Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 2613 08. 09. 2017 1Eingegangen: 08. 09. 2017 / Ausgegeben: 09. 11. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Welchen Stand hat das Planfeststellungsverfahren für den zweigleisigen Stre - ckenabschnitt Horb–Neckarhausen? 2. Bleibt es bei dem im sogenannten „Interimskonzept“ ab Fahrplanwechsel im Dezember 2017 vorgesehenen stündlichen Einsatz der IC-Doppelstock-Züge? 3. Wie erfolgt die Weiterführung ab Singen nach Zürich und bis wann soll das „Interimskonzept“ gelten? 4. Wofür und mit welchem Zeitplan werden die im Bundesverkehrswegeplan veranschlagten Finanzmittel in Höhe von 550 Mio. Euro konkret eingesetzt? 5. Welche Auswirkungen hat die zeitliche Verschiebung der „Rohrer Kurve“ um zwei Jahre auf die Gäubahn und wie ist der Stand der Planung für die Rohrer Kurve? 6. Wie ist der Stand der Verhandlungen mit der Deutschen Bahn AG (DB) zum Einsatz der Neigetechnik auf der Gäubahn? 7. Wurden Vorkehrungen getroffen, um Erkenntnisse aus der Umleitung des Güterverkehrs von der Rheintalstrecke auf die Gäubahn im August/September 2017 systematisch zu sammeln, auszuwerten und daraus Schlussfolgerungen für eine weitere Ertüchtigung der Gäubahn zu ziehen? Kleine Anfrage des Abg. Stefan Teufel CDU und Antwort des Ministeriums für Verkehr Nachhaltige Verbesserung der Gäubahn Stuttgart–Singen–Zürich Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2613 2 8. Sollten aus ihrer Sicht die Bemühungen um nachhaltige Verbesserungen für die Gäubahn intensiviert, dabei insbesondere auf den Einsatz von Neigetechnik durch die DB oder alternativ die SBB und eine zeitnahe Inbetriebnahme der Rohrer Kurve gedrängt werden sowie bei der DB darauf hingewirkt werden, dass ein „Gäubahn-Koordinator“ bestellt wird, der den Ausbau der Strecke vorantreiben und mit allen beteiligten Stellen ein Zukunftskonzept für die Zeit nach Inbetriebnahme von „Stuttgart 21“ entwickeln soll? 01. 09. 2017 Teufel CDU B e g r ü n d u n g Schon seit Jahren besteht der Eindruck, dass die Gäubahn bei der DB nicht den ihr zukommenden Stellenwert hat. Aktuell zeigt sich durch die Sperrung der Rheintalbahn eindrucksvoll, wie wichtig die Gäubahn auch für das Gesamtnetz der Bahn ist. Dass nun rund um die Uhr Güterzüge über diese Strecke geleitet werden können, sollte genügend Motivation für die DB sein, die Gäubahn nicht länger als Stiefkind zu behandeln. Umso wichtiger ist, dass die DB nun den Ausbau der Strecke beschleunigt und Zug um Zug die im Bundesverkehrswegeplan bereitgestellten 550 Millionen Euro abruft. Der geforderte „Gäubahn-Koordinator“ müsste als Anwalt oder Ombudsmann für die Strecke wirken. Bei den in der Kleinen Anfrage genannten Aufgaben kann auf den Vorarbeiten des Interessenverbands Gäubahn aufgebaut werden. Auch soll der Koordinator das Zusammenwirken zwischen Nahverkehr, Fernverkehr und Schiene sowie mit der Schweizer Seite optimieren. Für die Bevölkerung im Einzugsgebiet der Gäubahn war zentraler Bestandteil der Volksabstimmung über Stuttgart 21, dass durch die Rohrer Kurve die Erreichbarkeit des Stuttgarter Hauptbahnhofs wenigstens nicht verschlechtert, die Verbindung an den Stuttgarter Flughafen aber wesentlich verbessert wird. Eine nennenswerte Verzögerung dieses Bauabschnitts könnte deshalb nicht hingenommen werden . A n t w o r t * ) Mit Schreiben vom 18. Oktober 2017 Nr. 3-3824.5-00/431 beantwortet das Minis - terium für Verkehr die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welchen Stand hat das Planfeststellungsverfahren für den zweigleisigen Streckenabschnitt Horb–Neckarhausen? Die Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 3. August 2017, d. h. des Regierungspräsidiums Karlsruhe, ging beim Eisenbahn-Bundesamt (EBA) als zuständiger Planfeststellungsbehörde am 9. August 2017 ein. Dem Vernehmen nach kann der Planfeststellungsbeschluss noch im 4. Quartal 2017 erwartet werden. *) Der Überschreitung der Drei-Wochen-Frist wurde zugestimmt. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2613 2. Bleibt es bei dem im sogenannten „Interimskonzept“ ab Fahrplanwechsel im Dezember 2017 vorgesehenen stündlichen Einsatz der IC-Doppelstock-Züge? 3. Wie erfolgt die Weiterführung ab Singen nach Zürich und bis wann soll das „Interimskonzept“ gelten? Die Fragen 2 und 3 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Landesregierung bedauert, dass nicht – wie ursprünglich vorgesehen – ab Dezember 2017 eine einstündige, umsteigefreie IC-Verbindung Stuttgart–Zürich bestehen wird. Nach Mitteilung der DB Fernverkehr ist als Übergangskonzept zweistündig eine Direktverbindung Stuttgart–Zürich mit Zügen der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) vorgesehen. In der anderen Stunde soll der neue Doppelstock-IC bis Singen verkehren, bei dem ein Umstieg in Singen erforderlich wird. Damit wird zusätzlich zum Status quo eine weitere zweistündliche (Um - steige-)Verbindung neu eingerichtet. Die geplante deutliche Angebotsverbesserung in der internationalen Relation Stuttgart–Zürich kann damit vorerst leider noch nicht vollständig umgesetzt werden. Das Interimskonzept soll bis zum Fahrplanwechsel zum 14. Dezember 2025 gelten. 4. Wofür und mit welchem Zeitplan werden die im Bundesverkehrswegeplan veranschlagten Finanzmittel in Höhe von 550 Mio. Euro konkret eingesetzt? Laut Auskunft des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) liegen den genannten Finanzansätzen folgende Maßnahmen zugrunde: – Geschwindigkeitserhöhung – zweigleisiger Ausbau Horb–Neckarhausen – Ausbau Nordkopf Oberndorf – zweigleisiger Ausbau Rottweil–Neufra – zweigleisiger Ausbau Spaichingen–Rietheim–Wurmlingen – Neubau Umfahrungskurve Singen mit Anpassung des Haltepunkts Singen Landesgartenschau – Blockverdichtung Singen–Gottmadingen – Durchgängige Herstellung des Profils P/C 410 für Güterzüge – Sanierungssatz Einen konkreten Zeitplan, wann diese Maßnahmen umgesetzt werden sollen, hat der Bund bislang nicht vorgelegt. 5. Welche Auswirkungen hat die zeitliche Verschiebung der „Rohrer Kurve“ um zwei Jahre auf die Gäubahn und wie ist der Stand der Planung für die Rohrer Kurve? Die Rohrer Kurve ist Bestandteil des Planfeststellungsverfahrens zum Planfeststellungsabschnitt 1.3b des Projekts Stuttgart 21. Die gesamten Neu- und Umbaumaßnahmen im Filderbereich sind in der folgenden Karte dargestellt. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2613 4 Quelle: DB Projekt Stuttgart–Ulm Der PFA 1.3b befindet sich derzeit im Anhörungsverfahren, die Planunterlagen haben in der Zeit vom 19. Juni bis 18. Juli 2017 ausgelegen, die Einwendungsfrist endete am 15. September 2017. Als nächster Bearbeitungsschritt steht die Aus - arbeitung der Stellungnahme zu den im Rahmen der Anhörung eingegangenen Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange und Einwendungen durch die Bahn an. Ein Erörterungstermin ist noch nicht festgelegt. Die DB Projekt Stuttgart-Ulm GmbH als Vorhabensträgerin für das Bahnprojekt Stuttgart 21 beabsichtigt nach aktuellem Planungsstand rund ein halbes Jahr vor Inbetriebnahme des neuen Stuttgarter Hbf die Gäubahn im Bereich Stuttgart-Nord (sogenannte Panoramabahn) außer Betrieb zu nehmen. Dies ist mit der neuen Anbindung der S-Bahn-Gleise zur Station Mittnachtstraße verbunden. Für den Interimszeitraum bis zur vollständigen Inbetriebnahme von Stuttgart 21 mit dem Planfeststellungsabschnitt 1.3b (Rohrer Kurve, Filderbahn, Station Terminal und Flughafenkurve) und der Führung der Gäubahn über den Flughafen Stuttgart werden die Züge des Regional- und Fernverkehrs der Gäubahn nicht bis in den neuen Stuttgarter Hbf fahren können, da eine entsprechende Fahrmöglichkeit nicht gegeben ist. Dieser unbefriedigende Zustand kann mehrere Jahre andauern. Für diesen Zeitraum ist Stuttgart-Vaihingen der aus betrieblicher und verkehrlicher Sicht bevorzugte Start- und Zielbahnhof der Züge der Gäubahn. Damit werden die Fahrgäste möglichst nah an ihre Ziel- oder Umstiegsrelation herangeführt und die Einschränkungen so gering wie möglich gehalten. Mit dem beschlossenen Ausbau des Bahnhofs Stuttgart-Vaihingen zum Regional bahnhof schafft die Landesregierung die entsprechenden infrastrukturellen Voraussetzungen und leistet einen wichtigen Beitrag. Der Antrag auf planrecht - liche Zulassung für diesen Bahnhofsausbau wurde gestellt. 6. Wie ist der Stand der Verhandlungen mit der Deutschen Bahn AG (DB) zum Einsatz der Neigetechnik auf der Gäubahn? Die Landesregierung steht weiterhin im Gespräch mit der DB Fernverkehr AG und der Schweizer Bundesbahn zum möglichen Einsatz von Neigetechnikzügen auf der Gäubahn. Zum jetzigen Zeitpunkt hat die DB Fernverkehr AG mitgeteilt, dass sie sich derzeit auf die reibungslose Aufnahme des Betriebs des neuen Gäubahnkonzepts zum Dezember diesen Jahres konzentriere. Grundsätzlich seien die Infrastrukturausbauvorhaben durch den Bund und die DB Netz aus einer betrei - berneutralen Perspektive zu betrachten. Die DB Fernverkehr AG habe hierbei ein hohes Interesse daran, die Achse Stuttgart–Zürich auch langfristig zu bedienen. Zum Zeitpunkt der Fertigstellung der Infrastrukturmaßnahme wird die DB Fernverkehr AG über keine Neigetechnik tauglichen Fahrzeuge mehr verfügen. Maßgebliche Rahmenbedingungen für die Schaffung von Neigetechnikzügen zum Einsatz auf der Gäubahn durch die DB Fernverkehr seien die zuverlässige Verfügbarkeit der Technik und ein eigenwirtschaftlicher Betrieb zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Streckenausbaus. Aus heutiger Sicht würden die technischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen einen eigenwirtschaftlichen Betrieb 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2613 nicht ermöglichen. Sollten die entsprechenden Rahmenbedingungen zur Betriebsaufnahme gegeben sein, wäre die DB Fernverkehr AG selbstverständlich ein möglicher Betreiber. Die Landesregierung wird daher auch mit anderen möglichen Betreibern Kontakt aufnehmen sowie betreiberneutrale Lösungen zum Einsatz der erforderlichen Neigetechnik untersuchen. 7. Wurden Vorkehrungen getroffen, um Erkenntnisse aus der Umleitung des Güter - verkehrs von der Rheintalstrecke auf die Gäubahn im August/September 2017 systematisch zu sammeln, auszuwerten und daraus Schlussfolgerungen für eine weitere Ertüchtigung der Gäubahn zu ziehen? Dies ist eine Aufgabe der dafür zuständigen Bundesebene. Nach Auffassung der Landesregierung müssen als Konsequenz aus dem Unglück und der wochenlangen Unterbrechung dieser Hauptachse für den Güterverkehr nun zügig mögliche Ausweichstrecken ausgebaut, modernisiert und elektrifiziert sowie Engpässe und strategische Elektrifizierungslücken geschlossen werden, um den Personen- und Güterverkehr zu stärken. Hierzu zählt auch die Gäubahn. Die Landesregierung wird zu diesem Zweck von der neuen Bundesregierung ein zusätzliches Infrastrukturprogramm für den Schienenausbau fordern. Die Anmeldungen des Landes zum Bundesverkehrswegeplan 2030 (BVWP 2030) haben sich insofern als weitsichtig erwiesen. 8. Sollten aus ihrer Sicht die Bemühungen um nachhaltige Verbesserungen für die Gäubahn intensiviert, dabei insbesondere auf den Einsatz von Neigetechnik durch die DB oder alternativ die SBB und eine zeitnahe Inbetriebnahme der Rohrer Kurve gedrängt werden sowie bei der DB darauf hingewirkt werden, dass ein „Gäubahn-Koordinator“ bestellt wird, der den Ausbau der Strecke vorantreiben und mit allen beteiligten Stellen ein Zukunftskonzept für die Zeit nach Inbetriebnahme von „Stuttgart 21“ entwickeln soll? Der Landesregierung ist es ein wichtiges Anliegen, dass der in Frage 5 beschriebene Interimszeitraum im Zuge der Fertigstellung aller Projektbestandteile von Stuttgart 21 und die damit verbundenen Einschränkungen für die Fahrgäste auf der Gäubahn möglichst gering gehalten werden. Sie wird sich entsprechend weiterhin gegenüber der DB dafür einsetzen, dass der Planfeststellungsabschnitt 1.3b inkl. der Führung der Gäubahn über die Rohrer Kurve möglichst zeitnah in Betrieb genommen wird. Insgesamt steht die Landesregierung in Gesprächen mit der DB Netz AG, dem Bund und Eisenbahnverkehrsunternehmen und setzt sich für eine forcierte Fortführung der Planung für den Ausbau der Gäubahn ein. Insoweit wird auch auf die Landtags-Drucksache 16/2458 vom 21. August 2017, Bericht zu Ziffer 2, ver - wiesen. Hermann Minister für Verkehr