Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 2589 31. 08. 2017 1Eingegangen: 31. 08. 2017 / Ausgegeben: 12. 10. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie bewertet sie aktuell die Entwicklung hinsichtlich der Landzukäufe und Bewirtschaftung baden-württembergischer Flächen durch Schweizer Landwirte in der Grenzregion? 2. Welche Probleme ergeben sich aktuell für baden-württembergische Landwirte durch Zukauf, Zupachtung und Bewirtschaftung baden-württembergischer Flä - chen durch Schweizer Landwirte in der Grenzregion? 3. Unter welchen Voraussetzungen und Bedingungen können Schweizer Landwirte für in Deutschland gepachtetes Land Förderung beantragen? 4. Welche Auflagen gelten für Schweizer Landwirte hinsichtlich Versteuerung und Mitgliedschaft in der Agrarsozialversicherung des in Deutschland befindlichen Betriebs? 5. Welche Maßnahmen ergreift sie, um die EU und die Bundesregierung für diese Probleme zu sensibilisieren? 31. 08. 2017 Hoher FDP/DVP Kleine Anfrage des Abg. Klaus Hoher FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Bewirtschaftung baden-württembergischer Flächen durch Schweizer Landwirte Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2589 2 A n t w o r t Mit Schreiben vom 27. September 2017 Nr. Z(21)-0141.5/194F beantwortet das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz im Einvernehmen mit dem Ministerium für Finanzen und dem Ministerium für Soziales und Integration die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Wie bewertet sie aktuell die Entwicklung hinsichtlich der Landzukäufe und Bewirtschaftung baden-württembergischer Flächen durch Schweizer Landwirte in der Grenzregion? 2. Welche Probleme ergeben sich aktuell für baden-württembergische Landwirte durch Zukauf, Zupachtung und Bewirtschaftung baden-württembergischer Flä - chen durch Schweizer Landwirte in der Grenzregion? Zu 1. und 2.: Mit der 2. Entscheidung des EuGH zum Freizügigkeitsabkommen findet keine spezifische Behandlung von schweizerischen Landwirten bei den Verfahren nach dem Grundstücksverkehrsrecht im Grenzgebiet mehr statt. Diese werden deutschen Landwirten gleichgestellt, und auch die sog. Wettbewerbsverzerrungsklausel findet keine Anwendung mehr. Verblieben ist nur für alle Erwerber/Pächter im Grenzgebiet die niedrigere Freigrenze von 0,1 ha sowie die Preisgrenze von 120 %, die für deutsche und schweizerische Landwirte gilt. Geographisch betroffen von der schweizerischen Konkurrenz sind im Wesent - lichen die Landkreise Waldshut, Schwarzwald-Baar und Konstanz. Deutlich geringer betroffen ist der Landkreis Lörrach wegen der Trennwirkung des Rheins, nur marginal betroffen ist der Landkreis Tuttlingen. Speziell bei Hofaufgaben kommt oft viel landwirtschaftliche Fläche auf einmal zur Neuverpachtung oder Veräußerung. Der vormals aktive deutsche Landwirt oder die Erbengemeinschaft finden am Bodenmarkt nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen die passenden Angebote. Die Konkurrenzfähigkeit deutscher Landwirte gegenüber Schweizer Landwirten ist angesichts der höheren staatlichen Unterstützungsleistungen sowie Erzeugerpreise für Schweizer Landwirte sowie des hohen Frankenkurses weiterhin schlecht bzw. benachteiligt. Quantitativ ist der Flächenverlust bei den Pachtflä - chen größer. Der Flächendruck für die Landwirtschaft wird durch den Verlust für Bau- und Ausgleichsflächen in der prosperierenden Grenzregion noch verstärkt. Insgesamt führt diese ungleiche Konkurrenzsituation zu einer Wettbewerbsverzerrung , und die deutschen Betriebe werden zu höheren Kosten für den Faktor Boden gezwungen, die zulasten der sonstigen betrieblichen Investitionen bzw. des Betriebseinkommens gehen. 3. Unter welchen Voraussetzungen und Bedingungen können Schweizer Landwirte für in Deutschland gepachtetes Land Förderung beantragen? Zu 3.: Schweizer Landwirtinnen und Landwirte, die auf deutscher Seite Flächen bewirtschaften , sind berechtigt, für diese Flächen nach der Verordnung (EU) Nr. 1307/ 2013 vom 17. Dezember 2013 Direktzahlungen (Mittel aus der ersten Säule der GAP) zu beantragen, da sie Betriebsinhaber im Sinne dieser Verordnung sind. Im Bereich der ländlichen Entwicklung (zweite Säule) können Schweizer Betriebe, deren Unternehmenssitz sich nicht in Deutschland befindet, keine Ausgleichszahlungen und keine FAKT-Maßnahmen beantragen. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2589 4. Welche Auflagen gelten für Schweizer Landwirte hinsichtlich Versteuerung und Mitgliedschaft in der Agrarsozialversicherung des in Deutschland befindlichen Betriebs? Zu 4.: Nach den Informationen der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland (DVKA) ist der Wohnsitz des Schweizer Landwirts entscheidend. Der Wohnsitzstaat hat zu prüfen, ob deutsches Recht oder Schweizer Recht anzuwenden ist. Wohnt der Schweizer Landwirt in der Schweiz, erfolgt die Prüfung durch die schweizerische Ausgleichskasse (AHV). Liegt der Wohnort in Deutschland, erfolgt die Prüfung durch die DVKA. Überwiegend handelt es sich an der Schweizer Grenze um Fälle, in denen Schweizer Landwirte in Deutschland Flä - chen bewirtschaften, jedoch sowohl der Betriebssitz als auch der Wohnort in der Schweiz liegen. Eine solche in der Schweiz wohnende Person, die in zwei Mitgliedstaaten (D, CH) eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt nach Art. 13 Abs. 2 a) der VO (EG) Nr. 883/04 vom 29. April 2004, die für die Schweiz seit dem 1. April 2012 anwendbar ist, den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats , wenn sie dort einen „wesentlichen Teil“ ihrer Tätigkeit ausübt. Ein Schweizer Landwirt mit Schweizer Wohnort, der mind. 25 % schweizerische Flä - chen, aber auch deutsche Flächen bewirtschaftet, ist damit in der Schweiz sozialversicherungspflichtig . Der Kern des Wettbewerbsvorteils, den Schweizer Landwirte mit Produktionsflächen in Deutschland genießen, beruht auf den unterschiedlichen wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmen- und Wettbewerbsbedingungen, die sich aufgrund des hohen Frankenkurses noch weiter verschärft haben. Nach dem Zollabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz können die Schweizer Landwirte mit Betriebssitz in der Schweiz im Zollgrenzbezirk ihre landwirtschaftlichen Produkte, die in Deutschland erzeugt wurden, zollfrei in die Schweiz einführen und dort zu den hohen Schweizer Preisen verkaufen. Schweizer Landwirte mit Betriebssitz in Deutschland können dieses Privileg des zollfreien Verbringens von Erzeugnissen von deutschen Flächen in die Schweiz dagegen nicht wahrnehmen. Schweizer Landwirte unterliegen bzgl. im Inland belegener Flächen der deutschen Einkommensteuer . 5. Welche Maßnahmen ergreift sie, um die EU und die Bundesregierung für diese Probleme zu sensibilisieren? Zu 5.: Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz versucht seit vielen Jahren die Interessen der einheimischen Landwirtinnen und Landwirte gegen derartige Wettbewerbsverzerrungen zu schützen. Durch eine Änderung des Zollabkommens mit der Schweiz aus dem Jahr 1958 könnte ein entscheidender Beitrag zur Wettbewerbsgleichheit geschaffen und deut - schen Landwirten ermöglicht werden, ihre im Grenzgebiet erzeugten landwirtschaftlichen Produkte zollfrei in die Schweiz einzuführen. Zuständig ist der Bund. Vorstöße der Landesregierung blieben bisher erfolglos, da die Schweiz eine Änderung ablehnt. Im Übrigen wird auf die Stellungnahme des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz zu dem Antrag der Abg. Friedrich Bullinger u. a. FDP/ DVP, Landkauf durch Schweizer Bauern, Drucksache 15/6657 verwiesen. Hauk Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz