Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 2546 17. 08. 2017 1Eingegangen: 17. 08. 2017 / Ausgegeben: 29. 09. 2017 K l e i n e A n f r a g e Wir fragen die Landesregierung: 1. Welchen Stellenwert misst sie einer aktiven landesseitigen und kommunalen Stadtklimapolitik bei unter Angabe, welche Handlungsfelder dabei jeweils im Vordergrund stehen? 2. Welche Beeinträchtigungen und Gefahren sieht sie für die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger durch die erhöhte Aufheizung urbaner Gebiete aufgrund von Versiegelung und Bebauung mit Materialien mit hoher Wärmeleitfähigkeit und spezifischer Wärmekapazität? 3. Welche Auswirkungen des Klimawandels hinsichtlich Häufigkeit und Intensität von extremen Stadtklimalagen erwartet sie? 4. Welche Informationen liegen ihr über die Folgen des Hitzesommers 2003 auf die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger in Städten im Unterschied zum Umland vor? 5. Welche Konsequenzen wurden seitens der Landespolitik und nach ihrer Kenntnis seitens der Kommunalpolitik aus den Folgen des Hitzesommers 2003 gezogen ? 6. Welche Erkenntnisse liegen ihr über Möglichkeiten der Temperaturregulierung im urbanen Verdichtungsraum vor und welche konkreten Effekte sind daraus zu erwarten? 7. Inwiefern lassen sich durch innerstädtische Begrünung, Wasser- und Verschattungselemente sowie schattige Rast- und Aufenthaltsbereiche stadtklimatische Belastungen minimieren? Kleine Anfrage der Abg. Susanne Bay und Bettina Lisbach GRÜNE und Antwort des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Minimierung stadtklimatischer Belastungen in Hitzesommern Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2546 2 8. Wie bewertet sie die städtebauliche Berücksichtigung von Frischluftschneisen und Kaltluftentstehungsgebieten für den Luftaustausch und die Temperatur - regulierung in Städten? 9. Wie unterstützt sie die Kommunen bei deren Anstrengungen zur Prävention und Schadensbegrenzung extremer Stadtklimalagen? 17. 08. 2017 Bay, Lisbach GRÜNE B e g r ü n d u n g Urbane Gebiete unterliegen besonderen klimatischen Herausforderungen. Insbesondere im Sommer treten erhöhte Aufheizungen der Städte auf. Die Temperaturdifferenz im Vergleich zum Umland kann bis zu zehn Kelvin betragen. Dadurch entstehen hohe gesundheitliche Belastungen für die Städterinnen und Städter. Abhilfe können bautechnische und städtebauliche Maßnahmen schaffen. A n t w o r t Mit Schreiben vom 12. September 2017 Nr. 52-0141.5/163/1 beantwortet das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau im Einvernehmen mit dem Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft und dem Ministerium für Soziales und Integration die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welchen Stellenwert misst sie einer aktiven landesseitigen und kommunalen Stadtklimapolitik bei unter Angabe, welche Handlungsfelder dabei jeweils im Vordergrund stehen? Zu 1.: Angesichts des stetig fortschreitenden Klimawandels kommt der Stadtklimapolitik als Teil der allgemeinen Klimapolitik des Landes große Bedeutung zu. Die Landesregierung verfolgt die im Klimaschutzgesetz Baden-Württemberg (KSG BW) definierten Klimaschutzziele. Im Jahr 2015 wurde hierzu eine „Strategie zur Anpassung an den Klimawandel in Baden-Württemberg“ vorgelegt, in der u. a. auch die Stadt- und Raumplanung als Handlungsfeld identifiziert wurde. Aufgrund ihrer Steuerungsfunktion und der darin enthaltenen Abwägung wirtschaft - licher, sozialer und ökologischer Belange nimmt die Stadt- und Raumplanung bei der Anpassung an den Klimawandel eine wichtige Querschnittsfunktion ein. Aufgaben einer klimaangepassten Stadt- und Raumentwicklung sind insbesondere die Gewährleistung einer ausreichenden Durchlüftung und die gezielte Begrenzung baulicher Dichte in klimatisch besonders relevanten Siedlungsbereichen, die Begrünung von Flächen, öffentlichen Räumen, baulichen Anlagen, die Minimierung der Bodenversiegelung – primär zum verbesserten Wasserrückhalt/wassersensitiven Städtebau – und die Verringerung der Flächenneuinanspruchnahme. Begonnen mit dem „Monitoring-Bericht zum KSG BW – Teil I Klimafolgen und Anpassung “ vom Juni 2017 wird die Landesregierung alle drei Jahre zu wesentlichen Folgen des Klimawandels für Baden-Württemberg sowie zur Umsetzung und Wirkung wichtiger Anpassungsmaßnahmen informieren. Durch das ressortübergreifend angelegte, vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft getragene Förderprogramm „Klimawandel und modellhafte Anpassung in Baden- Württemberg (KLIMOPASS)“ wurden seit 2011 der Klimawandel mit seinen 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2546 Folgen sowie die Möglichkeiten für Anpassungsmaßnahmen für Baden-Württemberg im Rahmen von jährlich vergebenen Projekten untersucht. Über die Initiativen des Landes hinaus sind auch die Regionen, Landkreise und vor allem Städte und Gemeinden im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung aufgerufen, Klimaanpassungskonzepte und -maßnahmen zu entwickeln, auf stadtklimatische Anpassungen hinzuwirken sowie das Verständnis und Akzeptanz in der Bürgerschaft hierfür mit geeigneten Mitteln zu fördern. 2. Welche Beeinträchtigungen und Gefahren sieht sie für die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger durch die erhöhte Aufheizung urbaner Gebiete aufgrund von Versiegelung und Bebauung mit Materialien mit hoher Wärmeleitfähigkeit und spezifischer Wärmekapazität? Zu 2.: An sehr warmen Sommertagen kann infolge der im Vergleich zum Umland höheren Lufttemperaturen in den Innenstädten („Hitzeinseleffekt“) mit negativen gesundheitlichen Einflüssen gerechnet werden. Als unmittelbare Hitzefolgen gelten z. B. der Hitzekollaps, Hitzeschlag, Krämpfe und Austrocknung (Exsikkose) des Körpers mit der daraus entstehenden Hitzeerschöpfung. Als mittelbare Hitzefolge kann es zu einer Verschlechterung vorbestehender chronischer Erkrankungen kommen. Statistische Modelle weisen auf eine erhöhte Sterblichkeit bei starken Hitzephasen, möglicherweise durch eine Störung des Herz-Kreislaufsystems hin. Eine ausgeprägte Hitzesensitivität findet sich oft bei älteren Menschen (über 75 Jahren), besonders wenn gleichzeitig Pflegebedürftigkeit oder Bettlägerigkeit vorliegen, bei Kleinkindern (unter fünf Jahren) sowie bei chronisch Kranken und bei sozial isolierten und in Armut lebenden Personen. Negative Auswirkungen sind darüber hinaus auch bei hitzeexponierten Berufstätigen in Außenberufen möglich, wobei davon ausgegangen werden kann, dass diese Gruppe altersbedingt im Durchschnitt eine höhere Hitzetoleranz aufweist (healthy worker-effect). Gleichwohl ist bei zunehmenden Temperaturen mit einem erhöhten allgemeinen Unfallrisiko zu rechnen. Durch erhöhte Mitteltemperaturen wird zudem zukünftig mit dem vermehrten Auftreten von krankheitsübertragenden Vektoren (z. B. Tiger - mücke – Aedes albopictus) zu rechnen sein. 3. Welche Auswirkungen des Klimawandels hinsichtlich Häufigkeit und Intensität von extremen Stadtklimalagen erwartet sie? Zu 3.: Städte sind von der klimatischen Erwärmung besonders betroffen. Der sogenannte „Hitzeinseleffekt“ durch Versiegelung und dichte Bebauung führt dazu, dass in Stadtgebieten höhere Temperaturen auftreten als im Umland. Im Sommer können die Temperaturunterschiede zwischen Innenstadt und Umland bis zu 6 °C aus - machen, in Karlsruhe wurde sogar eine Temperaturdifferenz von 7 °C ermittelt. Für die Zukunft zeigen die Auswertungen der regionalen Klimamodelle durch die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz (LUBW) einen weiteren Temperaturanstieg. Verbunden mit der Erwärmung können vor allem auch extreme Wärmebelastungen zunehmen. Die Anzahl von „Heißen Tagen“ (Tage, an denen die Temperatur 30 °C und mehr erreicht) und „Tropennächten“ (Temperatur fällt nicht unter 20 °C) wird danach deutlich steigen. Beispielsweise werden demnach in der bereits heute warmen Region Oberrheingraben statt bisher pro Jahr durchschnittlich 16 „Heißen Tagen“ (1971 bis 2000) in der nahen Zukunft (2021 bis 2050) rund 35 und in der fernen Zukunft (2071 bis 2100) im ungünstigsten Fall vermutlich über 50 „Heiße Tage“ auftreten. Die Hitzebelastung für die städtische Bevölkerung kann durch den beschriebenen Hitzeinseleffekt jedoch noch erheblich größer sein als die Stationswerte (außerhalb der Städte) vermuten lassen. Dies gilt vor allem für die Großstädte Baden-Württembergs wie Freiburg, Karlsruhe , Mannheim oder Stuttgart. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2546 4 Im ersten „Monitoring-Bericht zum Klimaschutzgesetz Baden-Württemberg – Teil I Klimafolgen und Anpassung“ konnte an den Beispielen Karlsruhe und Stuttgart für die Vergangenheit bereits ein Anstieg der Wärmebelastung in Städten nachgewiesen werden. Dabei führte der Hitzesommer 2003 mit 53 Heißen Tagen und 7 Tropennächten in Karlsruhe und 32 Heißen Tagen und 20 Tropen - nächten in Stuttgart zu den bislang am stärksten ausgeprägten Wärmebelastungen. 4. Welche Informationen liegen ihr über die Folgen des Hitzesommers 2003 auf die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger in Städten im Unterschied zum Umland vor? Zu 4.: Da eine systematische Datenerfassung nicht vorliegt, ist die Datenlage für valide Aussagen nicht ausreichend. Eine aus diesem Grund durchgeführte Erhebung der Rettungsdiensteinsätze nach dem Hitzesommer 2003 ergab, dass Einsätze wegen unmittelbarer Hitzefolgen in den Nachmittagsstunden des 8. August 2003 in Baden-Württemberg um 17 % anstiegen. Insgesamt bezogen sich 8,8 % aller Rettungseinsätze an diesem Tag auf hitzebedingte Erkrankungen. Aussagen zu Gesundheitseinflüssen werden auch dadurch erschwert, dass die individuelle Hitzeverwundbarkeit (Vulnerabilität) als multifaktoriell anzusehen ist (Alter, Vorerkrankungen , soziale Einflüsse, Arbeitswelt). Ein Stadt-Land-Vergleich liegt nicht vor. Nach einer vom Landesgesundheitsamt (LGA) im Auftrag des Ministeriums für Soziales und Integration Baden-Württemberg durchgeführten Umfrage unter Pflegeheimen starben in der ersten Augusthälfte in den 1031 an der Erhebung teilnehmenden Einrichtungen in Baden-Württemberg etwa 300 Bewohner aufgrund der Folgen der Hitzewelle. Mögliche Unterschiede durch das Alter der Bewohner, die Schwere des Pflegegrades und die Heimgröße wurden dabei jedoch nicht berücksichtigt. 5. Welche Konsequenzen wurden seitens der Landespolitik und nach ihrer Kenntnis seitens der Kommunalpolitik aus den Folgen des Hitzesommers 2003 gezogen ? Zu 5.: Mit der 2015 verabschiedeten „Strategie zur Anpassung an den Klimawandel in Baden-Württemberg“ wurde ein Handlungsrahmen zum Umgang mit unvermeidbaren Folgen des Klimawandels geschaffen. Die Strategie stellt die möglichen Auswirkungen des Klimawandels auf Baden-Württemberg in neun verschiedenen Handlungsfeldern – darunter Gesundheit und Stadt- und Raumplanung – dar. Es werden insgesamt 76 Handlungsempfehlungen zum Umgang mit den Folgen des Klimawandels gegeben. Im Monitoring-Bericht zum Klimaschutzgesetz Baden- Württemberg Teil I Klimafolgen und Anpassung vom Juni 2017 ist dokumentiert, dass einige Maßnahmen bereits begonnen wurden: – Warndienste stärken (für den Zeitraum 2017 bis 2020 vorgesehen) – Hitzeberatung „HeatScout“ einrichten – „Kühlstuben“ (Hitzeentlastungsräume) einrichten – VASS (Vektoren, Allergene, Schadtiere und Schadpflanzen)-Bekämpfung – Naevi-Screening (Früherkennung von Hautkrebs) fördern – Aufklärung zur klimaangepassten Verhaltensweise. Im Einzelnen: Das vom LGA bereits 2003 etablierte Hitze-Frühwarnsystem informiert und warnt per E-Mail und Fax Kliniken und Pflegeeinrichtungen bereits im Vorfeld über drohende Hitzeepisoden. Diese und weitere Informationen sind auch über die Homepage des Ministeriums für Soziales und Integration und des LGA oder über dort zu beziehende Merkblätter erhältlich. Einzelne Gesundheitsämter haben auf 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2546 der Basis dieser Informationen eigene, auf die jeweilige Region zugeschnittene Merkblätter erstellt. Mittlerweile erfolgt der Versand als Newsletter über den Deutschen Wetterdienst (DWD). Inzwischen gibt es auch eine DWD WarnWetter -App, über welche unter anderem auch Warnungen vor Hitze und erhöhter UV- Intensität angezeigt werden. Das Lagezentrum verbreitet Warnmeldungen über Radio und Fernsehen. Im Fachgutachten des LGA über das Handlungsfeld Gesundheit der o. g. Anpassungsstrategie des Landes wird für Ballungsräume die Schaffung kommunaler Einrichtungen („HeatScout“) empfohlen, die interkulturell, kompetent und vor allem schnell auch Einzelpersonen unterstützend Hilfe gewähren können. Eine Koordination von Hilfsangeboten unter Mitwirkung der sozialen Dienste wird dabei als sinnvoll erachtet. Während länger andauernder Hitzeperioden wird den Stadtverwaltungen die Einführung von Hitzeentlastungsräumen („Kühlstuben“) empfohlen. Hier kann es sich um öffentliche Einrichtungen, aber auch um Kaufhäuser handeln, die einen Ruheraum ohne Konsumzwang zur Verfügung stellen. Zur Einrichtung bzw. Durchführung leistet das LGA beratend Unterstützung. Das Problem des häufigeren Auftretens von Vektoren und den dadurch übertragenen Infektionskrankheiten wurde unter Bildung einer Projektgruppe in Zusammenarbeit mit dem LGA bearbeitet und fand auch Eingang in das o. g. Fachgutachten . Das Ministerium für Soziales und Integration hat den Gesundheitsämtern diese Risikobewertung übermittelt und bei Auftreten von Populationen von Aedes albopictus empfohlen, auf der Grundlage von § 17 Absatz 2 Infektionsschutz - gesetz den zuständigen Gemeinden die Durchführung von Bekämpfungsmaßnahmen zu empfehlen. Dem durch intensive Sonneneinstrahlung bedingt möglicherweise häufigeren Vorkommen von Hauttumoren soll durch eine Förderung des Naevi-Screenings begegnet werden. Dafür sollen medizinische Fachberufe sensibilisiert und die Patienten informiert werden. Welche Konsequenzen aus den Folgen des Hitzesommers 2003 seitens der Kommunalpolitik gezogen wurden, ist bei der Vielzahl von Städten und Gemeinden im Land im Einzelnen nicht bekannt. 6. Welche Erkenntnisse liegen ihr über Möglichkeiten der Temperaturregulierung im urbanen Verdichtungsraum vor und welche konkreten Effekte sind daraus zu erwarten? 7. Inwiefern lassen sich durch innerstädtische Begrünung, Wasser- und Verschattungselemente sowie schattige Rast- und Aufenthaltsbereiche stadtklimatische Belastungen minimieren? 8. Wie bewertet sie die städtebauliche Berücksichtigung von Frischluftschneisen und Kaltluftentstehungsgebieten für den Luftaustausch und die Temperatur - regulierung in Städten? Zu 6., 7. und 8.: Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 6., 7. und 8. zusammen beantwortet. Im Landesprogramm KLIMOPASS (Klimawandel und modellhafte Anpassung) wurde der klimatische Einfluss auf urbane Verdichtungsräume und geeignete planerische Anpassungsmaßnahmen schon mehrfach untersucht, z. B. in Stuttgart, Karlsruhe, Heidelberg und Freiburg. Die klimatische Belastung kann durch stadtplanerische Maßnahmen abgeschwächt werden. Planerische Möglichkeiten gibt es hierzu auf der gesamtstädtischen Ebene , aber auch auf Stadtteil-, Quartiers- und Gebäudeebene. In der Stadt- und Raumplanung spielt die Erhaltung von großflächigen Kaltluft - entstehungsgebieten (Wäldern, Wiesen, Kleingärten, Parks etc.) sowie die Sicherung der Kaltluftströmungen in die innerstädtischen Bereiche eine zentrale Rolle. Im unmittelbaren Einwirkungsbereich von intakten Leitbahnen kann die Temperatur dauerhaft um mehrere Grad Celsius abgesenkt werden. Eine Vermeidung der Sperrung von Kaltluftbahnen durch städtebauliche Barrieren ist daher wichtig. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2546 6 Im KLIMOPASS-Projekt „Städtebaulicher Rahmenplan Klimaanpassung“ der Stadt Karlsruhe wurden für ausgewählte klimaökologische Sanierungsgebiete zwei städtebauliche Szenarien getestet. Das Szenario mit einem umfangreichen Entdichtungs- und Optimierungsansatz zeigte gegenüber einer reinen Innenverdichtung positive Auswirkungen auf das thermische Belastungsniveau der Menschen . Die Testläufe zeigten aber auch, dass in den innerstädtischen Gebieten Klimaanpassungsmaßnahmen in jedem Fall erforderlich sind, weil auch groß - flächige stadtplanerische Eingriffe am Stadtrand nicht ausreichend den Innen - bereich entlasten können. Wichtig ist insofern ein Mix mit Maßnahmen, die direkt in den betroffenen Quartieren umgesetzt werden. Sehr wichtig für die gesamtstädtische Ebene zeigt sich bei der Untersuchung die Vernetzung der innerstädtischen „grünen Infrastruktur“ mit den außerstädtischen Kaltluftentstehungsgebieten. Über die Schaffung von „kühlen Verbindungswegen “ können die einzelnen Parkanlagen und Grünbereiche miteinander verbunden werden und die Kaltluft kann über diesen Weg in den Innenstadtbereich einfließen . Die Wirkung von Begrünungsmaßnahmen wurde auch in dem KLIMOPASS-Projekt „Klimaaktive baubotanische Siedlungsstrukturen, Bautypologien und Infrastrukturen , Modellprojekte und Planungswerkzeuge“ untersucht. Dabei wurde unter anderem die Wirkung von großkronigen Bäumen, Verschattungsmaßnahmen und weitere Maßnahmen untersucht. Im Ergebnis zeigte sich durchweg ein sehr positiver Effekt dieser Maßnahmen. Der Abschlussbericht ist auch unter folgendem Link abrufbar: http://www.fachdokumente.lubw.baden-wuerttemberg.de/ servlet/is/115655/U83-W03-N15.pdf?command= downloadContent&filename= U83-W03-N15.pdf&FIS=91063. 9. Wie unterstützt sie die Kommunen bei deren Anstrengungen zur Prävention und Schadensbegrenzung extremer Stadtklimalagen? Zu 9.: Hinsichtlich der Planungsgrundlagen ist hier auf die „Städtebauliche Klimafibel“ des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau hinzuweisen, die als Arbeits- und Entscheidungshilfe für die kommunale Bauleitplanung (Flächennutzungsplanung , Bebauungsplanung) konzipiert ist und den Städten und Gemeinden zur Verfügung steht. Die „Städtebauliche Klimafibel“ wurde bereits mehrfach überarbeitet und aktualisiert und hat mittlerweile über die Landesgrenzen hinaus einen hohen Bekanntheitsgrad in der Planungspraxis. Sie weist u. a. auch auf die gesetzlichen Vorgaben zur Berücksichtigung von Klimabelangen in der städtebaulichen Planung insbesondere nach dem Baugesetzbuch (BauGB) hin. Danach ist es ein grundsätzliches Ziel der Bauleitplanung dazu beizutragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern. In konkreten Bauleitplanverfahren sind die Umweltbelange und damit insbesondere die Belange von Boden, Wasser, Luft und Klima sowie deren Wechselwirkungen zu berücksichtigen. Dies wird schutzgutbezogen in erster Linie innerhalb des Umweltberichts zum Bauleitplan dokumentiert . Daneben besteht die Möglichkeit, rechtsverbindliche Planfestsetzungen mit Auswirkungen auf das Stadtklima zu treffen (beispielsweise als naturschutzfachliche Ausgleichsflächen, Grünflächen, Fassadenbegrünungen) und ggf. auch ergänzende vertragliche Regelungen zugunsten der Klimaanpassung zu treffen. Von diesen Möglichkeiten wird – soweit ersichtlich – in den baden-württembergischen Städten und Gemeinden deutlich Gebrauch gemacht. Seit dem Jahr 2011 werden im Rahmen des Landesprogramms KLIMOPASS jährlich Forschungs- und Umsetzungsprojekte im Bereich Klimawandel gefördert . Zwischen 2011 und 2016 wurden 77 Projekte von Forschungseinrichtungen und Kommunen mit rund 7,5 Millionen Euro finanziert. Als Beispiele sind hier u. a. zu nennen: – Projekt „KomKlim“: Umsetzung der kommunalen Klimaanpassung in die Bauleitplanung im Pilotprojekt der Entwicklung des Geländes der Spinelli Barracks /Grünzug Nordost in Mannheim 7 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2546 – Städtebaulicher Rahmenplan Klimaanpassung für die Stadt Karlsruhe – Planungsempfehlungen für die (stadt-)klimawandelgerechte Entwicklung von Konversionsflächen – Modellvorhaben Heidelberg Das KLIMOPASS-Programm wird derzeit zu einer Förderrichtlinie weiterentwickelt , um die Anpassung an den Klimawandel mehr in die Breite zu bringen. Es soll auch zukünftig ein wichtiger Impulsgeber für die Anpassung an den Klimawandel in Baden-Württemberg sein. Darüber hinaus stehen den Kommunen die Informationsangebote des Ministe - riums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft und der LUBW zu den Themenbereichen Klimawandel, Klimafolgen, Klimaanpassung und Klimaforschung als Grundlagenmaterial für ihre städtebaulichen Planungen zur Verfügung. Dr. Hoffmeister-Kraut Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau