warnungen von Vertretern der Deutschen Bundesbank in 2017 vor dem Entstehen einer Immobilienblase in Deutschland? Die Beobachtung von Preisentwicklungen und deren Ursachen ist eine Aufgabe von größter Bedeutung. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2541 4 Diese Aufgabe wird im Euroraum seit Januar 2011 vom Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) wahrgenommen. Im Rahmen dieser Aufgabe hat der ESRB im Herbst 2016 Briefe an die Regierungen von acht Mitgliedstaaten versandt, um vor einer Überhitzung des Marktes für Wohnimmobilien zu warnen. Am 27. November unterrichtete Präsident Draghi das Europaparlament darüber, dass Belgien, Dänemark, Finnland, Großbritannien, Luxemburg, die Niederlande, Österreich und Schweden entsprechende Briefe erhalten hätten. In diesem Sommer haben die BaFin und die Deutsche Bundesbank gemeinsam eine Niedrigzinsumfrage bei den Kreditinstituten durchgeführt. Ein Schwerpunkt war ein Wohnimmobilienstresstest. Der Test kam laut Bundesbank-Vorstand Dr. Dombret zu folgendem Ergebnis: „Und unsere Erhebung zeigt aktuell für Deutschland auch ein Stück weit Entwarnung . Wir beobachten bei den Vergabestandards und Kreditkonditionen keine weitreichende Lockerung – eine deutliche Aufweichung wäre ein Anzeichen für das Entstehen einer die Finanzstabilität gefährdenden Immobilienblase. Diese sehen wir aber nicht.“ Diese aktuelle Einschätzung von der Deutschen Bundesbank und der BaFin deckt sich mit der Einschätzung der EZB vom November 2016. Die Landesregierung bewertet die Äußerungen von Vertretern der Deutschen Bundesbank in diesem Gesamtzusammenhang und sieht keinen Anlass, an der übereinstimmenden Einschätzung von EZB, Bundesbank und BaFin zu zweifeln. 8. Mit welchem Wertberichtigungsbedarf in Prozent auf die Summe der Immobi - lienkredite baden-württembergischer Banken oder Sparkassen rechnet sie für den Fall eines dramatischen Rückgangs der Immobilienpreise im schlimmsten Fall (worst-case-Szenario)? Die Landesregierung stellt keine eigenen Überlegungen zu einem dramatischen Rückgang von Immobilienpreisen an, sondern verlässt sich auf die dafür zustän - digen Institutionen EZB, Bundesbank und BaFin. Wegen der in der Niedrigzins - umfrage von Bundesbank und BaFin simulierten Szenarien wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. 9. Wie erklärt sie den möglichen Zusammenhang zwischen dem Handeln der Finanzverwaltung des Landes, die von Banken und Sparkassen in Summe eine Reduzierung der Einzelwertberichtigungen zur Risikovorsorge erwirkt und den Warnungen vor dem Entstehen einer Immobilienblase in Deutschland mit dem zunehmenden Risiko eines dramatischen Wertberichtigungsbedarfs auf Immobilienwerte ? Die steuerliche Wertberichtigung als Instrument der Risikovorsorge betrifft Forderungen , bei denen ein Ausfallrisiko zu erwägen ist. Das Ausfallrisiko ergibt sich aus der Vermögenslage und Zahlungsfähigkeit des Schuldners/der Schuldnerin . Auch dann, wenn es sich um eine Forderung aus der Finanzierung eines Immobilienerwerbs handelt, ist die Wertentwicklung der Immobilie ggf. nur ein Aspekt von mehreren, aus denen sich das Ausfallrisiko, d. h. die Vermögenslage und Zahlungsfähigkeit des Schuldners/der Schuldnerin, ergibt. In Vertretung Dr. Splett Staatssekretärin