Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 2549 18. 08. 2017 1Eingegangen: 18. 08. 2017 / Ausgegeben: 29. 09. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie beurteilt sie die Existenz sogenannter Problemimmobilien in Mannheim, die durch ihre Eigentümer verwahrlost und verfallen lassen werden, teilweise leer stehen, teilweise zu ausbeuterischen Konditionen vermietet werden, und die damit verbundenen Auswirkungen auf die städtebauliche und soziale Entwicklung der betroffenen Stadtquartiere? 2. Ist ihr bekannt, dass die Stadt Mannheim in den Stadtbezirken Innenstadt/Jungbusch und Neckarstadt-West bereits Problemimmobilien aufgekauft hat bzw. aktuell plant weitere aufzukaufen, um damit die innerstädtischen Quartiere zu stabilisieren? 3. Ist sie bereit, die Stadt Mannheim bei der Strategie, Problemimmobilien aufzukaufen , finanziell zu unterstützen und wenn ja, in welcher Form und welchem Umfang? 4. Wie beurteilt sie die Existenz von Problemimmobilien in baden-württembergischen Kommunen insgesamt? 5. In welchen baden-württembergischen Kommunen gibt es derzeit Problem - immobilien? 6. Welche Maßnahmen ergreift sie aktuell gegen die Verwahrlosung und den Verfall von Problemimmobilien und die damit einhergehenden Auswirkungen auf die städtebauliche Entwicklung in baden-württembergischen Kommunen? Kleine Anfrage des Abg. Dr. Boris Weirauch SPD und Antwort des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration Umgang der Landesregierung mit Problemimmobilien in baden-württembergischen Kommunen Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2549 2 7. Ist ihr bekannt, dass das Land Nordrhein-Westfalen seit Anfang 2017 finan - zielle Unterstützung für nordrhein-westfälische Kommunen zur Verfügung stellt, damit diese in die Lage versetzt werden, Problemimmobilien aufzukaufen, um damit (unter anderem) die städtebauliche Entwicklung stabilisieren zu können? 8. Ist sie bereit, vergleichbare finanzielle Unterstützung für baden-württembergische Kommunen, die Problemimmobilien aufgekauft haben oder beabsichtigen aufzukaufen, zur Verfügung zu stellen? 9. Wenn ja, in welcher Form und in welchem Umfang? 18. 08. 2017 Dr. Weirauch SPD B e g r ü n d u n g Der Verwahrlosung und dem Verfall preisgegebene Wohngebäude, die von ihren Eigentümern entweder leer stehen gelassen oder zu ausbeuterischen Konditionen, oft in menschenunwürdigem Zustand vermietet werden, stellen oft ein Problem insbesondere für die städtebauliche Entwicklung ganzer Stadt- und Ortsquartiere da. Sie beeinträchtigen das Straßenbild, können Angsträume schaffen sowie gefährlichen und menschenunwürdigen Wohnsituationen Vorschub leisten. Die Stadt Mannheim verfolgt derzeit die Strategie, einzelne Problemimmobilien aufzukaufen und diese in Konzepte der Quartiers-Stabilisierung einzubinden. Das Land Nordrhein-Westfalen unterstützt seit Jahresbeginn Kommunen finanziell beim Aufkauf von Problemimmobilien im Kontext der Zuwanderung aus Südosteuropa . Die Kleine Anfrage will unter anderem in Erfahrung bringen, ob die Landesregierung bereit ist, die Kommunen in Baden-Württemberg nach dem Vorbild von Nordrhein-Westfalen ebenfalls finanziell zu unterstützen. A n t w o r t Mit Schreiben vom 13. September 2017 Nr. 2-2221.0/15 beantwortet das Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration im Einvernehmen mit dem Minis - terium für Finanzen und dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie beurteilt sie die Existenz sogenannter Problemimmobilien in Mannheim, die durch ihre Eigentümer verwahrlost und verfallen lassen werden, teilweise leer stehen, teilweise zu ausbeuterischen Konditionen vermietet werden, und die damit verbundenen Auswirkungen auf die städtebauliche und soziale Entwicklung der betroffenen Stadtquartiere? Zu 1.: Die Bezeichnung „Problemimmobilie“ unterliegt keiner einheitlichen Definition. Mit Blick auf die Gefahrenabwehr und Kriminalitätsbekämpfung können sich Immobilien im Einzelfall aufgrund verschiedenster Ursachen als problematisch erweisen. Führt beispielsweise die Beschaffenheit einer Immobilie durch Verwahrlosung , Verfall, bauliche Mängel oder Aspekte des Brandschutzes zu einer Gefährdung von Personen, besteht im Sinne der Gefahrenabwehr Handlungsbedarf . 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2549 Darüber hinaus können „Problemimmobilien“ mitunter durch organisierte Ausbeutung , Menschenhandel oder Überbelegung in Verbindung mit deutlich überhöhten Mietpreisen einen Kriminalitätsbrennpunkt und Rückzugsort für Straftäter darstellen. „Problemimmobilien“ ist daher auch als Ort krimineller Energie im Sinne einer konsequenten Bekämpfung der Kriminalität deutlich entgegenzu - wirken. So wurde beispielsweise in Mannheim die Arbeitsgemeinschaft „Südosteuropa“ (AG SOE) gegründet. Die Unterarbeitsgruppe „Problemimmobilien“ (UAG PI) geht dabei unter Beteiligung des Polizeipräsidiums und mehrerer Fachbereiche der Stadt Mannheim gegen „Problemimmobilien“ vor. Diese erreichten zu Beginn des Jahres 2014 in der Stadt Mannheim mit 114 „Problemimmobilien“ einen Höchststand. Durch gemeinsame Aktionen der UAG PI und Einsatz entsprechender Personalressourcen konnte die Anzahl zwischenzeitlich auf 22 „Problem - immobilien“ reduziert werden. Wohnungswirtschaftlich kann Leerstand von Wohnraum Anlass geben, in einer Gemeinde ein satzungsrechtliches Zweckentfremdungsverbot nach dem Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZwEWG) zu beschließen . 2. Ist ihr bekannt, dass die Stadt Mannheim in den Stadtbezirken Innenstadt/Jungbusch und Neckarstadt-West bereits Problemimmobilien aufgekauft hat bzw. aktuell plant weitere aufzukaufen, um damit die innerstädtischen Quartiere zu stabilisieren? Zu 2.: Die Stadt Mannheim hat nach eigenen Angaben eine sogenannte Problemimmo - bilie erworben; vier weitere hat die städtische Wohnungsbaugesellschaft GBG Mannheim aufgekauft. Alle Immobilien befinden sich in den Gebieten Innenstadt /Jungbusch und Neckarstadt-West. 3. Ist sie bereit, die Stadt Mannheim bei der Strategie, Problemimmobilien aufzukaufen , finanziell zu unterstützen und wenn ja, in welcher Form und welchem Umfang? Zu 3.: Die Landesregierung gewährt den Kommunen finanzielle Unterstützung im Rahmen der Städtebauförderung und insbesondere des Programms „Soziale Stadt“. Diese Finanzhilfen können im Rahmen der Gesamtmaßnahmen auch für die Bewältigung der Probleme mit „Problemimmobilien“ eingesetzt werden. So wurde zum Beispiel die seit ca. zwei Jahren laufende Sanierung eines Wohngebäudes in der Beilstraße, die im Sanierungsgebiet Soziale Stadt „Jungbusch/ Verbindungskanal“ liegt, mit Städtebauförderungsmitteln unterstützt. Es handelt sich um ein denkmalgeschütztes Gebäude, welches einen erheblichen Sanierungsstau aufweist. Die Stadt Mannheim beteiligt sich an der privaten Sanierungsmaßnahme per Modernisierungsvereinbarung zwischen Stadt und der Mannheimer Wohnungsbaugesellschaft GBG mit einem Modernisierungszuschuss. Die GBG hat sich in der Vereinbarung verpflichtet, die Mieten sozialverträglich zu gestalten . Für die Sanierung des Gebäudes wurden der Stadt Mannheim im Zeitraum von 2016 bis 2017 bislang 124.336,00 Euro (60 % der angemeldeten Kosten) ausbezahlt . Die Stadt Mannheim erhielt ferner unter Einbeziehung ihrer besonderen Situation bedarfsgerecht aus Städtebauförderungsmitteln für die Maßnahme „Schönau- Nordwest“ 3,8 Mio. Euro Finanzhilfe im Bund-Länder-Programm Soziale Stadt und für das Soziale Stadt – Sanierungsgebiet „Jungbusch/Verbindungskanal“ bislang rd. 4,0 Mio. Euro. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2549 4 Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die in der Mannheimer „Neckarstadt- West“ vom 1. Januar 1991 bis 31. Dezember 2001 durchgeführte städtebauliche Erneuerungsmaßnahme im Rahmen des Bund-Länder-Sanierungs- und Entwicklungsprogramms SEP mit einer Finanzhilfe in Höhe von 13.158.500 Euro bezuschusst worden ist. Derzeit ist die Mannheimer Neckarstadt in keinem Sanierungsverfahren . Der Gemeinderat der Stadt Mannheim hat jedoch kürzlich für das Gebiet „Neckarstadt-West“ den Beschluss über die Durchführung von vorbereitenden Untersuchungen gemäß § 141 Absatz 3 des Baugesetzbuches (BauGB) gefasst . Mit den vorbereitenden Untersuchungen sollen Beurteilungskriterien über die Notwendigkeit und Durchführbarkeit sowie die allgemeinen Ziele der Sanierung gewonnen werden. Ob und ggf. inwieweit Städtebaufördermittel seitens des Landes gewährt werden können, hängt von dem Vorgehen der Stadt ab und kann derzeit nicht beurteilt werden. 4. Wie beurteilt sie die Existenz von Problemimmobilien in baden-württembergischen Kommunen insgesamt? 5. In welchen baden-württembergischen Kommunen gibt es derzeit Problem - immobilien? Zu 4. und 5.: Der Landesregierung liegen keine auf das Land insgesamt bezogenen Erkennt - nisse zu sogenannten Problemimmobilien im Sinne der Fragestellung vor. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Nummer 1 verwiesen. 6. Welche Maßnahmen ergreift sie aktuell gegen die Verwahrlosung und den Verfall von Problemimmobilien und die damit einhergehenden Auswirkungen auf die städtebauliche Entwicklung in baden-württembergischen Kommunen? 7. Ist ihr bekannt, dass das Land Nordrhein-Westfalen seit Anfang 2017 finan - zielle Unterstützung für nordrhein-westfälische Kommunen zur Verfügung stellt, damit diese in die Lage versetzt werden, Problemimmobilien aufzukaufen, um damit (unter anderem) die städtebauliche Entwicklung stabilisieren zu können? 8. Ist sie bereit, vergleichbare finanzielle Unterstützung für baden-württembergische Kommunen, die Problemimmobilien aufgekauft haben oder beabsichtigen aufzukaufen, zur Verfügung zu stellen? 9. Wenn ja, in welcher Form und in welchem Umfang? Zu 6. bis 9.: Das Land Nordrhein-Westfalen hat mit dem Stadterneuerungsprogramm 2017 Städtebauförderungsmittel für sogenannte „Modellvorhaben Problemimmobilien“ für acht Städte bereitgestellt. Gefördert werden der Erwerb, der Abriss und die nachträgliche Herrichtung des Grundstücks von Problemimmobilien, die im Kontext der Zuwanderung aus Südosteuropa durch äußerst problematische Belegungspraxis auffallen und dadurch negative Auswirkungen für die Stadtteilentwicklung haben. Die Förderung dieser Modellmaßnahmen wird im Rahmen des Bund-Länderprogramms Soziale Stadt (SSP) abgebildet; zusätzliche Mittel wurden von Nordrhein-Westfalen nicht eingesetzt. Die bisherigen Erfahrungen bestätigen auch in Baden-Württemberg, dass die Städtebauförderung, insbesondere das Programm Soziale Stadt, besonders geeignet ist, komplexen Problemlagen zu begegnen. Die Finanzhilfen im Programm Soziale Stadt dienen Investitionen im Quartier und Maßnahmen zur Stabilisierung und Aufwertung von Gebieten, die aufgrund der Zusammensetzung und wirtschaftlichen Situation der darin lebenden und arbeitenden Menschen erheblich benachteiligt sind. Damit soll ein Beitrag zur Erhöhung der Wohnqualität und Nutzungsvielfalt, zur Verbesserung der Generationengerechtigkeit der Quartiere und zur Integration aller Bevölkerungsgruppen geleistet werden. Die benachtei- 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2549 ligten Quartiere sind in einem integrierten Ansatz mit einem umfassenden Bündel von Maßnahmen aus allen für die Gebiete vordringlichen Bereichen anzugehen und zu verbessern. Die Finanzhilfen können im Rahmen der Gesamtmaßnahmen auch für die Bewältigung der Probleme mit „Problemimmobilien“ eingesetzt werden. Den aktuellen Herausforderungen kann daher im Rahmen der Stadterneuerungsprogramme und der geltenden Städtebauförderungsrichtlinien begegnet werden. Dies belegen auch die in der Antwort zu Frage 3 geschilderten Erfahrungen in Mannheim. Ein spezielles Programm des Landes ist vor diesem Hintergrund nicht erforderlich. Die Regelungen der Städtebauförderung bieten den betroffenen Kom - munen ausreichend Spielräume, in geeigneter Weise reagieren zu können. Strobl Minister für Inneres, Digitalisierung und Migration