Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 2602 12. 09. 2017 1Eingegangen: 12. 09. 2017 / Ausgegeben: 30. 10. 2017 K l e i n e A n f r a g e Wir fragen die Landesregierung: 1. In welchem Zusammenhang mit der Landwirtschaft Baden-Württembergs und nach ihrer Kenntnis der Landwirtschaft Deutschlands steht die geplante Reise von Herrn Minister Hauk nach Neuseeland im Herbst dieses Jahres? 2. Welche positiven Effekte auf die heimische Landwirtschaft erhofft sich das Ministerium von dieser Reise? 3. In welchem Zusammenhang steht die Reise mit den Äußerungen sowohl von EU-Kommissionspräsident Juncker („Juncker will schnellstmöglich Handelsabkommen mit Neuseeland“ in top agrar online vom 12. Januar 2017) als auch von Bundeskanzlerin Merkel (top agrar online vom 17. Januar 2017)? 4. Welche positiven Effekte aus einem solchen Freihandelsabkommen zwischen Neuseeland und der EU auf die Landwirtschaft in Baden-Württemberg sind vorstellbar? 5. Wie groß sind die Warenströme landwirtschaftlicher Produkte einschließlich Verarbeitungsprodukte zwischen Neuseeland und Baden-Württemberg in beiden Richtungen (Import und Export) heute? 6. Welche positiven Wirkungen einer noch weiter verstärkten Konkurrenz durch neuseeländische Produkte auf die heimische Landwirtschaft werden von den Befürwortern dieses geplanten Freihandelsabkommens in Aussicht gestellt? 7. Wie wird sich ein Freihandelsabkommen auf den Milchmarkt in Baden-Württemberg konkret auswirken? Kleine Anfrage der Abg. Udo Stein, Stefan Herre und Thomas Palka AfD und Antwort des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Geplante Reise von Minister Hauk nach Neuseeland Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2602 2 8. Sind in der Begleitung des Ministers auch Abgeordnete oder Mitarbeiter des Europaparlaments, der EU, des Bundestags oder der Bundesregierung? 9. Wie hoch werden die voraussichtlichen gesamten Reisekosten für diese Reise für alle Teilnehmer nach Neuseeland sein? 04. 09. 2017 Stein, Herre, Palka AfD B e g r ü n d u n g Die Milchpreis-Krisen der letzten Jahre, die Schwierigkeiten bzw. Konsolidierungsvorgänge in der nachgelagerten Industrie, wie sie am Beispiel der Vorgänge um die Firma X. deutlich wurden, aber auch die geringen Absatzzahlen von einheimischem Schaffleisch (siehe Landtagsdrucksache 16/1911) zeigen den Druck, der durch Importe, Globalisierung und Freihandels-Doktrinen auf der einheimischen Landwirtschaft lastet. Eine Verstärkung dieses Konkurrenzdrucks durch ein geplantes Freihandelsabkommen mit Neuseeland wird Befürchtungen hervorrufen , dass daraus ein Schaden für unsere Landwirte entsteht – eine Reise zu Verhandlungen in Neuseeland ist daher angesichts des Amtsauftrags des Landwirtschaftsministers von Baden-Württemberg erklärungsbedürftig. A n t w o r t Mit Schreiben vom 6. Oktober 2017 Nr. Z(40)-0141.5/200F beantwortet das Minis - terium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz im Einvernehmen mit dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau die Kleine Anfrage wie folgt: Wir fragen die Landesregierung: 1. In welchem Zusammenhang mit der Landwirtschaft Baden-Württembergs und nach ihrer Kenntnis der Landwirtschaft Deutschlands steht die geplante Reise von Herrn Minister Hauk nach Neuseeland im Herbst dieses Jahres? Zu 1.: Die Reise wird die Schwerpunkte Milchwirtschaft, Fleischwirtschaft, Schafzucht, Weinbau und Forstwirtschaft haben. 2. Welche positiven Effekte auf die heimische Landwirtschaft erhofft sich das Ministerium von dieser Reise? Zu 2.: In den genannten Bereichen gehört Neuseeland zu den technologisch führenden Staaten. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2602 3. In welchem Zusammenhang steht die Reise mit den Äußerungen sowohl von EU-Kommissionspräsident Juncker („Juncker will schnellstmöglich Handelsabkommen mit Neuseeland“ in top agrar online vom 12. Januar 2017) als auch von Bundeskanzlerin Merkel (top agrar online vom 17. Januar 2017)? Zu 3.: Die Reise steht in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit den Äußerungen, sie wurde bereits im November 2016 in die Wege geleitet. Das Freihandelsabkommen eröffnet jedoch neue Chancen der Zusammenarbeit. Baden-Württemberg ist traditionell ein weltoffenes und exportorientiertes Land. Die baden-württembergische Wirtschaft ist hochgradig internationalisiert und liegt mit einer Exportquote von rd. 40 % des BIP an der Spitze aller deutschen Flächenländer . Baden-Württemberg ist damit Deutschlands größtes Exportland. Jeder dritte Arbeitsplatz ist direkt oder indirekt dem Außenhandel zu verdanken. Damit ist für Baden-Württemberg der Außenhandel ein sehr wichtiger Garant für Wachs - tum und Beschäftigung und ein offenes und faires Handelssystem liegt deshalb im besonderen Interesse Baden-Württembergs. 4. Welche positiven Effekte aus einem solchen Freihandelsabkommen zwischen Neuseeland und der EU auf die Landwirtschaft in Baden-Württemberg sind vorstellbar? Zu 4.: Im Fokus von Freihandelsabkommen steht die Verbesserung des Marktzugangs für Industriegüter und Dienstleistungen. Was den landwirtschaftlichen Bereich angeht, ist festzuhalten, dass Neuseeland bereits heute den weitaus größten Teil seiner Nahrungsmittelproduktion (bei Milch: bis zu 95 %) exportiert. Seitens der EU sind durch das Freihandelsabkommen verbesserte Exportchancen für verarbeitete Lebensmittel zu erwarten. Das gilt insbesondere im Bereich hochwertiger Milchprodukte, speziell Käse. Wie sich die Lebensmittelexporte Neuseelands in die EU entwickeln werden, ist abzuwarten. 5. Wie groß sind die Warenströme landwirtschaftlicher Produkte einschließlich Verarbeitungsprodukte zwischen Neuseeland und Baden-Württemberg in beiden Richtungen (Import und Export) heute? Zu 5.: Zum Agrarhandel zwischen Baden-Württemberg und Neuseeland liegen nach den Daten des Statistischen Landesamtes für 2016 folgende Zahlen vor: Erzeugnisse der Landwirtschaft und Jagd (in Mio. Euro) – Ausfuhr von Baden-Württemberg nach Neuseeland: 0 – Einfuhr von Neuseeland nach Baden-Württemberg: 36,7 Um welche Erzeugnisse es sich bei den Agrarimporten aus Neuseeland konkret handelt, ist aus den vorliegenden Daten nicht ersichtlich. Neben Kiwis, Äpfeln, Meereserzeugnissen, Wein, Honig und Avocados ist Neuseeland weltweit gesehen ein führender Lieferant von Fleischerzeugnissen (Lamm und Rind). Da der Selbstversorgungsgrad bei Schaffleisch in Deutschland nur noch bei 42 % liegt, ist Deutschland auf den Import angewiesen. Die Nachfrage nach Lammfleisch fällt zu Ostern traditionell groß aus und kann vom heimischen Aufkommen bei weitem nicht gedeckt werden. Separate Daten zum Import nach Baden-Württemberg liegen nicht vor. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2602 4 6. Welche positiven Wirkungen einer noch weiter verstärkten Konkurrenz durch neuseeländische Produkte auf die heimische Landwirtschaft werden von den Befürwortern dieses geplanten Freihandelsabkommens in Aussicht gestellt? Zu 6.: Das Freihandelsabkommen eröffnet neue Chancen der Zusammenarbeit. Auf die Antwort zu den Fragen 3. und 4. wird verwiesen. 7. Wie wird sich ein Freihandelsabkommen auf den Milchmarkt in Baden-Württemberg konkret auswirken? Zu 7.: Die Europäische Kommission hat bisher noch keinen Zeitplan zu den möglichen Verhandlungen zum Freihandelsabkommen mit Neuseeland veröffentlicht. Auf dieser Basis können derzeit keine Aussagen über konkrete Auswirkungen auf den Milchmarkt in Baden-Württemberg gemacht werden. 8. Sind in der Begleitung des Ministers auch Abgeordnete oder Mitarbeiter des Europaparlaments, der EU, des Bundestags oder der Bundesregierung? Zu 8.: Eine Mitreise von Abgeordneten oder Mitarbeitern des Europaparlamentes, der EU, des Bundestages oder der Bundesregierung ist nicht geplant. 9. Wie hoch werden die voraussichtlichen gesamten Reisekosten für diese Reise für alle Teilnehmer nach Neuseeland sein? Zu 9.: Die Reisekosten für das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz betragen rund 26.000 Euro. Die externen Teilnehmer tragen ihre Reise - kosten selber. Hauk Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz