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kleineAnfragen
Landtag von Baden-Württemberg
16. Wahlperiode
Drucksache 16 /
2646
20. 09. 2017
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Eingegangen: 20. 09. 2017 / Ausgegeben: 09. 11. 2017
Kleine Anfrage
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie werden sich die Zulassungszahlen für Elektroautos in Baden-Württemberg
in den darauffolgenden fünf Jahren unter der Annahme, dass ab 2025 keine
Pkw mit Verbrennungsmotoren mehr zugelassen werden, vermutlich entwickeln,
wenn man die aktuellen Zahlen aller Pkw als Grundlage nimmt?
2. Inwieweit kann dieser zusätzliche Strombedarf durch bestehende Kraftwerke
gedeckt werden, wenn mittelfristig alle Pkw mit Strom betrieben werden und
(wie in der Drucksache 16/2115 angegeben) damit geschätzt jährlich 17,9 TWh
benötigen?
3. Ist die bestehende Leitungsinfrastruktur in der Lage, den entsprechenden Ener-
giebedarf an die Abnehmerstationen weiterzuleiten?
4. Falls die bestehenden Kapazitäten nicht ausreichen – wie viele Kraftwerke wel-
cher Art sollen dazu in den kommenden Jahren in Betrieb genommen werden?
5. Falls die bestehenden Kapazitäten nicht ausreichen – wo sind die voraussicht -
lichen Standorte?
6. Falls die bestehenden Kapazitäten nicht ausreichen – ist schon mit konkreten
Planungen für den Bau von Großkraftwerken für diesen Bedarf begonnen wor-
den?
7. Wie lange dauert es üblicherweise von Beginn der Planung eines Großkraft-
werks bis zur Inbetriebnahme?
Kleine Anfrage
des Abg. Bernd Gögel AfD
und
Antwort
des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft
Stromversorgung nach einem Zulassungsverbot von Pkw
mit Verbrennungsmotoren
Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet
abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente
Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeich-
net mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“.
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 16 / 2646
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8. Falls die bestehenden Kapazitäten nicht ausreichen – würden hierzu die übli-
chen Verfahren genutzt werden oder könnte man auf beschleunigte Verfahren
zurückgreifen?
9. Wie sollen der Aufbau der Leitungs- und Ladeinfrastruktur finanziert werden?
10. Wie soll der Einnahmenausfall aus der Mineralölsteuer gegenfinanziert wer-
den?
11. 09. 2017
Gögel AfD
Begründung
Die meisten Parteien in den Landtagen und im Bundestag sind sich einig, dass
Verbrennungsmotoren in den nächsten Jahren zugunsten Elektromotoren nicht
mehr zugelassen werden sollen. Momentan wird überlegt, ab 2025 keine Fahr -
zeuge mit Verbrennungsmotoren mehr zuzulassen, was deutlich über die Annah-
men in der Drucksache 16/2115 hinausgeht, in der von einem erheblich langsame-
ren Anstieg des Elektroautoanteils ausgegangen wird. Für die große Zahl neuer
Elektroautos muss dann nicht nur die passende Abnehmerinfrastruktur vorhanden
sein, sondern auch der notwendige Strom überhaupt erzeugt werden. Die Kleine
Anfrage hat den Zweck, die Machbarkeit dieser Idee und den aktuellen Stand der
Planungen für Baden-Württemberg zu erfragen.
Antwort
Mit Schreiben vom 12. Oktober 2017 Nr. 6-8809.03/5 beantwortet das Ministerium
für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft im Einvernehmen mit dem Ministerium
für Finanzen, dem Ministerium für Verkehr und dem Ministerium für Wirtschaft,
Arbeit und Wohnungsbau die Kleine Anfrage wie folgt:
1. Wie werden sich die Zulassungszahlen für Elektroautos in Baden-Württemberg
in den darauffolgenden fünf Jahren unter der Annahme, dass ab 2025 keine
Pkw mit Verbrennungsmotoren mehr zugelassen werden, vermutlich entwickeln,
wenn man die aktuellen Zahlen aller Pkw als Grundlage nimmt?
Hierzu sei angemerkt, dass die Landesregierung eine technologieoffene Strategie
für eine zukünftige nachhaltige Mobilität verfolgt und kein Ziel für ein Verbot
von Verbrennungsmotoren formuliert hat. Nirgendwo wird die Forderung erho-
ben, ab 2025 keine Pkw mit Verbrennungsmotor mehr zuzulassen. Daher kann
die Frage nicht beantwortet werden.
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Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 16 / 2646
2. Inwieweit kann dieser zusätzliche Strombedarf durch bestehende Kraftwerke
gedeckt werden, wenn mittelfristig alle Pkw mit Strom betrieben werden und
(wie in der Drucksache 16/2115 angegeben) damit geschätzt jährlich 17,9 TWh
benötigen?
4. Falls die bestehenden Kapazitäten nicht ausreichen – wie viele Kraftwerke wel -
cher Art sollen dazu in den kommenden Jahren in Betrieb genommen werden?
5. Falls die bestehenden Kapazitäten nicht ausreichen – wo sind die voraussicht-
lichen Standorte?
6. Falls die bestehenden Kapazitäten nicht ausreichen – ist schon mit konkreten
Planungen für den Bau von Großkraftwerken für diesen Bedarf begonnen
worden?
8. Falls die bestehenden Kapazitäten nicht ausreichen – würden hierzu die übli-
chen Verfahren genutzt werden oder könnte man auf beschleunigte Verfahren
zurückgreifen?
Die Fragen 2, 4, 5, 6, und 8 werden wegen der Verknüpfung in der Fragestellung
gemeinsam beantwortet.
Nach derzeitigem Kenntnisstand ist nicht davon auszugehen, dass die Kapazitäten
nicht ausreichen. Es wird auch der Strombedarf mittelfristig eher geringfügig stei-
gen. Im Zuge der Energiewende werden sich jedoch der Kraftwerkspark in Ba-
den-Württemberg im Einzelnen und die Energieversorgungsstrukturen insgesamt
stark verändern.
Die konventionellen Erzeugungskapazitäten werden zunehmend durch Erneuer-
bare-Energien-Anlagen ersetzt, um die Stromerzeugung langfristig weitgehend
dekarbonisieren zu können. Der Ausbau der Erneuerbaren wird sich dabei an der
Entwicklung des Strombedarfs orientieren. Durch zusätzliche Stromanwendungen
im Wärmebereich und bei der Mobilität (Sektorkopplung) ist auf längere Sicht
damit zu rechnen, dass der Strombedarf insgesamt steigen wird. Baden-Württem-
berg wird zudem künftig wie auch schon in der Vergangenheit einen Teil seines
Strombedarfs durch Stromimporte decken müssen. Im Übrigen ist Planung und
Bau von Kraftwerken keine Angelegenheit der Landesregierung, sondern die von
Energieversorgungsunternehmen.
3. Ist die bestehende Leitungsinfrastruktur in der Lage, den entsprechenden Ener-
giebedarf an die Abnehmerstationen weiterzuleiten?
Der zusätzliche Strombedarf durch Elektromobilität ist derzeit und auch in abseh-
barer Zukunft grundsätzlich gering. Er stellt nach Auffassung der Energiewirt-
schaft derzeit keine Herausforderung für die Netzinfrastruktur dar (wie in der
Drucksache 16/2115 unter Nr. 2 angegeben). Der Stellungnahme zu Drucksache
16/2115 Nr. 3 ist zu entnehmen, wie der künftig steigende Energiebedarf in den
gegenwärtigen Plänen zum Ausbau der Netzinfrastruktur mitberücksichtigt wird,
aufgeschlüsselt nach Hochspannungs-, Mittelspannungs- und Niederspannungs -
ebene.
7. Wie lange dauert es üblicherweise von Beginn der Planung eines Großkraft-
werks bis zur Inbetriebnahme?
Für die Errichtung konventioneller Kraftwerke kommen aus Sicht der Landes -
regierung insbesondere flexible Gaskraftwerke in Betracht. Sind diese als offene
Gasturbinen konzipiert, beträgt die Planungs-, Genehmigungs- und Bauzeit etwa
vier Jahre. Bei Gaskraftwerken mit einem integrierten Dampfprozess (Gas- und
Dampfkraftwerke) erhöht sich die Planungs- und Bauzeit auf etwa fünf Jahre. Die
konkrete Bauzeit eines Kraftwerks hängt aber sehr stark von individuellen Fak -
toren ab und kann daher im Einzelfall stark von den genannten Zeiträumen ab -
weichen.
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 16 / 2646
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9. Wie sollen der Aufbau der Leitungs- und Ladeinfrastruktur finanziert werden?
Der Aufbau von Ladeinfrastruktur wird weder als primäre Aufgabe der EU, noch
als primäre Aufgabe der Bundes- oder Landesregierung angesehen. Gleichwohl
ist es gerechtfertigt und sinnvoll, den Aufbau öffentlich zugänglicher Ladeinfra-
struktur in einer Art Marktanreizprogramm zu fördern. So fördert die EU eine
transeuropäische Vernetzung, die auch Deutschland zugutekommt. Der Bund för-
dert den Ausbau der Ladeinfrastruktur in seinem laufenden Programm mit einem
Volumen von 300 Mio. Euro. Auch das Land Baden-Württemberg stellt im Rah-
men der Landesinitiative Marktwachstum Elektromobilität (LE III) bis 2021 bis
zu zehn Mio. Euro für den Ausbau einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur im
Land bereit.
10. Wie soll der Einnahmenausfall aus der Mineralölsteuer gegenfinanziert wer-
den?
Die Mineralölsteuer wurde 2006 durch die Energiesteuer abgelöst. Die Ertrags-
und Verwaltungskompetenz liegt beim Bund. Besteuert wird der Verbrauch von
Energieerzeugnissen v. a. Mineralölen, Erdgas und Kohle. Die Einnahmen der
Energiesteuer im Jahr 2021 wurden mit 40,1 Mrd. € geschätzt (Steuerschätzung
Mai 2017). Darüberhinausgehende Schätzungen liegen noch nicht vor. Grund -
sätzlich fällt aber bei einer Zunahme von Elektrofahrzeugen eine steigende Strom -
steuer durch den Mehrverbrauch an Strom an. Da es sich auch hierbei um eine
Bundessteuer handelt, ist in Bezug auf das Aufkommen ebenfalls lediglich der
Bund betroffen. Der Landesregierung liegen hierzu keine weiteren Informationen
vor.
Untersteller
Minister für Umwelt,
Klima und Energiewirtschaft