Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 2611 06. 09. 2017 1Eingegangen: 06. 09. 2017 / Ausgegeben: 24. 10. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Erkenntnisse liegen ihr über die Veranstalter des sogenannten Antifa- Camps 2017 im Schwarzwald vor? 2. Welche Erkenntnisse liegen ihr über die Teilnehmer des Camps vor (unter Angabe von Anzahl, Organisation und Herkunft)? 3. Welche Gebäude, Freiflächen oder sonstigen Örtlichkeiten wurden zur Durchführung des Camps genutzt? 4. Welche Sicherheitsmaßnahmen wurden schon im Vorfeld des Camps, auch hinsichtlich der Überwachung und der Kontrolle, seitens der Sicherheitsbehörden ergriffen? 5. Welche Erkenntnisse liegen ihr über die Inhalte der einzelnen Programmpunkte , insbesondere „Bullenstrategien und Umgang“, „Überwachung & Gegenstrategien “, „Antirepression“ sowie „Praktisches zur Antifa-Arbeit“ vor? 6. Welche Erkenntnisse hat sie über die Ergebnisse und Inhalte des Workshops „Aktionsideen gegen die AfD“, insbesondere solche über geplante Aktionen gegen die AfD im Bundestagswahlkampf? 7. Liegen ihr Erkenntnisse darüber vor, ob im Rahmen des Programmpunkts „Selbstverteidigung“ der Umgang mit Waffen geübt wurde oder von Teilnehmern des Camps − auch außerhalb des Programmpunkts − Waffen mit sich geführt wurden? 8. Stehen teilnehmende Gruppen oder Einzelpersonen nach ihrer Kenntnis im Zusammenhang mit dem verbotenen Verein „linksunten.indymedia“? Kleine Anfrage der Abg. Carola Wolle AfD und Antwort des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration Antifa-Camp im Schwarzwald Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2611 2 9. Wurde ein Verbot der Veranstaltung erwogen? 10. Aus welchen Gründen wurde von einem Verbot der Veranstaltung abgesehen? 06. 09. 2017 Wolle AfD B e g r ü n d u n g Antifaschistische Gruppen rufen zur Teilnahme zum sogenannten „Antifa-Camp 2017 im Schwarzwald“ auf, welches vom 8. bis 10. September stattfindet. Vor dem Hintergrund der Ausschreitungen am Rande des G20-Gipfels und der teilweise aufgedeckten Strukturen um den linksextremistischen Verein „linksunten. indymedia“ stellen sich Fragen zum Hintergrund der genannten Veranstaltung und der Organisatoren. Verschiedene Programmpunkte unterstreichen den militanten Charakter der Camps. So richten sich verschiedene Workshops offen gegen Polizeibeamte und politische Gegner. Im Rahmen dieser Kleinen Anfrage ist daher auch zu klären, in welchem Umfang eine Überwachung der Veranstaltung gegeben ist und ob ein Verbot erwogen wurde, auch um Polizisten und politisch Andersdenkende vor geplanten Angriffen zu schützen. A n t w o r t Mit Schreiben vom 4. Oktober 2017 Nr. 4-1082.1/176/ beantwortet das Ministe - rium für Inneres, Digitalisierung und Migration die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Erkenntnisse liegen ihr über die Veranstalter des sogenannten Antifa- Camps 2017 im Schwarzwald vor? Zu 1.: Vom 8. bis 10. September 2017 wurde das „Antifa-Camp 2017“ in der Nähe von St. Georgen im Schwarzwald durchgeführt. Veranstalter dieses „Antifa-Camps“ waren die folgenden linksextremistischen gewaltorientierten Gruppierungen: • „Antifaschistisches Aktionsbündnis Stuttgart“ (AABS), • „Offenes Antifa-Treffen Karlsruhe“, • „Offenes Antifa-Treffen Villingen-Schwenningen“ (OAT VS), • „Offenes Treffen gegen Faschismus und Rassismus Tübingen“, • „Offenes Antifa-Treffen Schopfheim“, • „Offenes Antifa-Treffen Mannheim“, • „Antifaschistischer Stammtisch München“ und • „Offenes Antifaschistisches Treffen Konstanz“ (OAT KN). Bereits in der Mobilisierungsphase wurden interessierte Teilnehmer auf diversen Facebook-Seiten dazu aufgefordert, bei den „Offenen Antifaschistischen Zentren“ nähere Details hinsichtlich der lange geheim gehaltenen Veranstaltungsörtlichkeit zu erfragen. So veröffentlichte das OAT VS am 5. September 2017 auf seiner Facebook-Seite einen Hinweis zu regelmäßigen Treffen im „Linken Zentrum Mathilde Müller“ in Villingen-Schwenningen und wies auf das „Antifa-Camp“ hin. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2611 Ebenfalls warb das OAT VS mit einem Infostand in der Innenstadt von Villingen- Schwenningen (Villingen) für das „Antifa-Camp“. Auch das AABS und das OAT KN haben nach Erkenntnissen des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) auf ihren Internetseiten auf das Camp hingewiesen. 2. Welche Erkenntnisse liegen ihr über die Teilnehmer des Camps vor (unter Angabe von Anzahl, Organisation und Herkunft)? Zu 2.: Nach Angaben der Veranstalter nahmen „bis zu 150 Antifas aus ganz Süddeutschland und darüber hinaus“ an dem Camp teil. Über den von den Camp- Organisatoren genutzten Twitter-Kanal wurde mitgeteilt: „Villingen-Schwenningen , München, Stuttgart, Mannheim, Italien, Karlsruhe, Nürnberg … Alle sind se da!“. Darüber hinausgehende Erkenntnisse liegen den Sicherheitsbehörden nicht vor. 3. Welche Gebäude, Freiflächen oder sonstigen Örtlichkeiten wurden zur Durchführung des Camps genutzt? Zu 3.: Das Camp fand auf dem privat betriebenen Zeltlagerplatz „Stöcklewald“ (Gemarkung Furtwangen-Rohrbach) statt. Der Campingplatz befindet sich auf einer umwaldeten , von außen nicht einsehbaren Freifläche. Nach Erkenntnissen des LfV hatte eine Woche vor dem „Antifa-Camp“, vom 31. August bis zum 3. September 2017, das sogenannte „ACTION, MOND & STERNE-CAMP 2017“ auf dem Zeltplatz stattgefunden. Dabei sollte nach Angaben des Veranstalters „ein Freiraum in Form eines selbstverwalteten, linken Camps geschaffen werden“. Unter den Teilnehmern befanden sich auch Angehörige der linksextremistischen „Anarchistischen Gruppe Freiburg“, die sich ebenfalls aktiv mit eigenen Workshops am Camp beteiligten. Eine unangemeldete Demonstration wurde von mutmaßlichen Teilnehmern des „Antifa-Camps“ am 9. September 2017 in der Gemeinde St. Georgen durchgeführt . 4. Welche Sicherheitsmaßnahmen wurden schon im Vorfeld des Camps, auch hinsichtlich der Überwachung und der Kontrolle, seitens der Sicherheitsbehörden ergriffen? Zu 4.: Die Polizei Baden-Württemberg führte in Zusammenarbeit mit weiteren Behörden im Vorfeld neben Auswertungs- und Aufklärungsmaßnahmen einen Informationsaustausch durch. Eine mögliche Gefährdungslage wurde nicht konstatiert. 5. Welche Erkenntnisse liegen ihr über die Inhalte der einzelnen Programmpunkte, insbesondere „Bullenstrategien und Umgang“, „Überwachung & Gegenstrate - gien“, „Antirepression“ sowie „Praktisches zur Antifa-Arbeit“ vor? Zu 5.: Es handelt sich hierbei um typische Inhalte, die bei Schulungen, Tagungen, Mobilisierungsveranstaltungen für Demonstrationen oder auch bei sogenannten Camps im Rahmen der „Antifa-Arbeit“ von Linksextremisten von Bedeutung sind. Ziel des Programms war der Austausch von Wissen und Fertigkeiten, die bei szene - typischen Aktionsformen gefordert sind sowie die Vernetzung der gemeinsamen „antifaschistischen“ Arbeit. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2611 4 6. Welche Erkenntnisse hat sie über die Ergebnisse und Inhalte des Workshops „Aktionsideen gegen die AfD“, insbesondere solche über geplante Aktionen gegen die AfD im Bundestagswahlkampf? Zu 6.: Den Sicherheitsbehörden liegen über die Ergebnisse und Inhalte des Workshops „Aktionsideen gegen die AfD“ keine Erkenntnisse vor. Da sich die AfD durch Wahlerfolge in der vergangenen Zeit zum zentralen Feindbild der linksextremistischen Szene entwickelt hat, liegt die Annahme nahe, dass solche „Aktionsideen“ vermittelt worden sein dürften, die auch bisher in der „antifaschistischen“ Agita - tion angewendet wurden. Im Hinblick auf die Bundestagswahlen war die Verhinderung eines erfolgreichen Wahlkampfes der AfD ein Hauptziel der linksextre - mistischen Szene. Dabei wurde mitunter auch ein gewalttätiges Vorgehen befürwortet . Neben der Zerstörung von Wahlplakaten und der Störung von Wahlkampfveranstaltungen nebst Informationsständen der AfD waren auch Aktionen in Form von „Hausbesuchen“ und „Outingaktionen“ gegen AfD-Parteimitglieder ein Mittel, um den Bundestagswahlkampf der AfD zu stören. Regelmäßig kommt es auch zu Sachbeschädigungen gegen Örtlichkeiten, die für AfD-Veranstaltungen genutzt wurden oder dafür vorgesehen sind. 7. Liegen ihr Erkenntnisse darüber vor, ob im Rahmen des Programmpunkts „Selbstverteidigung“ der Umgang mit Waffen geübt wurde oder von Teilnehmern des Camps − auch außerhalb des Programmpunkts − Waffen mit sich geführt wurden? Zu 7.: Im Zusammenhang mit zwei strafrechtlich relevanten Vorfällen führten (mutmaßliche ) Teilnehmer des Antifa-Camps bei der Tatausführung Schaufeln, Stöcke, Fahnenstangen und „Bengalo“-Pyrotechnik mit sich; Steine und Flaschen wurden zudem als Wurfgeschosse eingesetzt. 8. Stehen teilnehmende Gruppen oder Einzelpersonen nach ihrer Kenntnis im Zusammenhang mit dem verbotenen Verein „linksunten.indymedia“? Zu 8.: In dem von den Veranstaltern während des Camps genutzten Twitter-Kanal „Antifa -Camp 2017“ wurde „Solidarität mit #linksunten“ bekundet. Darüber hinausgehende Erkenntnisse liegen den Sicherheitsbehörden nicht vor. 9. Wurde ein Verbot der Veranstaltung erwogen? 10. Aus welchen Gründen wurde von einem Verbot der Veranstaltung abgesehen? Zu 9. und 10.: Ein nach dem Versammlungsrecht durch die zuständige Versammlungsbehörde zu verfügendes Verbot setzt als Maßnahme im Vorfeld der Veranstaltung voraus, dass die Veranstaltung zuvor entsprechend angemeldet worden ist bzw. die Versammlungsbehörde anderweitig Kenntnis von der geplanten Veranstaltung erlangt hat. Beide Voraussetzungen waren im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Strobl Minister für Inneres, Digitalisierung und Migration