Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 2563 23. 08. 2017 1Eingegangen: 23. 08. 2017 / Ausgegeben: 05. 10. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Inwiefern und wann ist der Betreiber des Windparks „Südliche Ortenau“ der Anordnung des Landratsamts Ortenaukreis vom November 2016, die nachgewiesene Impulshaltigkeit von Geräuschen der Windenergieanlagen abzustellen, bisher nachgekommen (siehe dazu Drucksache 16/1168)? 2. Aus welchen Gründen hat der Betreiber ihrer Kenntnis nach eine „Abschaltung von drei Anlagen und Schallreduzierung der restlichen auf 102 Dezibel“ in der Zeit zwischen 22.00 und 6.00 Uhr umgesetzt (auf Anordnung oder auf freiwilliger Basis)? 3. Wird durch diesen Betriebsmodus eine Schallreduzierung in der Impulshaltigkeit oder Überschreitung der Lärmwerte erreicht? 4. Von welcher Einstufung der höchsten Lärmwerte geht die untere Immissionsschutzbehörde bei der Festlegung der zulässigen Lärmobergrenzen bei immissionsschutzrechtlich genehmigten Windenergieanlagen aus (ermittelte Lärmwerte an den Immissionsorten gemäß Gutachten oder Lärmwerte für Wohnbebauung nach der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm)? 5. Wie gestaltet sich der aktuelle Sachstand des einschlägigen Rechtsstreits zwischen dem Landratsamt und dem Betreiber? 6. Welche Messungen wurden in diesem Zusammenhang bisher von bzw. im Auftrag von kommunalen Behörden, Landratsamt Ortenaukreis oder Landesbehörden im Umkreis des Windparks „Südliche Ortenau“ durchgeführt? 7. Welche wesentlichen Ergebnisse haben diese Messungen bisher zutage gefördert ? Kleine Anfrage des Abg. Andreas Glück FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Immissionsschutz im Umkreis des Windparks „Südliche Ortenau“ Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2563 2 8. Welche Schallprotokolle wurden bisher von Privatpersonen an Behörden der betroffenen Kommunen, des Kreises und des Landes herangetragen? 9. Wie bewertet sie die Qualität und Aussagekraft dieser Schallprotokolle? 23. 08. 2017 Glück FDP/DVP A n t w o r t Mit Schreiben vom 15. September 2017 Nr. 4-4516/76 beantwortet das Ministe - rium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Inwiefern und wann ist der Betreiber des Windparks „Südliche Ortenau“ der Anordnung des Landratsamts Ortenaukreis vom November 2016, die nachgewiesene Impulshaltigkeit von Geräuschen der Windenergieanlagen abzustellen, bisher nachgekommen (s. dazu Drucksache 16/1168)? Das Landratsamt Ortenaukreis hat als zuständige Immissionsschutzbehörde im Rahmen einer Messung am 4./5. November 2016 eine Impulshaltigkeit der Geräusche der Windkraftanlagen festgestellt, die bei bestimmten Windsituationen auftrat . Daraufhin wurde vom Landratsamt zunächst mündlich am 11. November 2016 und schriftlich am 18. November 2016 eine Anordnung erlassen, mit der dem Betreiber aufgegeben wurde, die Windkraftanlagen des Bürgerwindparks Südliche Ortenau so zu betreiben, dass keine deutlich wahrnehmbare Impulshaltigkeit mehr von diesen ausgeht. In einem Verfahren zum vorläufigen Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht (VG) Freiburg hat der Betreiber jedoch erwirkt, dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen diese nachträgliche Anordnung wiederhergestellt wurde (Beschluss des VG Freiburg vom 7. April 2017). Somit war die Genehmigungsbehörde am Vollzug der Anordnung gehindert. Eine Immissionsmessung , die von einer amtlich nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) bekannt gegebenen Messstelle am 17./18. November 2016 durch - geführt wurde, konnte indes keine Impulshaltigkeit feststellen. Das Gericht stellte daher fest, dass „sich derzeit ... eine Impulshaltigkeit der Anlage nicht hinreichend belastbar annehmen lässt. ... Eine andere Beurteilung ist auch nicht wegen der zahlreichen Beschwerden der Nachbarschaft und deren systematischer Auswertung ... vorzunehmen. Bei allem Verständnis des Gerichts für die Belange der Nachbarschaft sind deren subjektive Eindrücke und Messungen oder die Anzahl von Beschwerden grundsätzlich nicht geeignet, die Impulshaltigkeit von Geräuschen einer Windenergieanlage darzulegen oder gar nachzuweisen“. Insofern bleibt die Frage nach der Impulshaltigkeit strittig. Weitere Messungen sollen Klarheit bringen. 2. Aus welchen Gründen hat der Betreiber ihrer Kenntnis nach eine „Abschaltung von drei Anlagen und Schallreduzierung der restlichen auf 102 Dezibel“ in der Zeit zwischen 22.00 und 6.00 Uhr umgesetzt (auf Anordnung oder auf freiwilliger Basis)? Anlass für die Einführung der reduzierten Betriebsweise war die von einer nach dem BImSchG bekannt gegebenen Messstelle durchgeführte Immissionsmessung, die eine Richtwertüberschreitung an einem maßgeblichen Immissionsort zum Ergebnis hatte. Auf der Grundlage dieser Messergebnisse wurde vom Betreiber und der Messstelle ein Konzept ausgearbeitet, in dem die Einhaltung der Immissionsrichtwerte durch eine reduzierte Betriebsweise nachgewiesen wurde. Aufgrund einer Vereinbarung des Landratsamtes mit dem Betreiber der Windkraftanlagen vom 21. Dezember 2016 wird der Windpark seither nachts nur in diesem eingeschränkten Modus betrieben. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2563 3. Wird durch diesen Betriebsmodus eine Schallreduzierung in der Impulshaltigkeit oder Überschreitung der Lärmwerte erreicht? Der geänderte Betriebsmodus führt zu einer Reduzierung des Beurteilungspegels am maßgeblichen Immissionsort mit dem Ziel der Einhaltung der Richtwerte nach der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm). Zur Impulshaltigkeit siehe Antwort zu Frage 1. 4. Von welcher Einstufung der höchsten Lärmwerte geht die untere Immissionsschutzbehörde bei der Festlegung der zulässigen Lärmobergrenzen bei immissionsschutzrechtlich genehmigten Windenergieanlagen aus (ermittelte Lärmwerte an den Immissionsorten gemäß Gutachten oder Lärmwerte für Wohnbebauung nach der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm)? Für die Frage der Genehmigungsfähigkeit gelten die Immissionsrichtwerte der TA Lärm. Diese müssen immer eingehalten werden. Grundlage für das Genehmigungsverfahren sind die in der Schallimmissionsprognose prognostizierten Werte. Sollte sich nach Inbetriebnahme einer Anlage im Rahmen einer Messung herausstellen , dass die tatsächlichen Immissionen höher sind als die prognostizierten Werte, berührt dies nicht die Rechtmäßigkeit der Genehmigung, sondern befugt die Genehmigungsbehörde ggf. zu einer nachträglichen Anordnung nach § 17 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG). 5. Wie gestaltet sich der aktuelle Sachstand des einschlägigen Rechtsstreits zwischen dem Landratsamt und dem Betreiber? Das Landratsamt hat davon Abstand genommen, gegen den Beschluss des VG Freiburg vom 7. April 2017 Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg einzulegen. Dies liegt in der Tatsache begründet, dass das Landratsamt davon ausgeht, dass der VGH in einer summarischen Entscheidung voraussichtlich zur gleichen Auffassung gelangen würde. Der Vorgang wird aber im Hauptsacheverfahren vom Verwaltungsgericht weiter behandelt und entschieden. 6. Welche Messungen wurden in diesem Zusammenhang bisher von bzw. im Auftrag von kommunalen Behörden, Landratsamt Ortenaukreis oder Landesbe - hörden im Umkreis des Windparks „Südlicher Ortenau“ durchgeführt? Das Landratsamt Ortenaukreis hat im November 2016 und im Februar 2017 jeweils eine Überwachungsmessung durchgeführt. Zudem wurden im Auftrag des Betreibers weitere Messungen durch eine nach dem Bundes-Immissionsschutz - gesetz (BImSchG) bekannt gegebene Messstelle vom Landratsamt begleitet und überwacht. Darüber hinaus hat die Landesmessstelle für Geräusche und Erschütterungen der LUBW im Auftrag des Landratsamtes eine Dauermessstation installiert und im April und Mai 2017 über mehrere Wochen Daten erfasst. 7. Welche wesentlichen Ergebnisse haben diese Messungen bisher zutage gefördert ? Bei der Messung am 4./5. November 2016 stellte das Landratsamt bei bestimmten Windverhältnissen eine Impulshaltigkeit der Geräusche fest. Die Richtwerte nach der TA Lärm waren am konkreten Messort eingehalten. Am 22. Februar 2017 wurde vom Landratsamt die Einhaltung der Richtwerte am Messort festgestellt. Die Dauermesssungen der LUBW lieferten noch keine rechtlich verwendbaren Ergebnisse, da die Windverhältnisse (Windstärke und Windrichtung) nicht den Vorgaben der anzuwendenden Richtlinien entsprachen. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2563 4 8. Welche Schallprotokolle wurden bisher von Privatpersonen an Behörden der betroffenen Kommunen, des Kreises und des Landes herangetragen? Von Beschwerdeführern werden regelmäßig Beschwerdeprotokolle eingereicht. Alle vorgetragenen Beschwerden werden strukturiert dokumentiert und ausge - wertet. 9. Wie bewertet sie die Qualität und Aussagekraft dieser Schallprotokolle? Die Qualität und Sachlichkeit der Beschwerdeprotokolle und einzeln vorgebrachten Beschwerden variieren. Dies ist aber für das Verwaltungshandeln unerheblich, da grundsätzlich jeder Beschwerde nachgegangen wird. Hierfür wird in jedem Fall ein Abgleich der Beschwerdedaten mit den Betriebsdaten der Anlagen durchgeführt . Die Erkenntnisse aus diesen Auswertungen fließen u. a. in die Messplanung für weitere, geplante Messungen ein (siehe auch Antwort zu Frage 1). Untersteller Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft